Richtiges Zweitfach gewählt? Unsicherheit, teilweise Versagensängste

  • Hallo, liebes Forum,


    Ich bin noch Student und studiere auf Gymnasiallehramt. Von Anfang an war klar, dass ein Fach für mich auf jeden Fall Englisch sein wird, für das ich mich auch außerschulisch privat interessiere, soll heißen, ich habe viele englischsprachige Kontakte und setze mich auch englischsprachigen Medien aus.


    Im Wintersemester 2011 fing ich mit meinem Studium an. Und ab da war eigentlich immer die Frage nach einem geeigneten Zweitfach - eine Frage, die mich bis heute quält (Mittlerweile bin ich in Englisch im 5ten Semester). Anfangs schrieb ich mich als Zweitfach in einen zulassungsfreien Studiengang ein, um niemandem einen Platz wegzunehmen und weil ich mich ursprünglich auf die (angeblich so unmenschliche) Aufnahmeprüfung für die Musikhochschulen vorbereiten wollte. Schnell allerdings wurde ich von Prognosen, Berichten von anderen, die es versucht haben und gescheitert sind und auch dem organisatorischen Berg, der bei einer solchen Kombination lauert (2 verschiedene Unis synchronisieren, Vorlesungen überschneiden sich?, Auslandaufenthalt für Englisch ohne Musik?, etc...), abgeschreckt. Dann versuchte ich den Aufnahmetest für Spanisch an meiner Uni, obwohl ich mir Spanisch so aus tiefstem Herzen heraus gehört nicht wirklich vorstellen konnte. Eventuell aufgrund nicht ganz adequater Vorbereitung schaffte ich den Aufnahmetest für Spanisch nicht (der wäre allerdings beliebig oft wiederholbar) und so schrieb ich mich dieses Semester für Deutsch als Zweitfach ein.


    Da bin ich also nun im ersten Semester, in Englisch im 5ten. In Englisch hat mir die Sprachwissenschaft (Linguistics) bisher Spaß gemacht, Literatur (Shakespeare war ok, "Mrs Dalloway" von "Virginia Woolf" war zwar der Horror zu lesen, aber mit viel Lesen und einer nützlichen Lektürehilfe gelang dann auch diese Klausur ganz gut) war nun aus etwas Abstand betrachtet auch machbar, bisher.


    In Englisch zumindest kann man im Laufe des Studiums Prioritäten setzen, ob man eher den sprachwissenschaftlichen Zweig gehen möchte, oder mehr den literaturwissenschaftlichen. Ich habe mich für den sprachwissenschaftlichen entschieden.
    Da ich auch mal wirklich gerne im englischsprachigen Ausland "Deutsch als Fremdsprache" unterrichten würde (das kann einem ja sogar als Praxissemester angerechnet werden) und da ich bei der Sprachwissenschaft auch die sogenannte "contrastive linguistics between English and German" interessant fand, also wie unterscheidet sich Deutsch und Englisch grammatisch, und auch im Fach Deutsch sprachwissenschaftliche Inhalte im Verlaufsplan standen, wählte ich also (vielleicht auch aus einer kleinen Not heraus, da man ja mindestens 2 Fächer braucht) Deutsch als Zweitfach.


    Vieles kannte ich in der Sprachwissenschaft nun bereits aus Englisch, vieles ist aber auch viel tiefgründiger und komplizierter und auch anders. Ich bin mir allerdings nach wie vor etwas unsicher wegen der Zweitwahl. Ich war zwar in Deutsch in der Schule nun nicht unbedingt schlecht, i.d.R. auch nie im Mittelbereich, aber im Spitzen-13-15-Punktebereich nun auch nicht. Zudem habe ich bisher, außer die in der Schule behandelten Pflichtlektüren/Sternchenthemen, nicht wirklich privat und "von mir heraus" mal richtige Klassiker-Literatur gelesen. Wenn überhaupt lese ich Unterhaltungsliteratur. Natürlich ist auch in Englisch Literatur auf dem Programm, aber irgendwie sehe ich das dort nicht so als problematisch, vielleicht auch weil mich einfach die Vorliebe für die Sprache allgemein über die Literatur ein bisschen hinwegträgt.


    Ich bin allerdings auch schon die Studienliste rauf und runter gegangen; die Naturwissenschaften fallen eh schonmal raus bei mir und von den wenigen restlichen verbliebenen gibt es sonst nichts, was mich nun ansatzweise interessieren würde.
    Musik könnte ich mir nach wie vor auch noch irgendwie vorstellen, vorausgesetzt ich habe da keine zu naive und optimistische Vorstellung über das Studium selbst, allerdings habe ich seit dem Abitur vor 3 Jahren (wo ich auch Musikabitur abgelegt habe) keinen Privatunterricht mehr genommen und von der Musiktheorie auch wieder sehr viel vergessen. Gleichwohl scheint mein Gehör kein schlechtes zu sein, aber die theoretischen Sachen haben halt nach dieser Zeit sehr nachgelassen und ich spiele seit dem Studium - zeitbedingt - auch nur hin und wieder für mich zum Entspannen auf meinem Instrument.


