"der hat meinen füller...!"


  • Bitte nicht! Selbständigkeit und Grenzen schließen sich nicht aus. Jeder Mensch will Grenzen, sonst würden wir ohne Ideologie, Recht und Eigentum leben. Und bitte: Auch du hast in deinem Unterricht Grenzen gesetzt, die meiner Erinnerung dann überschrittenn waren, wenn die Rechte anderer tangiert wurden. Das Wegnehmen von Sachen passiert bei mir in meinen postpubertären Klassen in der Pause, die Diskussion beeinflusst i.d.R. überhaupt nicht den Unterricht, da ich eh immer früher da bin. Es geht schlicht und ergreifend um die Tatsachen, einen anderen Schüler unter Verletzung seiner Eigentums-/Besitzrecht zu ärgern. Wer hier nur zuschaut, sozialisiert Schüler mit einem gestörten Besitzes-/Eigentumsbegriff.
    Im Falle von gutenmorgen ist ein weiteres Recht der Schüler tangiert, nämlich dass die Mehrheit nicht durch solche "Spielereien" einiger belastet werden darf.
    Und jetzt bitte nicht das Argument, die Schüler seien so "deformiert", weil sie falsch lernen und arbeiten müssten. Gutenmorgen ist mit dem Resultat konfrontiert, was die sechs Jahre zuvor passiert ist.


    edit: Ohne Strafen und Verhandlungen verschwandt das Verbot. Heißt das, du hast zwei Jahre Schüler mit fremdem Eigentum den Heimweg antreten lassen oder wie darf man sich das konkret vorstellen?!

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • meinst du?

    Zitat

    Ohne Strafen und Verhandlungen verschwand das Verbot. Heißt das, du hast zwei Jahre Schüler mit fremdem Eigentum den Heimweg antreten lassen oder wie darf man sich das konkret vorstellen?!


    du hast inzwischen feste vorstellungen über mich.
    und du hast offensichtlich (täusch ich mich?) die vorstellung, dass es nur den umgang mit verhandlungen und strafen geben kann.
    nein, kinder sind nicht mit fremdem eigentum heim gegangen.
    und nach zwei jahren musste nicht mehr darauf hingewiesen werden dass es verboten ist, kindern etwas weg zu nehmen.


    wenn man einmal, im kindergarten oder der grundschule angefangen hat mit ermittlung, verfolgung, bestrafung, dann wird einem in der folge wahrscheinlich kaum etwas anderes übrig bleiben.
    meine einlassungen können darauf aufmerksam machen, dass etwas anderes möglich ist.

  • Ich habe zu der Durchsetzung deiner Regeln überhaupt keine Vorstellung und wollte dich nur etwas sticheln, uns zu erläutern, wie du die Einhaltung hinbekommen hast.
    Leider hast du es hier immer noch nicht geschrieben. Würdest du uns das bitte erklären? Es wäre doch in der Tat evtl. ein Hinweis, der auch gutenmorgen konkret helfen könnte.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • sticheln? so ist es richtig... darauf reagier ich wohl.
    für gutenmorgen ist es möglicherweise weniger hilfreich als für gänseblümchen. vielleicht täusch ich mich.


    im kindergarten hab ich zu meinen wöchentlichen besuchen jeweils einen topf mit farbstiften mitgebracht und unter anderem verschiedene lern- und arbeitsblätter. die stifte bekamen von mir den namen "bitteschöndankeschön-stifte".
    so gingen die kinder damit um.
    in der schule hatten die kinder die erlaubnis alles zu benützen was im zimmer ist. es gab von nichts "den klassensatz".
    sie lernten also von selber, darum zu verhandeln, vereinbarungen zu finden.
    wenn einem kind etwas eigenes verschwunden war, ging ich einfach auf die suche danach. und selbst wenn es bei einem anderen kind auftauchte, wurde es einfach gefunden. nicht ermittelt. es wurden keine schuldigen gesucht. bestraft hab ich ja sowieso nicht.
    es wurde für diese kinder selbstverständlich, dass verlorenes oder vermisstes wieder her musste. von dem allgemeingut z.b. farbbrillen, taschenrechner, geo-clix, boxen mit rechengeld, jede menge sachbücher, lernspiele auf CD usw... ist nichts verschwunden. kinder hatten die möglichkeit, sich davon etwas auszuleihen für zu hause. immer wurde es wieder gebracht (dabei sind die farbbrillen echt teuer oder die CD "die stadt im mittelalter")
    ich denke, dass die erlaubnisse und die freie zugänglichkeit es für die kinder selbstverständlich machten dass nichts mehr "geklaut" wurde.
    auch die äpfel oder das mineralwasser wurden nicht geklaut.

