Raus aus dem Beruf bei Altersteilzeit und unaushaltbaren Zuständen - absoluter Burnout

  • Ich schreibe diesen Beitrag im Interesse meiner Mutter, die 60 ist und Altersteilzeit macht. Sie hat 18 U-Stunden und ist an einem Gymnasium in der Sek I und II mit Französisch und Deutsch. Mit ihrer Altersteilzeit hat sie noch das Schuljahr 2008/2009 zu bewältigen. Sie leidet unter dem Burnout-Syndrom.


    Seit ein paar Jahren ändern sich sowohl die Stimmung als auch die Arbeitsbedingungen - die Schule hat einen sehr hohen Ausländeranteil in der Schülerschaft und mit zunehmdem Druck von seiten der Behörden sowie Lernstandserhebungen, Zentralabi usw. zu kämpfen.
    Der Direktor hat seit längerem ein diagnostiziertes Burn-out, geht aber nicht wegen Krankheit raus, sondern hat in ein paar Wochen seinen letzten Arbeitstag. Er sorgt nur noch dafür, dass er nicht das größte Chaos hinterlässt, und setzt sich null für seine Kollegen ein.
    Meine ma hat in den letzten Jahren nur Stress gehabt: Sie musste das Zentralabi Latein entwerfen und bekam das Angebot, eine Woche "krank" zu sein dafür. Sie ist sehr dienstbeflissen und hat ihre Aufgabe ohne das "Kranksein" erledigt.
    Sie hat gegen ihren Willen eine sehr schwierige 7 als Klassenlehrerin bekommen (letztes Jahr), die einfach nicht von einer 60-jährigen mit Burnout zu handeln ist - hoher Ausländeranteil, die Türken beschimpfen die deutschen Mädchen als "Nazis", wenn diese mal eine Lösung der Aufgaben verbessern, Verhaltensauffälligkeiten, stundelange Gespräche mit Eltern (da kann meine Mutter sich leider nicht distanzieren -sie wird auch zuhause angerufen und investiert viel Zeit, Mühe und Nerven in diese Telefonate)


    Nun hat sie sich durchgesetzt - diese Klasse wird nun jemand anders übernehmen, dafür fällt ihr aber eine (Klassenlehrer-) Entlastungsstunde weg und sie hat statt den Stunden in der Klasse 2 Kurse neu dazubekommen, darunter eine 13 in Französisch (GK).
    Zudem behät sie ihre alte, schwierige Klasse in Latein.
    Sie bereitet sich gerade auf die Themen in der 13 für 2009 vor und schmeißt regelmäßig die Bücher in die Ecke ... eine 13 wollte sie nicht!
    Sie ist stinksauer, auch über die allgemeinen Zustände in der Schule und die Gleichgültigkeit der Direktorin.
    Sie hat jahrelang viel für die Schule getan und jetzt weht ihr ein so harter Wind um die ohren. Auch macht es ihr zu schaffen, dass sie bei den ausländischen Schülern gegen eine Wand redet - Themen wie Islamismus und Ausländerfeindlichkeit eskalieren in der Klasse regelmäßig.


    Nun meine Frage: Wie kann sie raus aus dem Beruf?
    Meiner Merinung nach gibt es nur die Möglichkeit, ihre n Burnout sowie eine Depression zu diagnostizieren und sie so für dieses Jahr "krankzuschreiben".


    Das will sie aber nicht, sie sagt, dass es nach all den Dienstjahren und all der Mühe und Freunde, die für die mit dem beruf verbunden sind/waren, nicht "unehrenheaft" ausscheiden will.


    Sich für ein paar Monate krankschreiben zu lassen, ist auch schwierig, weil dann ja jemand anders die Klausuren schreiben lassen muss und wenn sie wiederkomt, hat sie Angst, dass sie nicht mehr Fuß fassen kann.


    Das letzte Jahr durchhalten - hm ... sie ist an ihren Grenzen angelangt.


    ich muss dazu sagen, dass meine Mutter für einen Burnout prädestiniert ist - sie sieht immer das gute im menschen und hofft, dass ihre Gutmütigkeit und ihre Hilfe von anderen erwidert wird - das funktioniert natürlich nicht, vor allem nicht in diese Schule.


    Ihr Burnout ist meiner Ansicht nach seit Jahren vorhanden - Schlaflosigkeit, ständiges Kranklsein, Probleme mit der Galle, Nahrungsmittelallergien ... so langsam geht es einfach nicht mehr

    6 Mal editiert, zuletzt von Micky ()

  • Deine Beschreibung klingt für mich exakt so, wie in folgendem Buch nachzulesen:


    Andreas Hillert: Das Anti-Burnout-Buch für Lehrer


    Hillert ist Facharzt für Psychatrie, Psychotherapie und psychotherapeutische Medzin, er weiß also wovon er redet.


