Zum Halbjahr ins Dritte springen?

  • Hallo ins Forum,


    weil ich hier schon so oft gute Anregungen, Tipps und weiterführende Anstöße bekommen habe, möchte ich die alten Hasen (und natürlich jeden, der mag) - mal wieder - ums Mitdenken bitten:


    Bei der Zeugnisausgabe fragte mich die Mutter einer Erstklässlerin, ob man - da ja alles so gut läuft (tut es wirklich) nicht mal drüber nachdenken könnte, dass diese evtl. eine Klasse überspringt. Wir sind so verblieben, dass wir beiden den Gedanken im Kopf behalten, zu Schuljahresbeginn noch mal drüber sprechen / abchecken etc. vorbereiten und sie dann evtl. (! nur mal in Erwähgung gezogen!) ab dem Halbjahr ins Dritte wechseln könnte. Alles erstmal nur vorsichtig angedacht. Sofort ins Dritte zu springen, hielten wir jetzt beide für überstürzt und schwer machbar.
    Meine Gedanken:
    Ich traue der Schülerin diesen Sprung durchaus zu, bin mir aber nicht sicher, ob es wirklich das Beste für sie ist.
    Dazu muss ich wohl etwas weiter ausholen ;):
    Aaalso:
    Das Mädchen ist eindeutig reifer als seine MitschülerInnen. Sie ist Einzelkind, hat wohl viel mit Erwachsenen zu tun, ist in der Klasse vor allem mit einem Jungen befreundet, den sie bereits im Kindergarten als Freund hatte und spielt nachmittags außerdem mit einem Drittklässler (der übrigens das totale Gegenteil zu ihr ist: chaotisch und Legastheniker). Sie selbst wäre übrigens auch lieber ein Junge (und hat daher z.B. nur ungern Bewegungslieder mitgemacht, weil sie das für Mädchenkram hält). Sie wirkt recht ernsthaft (kann aber - Gott sei Dank - auch mal ganz kindlich-albern sein), kann - selten - aber auch ganz wütend werden, wenn sie sich ärgert (und ist dann auch einmal richtig ausgerastet), ist insgesamt aber eher ruhig. Sie spricht und vor allem denkt einfach auf anderem Niveau als ihre MitschülerInnen.
    Sie ist gut in durchgehend allen Fächern (Sport mal außen vor gelassen, das ist durchschnittlich). Sie arbeitet sehr sorgfältig und konzentriert und ist sehr gut organsiert (besonder zu bemerken bei Planarbeit und anderen offenen ARbeitsformen). Allerdings war es z.B. nicht so, dass sie bereits lesen oder schreiben konnte, als sie zur Schule kam. Sie hat nur alles sehr gut und mühelos gelernt. Auffallend ist, dass sie einfach über vieles sehr intensiv nachdenkt und sich auf hohem Niveau ausdrücken kann. Sie bringts dann einfach auf den Punkt (oft auch in Religion zu beobachten, wie gut sie sich ausdrücken kann). Auch ihre eigenen Geschichten sind sprachlich gut ausgedrückt (aber jetzt trotzdem nicht auf Drittklass-Niveau - ich werde mir mal ansehen, wie und was die jetzigen Zweitklässler so schreiben). Was die Rechtschreibung betrifft, schreibt sie lautgetreu, in der Regel vollständig durchgliedert und berücksichtigt erste Phänomene (er statt a am Wortende, mal eine Konsonanten-Verdopplung, z.T. Groß- und Kleinschreibung). Die Schreibschrift wird bei uns auch erst im zweiten Schuljahr gelernt....
    In Mathe gehört sie eben zu denen, die wirklich verstehen, was sie da tun, ihre Rechenwege schon gut verbalisieren können und Spaß an Knobelaufgaben haben. Mit ihr kann man auch darüber diskutieren, ob 3+4 jetzt wirklich das gleiche ist wie 4+3. Auffällig war auch, dass sie z.B. in den ersten Tagen Punkte-Anzahlen schon immer von sich aus als Muster gemalt hat. Auch konnte sie z.B. den Zehnerübergang auf größere Zahlen übertragen. Ich gehe also davon aus, dass sie den Hunderterraum recht schnell "durchschaut" und sich dort leicht orientieren wird.
    Ich selbst habe sie immer "im Auge behalten", hätte von mir aus jetzt aber kein Überspringen vorgeschlagen:
    Sie war zu Schuljahresbeginn immer bei den Langsamsten (und zwar nicht, weil die Aufgaben sie langweilten und sie getrödelt hätte, sondern weil sie so besonders sorgfältig und mit Anspruch an sich selbst arbeitet). Inzwischen konnte sie ihr Tempo steigern, ist aber eher im Mittelfeld als bei den Schnellen (was ja völlig o.k. ist). Es ist durchaus nicht so, dass sie die neuen Inhalte schon kennt, sie erlernt sie nur in der Regel mühelos. Sie selbst sagt, die Aufgaben langweilen sie nicht, sie will daher auch keine anderen Aufgaben als alle anderen. In meinen Augen wirkt sie zufrieden. (Übrigens ist es ihr egal, ob sie in der Klasse bleibt oder in das jetzige zweite Schuljahr geht - wie haben gefragt, was sie denn selbst wollen würde. Aber wie soll sie auch eine solche Entscheidung wirklich überblicken....). Hinzu kommt, dass bisher die Klasse über uns mit 31 sehr groß gewesen ist. Das wäre aber in Zukunft anders, weil geteilt wird....
    Ich werde das zu Schuljahresbeginn noch mal genauer überprüfen, aber ich bin mir eigentlich sicher, dass sie den Stoff des zweiten Schuljahres (speziell Mathe) noch nicht beherrscht (Speziell das Einmaleins). Sie müsste also sicher auch zuhause zusätzlich gefördert werden, um dann den Anschluss zu haben.
    Sicherlich wäre es auch möglich, z.T. am Unterricht der neuen dritten Klasse probehalber teilzunehmen.
    Ich habe einfach noch so gar keine Erfahrung mit Kindern, die überspringen könnten / sollten und überlege jetzt hin und her, was für sie das Beste wäre. Und: was hätte sie davon, außer einer kürzeren Schulzeit? Wie gesagt: sie langweilt sich (m.E. und nach ihrer Aussage) nicht, arbeitet super konzentriert und sorgfältig (von daher sehe ich auch nicht die Gefahr, dass sie es nicht lernt, zu lernen), hat immer die Möglichkeit, auch schwierigere Aufgaben zu den Themen in Angriff zu nehmen (ist aber nicht so, dass sie danach "giert")...
    Sie müsste, wenn sie zum Halbjahr springt ja nicht nur den Hunderter- und schon den Tausenderraum kennen, sondern auch das Einmaleins. Und Aufsätze schreiben... Und das dann auch gleich alles benotet....
    Kurz und gut: ich traue es ihr zu, weiß aber nicht, ob man ihr damit wirklich einen Gefallen tut. Es ist doch auch schön, leicht zu lernen und viele Erfolgserlebnisse zu haben. (Solange man sich eben nicht unterfordert und daher gefrustet fühlt, aber wie schon geschrieben, wirkt sie so nicht).
    Vielleicht sollte ich aber noch erwähnen, dass sie sich schwer tut, mit Kindern zusammenzuarbeiten, die nicht annähernd auf ihrem Niveau arbeiten. Da haben wir aber drüber gesprochen, dran gearbeitet und es wird besser....
    Danke erstmal an alle, die sich bis hierher durchgemüht haben. Ich hoffe, es war nicht zu konfus - habe einfach erstmal runtergeschrieben, was mir so durch den Kopf geht.
    Also, vor allem an die Leute, die mehr Erfahrung haben als ich: Wann würdet ihr ein Überspringen (zumal von 1. Halbjahr 2. Klasse in die 3. Klasse) befürworten????? Was muss ich noch bedenken? Welche Arbeit muss - im Falle, dass wir darauf hinarbeiten - auch zuhause geleistet werden? Was sollte ich in der Schule zusätzlich tun?
    Übrigens haben sich die Eltern des Mädchen kürzlich getrennt. Man merkt es ihr nicht an und sie hat das Glück beide weiterhin in der Nähe zu haben. Aber trotzdem ist das ja schon ein Einschnitt....
    Auf Meinungen, Tipps, Fragen, Anregungen, Diskussion hoffend
    Ronja