  • Hallo,


    ich denke, es geht den Kindern in der 7. Klasse gar nicht ums "klauen". Bei mir sind so was kleine Neckereien - Stift wegnehmen - Mäppchen weitergeben - die vor allem zwischen Jungs und Mädchen stattfinden.


    Den Kindern habe ich meine Interpretation auch schon gesagt: Weil sie noch nicht wissen, wie man sich dem anderen Geschlecht richtig nähert, versuchen sie es über derartige Umwege.


    Ab und zu ein: "Gell, die X bzw. der Y interessiert dich? Vielleicht versuchst du es besser anders und gibst jetzt den Stift zurück", ist oft wirkungsvoller als schimpfen oder strafen. ;)


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • hallo!


    gänseblümchen: irgendwie ist das mit der stifteklauerei besser geworden, ich kann dir aber nicht sagen, woran es liegt. schön, dass du das thema noch mal hochgeschoben hast, das wäre mir sonst vielleicht gar nicht bewusst geworden,... hm. ich weiß nicht warum, aber das gibts kaum noch, leider hab ich jetzt aber keinen tipp für dich.


    @rolf ich lese schon länger sehr interessiert, was du so vorschlägst und es gefällt mir, dass du die dinge offenbar meistens sehr grundsätzlich angehst. du hältst dich kaum damit auf, einzelne situationen zu regeln, du arbeitest an der selbständigkeit und an grundsätzlichen einstellungen der kinder.


    ich kann mir vorstellen, dass man mit den entsprechenden rahmenbedingungen so arbeiten kann und ich kann mir sogar vorstellen, dass es für viele kinder der richtige weg wäre.
    (aus meiner eigenen kindheit heraus habe ich diesbezüglich auch ein paar bedenken, ich hätte mir grenzen gewünscht und klare zuständigkeiten für erwachsene, die sich von denen der kinder unterscheiden, -aber das ist vielleicht zu sehr meine eigene geschichte)


    schade ist, dass ich niemals wege finde, deine ideen sozusagen in "kleinen schritten" umzusetzen. ich kann nicht von heute auf morgen meine schule reformieren und auf solche arbeitsformen umstellen, auch wenn ich mir das als ein langfristiges ziel durchaus vorstellen kann. die meisten deiner ideen kann ich als lehrer in einer weiterführenden schule in einem bundesland mit zentralprüfungen und mit einem 2-stunden-fach als einzelner lehrer nicht umsetzen und eben leider auch noch nicht einmal in ansätzen umsetzen.


    ich habe mich schon öfter gefragt, ob das so sein muss und in der natur der sache liegt. ich kenne auch kaum schulen, die sich zu solchern oder ähnlichen reformansätzen "hinentwickelt" hätten. ich kenne welche, die neu aufmachen und gleich so oder ähnlich arbeiten. aber es scheint mit keinen weg zu geben, der allmählich aus dem gewöhnlichen system zu einem wie deinem hinführt.
    verstehst du, was ich meine? ich meine, natürlich kann ich ne stiftebox aufstellen im fachraum und sagen, wer nen stift braucht kann ihn sich nehmen und für 2x45 minuten ist die klasse 7 in dem raum und kann das genießen aber damit ist es natürlich nicht getan.


    mich fasziniert dein ansatz (auch wenn ich wie gesagt auch einige bedenken habe) aber er bleibt für mich bisher immer philosophie, weil mir die "kleinen schritte" fehlen bzw. weil ich solche schritte auch manchmal versuche und sie innerhalb des systems, in dem ich arbeite völlig verpuffen. sie führen aber auch nicht aus diesem system heraus. sie sind einfach nur gangbar, wenn man schon außerhalb steht. so stellt es sich für mich jedenfalls dar.


