Energiegeladene Klasse wie beruhigen?

  • Hallo,
    ich mache im Moment ein 2-wöchiges Praktikum an einer Schule. Da ich dort schon einige Male unterrichtet habe und im Moment viele Stunden ausfallen müssen, wurde ich gebeten, einige Vertretungsstungen zu übernehmen.
    Bis jetzt liefen alle Stunden relativ gut. Es gab keine schlimmen Unterrichtsstörungen.
    Ich unterrichte allerdings nächste Woche in einer 6. Klasse, die wirklich furchtbar unruhig und nervös ist. Sie können sich nicht gegenseitig zuhören, wiederholen sich ständig und fragen mehrmals das gleiche. Außerdem können sie nicht still sitzen und wühlen ständig in irgendwelchen Sachen. Die Mitarbeit ist zwar sehr aktiv, jedoch aufgrund der fehlenden Konzentration nicht produktiv...
    Ich überlege mir nun, was ich in meiner Stunde machen kann, um die Schüler "im Ernstfall" beruhigen und die Aufmerksamkeit bündeln zu können. Gibt es "Konzentrationsspiele" oder ähnliches, die schnell gehen und zwischendurch eingesetzt werden können?
    Ich habe mir auch schon überlegt eine Art Ampelsystem an die Tafel zu hängen. Ich würde zunächst einen grünen Punkt an die Tafel kleben, wenn es unruhig wird, einen gelben Punkt und wenn es gar nicht mehr geht, einen roten Punkt. Die Schüler können sich durch angemessenes Verhalten wieder zu grün kämpfen. Sie bekommen dann keine HA's, wenn der grüne Punkt am Ende der Stunde an der Tafel klebt. So richtig glücklich bin ich damit allerdings nicht...
    Was haltet ihr davon?
    Liebe Grüße
    Maria

  • Hallo Maria,
    die Gefahr besteht darin, dass die Schüler das System "ruckzuck heraushaben", und sich damit Hausaufgabenfrei sichern ;)


    Wieviele Schüler sind denn in der Klasse?


    Kennst du das Verhalten der Schüler durch dein Praktikum oder durch die Berichte der dort unterrichtenden Lehrer?


    LG
    Isa

  • Hallo Maria,


    das mit dem Punkt kannst du zwar machen, hilft dann vielleicht auch mal kurz...aber, was machst du denn, wenn er am Ende auf Rot ist?


    Du machst dort ein 2-woechiges Praktikum, da ist es natuerlich fraglich, wieviel du dir zu erreichen verhoffst. Wenn die Klasse generell so hibbelig ist, dann muss man sowas etwas langfristiger angehen. Die werden nicht von jetzt auf gleich ploetzlich ausgeglichen und folgsam. (Wieso sollst du denn als Praktikantin ueberhaupt Vertretungsunterricht machen? Ist bei euch was ausgebrochen und hat alle ausgebildeten Lehrer dahin gerafft??)
    Wenn du sie nur das eine Mal unterrichtest, koenntest du halt versuchen sie entweder mit der absoluten Wahnsinnsstunde in Ehrfurcht verstummen zu lassen...oder, was ich mit meiner Klasse mache wenn sie wirklich zu hyperaktiv werden: Stundenplanung in die Tonne kicken und sie in Stillarbeit was machen lassen. Furchtbar viel wirst du in der kurzen Zeit nicht erreichen koennen.


