Berufschüler duzen? Und sie mich?

  • Hallihallo,


    meine Klasse - das sind angehende Erzieherinnen und Erzieher 'dürfen' mich seit der Klassenfahrt duzen. Wir haben Erlebnispädagogik gemacht und wenn man da so gemeinsam im Boot sitzt, campt, kocht etc. kommt das ganz automatisch. Ich habe die SuS seit einem Jahr und bislang selbst gesiezt. Durch die Fahrt hat sich ein vertrauter Umgangston eingestellt, die SuS bringen mir Respekt entgegen und das 'Du' passt für mich wunderbar. Das Problem ist, dass das bei uns an der Schule nicht üblich ist... Wir siezen uns gegenseitig. Also auch die Lehrer die SuS. Klar kann ich eine Lösung 'innerhalb' und 'außerhalb' der Schule finden, aber eine solide Lösung ist mir lieber. Was meint ihr? Die Sache mit dem Respekt ist für mich kein Thema. Das hat für mich nichts mit 'Sie' oder 'Du' zu tun. Ich möchte eine einheitliche Lösung. Also so kann ich mir z.B. nicht vorstellen, dass ich die SuS duze, sie mich aber siezen. Ich finde das 'Du' schafft eine gute Lernatmosphäre für angehende Erzieherinnen und Erzieher, sehe aber auch die formellen (und informellen?) Schwierigkeiten mit dem 'Du'.


    Danke für Anregungen!

  • Ich unterrichte an einem Gymnasium und habe es bis jetzt nach Absprache mit den SuS so gehalten, dass ich diese duze, sie mich aber letztlich aufgrund der Tatsache, dass ich sie bewerte und beurteile, siezen. Allerdings habe ich immer das Angebot gemacht, mich zu duzen, wenn sie das Abi hinter sich gebracht haben. Auf einer Berufsschule hat man aber auch schon mit älteren SuS zu tun. In der Uni war es bei uns teilweise auch so, dass die Profs geduzt worden, was dem Respekt und dem Blick auf die Hierarchie keinen Abbruch getan hat. Ich denke, dass beide Varianten möglich sind. Sprich am besten mit Deinen SuS und Kollegen darüber....

  • Wir haben bei uns die eindeutige Regel, dass Lehrer von Schülern nicht gedutzt werden dürfen. Die Schüler werden mit Vornamen und Sie angesprochen.


    Mir wäre das "Du" auch lieber, aber wir müssen uns leider daran halten.

  • Zitat

    Original von Aktenklammer
    Das erinnert mich daran, dass ich mir 'jedes' Mal vornehme, die Schüler in der Oberstufe zu siezen und sie dann doch wieder duze, weil sie nicht gesiezt werden wollen :(


    Genauso geht's mir auch immer. Selbst nach dem Abi isses schwierig.


    Für mich gibt's übrigens überhaupt keine Zwangsläufigkeit, dass ein "du" per se vertraulicher, persönlicher, besser ist. Alles, was mit "du" geht, geht auch mit "Sie". Im Gegenteil, manchmal bin ich froh, dass es beim "Sie" bleibt.

    "Die Welt ist kein romantischer Ort mehr.
    Einige Menschen in dieser Welt sind es aber trotzdem noch.
    Und darin liegt die Hoffnung…
    Lass die Welt nicht gewinnen, Ally McBeal."

  • An "meinem" Gymnasium sieze ich die Schüler in der Oberstufe und sie mich ebenso. Für mich ist das auch ein Zeichen an die Schüler, dass sie in eine neue Phase eingetreten sind: man behandelt sie eher wie Erwachsene, damit verbunden ist aber auch größere Eigenverantwortung. Wenn eine Lerngruppe es lieber sieht, bleibe ich auch beim "Du", allerdings möchte ich weiter gesiezt werden. Das hat den einfachen Grund, dass mich entweder alle Schüler duzen sollen, oder keiner. In Klassen bzw. Kursen der Größe, wie wir sie haben, sind allerdings immer einige wenige Schüler, die aus dem Duzen des Lehrers falsche Schlüsse ziehen ... somit eben kein Duzen.


    In DEINER Situation hätte ich gar kein Problem mit gegenseitigem Duzen.

  • Ich unterrichte junge Erwachsene, die hauptsächlich in der Altersgruppe der ersten Hälfte der Zwanziger sind. Ich sieze gnadenlos alles und rede alle mit Nachnamen an - vom 16jährigen Abendrealschüler bis zum 29jährigen Abendgymnasiasten. Ich rede meine Schüler mit "Herr und Frau Soundso" genauso an, wie ich von ihnen angeredet werde. Ich habe damit keine Probleme und da baut sich auch keine Distanz auf - ich kann eine sehr vertrauensvolle und nahe Beziehung zu Schülern aufbauen, auch, wenn ich sie nicht duze. Dazu trägt vielleicht meine norddeutsche Mentalität bei, aber ich glaube nicht, dass das ein generelles Problem ist.


    Schwierig würde ich allerdings finden, wenn ich Schüler duze und sie mich siezen. Ich glaube, dass wäre ungangemessen.


    Nele

  • Danke für die Antworten! Vermutlich wird es auf das 'Sie' rauslaufen, ich werde meine SuS einfach fragen was ihnen lieber ist. Wichtig ist mir zu klären was wir im privaten machen, da ich dort mit zwei auch zusammentreffe. Aber ich gehe davon aus, dass die SuS auch zwischen Schule und Privat unterscheiden können, da der Grund des Aufeinandertreffens jedesmal unterschiedlich ist. Dann ist in der Schule die Gleichbehandlung auch kein Thema wenn alle gesiezt werden.
    Undenkbar für mich ist die Version, dass ich die SuS duze und sie mich siezen. Mal schauen wie es weiter geht...

  • Das Gesiezt-Werden gehört entwicklungsmäßig bestimmt zum Erwachsensein. Die Adoleszenz verschiebt sich heute aber immer weiter nach hinten und kann auch immer weniger am Alter, sondern an konkreten Lebensläufen festgemacht werden. Deswegen hänge ich dem Adoleszenzbegriff an, der das Ende mit dem Eintritt vom Ausbildungs- ins Arbeitsleben definiert. Damit fällt mir auch die Unterscheidung und Begründung des Duzens/Siezens in verschiedenen Schularten leicht.


    Da ich nun einmal definitiv zur Welt der Erwachsenen gehöre, finde ich es allein schon von der Rollenerwartung normal, dass ich gesiezt werde.


    Was in meinen Augen gar nicht geht, ist, dass man zwischen Klassen (gleicher Stufen/Schularten) Unterschiede macht. Das bekommt schnell den Geruch, dass man es mit den einen besser und mit den anderen weniger gut kann.


    Eine letzte Antwort gibt es, denke ich, in unserer Zeit nicht. Allerdings - und das machst du ja - sollte die Entscheidung ímmer begründet und belastbar sein.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

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