Beiträge von Antimon

    Ich wundere mich auch schon die ganze Zeit, das kann eigentlich nur ein Fake sein. So eine Kindergarten-Diskussion mit einer Zwölftklässlerin? Really? Keine Schulstufe ist disziplinarisch einfacher zu unterrichten als die Sek II. Tür auf, Schülerin raus, Tür zu, weiter unterrichten. Wenn die nicht ganz blöd im Kopf ist (gibt's ...) und der Unterricht so konzipiert, dass man ernsthaft was verpasst, wenn man rausgeschmissen wird, hört die augenblicklich auf zu essen und zu diskutieren.

    Oh, das ist mir schon klar, das darfst du deinerseits nicht falsch verstehen. Worauf ich hinaus will: Ich nötige ganz sicher niemanden, die Pizza aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Ich habe die Möglichkeit, sie abzurechnen, also mache ich das. Ich stelle auch mal einen Kuchen in die Fachschaft, wenn ich Lust habe, andere machen das auch. Ich weiss aber ganz sicher, dass einige KuK bei uns im Schulhaus gar nicht wissen, was alles möglich ist, sich aber sehr gerne mal aufregen was angeblich nicht möglich ist oder sich einbilden, sie müssten irgendwas. Wir hatten auf dieses Schuljahr einen grösseren Umbruch in der Fachschaft, die Schulleitung hätte uns sogar ein Teambuilding-Event bezahlt, das haben wir dankend abgelehnt. Wir kommen wunderbar klar und eine ganz grosse Mehrheit hat wirklich keine Lust auf therapeutisches Klettern oder so.

    Zum Thema: Ausflug mit dem ganzen Kollegium finde ich wirklich schwierig. Wir organisieren alle drei Jahre im Rahmen der schulinternen Weiterbildung einen Ausflug für die Fachschaft. Der ist dann Pflicht und vom Kanton bezahlt. Seit ein paar Jahren macht den bei uns Chemie und Physik zusammen. Die Germanisten haben aber logischerweise ganz andere Interessen, die organisieren sich vielleicht mit den Historikern. Dann haben wir noch unseren Wintersporttag, an dem die ganze Schule unterwegs ist. Wer am fraglichen Tag Unterrichtsverpflichtung hat, muss mit und rechnet die Spesen ab.

    An meiner ersten Schule sind außerhalb der Schulzeit alle zusammen auf einen "Maienbummel" wandern gegangen, soweit ich mich erinnere, war die Teilnahme freiwillig. An meiner jetzigen Schule organisieren zwei Kollegen aus der Fachschaft Sport ein Schneesportwochenende, auf das man freiwillig mitgehen kann. Von uns Chemikern hat jetzt einer eine Metzgete-Wanderung im Herbst organisiert, mal schauen, ob sich das etabliert. Das ist alle Privatvergnügen. Alles was Pflicht ist, darf kein privates Geld kosten.

    Das ist etwas anderes, als zu versuchen, die Teilnahme im Nachmittagsbereich zur Dienstpflicht zu erklären und dann auch noch das Abendessen, die Anreise und die Events selbst bezahlen zu lassen

    Vielleicht machen das einzelne Schulleitungen so, andere machen es nicht. In einigen Betrieben wird es erwartet, in anderen nicht. Ich habe noch für kein Schulevent, an dem meine Teilnahme erwartet war, selbst irgendwas bezahlt. Wir haben bei uns im Schulhaus auch einzelne Fachschaften, die ständig irgendwelche Sozialevents auf eigene Kosten organisieren. Für unsere nächste Fachschaftssitzung in der Chemie bestelle ich Pizza und rechne die übers Fachschaftsbudget ab. Ich treffe mich mit einzelnen Kollegen sehr gerne privat, aber ich habe absolut keine Lust mit der ganzen Fachschaft ein Wochenende zu verbringen. Wenn die das gerne möchten, dürfen sie jederzeit - halt ohne die Fachvorsteherin. In der momentanen Besetzung möchte aber nur eine Person und damit ist das Thema vom Tisch.

