Zitat zur Vererbung

  • Hallo,
    kennt einer von euch ein literarisches Zitat oder irgendeine Beschreibung, die die Vererbung eines Merkmals zum Thema hat?
    So in etwa wie Goethes: "Vom Vater hab ich die Statur...", nur auf ein Merkmal beschränkt. Es gibt wohl irgendwas zu den Nasen der Buddenbrooks oder so...


    Ich würde das gerne als Einstieg in meine Lehrpobenstunde nehmen. Thema: Meiose.


    Über Beispiele wäre ich sehr dankbar!


    Eresa

    Zukunft ist für alle gut. (Harald Schmidt)

  • Habe mal schnell eine Suche in der "Digitalen Bibliothek" gestartet, die allerdings nur Texte bis etwa 1920 enthält - also alles eigentlich aus einer Zeit, wo die moderne Vererbungslehre sich noch nicht durchgesetzt hatte...


    Die meisten Erwähnungen von "Vererbung" sind entsprechend unspezifisch; bezogen auf einzelne Merkmale sind vielleicht diese Zitate aus Adalbert Stifters Roman "Der Nachsommer" von 1857 interessant:


    Zitat


    "Er hatte ein sehr rosiges Angesicht, ebenfalls braune Haare
    wie die Mutter [...]." [Stifter: Der Nachsommer, S. 1022. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 89374 (vgl. Stifter-GW Bd. 4, S. 741)]


    "Die Stirne trat klar und deutlich von ihnen ab, und unter derselben blickten zwei blaue Augen, nicht so groß wie die braunen der Schwester, aber noch einfacher, gütevoller und treuer hervor. Diese Augen schienen von dem Vater zu kommen, der sie auch blau hatte, während die der Mutter braun waren." [Stifter: Der Nachsommer, S. 361. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 88713 (vgl. Stifter-GW Bd. 4, S. 263)]


    "Ich konnte jetzt, da ich ein wenig gegen die Frauen hin zu blicken vermochte, recht deutlich sehen, daß hier Gustavs Mutter und Schwester zugegen seien; denn beide hatten dieselben großen schwarzen Augen wie Gustav, beide dieselben Züge des Angesichtes, und Natalie hatte auch die braunen Locken Gustavs, während die der Mutter die Silberfarbe des Alters trugen." [Stifter: Der Nachsommer, S. 336. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 88688 (vgl. Stifter-GW Bd. 4, S. 245)]


    Ergänzend noch ein paar Zitate aus Stifter in mehreren Bänden erschienener Erzählsammlung "Studien" (1844-1850):


    Zitat

    "Auf ihrem Munde war die Knospe der Rose, die sie eben begraben hatten, und in dem Haupte trug sie die Augen der Mutter." [Stifter: Studien, S. 658. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 90201 (vgl. Stifter-GW Bd. 1, S. 495-496)]


    "Ich habe Euch schon gesagt, daß ich am Begräbnistage meines Weibes bemerkt hatte, daß auf dem Munde der dreijährigen Margarita die Knospe der Rose war, die sie eben begraben hatten, und daß in ihrem Haupte die Augen
    ihrer Mutter standen." [Stifter: Studien, S. 877. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 90420 (vgl. Stifter-GW Bd. 1, S. 654)]


    So, jetzt noch einige typische Zitate aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die vielleicht wissenschaftlicher Überprüfung nicht standhalten, und sich nicht (!) auf ein einzelnes (äußerliches) Merkmal beziehen:


    Zitat

    "Dieses Fräulein schien zu aller sanften Liebenswürdigkeit einer Engländerin auch den melancholischen Charakter, der diese Nation bezeichnet, von ihrer Mutter geerbt zu haben."
    [La Roche: Geschichte des Fräuleins von Sternheim, S. 16. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 64270 (vgl. La Roche-Sternh., S. 14)]


    "Er hieß den Pagen folgen und dieser warf sich ohne Zaudern auf den ihm vorgeführten Fuchs, denn er war von jung an im Sattel heimisch und hatte von seinem Vater, dem weiland wildesten Reiter im schwedischen Heere, einen schlanken und ritterlichen Körper geerbt." [Meyer: Gustav Adolfs Page, S. 19. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 71263 (vgl. Meyer-SW Bd. 1, S. 141)]


    "Sie lebte wenig in der Wirklichkeit, sondern verkehrte im Geiste mit ihrem toten Vater, von dessen Gemütsart sie viel geerbt hatte, und dem sie mit jedem Jahre in auffallender Weise auch in ihrem Aussehen ähnlicher wurde."
    [Meyer: Jürg Jenatsch, S. 258. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 70826 (vgl. Meyer-SW Bd. 1, S. 503)]

  • Émile Zola hat für seinem Romanzyklus Les Rougon-Macquart (1871 ff.) viel aus den damals dem Zeitgeist entsprechenden Vererbungslehren geschöpft. Die Romane gibt's auch auf Deutsch. Der erste Roman des Zyklus ("Das Glück der Familie Rougon") dürfte für deine Zwecke am Ergiebigsten sein (v.a. die ersten beiden Kapitel).

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

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