    trotzdem lese ich dich gern, weil es ein bißchen den blick frei macht. manchmal hat es aber auch etwas deprimierendes, etwa so wie utopien deprimierend sein können.


    liebe grüße,
    gutenmorgen

  • @ gutenmorgen: Ich habe meine Erwiderung zu dir der Ordnung wegen hier gepostet:
    http://www.lehrerforen.de/oldf…c=100676691577&startid=21


    Zum eigentlichen Thema:


    Schön, dass Robischon sein Vorgehen sehr konkret beschrieben hat. Das mit dem Material frei zur Verfügung stellen finde ich eine gute Idee. Mal sehen, was ich über die Schule ergattern kann, einen Teil könnten meine älteren Schüler des Berufskollegs, die Gott sei Dank ein eigenes Klassenzimmer haben, auch selbst finanzieren (und nach der Erstausrüstung unserer Kaffeemaschine spendet der Lehrer bestimmt auch noch gerne etwas ;) )


    Dein Vorgehen beim Wegnehmen von Privatsachen missfällt mir aber. Ich finde es nicht hinnehmbar, dass ein Schüler so lange auf seinen Besitz verzichten muss, bis der neue Besitzer ermittelt worden ist. Ich würde mich wundern, wenn du sehr erfreut wärest, deinen Rasenmäher zusammen mit einem freundlichen Herren der Obrigkeit bei allen Nachbarn zu suchen. Wenn auch nur das zeitweilige Inbesitznehmen fremden Besitzes folgenfrei bleibt, entsteht m.E. eine gestörte Einstellung dazu. Ich kenne das aus meinen schwierigen Klassen: Da wird einfach mal in das Mäppchen des Nachbarn gegriffen mit der Erklärung, ich wollte mir das doch nur mal kurz ausleihen. Keine Ahnung von welcher Art der Erziehung das eine Folge bei 15-17jährigen ist.


    Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass das "Ermitteln" eines Lehrer, der sich sonst Eingriffen in die Schüleraktivitäten verwehrt und jetzt auf der Suche nach einem Gegenstand ist, von dem Betroffenen sehr wohl als Strafe (weil als öffentliche Heraustellung) gesehen wird.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • ermitteln?
    beim suchen helfen ist etwas anderes.
    oft war es einfach so, dass etwas verschlampt war und kurzerhand jemand beschuldigt wurde.
    ich hab mich einfach drum gekümmert.
    vergleiche mit der erwachsenenwelt zeigen so eine situation nicht im geeigneten licht.
    meinen rasenmäher nimmt niemand weg. ich pass drauf auf.
    mein motorrad stell ich so ab, dass es nicht schnell auf einen lkw gehievt werden könnte. und schließ es dreifach ab.
    geld lass ich nicht einfach irgendwo liegen und taschendiebe erkenn ich von weitem, wenn sie mich anpeilen wollen.
    meine hilfe bei der suche nach privaten gegenständen (ich hab ja auch dazu gesprochen, mich kommentiert) zeigte, wie wichtig mir sowas war.
    versuch nicht gleichgültigkeit oder leichtfertigen umgang daraus zu machen. ich hab es richtig hoch gehängt.
    und wie man sieht, hat es langfristig gewirkt. sicher passen auch heute noch diese kinder besonders auf ihre sachen auf. und die ihrer nachbarn.

  • hallo gutenmorgen

    Zitat

    es scheint mit keinen weg zu geben, der allmählich aus dem gewöhnlichen system zu einem wie deinem hinführt.


    allmählich schon.
    timm hat in dem anderen thema vorschläge gemacht.
    von mir käme noch: verbündete suchen, langen atem haben.
    jetzt, wo tatsächlich in deutschland integrative gesamtschulen nach schwedischem oder finnischem muster eingerichtet werden können, sieht es gut aus dafür.
    in einem anderen forum schimpft ein lehrer mächtig über diese neue schulform, weil dort klassische arbeitsweisen ziemlich unmöglich sind. jedesmal wenn ich meinen beitrag beende mit "schule muss für alle kinder da sein. gesellschaft muss für alle menschen da sein", kommt seine antwort:
    du hast recht, aber...

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