    Es ist einfach nicht pauschal so, dass an der Schule alles scheisse und in der freien Wirtschaft alles toll ist. Ich habe an *meiner* Schule im Kanton Baselland immer schon die besseren Arbeitsbedingungen als meine Partnerin. Ich habe über weite Zeiträume auch immer schon mehr verdient als sie.

    Ob ich an den Weihnachtsapéro gehe oder nicht, interessiert bei uns in Muttenz niemanden. An der Berufsschule Aarau wurde es ganz klar erwartet als ich dort gearbeitet habe.

    Diese Lehrerausflüge nach Schulbetrieb am Vormittag sind auch wieder so ein seltsames Schulding und in normalen Betrieben nicht vorstellbar

    Das stimmt doch überhaupt nicht. Noch jeder Betrieb, für den meine Partnerin bisher gearbeitet hat, hat die Teilnahme an sozialen Aktivitäten implizit erwartet. Selbstverständlich neben der Arbeitszeit.

    Okay, Mail geht oft nicht, weil viele Eltern nicht mailen. Ich meine tatsächlich handgeschriebene Zettel, witzig, dass das bei euch unüblich ist, ich kenne es kaum anders an unserer Schulform.

    Die Reaktion kann je nach Sachverhalt schon ein eingeschriebener Brief mit der Post sein. Wir haben durchaus schon mal Eltern, denen nicht klar ist, dass ein gewisser Umgangston schlichtweg unanständig ist. In der Regel braucht es da aber nur einmal das Briefchen mit dem offiziellen Logo der BKSD um zu registrieren, sie unterhalten sich nicht am Stammtisch. Erheblich mühsamer sind diejenigen, die einen am Elternabend schon wissen lassen, dass sie aber studierte Juristen sind, gell. Von der Sorte haben wir aber sehr wenige.

    Ladet ihr dann über die Schulleitung hochoffiziell ein?

    Schriftliche Kommunikation mit Unterstützung der Schulleitung hatte ich schon, ja. Dabei geht es in erster Linie um den Eigenschutz der Lehrperson. Wie du schreibst, du musst dich nicht willenlos anpflaumen lassen. Je nachdem, worum es geht, kann es hilfreich sein, rechtzeitig die erste Eskalationsstufe durch Einbezug der SL zu zünden.

    Ach, ich kann das schon ab. Ich fühlte mich nicht wirklich angesprochen.

    Danke dir, dann ist das gut. Kannst du verstehen, dass mich die Art, die Dinge kleinreden und relativieren zu wollen, nervt? Das ist genau der Punkt. Es ist ganz sicher so, dass meine Mutter z. B. einiges im Leben anders und besser machen hätte können. Aber irgendwann ist der Scheisshaufen so gross, dass es nicht mehr geht. Ich kenne das Konzept Kleinkläranlage, aber darum geht es überhaupt nicht. Woher sollen das Geld und die Ressourcen für sowas kommen, wenn man jahrelang nur zusehen muss, überhaupt zu überleben? Verstehst du, dass man Hilfe erwartet, wenn einem die Politik verspricht, dass jetzt alles besser wird? Verstehst du, dass man dann keine Klugscheisserei mehr hören will von Leuten, denen es immer schon besser ging? Mir musst du nichts über Kleinkläranlagen und Brote schreiben, die es sicher doch noch irgendwo gab, ich bin diejenige in der Verwandtschaft, die in der Schweiz einen Arsch voll Geld verdient. Einen solch Weg kann aber nicht jeder gehen. Und ich versuche wenigstens zu verstehen, dass man an den Umständen auch einfach scheitern und verzweifeln kann.

    Ich habe dich weder zitiert, noch mich auf einen Beitrag von dir bezogen und schon gar nichts über die Lebensumstände deiner Mutter oder Verwandtschaft geschrieben, also bitte unterstell mir das auch nicht

    Oh Mann. Wen willst du denn gemeint haben mit dem nicht vorhandenen fliessend Warmwasser? Was bist du denn gar so gereizt grade?