    Ich arbeite mit verschiedenen Systemen. Meine eigene Klasse benimmt sich normalerweise sehr gut und stellt nur wenige Probleme dar. Ich zaehl sie meist aus, das reicht. Wenn sie reden, waehrend ich rede, nicht zuhoeren oder rumhampeln, gibt's ne Warnung. Dazu muss ich nicht viel sagen, sie kennen das System. Ich halt einfach die jeweilige Anzahl an Fingern hoch. Erste Warnung, zweite Warnung, dritte Warnung - Nachsitzen in der Pause; vierte Warnung, fuenfte Warnung - Nachsitzen in der Mittagspause. Normalerweise komm ich nie weiter als drei. =) Zur Not koennte ich sie auch noch vor die Tuer schicken oder neben meinem Schreibtisch warten lassen (finden se furchtbar).
    Wenn die ganze Klasse quasselt, zaehl ich runter..von 5 oder 3. Bei 0 ist entweder Stille und jeder guckt mich an, oder ich geh in die Minuszahlen. Das sind dann verlorene Minuten, die sie in der Pause nachholen...wenn sie in der Stunde net still sein koennen, ueben sie halt in der Pause. Ich lass sie dann einzeln gehen, waehrend meine Quasselstrippen die gesamte Zeit absitzen. Macht jemand nen Mucks, faengt die Stoppuhr nochmal von vorne an... :X:
    (Nein, ich bin nicht die furchtbarste Lehrerin, die's gibt. Meine Kids moegen mich mehrheitlich sehr gerne und finden mich eigentlich ueberhaupt nicht streng....jedenfalls nicht im Vergleich zur restlichen Lehrerschaft unseres Jahrgangs.)


    Ich sag gelegentlich, dass sie in der Stunde eigentlich schon ihre Hausaufgaben anfangen. Wenn sie nicht viel hinbekommen (weil sie zu viel quasseln und mir auf den Keks gehen, weil ich staendig warten muss), muessen sie halt mehr daheim machen. Da spielen dann ploetzlich meine quasseligsten Quaelgeister Polizei und sagen den andern, dass sie jetzt doch still sein und zuhoeren muessen. :D


    Meine Mathgruppe ist dagegen ein absoluter Alptraum und es hat mich den Grossteil des bisherigen Jahres gekostet um ueberhaupt eine Atmosphaere zu schaffen, die Unterricht auch nur annaehernd zulaesst. Geklappt hat es jetzt einigermassen, weil sie als Teams gegeneinander Punkte sammeln. Am Ende der Woche kann sich mein Siegerteam eine Belohnung aussuchen. Zusaetzlich schreibe ich auch Namen waehrend der Stunde an die Tafel. Es sind die Namen derer, die gut und ohne zu stoeren arbeiten und deswegen am Ende der Stunde noch extra Punkte bekommen. Zusaetzlich hab ich noch ne kleine Box, wo die Namen derer reinkommen, die kurz vorm Verweis stehen (gibt bei uns gruene Zettel, die an den Klassenlehrer gehen und danach in die Schulakte). Sowas ruettelt einige meiner Kids auf, da sie ihren Namen dort nur sehr ungern sehen und am Ende der Stunde gerne entfernt haben wollen. Klappt das nicht, gibt's Nachsitzen in der kleinen Pause oder der Mittagspause. Wer nicht auftaucht bekommt Nachsitzen mit der Schulleitung.


    Das sind vielleicht ein paar Ideen, die du versuchen koennstes. Aber, wie gesagt, du bist dort ja anscheinend nicht sehr lange.


