Die kurze Geschichte eines Lehrerlebens:
Dereinst (2005) war ich ein junger aufstrebender Studienrat zur Anstellung. Ich wollte meine Probezeit natürlich gut bestehen und habe rangeklotzt.
Danach war ich ein Beamter auf Lebenszeit. Ich wollte gerne befördert werden und habe rangeklotzt.
Dann wurde ich nach fünf Jahren im Schuldienst befördert.
Danach war ich also Oberstudienrat und wollte gerne stellv. Schulleiter oder Oberstufenkoordinator werden und habe rangeklotzt.
Irgendwo im dritten oder vierten Jahr an meiner Schule wurde ich chronisch krank. Stressbedingt. Irreversibel.
Irgendwann hatte ich dann kapiert, dass es so nicht weitergehen kann und darf. Das war 2018.
Dann kam der Wechsel in die Behörde. Das war meine Rettung.
Dann wurde ich zum Studiendirektor befördert.
Dazwischen habe ich immer wieder überlegt, wie es weitergehen kann.
Ich habe durch meine mittlerweile über dreijährige Arbeit in der Behörde nach 14 Jahren Vollzeit im aktiven Schuldienst den direkten Vergleich erfahren dürfen.
Die Arbeit in der Behörde bzw. im Büro ist sehr geregelt, bis auf wenige Ausnahmen relativ stressfrei und vor allem hinsichtlich der Arbeitszeit mehr als fair. Wenn ich an einem Tag Überstunden mache, kann ich sie am nächsten Tag oder irgendwann später dank Gleitzeitkonto "abfeiern". Es gibt eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit, selbst im Homeoffice. Und das funktioniert tatsächlich bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen. Laptop zu - Arbeit ausgeblendet.
Da ich in absehbarer Zeit wieder in den aktiven Schuldienst zurückkehren werde, ist für mich klar, dass die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit schlichtweg auch im Schuldienst funktionieren muss. MUSS. Ansonsten werde ich die 20 Jahre, die ich noch vor mir habe - nebenbei noch mehr als die Hälfte meiner gesamten Dienstzeit - nicht schaffen.
Wie kann das gehen? Oder eher: Wie muss das gehen?
a) Ich werde soviel Arbeit wie möglich IN der Schule erledigen. (Wahrscheinlich teile ich mir als künftiger Funktionsstelleninhaber ein Büro mit einem Kollegen, so dass ich da eine Rückzugsmöglichkeit habe.) Somit arbeite ich also wie in der Behörde bis 16 oder 17 Uhr IN der Schule. Sobald die Arbeit mit nach Hause kommt, erdrückt sie einen. Sie ist immer sichtbar, sie ist immer da.
b) Ich nehme an diesen langen Tagen konsequent nichts mit nach Hause. Unterrichtsvorbereitung und Kopieren würde ich dann am selben Tag machen, so dass ich am nächsten Tag nicht mehr in der Schlage am Kopierer stehen muss.
c) Ich organisiere mir wenigstens zwei kurze Tage, an denen ich früher zu Hause bin und auch aktiv für die Familie da sein kann.
d) Ich versuche dort, wo es effizient und sinnvoll ist, meine Arbeit weitgehend zu digitalisieren.
e) Ich verabschiede mich von dem Streben, alles immer sofort zu 100% zu erledigen und priorisiere meine Aufgaben.
f) Ich schreie nicht bei jeder Zusatzaufgabe "hier", sondern sage auch mal "nein" bzw. lasse Aufgaben, die mich interessieren würden, ganz bewusst andere KollegInnen machen.
g) Ich erinnere mich täglich daran, dass ich - wie übrigens JEDE/R andere auch - durchaus ersetzbar bin und dass meine künftige Schule auch problemlos ein paar Tage ohne mich auskommen wird, wenn ich mal krank bin.
h) Ich setze meine Frau und meine drei Kinder an erste Stelle - sprich: Ich werde auf absehbare Zeit nicht stellv. Schulleiter oder Schulleiter werden. Ich bin mit meiner Frau verheiratet und nicht mit der Schule.