Beiträge von Ilse2

    Können verhaltensgestörte Kinder nicht "geistig fit" sein?

    Können sie natürlich. Ich hatte im GU schon mehrfach hochbegabte, aber extrem "verhaltensgestörte" Kinder. Diese waren zum Teil in der Klasse nicht tragbar, weil sie sämtlichen Unterricht ge- und zerstört haben. Die Klassenkameraden haben unter ihnen gelitten, aber es gab GAR KEINE Möglichkeit, irgendwie adäquat mit ihnen umzugehen. (Ich hatte ca.2-3 Std./Woche in der Klasse. Den Rest der Zeit mussten die Klassenlehrer zusehen.) Gerade solche Kinder halte ich für sehr schwer inkludierbar in den Klassen, vor allem dann, wenn sonst keinerlei Personal beständig dabei ist... Da ist es eindeutig leichter, lernschwache oder leicht geistig behinderte Kinder mit irgendetwas zu beschäftigen (was ich auch nicht für sinnvoll halte, was aber leider Realität ist...)

    Vielleicht soll es das auch gar nicht? Immerhin ist das öffentliche Schulsystem einer der größten Kostenblöcke in den Länderhaushalten. Wäre doch schon, wen man es privatisieren könnte. Natürlich nicht direkt, das wäre ja "unsozial", sondern auf einem Umweg, indem man die Eltern und Schüler "mit den Füßen" abstimmen läßt. Und außerdem gibt es da ja noch das GATS-Abkommen...

    Natürlich wird es Inklusion auch im Privatschulsystem geben: Das eine oder andere (ausgewählte) Inklusionskind ist sicherlich gut für die Außendarstellung solch einer Schule...

    Gruß !


    Das könnte natürlich auch hinter diesem ganzen Unsinn stecken... X(

    Tina: Was ist MSD? Sowas wie sonderpädagogische Beratung?

    Mama Muh: Mit ausreichend Personal von verschiedener Professionalität kann man natürlich gut arbeiten. Da spricht dann auch nichts gegen Inklusion. Die hiesige Realität sieht da leider ganz anders aus... Bei uns an der Schule bin ich weit und breit die einzige Sonderpädagogin, habe mittlerweile 17 GU-Schüler in 10 Klassen (mehr Klassen hat die Schule übrigens nicht...). Und auch die anderen Schüler sind eher schwieriges klientel. Integrationshelfer gibt es nicht. Einen Schulsozialarbeiter gibt es zwar, der hat aber leider nur selten Zeit, eben, weil unser Klientel hier eher schwierig ist... So schade das ist, so kann es nicht funktionieren. wenn man Inklusion will, dann muss man auch investieren, in Geld, Personal, Material etc. Kostenneutral wird das nicht gehen...

    In meinen Augen ist Inklusion, so wie sie in der Theorie dargetellt wird, nicht mit unserem Schulsystem vereinbar. Um Inklusion in den Schulen tatsächlich leben zu können, müssten alle Schüler genau da abgeholt werden, wo sie gerade stehen. Jeder hätte seinen eigenen Lehrplan, eigene Ziele, die er erreichen muss. Wie das in einem selektierenden Schulsystem aussehen soll, das erschließt sich mir nicht. Und wenn Kinder mt sonderpädagogischem Förderbedarf (das ist NICHT zwangsläufig ein körperbehindertes Kind im Rollstuhl, da kommt in der Regel mehr dazu, als nicht laufen zu können) ans Gymnasium gehen können, warum dann nicht auch die Kinder, die eigentlich besser an der Hauptschule aufgehoben wären.
    Das Ganze ist in meinen Augen ein politischer, völlig undurchdachter Schnellschuß, bei dem letztlich alle Schüler die Chance auf qualitativ hochwertige Bildung verlieren werden. Im Endeffekt wird es ein gesellschaftlicher Supergau werden, weil die Schüler aller Schulformen nicht mehr so gefördert werden können, wie sie es benötigen würden (okay, seeeehr schwarz gemalt, aber ich sehe doch jetzt schon wie wenig ich bei "meinen" Schülern im Gemeinsamen Unterricht erreichen kann.... Ich bin mir sicher, die könnten alle mehr, wenn ich nicht nur 2 -3 Std./Woche Zeit für sie hätte, während sie den Rest der Shulzeit "sinnlos" absitzen, weil keiner der anderen Kollegen die Zeit hat, sich in dem Maße um sie zu kümmern, wie sie es eigentlich bräuchten).
    Inklusion im momentanen Schulsystem und kostenneutral kann nicht erfolgreich sein!