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.

  • Hallo Ronja,


    ich habe mich auch schon ziemlich intensiv mit dem Thema Klassen überspringen beschäftigt. Meine Meinung dazu ist eigentlich einfach: Wenn sich keinerlei Schwierigkeiten abzeichnen, das Kind zufrieden in der Klasse und einfach nur gut bis sehr gut ist, dann finde ich es die bessere Lösung in der Klasse zu bleiben.


    Klassen überspringen gehört für mich zu Massnahmen, die man trifft, wenn ein Kind unterfordert ist und unter diesem Zustand leidet und ganz wichtig: Wenn das Kind das möchte.


    Ich denke, es ist gut, wenn du diesen Zeitrahmen gibst. So hast du ausreichend Gelegenheit, herauszufinden, ob das eine augenblickliche Idee der Mutter ist, oder ob es sich tatsächlich aufdrängt.


    Sicher ist ein Klassensprung für ein intelligentes Kind, so wie du sie beschreibst, zu schaffen. Umso mehr, wenn man das an langer Hand vorbereiten kann. Für mich als Mutter käme es nur in Frage, wenn das ausdrücklich dem Wunsch des Kindes entspricht.



    lg,


    füchsle

  • Hallo!


    Ich hab leider auch noch kaum Erfahrung mit Überspringen. Außer, dass der Sohn eines Bekannten gleich zweimal eine Klasse übersprungen hat. Der Junge kommt damit überraschender Weise gut zurecht; er wird nächste Woche 12 und ist in der achten Klasse eines Gymnasiums.


    Nun hab ich in meiner (allerersten eigenen) Klasse einen Schüler, bei dem auch die Frage aufkam, ob er eventuell hochbegabt sein könnte. Anfangs fiel er mir auf, weil er den Unterricht sehr oft gestört hat. Als ich ihn mal daraufhin ansprach, erzählte er mir, dass er den Stoff langweilig findet, weil er das schon alles kann. Da muss ich dazu sagen, dass das auch mein Eindruck ist: Seine Aufgaben erledigt er fast zu hundert Prozent richtig und auch sauber und ordentlich. Inzwischen hab ich mich schon mit der Mutter unterhalten; die Eltern wollen jetzt überlegen, ob sie ihn testen lassen wollen um dann eventuell über ein Überspringen nachzudenken. Ich selbst bin mir auch nicht sicher, was am besten für ihn wäre, aber er langweilt sich ganz offensichtlich.
    Seit ich ihm erlaubt hab, dass er - wenn er mit den Aufgaben fertig ist - besonders schwere Zusatzaufgaben bearbeiten darf oder auch mal ein Buch lesen darf, ist er absolut problemlos. Er stört nicht mehr usw. Was mich allerdings wirklich verblüfft, wie gern und schnell er schon liest (Anfang 3. Klasse): Denn er liest mindestens ein Buch pro Woche so "nebenbei", d. h. wenn er mit den "normalen" Aufgaben fertig ist.


    Ich weiß auch nicht so recht. Warte noch auf die Antwort der Eltern und dann sehen weiter...

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