    Schoenen Gruss,
    Dejana

  • Vielen Dank für eure Antworten. Ich finde die Idee mit den Zählen wirklich klasse, aber ich glaube, dass ich dann die ganze Stunde brauchen werde, um es den 28 (!!!) Kindern zu erklären ;) Ich habe in der Klasse bereits hospitiert und war doch ziemlich von dem Verhalten überrascht. Ich habe bereits mehrmals in der Parallelklasse Deutsch unterrichtet und diese Parallelklasse ist wirklich ruhig und konzentriert.
    Es sind einige Lehrer krank, andere sind auf Klassen-/Wanderfahrt.
    Meine Unterrichtsstunde wird wahrscheinlich das Thema "Computerspiele" haben. Ich habe mir auch schon einige Gedanken darüber gemacht und werde die Kinder am Anfang an die Tafel kommen lassen, um ein Cluster zu erstellen. Ich hoffe, dass sie dadurch ein bisschen entspannter werden, weil sie sich bewegen dürfen ;) Dann möchte ich eine Partnerarbeit machen, in der sie über ihren Konsum reflektieren sollen.
    Mir ist aber generell aufgefallen, dass man in 45 Minuten wenig schafft. Ich bin die 90 Minuten von der Uni gewohnt und denke deshalb in der Schule jedes Mal, dass ich mit dem Stoff getrödelt habe...
    Meine Mentoren sagen immer, dass ich vieeeeel zu nett bin :rolleyes:
    Bei der 7. Klasse hat das vor einem halben Jahr wunderbar funktioniert. Das waren 2 wunderschöne Deutschstunden mit viel produktiver Mitarbeit und am Ende habe ich sehr viel Lob und anerkennende Worte von den Schülern bekommen. Zwar gab es in der 2. Stunde auch etwas Unruhe, aber man hat gemerkt, dass es Aufregung war. Jeder wollte seine Bemerkung sagen. ... Jetzt bin ich wieder in dieser Klasse und es brach absolute Begeisterung aus.
    Ich weiß aber nicht, ob diese Nettigkeit und Sympathie in der 6. Klasse Wirkung zeigt oder ob ich wirklich versuchen sollte von der ersten Minute an streng zu sein. Was mache ich, wenn gar nichts mehr geht? Sage ich dann "Stop" und lass sie 3x tief durchatmen? Gehe ich einfach zum Lehrertisch und setzte mich schweigend hin, bis sie wieder zur Ruhe gekommen sind und frage dann, ob sie sich vorstellen können, warum ich mich gesetzt habe und welche Konsequenzen das hat? Schreien empfinde ich als Schwäche...
    Liebe Grüße
    Maria

  • Jo, Schreien empfinde ICH persönlich auch definitiv als Schwäche.


    Ich würd's so machen:


    Sag den Schülern bereits vor Unterrichtsbeginn, dass du den kompletten Inhalt der Stunde auch als Text vorbereitet hast, der als HA zu erledigen ist, wenn der Stoff eben nicht angemessen durchgenommen werden kann, weil es zu vielen Verzögerungen kommt.


    "Normale" HAs gibt es natürlich so oder so - im Schlimmsten Falle gibt's halt sehr sehr viel zu tun!


    Mach Ihnen ganz klar, woran Sie erkennen können, dass gerade Zeit für sie verstreicht - z.B. ein demonstratives auf-den-Lehrerstuhl - Setzen und zur Uhr Schauen deinerseits.


    Und wenn's eben nciht reicht, dann reicht es eben nicht und sie müssen ihren Kram alleine zu Hause machen. Die sind ja nicht mehr im Kindergarten.



    HA - frei als Anreiz für Verhalten, das als normal erachtet werden darf empfinde ich als falschen Impuls.


    Denn das normale, konstruktive Mitarbeiten ist keine herausragende Leistung. Außerdem würden dich die Schüler beim nächsten Mal, wenn sie gut mitarbeiten fragen - und logischerweise natürlich auch erwarten - ob es denn diesmal auch wieder keine HAs gäbe. Und das ist nunmal eine ganz normale Pflicht von Schülern und kein Bonbon, das zur Belohnung weggelassen wird. Positive Verstärkung hin oder her - HA - Entfall ist meiner Meinung nach NICHT der richtige Weg.

  • Zitat

    Original von Maria86
    Vielen Dank für eure Antworten. Ich finde die Idee mit den Zählen wirklich klasse, aber ich glaube, dass ich dann die ganze Stunde brauchen werde, um es den 28 (!!!) Kindern zu erklären ;)


    Was gibt's denn da gross zu erklaeren?
    "A., first warning! I get to three, you lose your breaktime." Die wissen schon, was se jetzt schon wieder angestellt haben. Du sollst es ja nicht jedem Kind einzeln erklaeren. 28 empfinde ich uebrigens als eine angenehme Zahl...so viele hatte ich letzte Woche mal, und meine Klasse war so schoen ruhig und entspannt. Regulaer hab ich 33 Kinder in der Klasse.