    ... weil du das vorher nicht geschrieben hast. Ich habe leider eine Kristallkugel!
    Aber dann beschreibe doch bitte mal, wie man z.B. einen Tag in einer inklusiven Klasse so gestalten kann, dass kein Kind, weder die fitten, noch die mit sehr hohem Förderbedarf, noch die netten, ruhigen Durchschnittskinder zu kurz kommen. Ich will mich da gar nicht über dich lustig machen, wenn du da ein super Konzept hast, ich würde wirklich gerne dazu lernen!

    Jazzy, hast du schon Lernmatrizen versucht? Dann läuft das bestimmt! Und streng dich einfach mal ein bisschen an, denk mal an die Kinder! 8o
    (sorry, das musste raus...)

    Susannea, du wirkst an der ein oder anderen Stelle tatsächlich sehr theoretisch...Diese netten Konzepte, die man so lesen kann klingen ja auch ganz gut, aber so ganz in echt? Da kann einem das ein oder andere Kind scho mal nen Strich durch die Rechnung machen...

    NImmst du das an? Ich sicherlich nciht.

    Nein, ich nehme das nicht an. Ich sehe, wie das vor die Wand gefahren wird.
    Ich würde fürchterlich gerne für bessere bedingungen arbeiten? Aber wie mache ich das? Das Schulamt leugnet ja, dass es Probleme gibt, alles läuft bestens. In Wirklichkeit aber stehen viele Kollegen kurz vor dem Zusammenbruch, weil sie die Aufgaben, die von ihnen erfüllt werden sollen schlicht nicht erreichen können, oder aber sie haben resigniert und kümmern sich nicht wirklich, frei nach dem Motto "ich ann es nicht ändern, ist mir auch egal" und das ist reiner Selbstschutz...

    Gibt es hier Kollegen aus Thüringen, die mir ihr Modell mal aus der Praxis beschreiben können? Ich würd mich freuen!

    Edit: ich hab jetzt grad mal ein Beispiel aus Thüringen angeschaut: 2 Klassenräume, 2 Lehrer, 8 Schüler, einer davon mit sonderpäd. Förderbedarf... Ja, so kann ich auch wunderbar arbeiten. :thumbup: Es wäre natürlich wunderbar, wenn alle Klassen/Schulen so arbeiten können, Vielleicht passiert das ja auch bald... :whistling:

    Mich würde interessieren, wo es denn ein wirklich funktionierendes inklusives Schulsystem gibt? Welche Rahmenbedingugen gibt es? Wie kann man das umsetzen? Und zwar so, dass jedes Kind wirklich sein Potential auschöpfen kann?
    Es muss nicht immer nur lerngegenstandsgleich gearbeitet werden, klar. Das geht ja auch gar nicht, wenn man denn inklusiv oder auch nur integrativ arbeitet. Aber wie soll man das umsetzen, ohne die richtigen Bedingungen? Ohne ausreichend Personal? Das geht nicht, ohne. Da fallen alle durch die Maschen, die nicht perfekt funktionieren. Und es ist einfach utopisch anzunehmen, dass man einfach nur mal machen muss, dann wird das schon.

    Denn nein, da wurde einfach nicht ordentlich gelesen, es ging darum, welche Varianten es bei lerngegenstandsgleich bei diesem Thema gibt und ja, dazu gehört eben auch, dass einige ihre Geschichte malen. Sie köntnen sie ja auch jemandem anders erzählen, der sie aufschreibt usw.
    Wenn dann alle ihre Geschichten zusammenbringen gibts ein schönes Buch der Klasse, worauf diese Kinder und generell Inklusive Klassen bisher immer sehr stolz waren, wenn so etwas veröffentlicht wurde.

