Hilfe!!! Schwieriger, aggressiver Schüler

  • Hallo,
    in meiner 2. Klasse befindet sich ein sehr aggressiver Junge mit miserablen bzw. eigentlich gar keinem Arbeitsverhalten. Er ist vor 2 Jahren aus Russland adoptiert worden und hat eine sehr schwere Vergangenheit hinter sich. Im 1. Schuljahr war er schon schwierig, aber mit Unterstützung der Eltern und überdurchschnittlicher Zuwendung und Unterstützung meinserseits in der Schule, haben wir beschlossen ihn erstmal ins 2. Schuljahr "mitzunehmen". Er ist nicht dumm, aber seine emotionale, psychische und soziale Entwicklung ist auf dem Stand eines Dreijährigen geblieben. Er macht Ergotherapie und besucht auch einen Kinderpsychiater, der aber bisher nicht über eine Diagnose hinaus gekommen ist, weil die Termine so spärrlich sind.
    Inzwischen arbeiten seine Pfelgeeltern wieder fast voll und er geht in die OGS (Super-Gau). Mittlerweile ist es im Unterricht soweit, dass er bei Aufforderungen meinerseits (sei es Aufräumen, Hausaufgaben aufschreiben, arbeiten o.ä.) stets mit trotzigen Wutanfällen reagiert, mich mit grausamen Schimpfwörtern beschimpft und nach mir tritt. Auch die anderen Kinder müssen Schläge einstecken. Ich nehme das nicht persönlich, jedoch ist seit einigen Wochen kein normaler Unterricht mehr möglich, so lange er da ist. Die Situationen eskalieren täglich. Die Mitschüler leiden sichtlich unter ihm und teilen mir stets mit, dass sie sich wünschen, dass er nicht mehr in unsere Klasse kommt.
    In Abstimmung mit Schulleitung und Kollegen haben wir entschieden, nach den Ferien ein Verfahren einzuleiten, um ihn evtl. auf eine Spezialschule schicken zu können, wo ihm besser geholfen werden kann.
    Nur wie überbrücke ich die Zeit bis dahin? Alle Schüler, Kollegen und ich leiden unter der Situation. Hinzu kommt, dass ich schwanger bin und stets bange, dass er irgendwann meinem Bauch einen kräftigen Tritt erteilt.
    Was würdet ihr machen?
    LG Alema

  • Ich denke, die Pflegeeltern können sich da nicht aus der Verantwortung stehlen.


    Aus eigener Erfahrung mit einem ähnlich gelagerten Fall, empfehle ich daher vorerst verkürzten Unterricht. Vielleicht sind ja 2-3 Stunden pro Tag machbar?! Dann sollte nach Möglichkeit eine Doppelsteckung organisiert werden. Möglicherweise lässt sich über die Gemeinde/Jugendamt auch eine Schulbegleitung einrichten (z.B. Zivildienstleistender). Klare Absprachen treffen (auch mit Eltern): bei Übergriffen passiert sofort (!) etwas. Zum Beispiel: andere Klasse, Eltern müssen Kind abholen, etc...


    Ihr seid eine allgemeinbildende Schule, kein Therapiezentrum - der Junge scheint z.Z. nicht beschulbar. Wenn der Staat keine Mittel und Unterstützungen bereitstellt, darf nicht auf Kosten einzelne das gesamte Schulklima gefährdet werden. Klingt hart, ist aber m.E. die einzige Möglichkeit, den Behörden da oben mal deutlich zu machen, dass das so nicht geht.

  • Hallo alem,
    das ist eine schwierige Situation, die du da schilderst. Ich habe auch so ein "Bürschchen" in meiner Klasse. Ähnliche Verhaltensweisen zeigte er schon im Kindergarten. Seit dem vergangenen Schuljahr arbeiten Schule, Elternhaus, schulpsychologischer Dienst und Förderschullehrer gemeinsam an der Herausbildung seiner Sozialkompetenz.
    Im Vorfeld führten wir Elterngespräche, auch gemeinsam mit dem Kind. Es wurde ein Förderplan aufgestellt und zusätzlich noch ein Verstärkerplan für die Hand des Schülers.
    Täglich habe ich farbige Punkte (nach dem Ampelsystem) für Pausenverhalten, Einhalten der Hausordnung und Arbeitsverhalten geklebt.
    Wöchentlich bestätigten die Eltern durch ihre Unterschrift die Kenntnisnahme und am Monatsende trafen wir uns zum Elterngespräch, um uns über Fortschritte auszutauschen.
    Der Arbeitsaufwand ist enorm. Aber es ist eine deutliche Verbesserung zu verzeichnen.
    Dem Kind hilft es auch zu sehen, wenn die Zahl der roten Punkte abnimmt und gelbe bzw. grüne Punkte sich mehren.
    Besonder empfänglich sind solche Kinder für jedes kleinste Lob. Was für andere Schüler selbstverständlich ist, ist für sie eine außergewöhnliche Leistung.

