Hallo BWL-Doktorand,
versuche, an einer beruflichen Schule ein Praktikum zu machen. Vielleicht kannst Du die ein oder andere Stunde ja selbst halten.
Zu Studienzeiten habe ich Mathe-Vorbereitungskurse an meiner Uni gegeben, sowie während des Semesters Tutorien für meinen Prof. gegeben.
Uni und Berufsschule sind 2 grundsätzlich verschiedene Dinge.
Die Studenten an der Uni wollen etwas lernen. Sie investieren Zeit, Geld,... Wenn sie nicht kommen, riskieren sie, die Prüfung nicht zu bestehen. Wenn sie keine Lust haben, kommen sie eben nicht.
In der Berufsschule gibt es leider viele Schüler, die trotz ihres Alters noch nicht so richtig erkannt haben, dass sie für sich lernen. Mindestens 30 % der Arbeit, je nach Klasse, sind erzieherische Aufgaben.
Bei den Studenten gab es dies nicht. Wer quatschte, konnte gehen.
Kam aber eigentlich nicht vor oder schmissen diese Studenten von sich aus gleich das Studium.
Du kannst Schüler in der Berufsschule zwar vor die Tür stellen, Strafarbeiten geben etc., aber Du kannst sie letztendlich nie richtig ausschließen. Du hast eine Aufsichtspflicht.
In der Berufsfachschule ist es zudem so, dass manche Schüler diese Schule nur besuchen, damit ihre Eltern noch Kindergeld bekommen bzw. da sie einfach nicht wissen, was sie sonst machen sollen. Teilweise sind sie berufsschulpflichtig, d.h. sie müssen kommen. Egal ob sie Interesse haben oder nicht. Auch nicht alle Schüler haben eine Lehrstelle. Bei den meisten ist mir auch klar, woran dies liegt.
Teilweise ist man, wie Du schon befürchtest, Sozialarbeiter. Die Schüler kommen auch mit ihren privaten Nöten zu uns Lehrern. Es vergeht keine Pause, in der uns nicht ein Schüler sein Herz ausschüttet/Leid klagt.
Es ist manchmal unglaublich, wie anhänglich manche Schüler sind. Die Themen, die sie einem erzählen, lassen vermuten, dass sie keine richtige Bezugsperson haben.
Ich weiß, dass in BW Berufsschullehrer gesucht werden. Allerdings wird der Direkteinstieg (also festes Einkommen von Beginn an) nach und nach zurückgefahren. Wir haben demnächst auch 2 Referendare, die das 2jährige Referendariat durchlaufen müssen.
Nachteil am Referendariat: Es wird hier keine Übernahme garantiert.
In Bayern gibt es, meines Wissens (ich habe in Bayern studiert) keinen Direkteinstieg. Mein Ex-Kommilitone aus München hat ein Aufbaustudium gemacht und anschließend das klassische Referendariat.
Wichtiger als sämtliche Aufbaustudiengänge finde ich für das Lehramt an beruflichen Schulen: Berufserfahrung in der Industrie/freien Wirtschaft. Auch eine Lehre schadet nicht. Man kann mit den Schülern mitreden.
Wenn ich den Schülern erzähle, wie z.B. ein Bewerbungsgespräch aussieht, ein Arbeitszeugnis etc. und selbst noch keins geführt, geschrieben, erhalten habe, ist meine Argumentation einfach nicht so überzeugend.
Wie's am technischen Gymnasium z.B. aussieht, kann ich nicht beurteilen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass die Vermittlung des Fachwissens im Vordergrund steht, da die Schüler schon älter sind und das Abitur anstreben.
Fazit: Praktikum machen. Anschauen.
Viel Erfolg und viele Grüße
Super-Lion