    Das ist ja auch MAL ne ganz nette Geschichte. Das Problem aber ist ja, dass die betroffenen GU Kinder, je älter sie werden zunehmend NUR noch solche Dinge machen, wenn sie denn am Lerngegenstand der Klasse teilnehmen... und dabei jede Menge werrtvolle Zeit verlieren, in der verschiedene Lernfenster noch offen stehen für anderes, was vielleicht manchmal auch ichtig ist. WWie z.B. Lesen und Schreiben lernen.

    Klassenlehrerprinzip am Gymnasium stell ich mir jetzt auch schwierig vor... Mal ein Fach fachfremd unterrichten, okay, das geht schon, aber quasi alle außer 2-3, nee, da leidet ganz sicher die Qualität. Würd ich so nicht wollen...
    Susannea, bei dir klingt das alles so einfach. Entweder, du bist wirklich richtig gut, dann würd ich echt gern mal bei dir schauen kommen und was lernen! Oder du machst dir da was vor, ich weiß es nicht...
    Jazzy hat ganz gut beschrieben, was so ein Gemeinsamer Unterricht für Herausforderungen stellt. Ja dann malen die GU-Kinder eben was. Für den Rest ihres Schullebens. Weil ja keiner die Zeit hat, sich mit ihnen in ihrem Lerntempo zu beschäftigen und ihnen dann vielleicht im 5. Schuljahr doch noch das Lesen und Schreiben beizubringen. Was soll's! Qualitativ einwandfrei! *ironie*

    Was ist SAPH?
    Aber mal davon ab, die Kinder müssten selbständig arbeiten, ja. Was aber, wenn sie es einfach noch nicht können? Ich hab da ein paar Experten in den Klassen, die eigentlich ihre Zeit absitzen und nur in den wenigen Stunden, in denen ich da bin wirklich mal was tun. oder ebn mal die paar Minuten, die der KL sich neben sie setzt... Und das obwohl sie Material haben, mit dem sie theoretisch selbständig arbeiten könnten. Aber eben nur theoretisch.
    Naja, dauerhafter schulischer Misserfolg kann bei Kindern schon viel zerstören. Da hilft es nichts, dass ein Kind besonders gut malen kann, ein anderes besonders gut rennen... Kinder sind oft sehr ehrlich, aber auch grausam miteinander. Ich habe schon viele Kinder erlebt, die wegen ihrer schulischen Leistungen ziemlich am Boden waren, auch deshalb, weil sie eben nicht all das konnten, was die anderen konnten.

    Ilse2: Wer sagt dir denn, dass da die Bedingungen besser sind? Vielleicht wird einfach mehr daraus gemacht, aber eben auch von der administrativen Seite aus.


    Denn wenn du in 10 Klassen bist, was vollkommen bescheuert ist, dann müsstest du ja für ca. 300 Schüler zuständig sein, wenns vernünftig läuft. Denn ordentliche Inklusion bedeutet eben, dass du für alle Schüler zuständig bist, aber natürlich auch für alle mit planst und das kann ja bei der Variante nicht funktionieren.


    Eben, das ist es ja, was ich sagen will: Die Bedingungen stimmen nicht! Und ich denke, das ist es auch, was die anderen hier sagen wollen...

    Aber unterschiedliche, individuelle Lernprogramme funktionieren auch erst dann gut, wenn die Schüler in der Lage sind, selbständig zu arbeiten... manchmal haben sie das bis zum Ende der 4. Klasse geschafft... An meiner momentanen Schule ird sehr individuell mit allen schülern gearbeitet. Trotzdem vergleichen sich auch meine GU-Schüler und sind nicht damit zufrieden, dass sie oft ganz andere Sachen machen... Wenn ein Viertklässler im ZR 10 rechnet, dann fällt das in der Klasse auf, was nicht so selten nicht besonders gut für das selbstertgefühl der betroffenen Schüler ist... Kinder vergleichen sich, wollen mit der Masse schwimmen. je älter sie werden, desto mehr begreifen sie auch, dass sie manche Kompetenzen noch nicht erreicht haben... das ist aber ein punkt der im rahmen von Inklusion eigentlich nie thematisiert wird...

