Lehrer in Frankreich

  • Hallo, =)


    bin neu hier im Forum und ich habe mal gleich eine Frage:


    Ich bin nicht Lehrerin sondern Diplom Naturwissenschaftlerin. Nun möchte ich gerne nach Frankreich gehen und dort unterrichten, die Voraussetzungen dafür erfülle ich, das ist nicht das Problem.


    Mich würde aber interessieren, ob hier jemand Erfahrungen in der Richtung hat, sprich in Frankreich gearbeitet hat. Mich interessiert dazu alles, Formalitäten nicht nur in der Schule sondern auch Versicherungen, Umzug, Eingruppierung etc.


    Sicherlich seid Ihr keine Hellseher und insofern sind Voraussagen, wie es in Sachen Disziplin dort aussieht nicht definitiv zu beantworten, aber vielleicht habt Ihr Anhaltspunkte, denn natürlich mache ich mir Gedanken darüber.


    Wenn Ihr also Hinweise, Webseiten, was auch immer habt, die helfen könnten, wäre ich sehr dankbar.


    Zani 8)

  • Hallo!
    Ich habe zwar nie in Frankreich unterrichtet aber dort meine ganze Schulzeit verbracht.
    Wenn du eine feste Stelle haben möchtest (was ja wünschenswert ist, weil du ja sonst nur 200 Schulstunden pro Jahr arbeiten darfst), musst du den CAPES ablegen.


    Zur Versicherung und Eingruppierung: du wirst so eingruppiert, nach der Qualifikation, die du hast und das hängt vom Wettbewerb ab, das du bestanden hast und nicht vom möglichen Doktortitel. Soweit mir bekannt, gibt es keine Erfahrungsstufen in dem deutschen Sinne.
    Die Versicherung ist die Sozialversicherung (Krankenkasse), zusätzlich dazu brauchst du eine Art Privatversicherung wenn du den selben Schutz haben willst wie in Deutschland. Die Gesundheitssysteme sind nämlich sehr unterschiedlich.


    Disziplin:
    hier hängt es sehr von der jeweiligen Schule ab, aber trotzdem würde ich sagen, dass im Durchschnitt die französischen SchülerInnen mehr Respekt vorm Lehrer haben als die deutschen. Das ist ein Durchschnitt.
    Aber man soll ja berücksichtigen, dass französische Schulen nur Gesamtschulen sind und deswegen ihre SchülerINnen nicht aussortieren, wie die deutschen Gymnasien.


    chili

  • Hallo chili,


    danke für die Hinweise.


    Ich habe mich jetzt mal durch die französische Webseite geklickt, denn die Ausschreibung in Deutschland war nicht vollständig.


    So wie ich es verstehe, betreffen die 200 Stunden Maximum offenbar nur Stunden-Lehrer, die also pro Stunde bezahlt werden.


    Die andere Option ist die „lange Vertretung“ über ein gesamtes Schuljahr. Diese Lehrer werden monatlich bezahlt und für ein volles Schuljahr eingestellt. Hier wäre z.B. für mich die Frage, ob das Schuljahr im Juni endet und damit auch der Vertrag.


    Die Angaben, das monatliche Gehalt betreffend, sind nicht einheitlich. An einer Stelle heißt es knapp über 1500€ pro Monat, an anderer Stelle wird gesagt, es richtet sich nach dem Abschluss. Generell finde ich den Betrag aber eher dürftig. Sollte der Vertrag im Juni enden und man dann während der Sommermonate arbeitslos sein, sind die Konditionen ja eigentlich indiskutabel.


    Zani

  • Zitat

    Original von chili


    Aber man soll ja berücksichtigen, dass französische Schulen nur Gesamtschulen sind und deswegen ihre SchülerINnen nicht aussortieren, wie die deutschen Gymnasien.


    chili


    Die deutschen Gymnasien haben einen klar vom jeweiligen Schulgesetz definierten Auftrag:

    Zitat

    (1) Das Gymnasium vermittelt seinen Schülerinnen und Schülern eine breite und vertiefte Allgemeinbildung und ermöglicht den Erwerb der allgemeinen Studierfähigkeit. Es stärkt selbständiges Lernen und wissenschaftspropädeutisches Arbeiten. Entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit und ihren Neigungen ermöglicht das Gymnasium seinen Schülerinnen und Schülern eine individuelle Schwerpunktbildung und befähigt sie, nach Maßgabe der Abschlüsse ihren Bildungsweg an einer Hochschule, aber auch berufsbezogen fortzusetzen.


    §11 Abs.1 NSchG


    Hier in Niedersachsen darf jeder seine Kinder am Gymnasium Klasse 5 anmelden. Unabhängig von den Leistungen in der Grundschule und sozialem Status oder Geldbeutel der Eltern. Und dann entscheidet sich, ob die Kinder den o.g. Ansprüchen gewachsen sind oder nicht. Hier gibt es also kein "Vorsortieren" und ein "Aussortieren" nur nach den gesetzlich vorgegebenen Kriterien. Das Gymnasium ist eben keine Haupt- oder Realschule mit angehängter Oberstufe. Wir "sortieren" nur nach Leistung, was im Gegensatz zu Frankreich individuell gerecht ist, insbesondere, da man hier in Deutschland (noch) nicht gezwungen wird, auf eine Privatschule zu gehen, wenn man der "Einheitsschule" entfliehen will (Anteil der Privatschüler in Frankreich mit 20% fast dreimal so hoch wie in Deutschland, wird leider immer wieder "vergessen").