    Ich bräuchte sicherlich 1 Jahr oder länger für eine adequate Vorbereitung für eine Aufnahmeprüfung in Musik (die man nur 2x versuchen darf). In dieser Zeit wäre ich allerdings mit Englisch dann schon im 7ten Semester oder noch höher, also da fast schon fertig. Laut Landeslehrerprüfungsamt haben die zwar Möglichkeiten, einen hohen Versatz zwischen den Fächern zu synchronisieren, wie genau das aber geht (man hat mir gesagt, die addieren die Semesterzahlen der beiden Fächer zusammen und teilen durch 2) verstehe ich nicht ganz.


    Zudem wurde mir auch von einem Musikdozenten gesagt, dass zwar speziell "Schulmusik" sehr gefragt sei, aber auch ein großes "Nadelöhr" sei, weil sich eben sehr viele Bewerber darum scharen und selbst wenn man die große Hürde "Aufnahmeprüfung" geschafft hätte, hieße das noch immer keinen Zusageplatz.


    Meine Angst besteht nun darin, dass wenn die Aufnahmeprüfung nicht klappen sollte, womit man realistischerweise durchaus rechnen MUSS, dann stünde ich in 1 1/2 Jahren oder 2 Jahren (je nach dem wie lange ich für die Vorbereitung brauchen würde) genau an dem gleichen Punkt wie heute.


    Scheinbar sei die Aufnahmeprüfung für Musik für Realschulen um Welten einfacher, allerdings sagte man mir an meiner Uni auch, dass es nicht ganz so einfach wäre von Uni auf PH zu wechseln, da die von Anfang an viel mehr Praxisbezug hätten, was uns hier fehlen würde (was ich auch wirklich kritisiere).


    Ich bin mir auch mangels Praxis (das Praxissemester wäre eigentlich schon für dieses Semester anberaumt, aber wie soll ich das machen, wenn ich das Zweitfach gerade erst gewechselt und begonnen habe) oftmals unsicher, ob ich fürs Lehrer-Sein gemacht bin, oder nicht. Zumindest mein FSJ nach dem Abitur im sozialpädagogischen Bereich lief sehr gut, da war ich in einem Jugendheim tätig mit Kindern und Jugendlichen mit teils sozialschwächerem Hintergrund und teilweise auch Autismus und ich habe mich da wohl so gut geschlagen, dass die mir auch ein Duales Studium in ihrer Einrichtung angeboten haben. Das widerum, so sage ich mir in solchen unsicheren Momenten dann, zeigt doch schonmal, dass ich mit Kindern/Jugendlichen arbeiten kann (ich habe dort auch Hausaufgabenbetreuung geleistet) und doch Lehramt dann nicht komplett falsch liegen könnte?!


    Es war eine sehr langwierige Entscheidung, ich habe mich aber letztlich fürs Lehramt entschieden, unter anderem auch weil ich die sprachliche Komponenten ansonsten nicht mehr gesehen hätte.


    Allerdings hadere ich eben wegen des Zweitfaches Deutsch. Verstärkt wird das Ganze dann noch wenn ich in Kursen wie "Mediävistik" beinahe geschichts- und theologiestudienartige Themen behandeln muss - weder Geschichte noch Theologie sind Gebiete, wo ich besonders stark wäre darin. Wobei andererseits Mediävistik nun auch nur Teil der Einführungskurse im ersten Semester ist.


    Anders als in Englisch kann ich allerdings in Deutsch keine Schwerpunkte setzen. Da ist der Schwerpunkt bereits auf Literatur. Ich möchte das Ganze jetzt aber auch nicht vorschnell schmeißen - vor allem auch weil ich dann wieder nur mit einem Fach dastehen würde und auch, weil ich dem Ganzen auch mal eine Chance geben wollte, es auszuprobieren. Ich bin allerdings "schon" 23 und manchmal überkommen mich regelrechte Existenz- und Versagensängste, weil ich mir momentan einfach noch gar nicht so recht vorstellen kann, wie ich einen Unterricht in Deutsch vermitteln soll, speziell nun im Hinblick auf Literatur, Grammatik kann ich mir dann schon eher vorstellen. Auch in Englisch weiß ich das zwar im Grunde noch nicht so wirklich, aber da mache ich mir irgendwie weniger Sorgen.


    Einen von panischen Gedanken getriebenen Moment lang dachte ich daran, das Lehramt abzubrechen und Englisch als Bachelorstudiengang mit irgendeinem anderen Nebenfach zu beenden. Da sah ich dann allerdings überhaupt keine Arbeitsmöglichkeiten auftauchen, die mir gefallen könnten und zudem liest man oft, dass ein reiner Anglistik-Bachelor-Abschluss so gut wie in die Arbeitslosigkeit führen würde.