    Das Runterzaehlen muss ich auch nicht jedem einzeln erklaeren. Das hab ich der gesamten Klasse am Anfang des Jahres klar gemacht. Sie haben damit inzwischen genug Erfahrung gesammelt um zu wissen, dass ich bei sowas nicht scherze. :D


    Zitat

    Original von Maria86
    Meine Mentoren sagen immer, dass ich vieeeeel zu nett bin :rolleyes:


    Ich weiß aber nicht, ob diese Nettigkeit und Sympathie in der 6. Klasse Wirkung zeigt oder ob ich wirklich versuchen sollte von der ersten Minute an streng zu sein. Was mache ich, wenn gar nichts mehr geht? Sage ich dann "Stop" und lass sie 3x tief durchatmen? Gehe ich einfach zum Lehrertisch und setzte mich schweigend hin, bis sie wieder zur Ruhe gekommen sind und frage dann, ob sie sich vorstellen können, warum ich mich gesetzt habe und welche Konsequenzen das hat? Schreien empfinde ich als Schwäche...


    Das hat mir mein Mentor auch immer gesagt. :D Das Problem haben wohl die meisten Anfaenger.
    Ehrlich gesagt, ich waere von Anfang an streng. Du kannst spaeter immernoch netter werden. Du hast doch bestimmt schon eigene Freunde, oder? Um neue zu finden bist du nicht dort. ;)


    Was bringt das denn, wenn sie dreimal tief durchatmen? Wenn es so aus der Bahn laeuft, dass du "Stop" sagen musst, wuerd ich wirklich was anderes machen. Wenn gar nichts mehr geht und die schreiend ueber Tische und Baenke rennen, holst du jemanden zur Unterstuetzung! Einer der besten Ratschlaege meines Mentors: Man muss eine Stunde nicht auf Brechen und Biegen planmaessig durchbringen. Manchmal ist es viel sinnvoller, eine Stunde abzubrechen und am Verhalten zu arbeiten.


    Einige meiner Kids wuerden beim "tief durchatmen" wohl nen Lachkrampf kriegen und danach ganz getrost weiter rumbloedeln. :rolleyes: Genauso wuerde z.B. meine Matheklasse recht froehlich meinen Raum auseinander nehmen und sich gegenseitig verpruegeln, sollte ich auf die Idee kommen mich nur hinzusetzen und zu warten. :D Wenn ich warte, stehe ich mit verschraenkten Armen vor der Tafel und schaue gezielt bestimmte Uebeltater so lange an, bis sie verstummen und mein Blick zum naechsten wandern kann. ("Wenn Blicke toeten koennte..." :D )


    Ich schrei nicht, aber ich kann sehr wohl laut werden. (Schreien ist was anderes, da haette ich die Kontrolle verloren...wenn ich laut werde, nutze ich meine Stimme gezielt.) Es gibt einen sehr grossen Unterschied zwischen unserer letzten Mathestudentin, die mit wildem Blick ihre 6.-Klaessler fuer die ganze Stunde nur anzuschreien schien...und meinem "RIGHT", welches zwar sehr laut ist, aber erstens nicht oft hervorkommt und zweitens sogar meine Mathechaoten verstummen laesst. Danach red ich naemlich in normalem Tonfall weiter, weil ich sie furchtbar geschockt habe und nun Stille herrscht. Erwartet ja keiner, dass so ne laute Stimme aus so ner kleinen Person rauskommen kann. :P


    Die ganzen Strategien, die man an der Uni lernt, muessen je nach Schule und Klasse angepasst werden. Aber wenn du sie ja schon kennst...meinst du, es wuerde wirken, wenn du dich hinsetzt und wartest? Was waere denn die Konsequenz? Was fuer Strategien haben denn andere Lehrer in der Klasse?

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