Die Sorge darum, wie es der Klasse gibt und ob die Klasse gut versorgt wird, obwohl man selbst krank ist, halte ich für befremdlich
Ehrlich gesagt kaufe ich dir dieses Statement nicht ab. Es ist vollkommen richtig, was du infolge schreibst, nämlich dass wir alle ersetzbar sind und in unserer Abwesenheit dann eben eine andere Person den Job erledigt. In unserem Job geht es aber um Menschen, zu denen man im Laufe der Zeit eine Beziehung aufbaut. Ich halte es für befremdlich, wenn man da nicht dran denkt, wie z. B. die Abschlussprüfungen rauskommen werden, die man selbst nicht abnehmen kann.
Ist mir letztes Jahr passiert, da hat es mich mit Covid erwischt und ein Kollege ist für mich eingesprungen. Die Prüfungen *sind* schlechter rausgekommen als hätte ich sie selbst abgenommen. Über die Gründe habe ich mich hinterher mit meinem Kollegen unterhalten, er weiss selbst, was nicht gut gelaufen ist. Für keine der betroffenen Schülerinnen war das am Ende matchentscheidend, insofern gab es da weder formal noch zwischenmenschlich irgendeine Art von Stress. Mir hat es im Einzelfall auch gar nicht mal irgendwie leid getan oder so, ich wusste vorher, dass diese eine Note nicht entscheidend sein wird. Aber natürlich habe ich an die Mädchen gedacht, als sie dran waren.
Und natürlich wäre es was anderes, wäre ich irgendwo in der chemischen Industrie Produktionsleiterin oder sowas. Man hat zu einem doofen Farbstoff, der in einem grossen, stinkenden Kessel so vor sich hinrührt, nicht so den emotionalen Bezug wie zu einer Schülerin, bei der der Stress ausbricht weil sie kurz vor knapp erfährt, dass eine ihr gänzlich unbekannte Person ihre Abschlussprüfung abnehmen wird.
Dieser emotionale Bezug und der Umstand, dass man an die Schülerinnen und Schüler denkt, während man zu Hause im Bett liegt, ist meiner Ansicht nach aber auch gar nicht das Problem. Der Stress wird durch Vorgesetzte verursacht, die nicht in der Lage sind, die Situation angemessen zu organisieren.