Ich möchte mich im Folgenden ausschließlich auf Jaydan beziehen; zu Silicium fällt mir - mit Verneigung vor Karl Kraus - überhaupt nichts mehr ein.
Jaydan, ich kann Deine Klagen über Deine Arbeitsbelastung sehr gut nachvollziehen, da ich unseren Beruf inklusive der Fächerkombination von beiden Seiten (21 Jahre "Indianer", 15 Jahre "Häuptling") kenne.
Natürlich weiß ich nicht, wie an Deiner Schule die Lehraufträge konkret verteilt werden. Klar ist, dass der Schulleiter letzten Endes für die Lehrauftragsverteilung verantwortlich ist. Wenn er die Lehraufträge im Alleingang bestimmt, sind Frust und Ärger vorprogrammiert. Er trägt aber auch die Verantwortung dafür, dass Belastungen nach bestem Wissen und Gewissen gleichmäßig auf die Kollegen verteilt werden. Ich wage jetzt keine Vermutung auszusprechen, welche Fächerkombination Dein Chef studiert haben könnte - dennoch habe ich eine.
Heute sollte das wichtigste Führungsprinzip jedes Schulleiters sein, dass er die von seinen Entscheidungen Betroffenen zu Beteiligten macht. Dazu kann er
- in der Planungsphase für das neue Schuljahr Lehrauftragswünsche erfassen und versuchen, sie möglichst umfassend zu berücksichtigen
- die Fachkonferenzen Vorschläge für die Lehrauftragsverteilung in den einzelnen Fächern machen lassen
- seine endgültigen Entscheidungen in Einzelgesprächen mit den Kollegen transparent machen
Du hast für Dein Problem zwei Ansprechpartner:
Als erstes solltest Du zu Deinem Schulleiter gehen und im offenen und vertrauensvollen Gespräch Deine belastende Situation darlegen und ihn bitten, Dich im nächsten Jahr dadurch zu entlasten, dass er Dir keine neue Jahrgangsstufe 1 gibt. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Du ihm angibst, dass Du künftig nach Möglichkeit nur in einem Deiner Fächer in der Kursstufe eingesetzt werden möchtest. - Ein vernünftiger Chef geht auf solche Gedanken ein. (Ich hatte früher mit wenigen Ausnahmen immer nur ein Fach in der Kursstufe, Grundkurse jedes Jahr und Leistungskurse im festgelegten Turnus mit den anderen LK-tauglichen Kollegen. Aber ich hatte in meinem ganzen Berufsleben so gut wie nie die Klassenstufe 11, weil der Chef meinte, dass die Kurs genug Oberstufe seien. Und da er selbst die Lehrbefähigung in Deutsch hatte und das Korrekturgeschäft kannte, sorgte er auch dafür, dass kein Germanist mehr als 3 Lehraufträge in Deutsch hatte. - Und jetzt darfst Du auch raten, welches meiner Fächer ich nach meinem Wechsel in die Schulleitung nicht mehr unterrichtet habe.)
Als zweites solltest Du mit dem Personalrat reden: Er ist gesetzlich dazu verpflichtet, darauf zu achten, dass Belastungen und Entlastungen gerecht verteilt werden. Der Schulleiter muss seine Lehrauftragsverteilung mit dem ÖPR besprechen. Außerdem kann der ÖPR Dienstvereinbarungen mit dem Schulleiter abschließen. Das Verfahren der Lehrauftragsverteilung kann beispielsweise Gegenstand einer solchen Vereinbarung sein. Du kannst deinen Personalräten Vorschläge der Art machen, wie ich sie für Dein Gespräch mit dem Chef skizziert habe.
Eine dritte Möglichkeit: Du könntest eventuell mittelfristig versuchen, die Zahl Deiner Lehraufträge (nicht das Deputat!) zu verringern, indem Du Aufgaben in der Schule übernimmst, für die es Entlastungsstunden gibt, z. B. Verwaltung der Lehrerbücherei, Rektoratsassistenz, o. ä. - Natürlich kosten solche Tätigkeiten auch Zeit, aber eben keine Korrekturzeit am häuslichen Schreibtisch.
[Zum Schluss eine kleine Anekdote aus meinen frühen Berufsjahren: Bevor 1978 die neue Oberstufe mit dem Kurssystem eingeführt wurde, war ich auf einer einwöchigen Akademie-Fortbildung zur Einführung in die neuen Sternchenthemen im Fach Deutsch (so hieß das damals.) Der Kursleiter, ein erfahrener Oberstudiendirektor, wollte uns beim abendlichen Plausch in der Weinstube erzählen, wie anspruchsvoll und fordernd seine Arbeit als Schulleiter sei. Jung und frech, wie ich war, sagte ich zu ihm, dass er sich ja wohl freiwillig auf eine Schulleiterstelle beworben habe und er deshalb wohl selbst an seiner Arbeitsbelastung schuld sei. Seine Antwort, die ich mir sehr gut gemerkt habe, war: "Wissen Sie, junger Kollege, ich war vorher Lehrer für Deutsch und Englisch. Das war noch viel schlimmer!"]