Ich habe das Referendariat auch nicht geliebt, vor allem, weil ich davor selbstständig tätig war und meine eigene Chefin. Es gab viele Dinge die hakten und unrund liefen, und es hat ordentlich gemenschelt uter den Ausbildern, es gab aber auch viel Gutes, vor allem eine sehr eng zusammenarbeitende Truppe Mitreferedare, die sich das, was nicht ausgebildet wurde, in gegenseitiger "Supervision" und kollegialer Hospitation beigebracht haben.
Ich denke, jedem, der das hinter sich hat, geht es eine Weile lang so, dass er keine Lust hat, sich ständig auf die Finger gucken zu lassen und (zT von Menschen deren Ferne zum Unterricht beträchtlich ist!) Kommentare anzuhören. Das ist eine menschliche Reaktion. Die muss man aber dan auch mal überwinden.
Nichtsdestotrotz find eich es bedenklich und nicht sehr professionell, wenn man "pädagogische Freiheit" mit völliger Allmacht im Klassenraum verwechselt und möglichst unbeobachtet für den Rest der Zeit machen möchte, was man will. Die - zum Glück wenigen, aber doch unbestreitbar vorhandenen - Kollegen, die den Schülern und Kollegen das Leben schwer machen und z.T. echte Schäden anrichten, blühen in dieser "Freiheit" wie Unkraut.
Aber auch für die Kollegen, die nicht in diese Kategorie gehören, gilt: Sein eigenes Tun zu reflektieren, andere auch mal draufschauen zu lassen, sich mit Kritik auseinanderzusetzen und seine Arbeit immer mal wieder zu reflektieren, ist in sozialen Berufen unerlässlich. Für Lehrer ist das nach dem Referendariat bisher in nur sehr geringem Maße gegeben. Sich vor Überprüfungen wegzuducken und zu hoffen, das man ungestört "wurschteln" kann - in einem Beruf, der ständig überprüft, bewertet, Leistungen kommentiert etc - ist höchst unprofessionell.
Über die Form der Überprüfung kann man diskutieren. Kollegiale Hospitationen finde ich gut. Supervision ist wichtig. Aber auch das Gespräch mit den Chef muss man als Profi und Erwachsener aushalten können. Das gehört zu einer erwachsenen Berufsaufassung dazu. Schülerfeedback - NACH der letzten Notenvergabe und anonym - muss sein.
Das in Deutschland noch relativ weit verbreitete "hinter meiner Klassenzimmertür mach ich, was ich will" ist nicht nur inhaltlich katastrophal und unserer Weiterentwicklung hinderlich, es ist auch rufschädigend im höchsten Maße.
Dass man diese Zeit der Ausbildung aushalten kann, zeigen viele Kollegen, die durchaus ohne "Dachschaden" daraus hervor gegangen sind. Dafür muss man gemacht sein. Und nicht das allergrößte Pech mit den Ausbildern haben. Man muss vielleicht auch seine Vorstellungen etwas revidieren: viele Studenten gehen mit idealisierten Vorstellungen von Unterricht und von Ausbildung (ich komme da rein und alle haben mich lieb, meine Stunden sind ein Feuerwerk und mir gelingt alles, weil ich den Beruf sooo sehr will) hinein. Und empfinden Kritik als persönlich abwertend. Und leiden daran. Das ist etwas, was im eigenen Kopf gelöst werden muss.
Eine systematische Weltverschwörungstheorie würde ich jetzt eher nicht draus machen wollen. Unter den Ausbildern gibt es von der linken Socke bis zum Oberneoliberalen alles, untereinander sind die kaum vernetzt. Von daher gibt es auch keine einheitliche "Schleifrichtung" für Referendare, die von höherer Stelle angeordnet wurde. Wenn du Pech hast, will der eine Ausbilder dies und der andere genau das Gegenteil.
Dass unser Bildungssystem stark verbesserungswürdig ist, ist unbenommen.