    Mich stört nur, dass du den Eindruck erweckst, als habe die Mehrheit der Leute mit einem Plumpsklo gelebt und es habe nicht mal genug Brot zu kaufen gegeben

    Keine Ahnung, woher du den Eindruck hast. Ich schrieb von meinen Verwandten, das war nicht zu überlesen. Es ist ein Beispiel für Leute und Gegenden, die vergessen wurden. Dass das sicher keine Einzelfälle waren, kann man anhand vieler gut gemachter Dokumentationen über die Zeit nachvollziehen. Der MDR hat schöne Serien dazu, auch über die industriellen Altlasten der DDR. Die - ich schreibe es präventiv - in dem Ausmass auch mit nichts im Ruhrpott oder sonstwo im Westen zu vergleichen sind.

    Das Brot wird knapp gewesen sein, weil die Mehrheit im Dorf unter der Hand das kostengünstige Brot an Schweine verfüttert hat, um sich nebenher einen Urlaub in Ungarn zu finanzieren

    So wird es gewesen sein. Die Leute waren einfach selber schuld an ihrem Elend. Vielleicht war die Planwirtschaft im Frühjahr 1989 auch einfach nur kurz vor dem endgültigen Kollaps. Ich habe neulich eine eindrückliche Doku zu den Montagsdemos in Leipzig gefunden, in der original Bilder der Leipziger Wohnviertel von damals gezeigt werden. Such bitte danach und sag mir dann, ob du immer noch findest, das sei mit irgendwas vergleichbar, wie es im Westen war. Ich habe 1988 meine Mutter das letzte Mal zu DDR-Zeiten zur Verwandtschaft begleitet. Wir hatten es selbst nicht gut, aber ich habe mit 8 schon verstanden, warum Mama Konservendosen in den Osten schickt.

    Einfache Lebensumstände sind keine Rechtfertigung für mangelnde Empathie gegenüber Flüchtlingen und/ oder die Wahl von Rechtsradikalen

    Ich wiederhole es dann doch gerne noch ein drittes Mal: Ich schrieb nichts von Rechtfertigung. Ich schrieb davon, dass ich nachvollziehen kann, dass man irgendwann so denkt. Und du schreibst etwas vom "Stolz" des Opas auf sein Haus. Das ist wie die Sache mit den geschlossenen Krankenhäusern, je nach Kontext ist die Wahrnehmung völlig unterschiedlich. Meine Mutter hatte nicht viel, auf das sie hätte stolz sein können. Auch meine Verwandtschaft hat sich die Lebensumstände nicht ausgesucht. Die Fremdbestimmtheit war das grundsätzliche Konzept der DDR.

    Rumgedreht ist übrigens mangelnde Empathie gegenüber denjenigen, den das Leben einfach nichts geschenkt hat, ein sehr wichtiger Grund für zunehmende Verbitterung. Auf das will ich eigentlich die ganze Zeit schon raus.

    Nur dass du darin keinen Grund findest, um AFD zu wählen.

    Ich übrigens auch nicht, wo du es schreibst: gab es bei uns auch nicht, war mir aber gar nicht mehr bewusst.

    Eben, ich nicht. Meine Mutter war aber durchaus in die Richtung geneigt. Nachvollziehen kann ich es daher allemal. Und ich weiss, dass nicht alle dumm und Nazis sind, die solche Parteien gut finden.

    Schmidt Ich schrieb nicht, dass irgendjemand Hunger leiden musste. Haste hoffentlich registriert. Ich schrieb auch mit keiner Silbe, dass für *mich* das alles eine Rechtfertigung wäre, die AfD zu wählen. Unter meinen Verwandten gab es einzelne, die 1989 zu den Montagsdemos nach Leipzig gefahren sind und es gab die, die 2015 *gegen* PEGIDA auf die Strasse gegangen sind. Bei uns hat nie irgendjemand "gejammert". Scheisse war es trotzdem und dass das immer wieder relativiert und nicht anerkannt wird, ist offensichtlich für viele Grund genug, die AfD zu wählen.

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