    MfG Gina-Maria


    Heiterkeit ist die Mutter der glücklichen Einfälle. (Luc de Clapiers de Vauvenargues)

  • Ich fasse mal zusammen,
    der Junge ist vor zwei Jahren von Rußland nach Deutschland adoptiert worden.
    Wie gut spricht und versteht er deutsch.
    Ich dachte immer bei Adoptionen seien strenge Auflagen, sprich ein Elternteil sollte zu Hause bleiben. Jezt ist der Junge nicht nur in einer ihm völlig fremden Welt, sondern muß auch noch in die Ganztagsbetreuung. Könnte er sich abgeschoben fühlen.
    Er hat eine Diagnose, du weißt aber nicht was?
    Der Kinderphychologe macht nur spärlich Termine, wenn es immer schlimmer wird, bevor ihr ihn auf eine andere Schule schickt ,wäre vielleicht eine Einweisung in eine KJP nicht vielleicht sinnvoll.
    Der Vorteil wäre der Junge wäre erstmal aus der Klasse raus, könnte behandelt werden ,eventuell auf Medikamente eingestellt werden.
    Meistens leiern die auch von der Seite gleich die notwendigen Hilfen an, sei es UNterrichtsbegleitung, Familienhilfe und sonst etwas.
    Der Verstärkerplan von Gina Marie halte ich auch für eine gute Idee, aber esmuß sichergestellt sein das dann die anderen Kinder nicht auf ihn rumhacken können falls er sich dann bemüht.

  • Hallo alem!
    Also ich finde auch, dass die Adoptiveltern sich da nicht rausstehlen können.....
    Also man ist ja als Lehrer wirklich willig, alles zu tun.... aber in dem Fall würde ich jeden Tag die Eltern anrufen (wenn es nicht klappt im Unterricht) und ihn abholen lassen!
    Du hast auch noch andere Schüler welche ein Recht auf Unterricht haben! Ganz zu schweigen von dir !!!!!!!


    Ich hab das einmal mitgemacht und muss sagen: Bei aller Liebe, aber meine Liebe kann die der Eltern (und deren Verantwortung) nicht ersetzen. Den würde ich jeden Tag knallhart abholen lassen! Hört sich böse an, ich weiß. Aber ich habe Verantwortung für viele SChüler. Und du bist weder Psychiater noch Erziehungsberater noch Lehrer für schwer erziehbare Schüler.


    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Hallo,
    ja, der Junge lebt erst seit zwei Jahren in Deutschland. Er muss wahnsinnig intelligent sein, denn er spricht bereits fließend und akzentfrei Deutsch. Er versteht auch alles.
    Bei der EInschulungsuntersuchung haben sich alle beteiligten Personen bis auf die Eltern von einer Einschulung abgeraten. Die Situation im Kindergarten war aber für alle Beteiligten so unterträglich (genau wie jetzt), dass dies den Eltern als einzige Lösung erschien, ihrem Jungen aus der Situation heraus zu helfen.
    Die Diagnose des Kinderpsychiaters wird erst am Montag gestellt. Ich hoffe, die Eltern teilen mir dann auch die entsprechenden Informationen mit. Sie haben panische Angst, dass der Junge ihnen wieder weggenommen wird und wollten sich bisher die Probleme nicht im gesamten Ausmaß eingestehen. Sie haben 15 JAhre lang auf ein Kind gewartet, erst auf ein eigenes, was nicht klappte, dann auf ein Adoptivkind. Nun sind sie wahnsinnig enttäuscht, dass das Leben mit Kind gar nicht so wie in ihren Träumen ist.
    Warum die Pfelegemutter wieder arbeitet und unter gegebenen Bedingungen nicht aufhört, kann ich nicht verstehen. Ich kann sie ja schlecht zwingen, zu Hause zu bleiben.
    Meinst du mit KJP Kinder- und Jugendpsychiatrie? Wie komme ich an eine solche Einweisung? Die Pfelgeeltern verschließen vor dem Ernst der Lage wie gesagt die Augen. Sie glauben, sie bekommen es mit Ergotherapie wieder hin.
    Seit dieser Woche beginnt der Junge übrigens, auch gegen sich selbst aggressiv zu werden. Heute hat er sich im Unterricht aus Wut kahle Stellen in die Haare geschnitten. Außerdem zeigte er mir blaue Flecken am Arm. Er sagte, er hätte sich mit seiner Kugelbahn gehauen, weil er immer so böse ist.
    Das mit den farbigen Punkten habe ich auch probiert, fruchtet aber selbst bei den kleinsten Zielen nicht. Er springt darauf überhaupt nicht an.
    Kann man einfach verkürzten Unterricht einführen? Ist das erlaubt?
    An wen kann ich mich noch wenden, außer an die Pfelgeeltern und den schulpsychologischen Dienst?
    Alema

  • Nur ganz kurz. Ja, lass ihn abholen. Wenn es wirklich nicht mehr tragbar ist, ggf verkürzt beschulen.