    Überengagement bei gleichzeitiger "Gutmenschen-Mentalität" sind Risikofaktoren für Burnout. Mein Tipp: Einen Facharzt aufsuchen und den Berufsausstieg vorbereiten. Du musst ihr klarmachen, dass nicht sie die Verantwortliche für die Bedingungen an ihrer Schule ist. Wenn sich die Direktorin nicht mehr kümmert, dann sollte sie auch darüber nachdenken, eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu stellen (mit 60 Jahren riskiert sie ja auch nichts mehr). Immerhin hat das Land eine Fürsorgepflicht. Also das wichtigste ist: Raus aus der Passivität, auch wenn es anfangs eine Extra-Portion-Kraft kostet.


    Gruß !


    ps: Mein dringender Rat an alle Berufseinsteiger: Besorgt euch das Buch, wenn ihr den Job noch ein paar Jahre machen wollt!

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Hi Mikael - danke für den Tipp, ich habe mir das Buch gleich mal bestellt (als Mängelexemplar - neu kostet es 17 Euro nochwas). Schließlich bin ich Kind meiner Mutter und möchte mich auch vor sowas schützen.
    bei mir ist das Problem allerdings nicht meine Gutmütigkeit - wenn mich ein Schüler am Wochenende privat anruft, gibts erst mal was auf die Mütze und ich opfere mich auch nicht auf. mein Problem ist die enorme Korrekturbelastung - mit 2 Hauptfächern ausschließlich in der Oberstufe auf Abi- und Fachabiniveau - da kannst du dich distanzieren wie du willst und auch mal krank feiern, weil du sonst mit Klausuren auf ne 55-Stunden-Woche kommst - es bleibt immer noch ein enormer Batzen an Arbeit, vor allem zuhause, an den Wochenenden


    Du meinst also, dass sie zusehen sollte, dass sie direkt nach den Sommerferien gar nicht erst kommt und bescheinigt bekommt, dass sie das letzte Jahr nicht arbeitsfähig ist?


    Hm, ich befürworte das, aber ich weiß, wie sie reagieren wird...


    "Ich will nicht so unehrenhaft raus aus dem Beruf, der mein Leben war"
    "Ich will nicht lügen, dass ich depressiv bin"
    "Ich will meine Karriere nicht so beenden, ich will einen schönben Abschied"


    Wir suchen immer noch nach einer Möglichkeit, wie sie diesen schönen Abschied haben kann, aber sich nicht völlig kaputt macht.


    Mit der Stundezahl runtergehen, wäre auch ne Möglichkeit gewesen - aber dafür ist es nun zu spät, außerdem hat sie auch nen Hass auf den Staat und sagt "Ich will dem Staat, der uns so auslaugt, nicht noch Geld in den Rachen schmeißen"


    Alles schwierig ...

    Einmal editiert, zuletzt von Micky ()

  • Hallo Micky,
    in Hessen gibt es die Möglichkeit einer krankheitsbedingten Stellenreduzierung für ein halbes Jahr oder auch ein ganzes. Das heißt, du bekommst die volle Stundenzahl bezahlt, musst aber dann drei oder vier weniger unterrichten.
    Das hat mit "unehrenhaft" oder "krank feiern" nichts zu tun, sondern soll der Lehrerin oder dem Lehrer die Möglichkeit geben, sich wieder etwas zu erholen.
    Vorher braucht man natürlich ein Attest vom Arzt, aber das sollte ja in einer Burn-Out-Situation keine Schwierigkeit sein.
    Vielleicht wäre das eine Möglichkeit für deine Mutter?


    Viele Grüße
    venti :)

  • hi venti!


    das wäre mit Sicherheit eine ganz tolle Möglichkeit!!!! Könntest du dich mal erkundigen, wie der genaue Begriff dafür ist? ich befürchte zwar, dass es das hier in NRW nicht gibt, aber vielleicht kann man ja ein Exempel statuieren :)

  • Hi venti,


    daaaanke! Das ist super! ich habe allerdings ein bisschen die Befürchtung, dass das mit der teilzeit nicht geht .... aber wir werden alles unternehmen und jede Möglichkeit in Betracht ziehen!

  • Hallo Micky,
    ich habe die Kollegin gefragt, ob es einen speziellen Namen dafür gibt, aber sie meint, es heißt so, wie ich es oben formuliert habe. Und es geht - in Hessen - auch mit Teilzeit! Auch diese kann reduziert werden ohne Einbußen beim Gehalt.
    Ich drücke die Daumen!
    Gruß venti :)

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