Puh, na ich versuchs mal, wir aber dann länger. Es ging los mit:
Mit der Verbesserung der Diagnoseverfahren haben wir natürlich auch eine Erhöhung der Anzahl der Kinder mit ADHS und Asperger-Autismus. Insbesondere Letzteres scheint aktuell wie Pilze aus dem Boden zu schießen.
...
Da wäre meine Frage: Ist das so? ADHS scheint mir kein so neues Phänomen zu sein und dass man diagnostisch mehr als die üblichen Fragebögen hätte, ist mir nicht bekannt. Es wird allenfalls etwas besser auf Ausschlusskriterien geachtet, so zumindest meine Wahrnehmung im Bereich der Erwachsenen, die erstmalig getestet werden.
Dann kommen ganz viele Vermutungen zu Medienkonsum und Auswirkungen auf die Konzentrationsfähigkeit. Außerdem ein Beitrag dazu, dass in den 90ern sehr viel Ritalin verschrieben wurde.
Der letzte Beitrag, der den Begriff des ADHS enthielt, lautete:
...Wenn ein Hirn andauernd fehlbeschossen wird, passt es sich an. Ich gehe davon aus, dass, genauso wie man seinen Körper in einen Fehlstoffwechsel bringen kann (durch falsches Essen, fehlende Bewegung etc), man sein Hirn auch in so einen Zustand kriegt. Nicht grundlos werden die ADHS-Fälle immer mehr. Sicher gibt es auch "natürliche Fälle" mit angeborener Stoffwechselstörung, aber ich glaube, man müsste ADHS in zwei Diagnostiken stecken, welche Ursache es hat, sonst übertüncht man diese mit der Diagnose und der vielleicht anstehenden Medikation nur.
Was genau sind ADHS-Fälle, sind damit die im Klassifikationssystem genannten Symptome gemeint? Werden sie tatsächlich mehr? Was wäre die Unterscheidung, würde es bedeuten, dass der hier angenommene zweite Fall von Aufmerksamkeitsstörung erst mit Erwerb des ersten Smartphones einsetzt und dann wieder aufhört, solange man das Smartphone absetzt? Oder ist dann dauerhaft was futsch im Hirn? Gibt's dazu Erkenntnisse jenseits von Vermutungen? Hat die TE explizit nicht behauptet, ich frage mich das nur.
Interessant finde ich auch die Tendenz, wieder von "übertünchen" im Kontext von ADHS-Medikation zu sprechen, da man sich in der Forschung inzwischen weitgehend einig ist, dass Medikation bei ADHS ein ganz wichtiger Behandlungsbaustein ist und mehr hilft als Therapie (allein) und Symptome dadurch sogar häufiger auch auf Dauer verschwinden.
Da ich selbst hier vor nicht allzulanger Zeit von Kolleginnen und Eltern angegangen wurde, weil ich es skeptisch sehe, wenn schwer verhaltensgestörte Kinder aus dysfunktionalen Familien mit Ritalin "ruhig gestellt werden", weil die Kinder dann keinen Ärger mehr in der Schule machen und sich folglich keiner mehr für sie interessiert, fällt mir auf, dass die Tendenz in der Alltagswahrnehmung gerade wieder zu kippen scheint. Also eher Konsens in Richtung "keine Medikamente, das löst ja auch bloß keine Probleme" wobei hier noch zwischen "richtigem" ADHS und einer neuartigen Störung unterschieden wurde, die ebenfalls auf Ritalin anspricht.
Eine Zeitlang wurde von Kolleg*innen ja auch steif und fest behauptet, Ritalin wirke nur bei Kindern mit ADHS, daran könne man die richtige Diagnose erkennen. Der Hinweis, dass Studierende damit dealen, um länger lernen zu können, wurde ignoriert.
Das meinte ich. Ich verfolge die Alltagserklärungen von Lehrkräften zum Thema schon viele Jahre und stelle immer mal Veränderungen fest. "Subjektive Theorien" heißt das, wenn ich recht erinnere und sie leiten unser Verhalten stärker als wissenschaftliche Theorien. Meine eigene Skepsis ggü. Ritalin hat sich auch verändert, weil ich finde, dass es letztlich nicht so sehr darauf ankommt, ob es Biomarker für ADHS gibt und somit eine angeborene Störung gesichert festgestellt werden könnte, sondern ob es Kindern besser geht, sie Freunde finden, den Alltagsanforderungen gerecht werden, später seltener kriminell werden, weniger Beziehungsabbrüche haben, weniger Unfälle, Konflikte am Arbeitsplatz etc.pp. Wenn das durch Ritalin gelindert wird, ist die Verschreibung durchaus in Betracht zu ziehen, denke ich heute.
Aber schwierig bleibt es allemal, wohl wie bei allen psychischen Erkrankungen, die sich nur nach dem klinischen Bild bemessen lassen...