    Dann würde ich dich bitten, dass nächste Mal dies doch deutlich zu machen, damit du nicht falsch verstanden wirst.

    ? Meinst du mich damit?

    Naja, in der Regel merkt man, ob ein Kind sopäd. /erhöhten Förderbedarf hat...
    Dein Link funktioniert bei mir leider nicht.... Allerdings hilft mir das persönlich ja auch nicht weiter, wenn in Thüringen gute Bedingungen herrschen, die hier bei mir leider nicht vorhanden sind... In konkret meiner Situation bedeutet das, dass ich quasi jedes Halbjahr an eine andere Schule abgeordnet werde, manchmal auch an 2 oder 3 verschiedene Schulen gleichzeitig. In diesem Schuljahr und jetzt tatsächlich auch schon im 2. Halbjahr, man glaubt es kaum, bin ich an einer Grundschule im Ruhrpott in einem sozialen Brennpunkt, mit hohem Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund. Offiziell bin ich für 17 (!) Schüler mit sopäd. Förderbedarf zuständig, zusätzlich soll ich noch präventiv in der Schuleingangsphase beratend tätig sein. Ich habe eine volle Stelle mit 28 Stunden. Die Schüler verteilen sich auf alle 10 Klassen der Schule. Da ist in meinen Augen sonderpädagogische Förderung quasi nicht möglich. Ich sehe die Kinder 1-2 Std./Woche, habe keine Chance gemeinsam mit den Klassenlehrern den Unterricht zu planen (10 Klassen = 10 Klassenlehrer, zeitlich nicht machbar), was bedeutet, ich hole die kinder einzeln oder in kleinen Gruppen raus oder aber bin mit in der Klasse, wo ich aber mehr unterstützende als lehrende Funktion habe. Das ist doch bekloppt, da kann doch nichts bei rumkommen. Und unser Schulamt meint, alles läuft prima, der gemeinsame Unterricht klappt gut. Letztlich aber sind die Kinder und Grundschulkollegen diejenigen, die das größte Päckchen zu tragen haben und den mist irgendwie mehr schlecht als Recht über die Bühne bringen. Keiner ist wirklich zufrieden, die Kinder leiden vor allem, weil sie merken, sie sind nicht "so gut" wie die anderen und können viele Dinge nicht, fühlen sich als Versager. Die Kollegen sind frustriert, weil sie die Ziele nicht erreichen (können). Das kann man doch nicht ernsthaft gut finden? 8|

    Es ist ziemlich blauäugig zu glauben, dass sich die Rahmenbedingungen ändern werden. Werden sie nicht.
    Vielleicht schreien die Sonderpädagogen am lautesten, weil sie sehen, welche Möglichkeiten es eben an den fürchterlich bösen Förderschulen gibt, welche es in der Regelschule oft nicht gibt? Vielleicht auch, weil sie einzelne Kinder vor Augen haben, die bei dem Weg der gerade beschritten werden soll, hinten über fallen? Weil es hier oft genug (natürlich nicht immer) um die Kinder geht, bei denen zu Hause keiner den Finger krumm macht? Weil es an Förderschulen vor allem um Beziehungsarbeit, um Aufbau von meist sehr kaputtem Selbstbewusstsein geht?
    Zudem ich erlebe es gar nicht so, dass nur die Sonderppädagogen schreien... ich erlebe auch viel Protest an den Regelschulen, viel "ich weiß gar nicht, wie ich diesem Kind gerecht werden soll"...

    Susannea, hast du Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in deinen Klassen? Wie schaffst du es, sie optimal zu fördern? (Ich meine das überhaupt nicht sarkastisch, sondern es interessiert mich wirklich!)

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