Einige Punkte fand ich schon lange vor der Flüchtlingskrise sinnvoll, auch schon zu Zeiten, als hierzulande viele noch behaupteten, wir seien kein Einwanderungsland und deshalb bäuchten wir kein Einwanderungsgesetz.
Bei anderen habe ich keine Ahnung, wie das gehen soll, also so konkret und praktisch: Mal so als ein Beispiel das hier:
Zitat
- Aufräumen mit kriminellen Parallelgesellschaften, rechten und religiösen Extremisten. Ein klarer Konsens, dass wir so etwas hier nicht wollen und deutliche Zeichen der Staatsgewalt.
Was ist Aufräumen? Ab wann ist einer Extremist? Wenn er das ist, und (wie die meisten salafistischen Gefährder und alle hiesigen Neu-Nazis) deutscher Staatsbürger ist: wie wird aufgeräumt? Wird ihm die Meinungsfreiheit beschnitten - wie? Darf er nichts mehr im internet posten und andere radikalisieren und nichts mehr (öffentlich) sagen und schreiben? Wer überprüft das, wie setzt man das durch? Oder kommt er in den Knast aufgrund seiner Meinung? Auf welcher Rechtsgrundlage?
Oder wartet man (wie bisher) doch, bis er was Extremes getan hat? Und worin unterscheidet sich das dann von wie es jetzt ist?
Wie räumt man mit einer "kriminellen Paralellgesellschaft" auf (was ist das überhaupt?)? Verhaften und Einsperren auf Verdacht? Ab welchem Verdacht? "Sie sind Bürger mit Migrationshintergrund, Ihr Bruder/Kumpel war mal straffällig, Sie kommen in Sippenhaft?" Oder doch wie bisher erst nach erwiesenem Straftatbestand? Mit oder ohne Gerichtsverhandlung?
Ehrlich, ich verstehe diese Forderungen konkret immer nicht. Sie klingen attraktiv, auch für mich. Wer will schon kriminelle Parallelgesellschaften und Extremisten!? Ich auch nicht. Mir gehen die so auf den Keks, die Kriminellen, die extremen Religiösen, die extremen Rechten und Linken, - ich könnt kotzen.
Aber ich persönlich kenne keine neuen Mittel, die man gegen sie anwenden kann, die nicht dazu führen, dass wir unsere Rechtsstaatlichkeit oder demokratischen Verfassungsrechte verlieren. Also Meinungsfreiheit, Recht auf ein Verfahren und einen Anwalt und Unschuldsvermutung, Religionsfreiheit, Recht auf Freizügigkeit und individuelle Selbstbestimmung, recht auf Würde, Versammlungsrecht, usw.
Klar, es gab mal ne Zeit, da ging das: da wurden Menschen aufgrund ihres Glaubens und ihrer politischen Überzeugung aus ihren Häusern geholt und eingesperrt (im besten Falle).
In unseren Staat gibt es dazu die Rechtsgrundlage nicht (Gottseidank). Bei uns dauert alles lang. Verdacht muss bewiesen werden, Menschen müssen auch unter Vedacht ordentlich behandelt werden, sie dürfen auch extreme Meinungen äußern, sie dürfen das internet benutzen, sie dürfen... halt in einer Demokratie leben.
Wenn ich auf unsere Einkaufsstraße unsere hiesigen Jung-Salafisten mit ihren dämlichen Fusselbärten Korane verteilen und junge Leute verführen sehe, kriege ich auch eine Wut, eine echte, tiefe. Als ich Montags ich unsere lächerlichen Mini-Pegidistenformation in Deutschlandfahnen gehüllt rechtes Zeug ins Megaphon kreischen hören musste, ging es mir ähnlich. Paris, der NSU-Prozess, und vieles von dem Grausamen, was die Flüchtlingsfrau, der ich Deutsch beibringe, so erzählt, haben mich mit einem solchen Zorn erfüllt, dass ich regelrechte Magenprobleme bekommen habe. Ich schlage oft die Zeitung auf und denke einfach nur verzweifelt "Ihr seid alle irre, warum kann man nicht alle Irren einfach auf einen leerstehenden Kontinent beamen und dort sollen sie sich so lange gegenseitig die Fresse einhauen, bis nur noch Vernünftige übrig sind!".
Der Beamer existiert nicht. Die Forderungen derer, die den Menschen "Quick-Fixes" vorgaukeln (alle sofort raus, keiner mehr rein, alle abschieben") gehen nicht demokratisch umzusetzen, wenn man mal genau hinguckt. Sie gehen nur, wenn man nicht mehr ermittelt, wenn man an Grenzen auf Menschen schießt, wenn man ... usw. Und auch die nicht ganz so rechten Forderungen oder die gar nicht rechten, wie die, die du hattest, scheitern kurzfristig am "Wie". Das "Wie" wäre nämlich ein demokratisches oder rechtsstaatliches Problem. Siehe oben.
Langfristig geht es vielleicht.
Vielleicht! Vielleicht geht es mit unglaublichen Anstrengungen in Bezug auf Bildung (Deutsch und sowas wie Staatsbürgerbildung, mehr, schneller, intensiver - wirkt immerhin bei den Flüchtlingen, aber nicht bei den schon lange hier ansässigen Parallelgesellschaftsbürgern). Mit Kommunikationund dezentraler Unterbringung von Flüchtlingen, damit diese mehr mit Deutschen als mit sich selbst in Kontakt kommen, ohne das wird es keine Integration geben.
Es geht vielleicht mit mehr und anderer personeller und inhaltlicher Ausstattung an Schulen, damit Menschen nicht ohne Abschluss und Perspektive in die (Parallel)gesellschaft entlassen werden, wo die salafistischen oder Neu-Nazi-Freunde mit offenen Armen warten um dem Bruder/der Schwester etwas "Besseres" anzubieten, als Rumhängen und Perspektivlosigkeit.
Vielleicht gehr es vor allem nur mit mehr Jobs, von denen Menschen ihre Familie ernähren und mit Renten, die Menschen nicht in die Armit katapultieren, so dass sie nicht tief verunsichert herumlaufen und alle und jeden als Bedrohung empfinden und tief verunsichert und frustriert "den Feind" im Mitkonkurrenten um Geld und Rente suchen.
Und so weiter und so fort. Es ist ein richtig, richtig dickes Brett. Ich weiß nicht, ob wir es bohren können. Wir werden es versuchen müssen, sonst fliegt uns hier einiges um die Ohren. Einiges!