    Zu deiner Situation - als Schwangere darfst du in NRW mit aggressiven Schülern gar nicht arbeiten. Eben wg der Gefahr, dass dein Baby etwas abbekommt... und das ist leider nicht unwahrscheinlich. Bist du nicht beim BAD gewesen? Deine SL muss doch eine Risikoabschätzung abgeben, in der genau diese Frage zu beantworten ist.


    Eine integrative GS seid ihr nicht zufällig?

  • Hallo,
    wir sind keine integrative Grundschule. Die Schulleitung meinte, ich sollte selbst entscheiden, ob mir der Junge im Blick auf meine Schwangerschaft zu gefährlich wird und dann Bescheid sagen. Dann kommt er in die Parallelklasse. Für den Jungen wäre das natrülich noch mehr Unruhe und meine Kollegin wäre auch sauer. Bis jetzt ist auch noch nichts passiert und die Tritte beschränkten sich auf mein Schienenbein.
    Zum abholen lassen: einmal wollten meine Kollegen und ich ihn abholen lassen. Es war aber keiner erreichbar. Die Großeltern, die sich in Notfällen und Krankheitsfällen kümmern, waren nicht zu Hause und die Eltern arbeiteten (Vater während der Woche in der Schweiz, Mutter in 150km Entfernung).
    Alema

  • Das ist genau das was ich befürchtet habe, die Eltern sind über das Kind enttäuscht und ich vermute der Bursche merkt das. Mit KJP meine ich wirklich die Kinder und Jugendphychatrie.
    Wenn die Mutter 150 km weit weg arbeitet, wann hat sie denn dann noch Zeit fürs Kind? Die ist ja jeden Tag bald drei Stunden unterwegs ,von den Kosten ganz zu schweigen, da kann das arbeiten nur Hobby sein, oder vorgeschoben ums Kind los zu sein.
    Die Kollegin wäre mir egal, wenn deine Gesundheit gefährdet ist, und ich denke sie würde sich wieder beruhigen.
    Wie man an eine Einweisung kommt weiß ich nicht aber da er sich jetzt auch selbst verletzt , ich denke du musst den Eltern jetzt die Pistole auf die Brust setzen entweder Förderschule E mit überprüfung, samt JUgenamt informieren, oder Kind in die KJP geben da es zu gefährlich für alle beteiligten wird.
    Von Ergotherapie bin ich so oder so kein Freund von. Jeder will sie, jeder soll sie und an wirklichen Problemen wird nicht gescheit gearbeitet.
    Erst Recht bedenklich ist das niemand erreichbar ist, was wäre wenn der irgendwo sich verletzen würde und ins Krankenhaus muß? Schaurig.
    Wenigstens eine Handynummer wäre angebracht. In meinen Augen stimmt da hinten und vorne was nicht.

  • ......hört sich so ein bisschen nach antisozialer Persönlichkeitsstörung an. Bin aber kein Psychiater. Das Kind müsste allerdings ganz dringend durchgecheckt werden.
    Unverantwortlich, dass die Eltern so weit weg sind, während das Kind in der Schule ist. Wie macht das die Mutter??? Fährt morgens um 5 los und um 12 wieder weg, dass sie pünktlich daheim sein kann???


    Den Eltern würde ich kräftig einheizen und zu einem Gespräch MIT Schulleitung bitten. Die haben gefälligst erreichbar zu sein, und das Kind wenn nötig jeden Tag zu holen, schließlich sind sie erziehungsberechtigt! Und auch verpflichtet!
    Falls das Wohl der anderen Schüler gefährdet sein sollte, kann man mit Hilfe Klassenkonferenz auch einen kurzzeitigen Schulausschluss bewirken und die Eltern auf die Art zum Umdenken bewegen??


    Und noch was: Wäre mir völlig schnuppe, wenn die Kollegin sauer ist. Entschuldigung mal, aber wie unkollegial ist das denn???


    Meine Kollegin hat auch solche Hammer in der Klasse und das ist für mich ganz normal, dass wir querversetzen, obwohl ich sowieso schon 4 Schüler mehr habe als sie. Und du bist dazu noch schwanger!


    Mir bleibt echt die Spucke weg!


    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Ach, und noch was:
    Die Idee mit dem Jugendamt ist auch gut! Das habe ich auch schon mal gemacht. Wenn es gar nicht anders geht, dann muss das Jugendamt informiert werden. Schließlich kann das Kind ja nix dafür! Dem muss geholfen werden und die Eltern verweigern das ja praktisch.


    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

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