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Hallo!


    Ja, das Schuljahr endet Ende Juni. Ich kann mir kaum vorstellen, dass man dir die Sommermonate bezahlt, ausser, du hättest nächstes Jahr wieder eine Vertretung und selbst da ist es nicht immer der Fall gewesen, bei FreundInnen von mir.


    1500 Euro erscheinen mir sogar viel, wenn ich ehrlich bin, ist wahrscheinlich eher an Brutto als an Netto. Eine Vollzeitstelle hat 18 Stunden (oder zumindest war es so vor ein paar Jahren und ich habe nix davon gehört, dass es sich geändert hat).
    Ja, verbeamtete LehrerInnen verdienen in Frankreich wesentlich weniger als verbeamtete LehrerInnen in Deutschland. In etwa ein bisschen weniger als den Angestelltengehalt. Ob dann angestellte LehrerInnen in Frankreich noch weniger verdienen?


    Klar, in Deutschland hängt der Schulerfolg alleine von der Schulleistung ab. und hat überhaupt nix mit dem Elternhaus zu tun. Dann bin ich beruhigt, die UN-Bildungsgutachter haben ja schliesslich keine Ahnung.
    und nein, es ist in Frankreich echt nicht perfekt, aber was die soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen angeht, um Weilen besser.


    chili

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Chili,
    entschuldige meine Einmischung, aber es heißt entweder "Um Längen besser" oder um "Meilen besser." Sonst bin ich eher nicht so kleinkariert, aber ich denke, wenn man wie du Deutsch unterrichtet, sollte man das wissen.
    Zum Threadthema kann ich nur ein wenig Erfahrung aus meiner Zeit als assistante beisteuern und dass ich noch in Erinnerung habe, dass man selbst nur für die 8 Monate Arbeit dort, jede Menge Papierkram brauchte. Damals habe ich in einem Collège in Nordfrankreich unterrichtet, sowie in einem Lycée und in einem Lycée professionnel. Das Unterrichten im Collège hat mich maßgeblich gegen das System der Gesamtschule eingenommen. Die Schüler waren rotzfrech, sobald man keinen gedrillten Frontalunterricht gemacht hat, sondern offener arbeiten wolte, und kein bisschen selbstständig.(Wenn der größere Respekt vor dem Lehrer darin besteht, dass man mit "monsieur" oder "madame" angesprochen wird, ja dann haben französische Schüler mehr Respekt vor den Lehrern)Ich habe den Eindruck, dass man mit deutschen Schülern viel "partnerschaftlicher" arbeiten kann und dass unsere Gymnasiasten (von den anderen Schularten weiß ich es leider nicht) mehr Eigenverantwortung übernehmen. Ausnahmen in Frankreich, die meiner Meinung nach in Deutschland aufs Gymnasium gegangen wären, waren dort komplett unterfordert, was sich wiederum in Disziplinschwierigkeiten gezeigt hat. Natürlich kann es sein, dass diese Beobachtungen nur auf einzelne Schulen zutreffen, aber sie wiederholen sich komischerweise immer wieder bei unseren Austauschschulen (und nachdem ich ein paar mal die deutschen Schulen gewechselt habe, komme ich jetzt auch schon auf ein gutes halbes Dutzend Partnerschulen!)
    Im Lycée und im Lycée professionnel habe ich wirklich gern gearbeitet und da waren die Schüler auch deutlich reifer und interessierter. Allerdings habe ich von der angesprochenen sozialen Gerechtigkeit da auch nicht viel gemerkt, die schwächeren Schüler gehen halt dann nach dem Collège um eine Ausbildung zu machen- oder eben auch keinen Ausbildungsplatz zu bekommen.
    Liebe Grüße
    Hermine
    Edit: Wenn man mal mitbekommen hat, wie bei den Pisa-Tests gemauschelt wird- Schulen dürfen sich freiwillig melden, in Finnland beispielsweise werden hauptsächlich Privatschulen getestet- dann sehen die Gutachten der UN-Bildungsgutachter tatsächlich ganz anders aus.

    "Ein Mann, der noch keinen Fehler begangen hat, hat noch nie etwas getan."
    Sir Robert Baden-Powell, Earl of Gilwell

    Einmal editiert, zuletzt von Hermine ()

  • Zitat

    Original von Hermine
    Liebe Chili,
    entschuldige meine Einmischung, aber es heißt entweder "Um Längen besser" oder um "Meilen besser." Sonst bin ich eher nicht so kleinkariert, aber ich denke, wenn man wie du Deutsch unterrichtet, sollte man das wissen. .


    Super, genau das habe ich genau jetzt gebraucht.
    Tja, man sollte es wissen. Ich tue es offensichtlich nicht. Macht nix, ich werde wohl demnächst "nach Hause" fahren müssen. O-Ton eines Kollegen, der glaubt, dass ich nach Ablauf meines Vertrags selbstverständlicherweise nach Frankreich zurückkehre.

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