    Eine andere Stimme sagt mir, ich sollte das Lehramtsstudium auf jeden Fall durchführen. Selbst wenn man das Referendariat nicht antreten würde, wäre ein Staatsexamensabschluss besser, als ein Bachelor-Masterabschluss und man könnte per Aufbaustudium oder einer Art Umschulung auch leicht in den sozialpädagogischen Bereich (laut eines Inforatgebers meiner Uni über Lehramt sogar querfeldein, über Medien, TV, Theater, Wissenschaft, etc) rüberwechseln, wo ich ja zumindest die FSJ-Erfahrung gesammelt habe. Wenn ich allerdings sämtliche Punkte der Arbeit dort mit denen des Lehramts abwäge, überwiegt Lehramt wie ich persönlich für mich finde.


    Ihr seht, ich bin hier ziemlich hin und hergerissen, gerade auch wegen der Wahl mit Deutsch, das ich nun einfach nicht so genau abschätzen und einschätzen kann, ob mir das liegt und ich in der Lage sein werde, die Inhalte adequat vermitteln zu können.
    Für die kommenden Semesterferien habe ich auf jeden Fall vor (auch mangels immer noch nicht angetretenen Praxissemesters), so viel wie möglich Hospitationen an Schulen zu absolvieren, vielleicht darf ich in der ein oder anderen Stunde mal eine kleine Hausaufgabe besprechen, oder so. Ich könnte und würde mich zwar trotzdem für eine etwaige Aufnahmeprüfung in Musik vorbereiten, nur sehe ich das als ein bisschen problematisch neben des Studiums zweier Hauptfächer, von denen ich im einen schon kurz vorm Hauptstudium bin.

  • Meine plötzlichen Existenzängste gründen vielleicht auch teilweise in mangelnder Aufgeklärtheit: Ganz oft heißt es, Lehramt sei eine Einbahnstraße und man käme am Schluss aufgrund der "Überqualifizierung" kaum noch gut woanders unter. Diese Angst, aufgrund meines dann auch schon hohen Alters nach dem Studium (sicherlich Ende 20) keine beruflichen anderen Möglichkeiten mehr in Angriff nehmen zu können, sollte ich nach dem langen Studium doch nicht die Lehrerlaufbahn anstreben, lassen mich zur Zeit nicht richtig schlafen, weil ich mir sage, dann sollte ich lieber gleich abbrechen, wenn ich noch nicht so alt bin und versuchen etwas anderes zu machen, bevor ich nach einem langen harten Studium letztendlich Hartz4 beantragen muss. Andererseits, sagt dann eine andere vernünftige Stimme in meinem Kopf immer, was machen denn die armen Leute, die das Referendariat entgültig nicht bestehen? Die MÜSSEN schließlich auch irgendwo unterkommen.


    Dann widerum gibt es wieder diese Momente, wo ich mich sehe, wie ich gewisse Sachen einer Klasse erkläre, speziell allerdings momentan in Englisch. Meine Eltern versuchen mich etwas zu beruhigen, indem sie sagen, dass sicherlich bei den wenigsten eine 100% Balance zwischen ihren Fächern besteht, sondern jeder gewisse Vorlieben hätte. (Wie ich hier im Forum bereits gelesen habe, ist das sogar bei manchen Tages- und Launenabhängig?!)


    Ich entschuldige mich, für meine sicherlich teils sehr wirre Schilderung, aber vielleicht kann man das auch als eine Art Metapher für meine momentanen Gedankengänge sehen.
    Ich würde mich sehr freuen, wenn sich der ein oder andere mit Meinungen/Rat/Beruhigenden Worten/Erfahrungen etc zu Wort melden würde.


    Liebe Grüße

  • hi,


    ja, das war wirklich ganz schön viel und ein ziemliches hin und her. ;) wenn du sagst, der lehrerberuf ist definitiv etwas für dich, dann bleib dabei. :) mit englisch und deutsch hättest du dann aber später (nein, ich will nicht noch mehr verwirrung stiften) auch zwei korrekturfächer, die es in sich haben.


    wenn du doch in englisch eh schon so weit bist, und sagst, dass du für musik noch vorlauf brauchst ( denn ganz offensichtlich reizt dich die musik sehr), warum machst du nicht dein auslandssemester, dort dann auch deine vorbereitung für musik und versuchst es mit der aufnahmeprüfung? ich glaube, nichts wäre schlimmer, als wenn du dir später selbst vorwerfen würdest, es nicht wenigstens versucht zu haben. (also wenn du dann vielleicht merkst, dass dir musik nur als hobby nicht reicht und als fach in der schule sehr viel mehr spaß gemacht hätte?)


    ich denke du solltest bei der fächerwahl auch danach gehen, was dir spaß machen würde. bei mir war das mathe. klar, studium war scheiße anstrengend, aber umso mehr macht mir jetzt der unterricht spaß. :) deutsch war mein zweitfach und das mit der literatur ging auch nur so mit hängen und würgen (hab da ein ähnliches leseverhalten wie du ;) ), aber es war machbar.


    klingt jetzt vielleicht etwas abgedroschen, aber hast du mal versucht, eine liste zu machen? also die ganze überlegerei mal aufzuschreiben, um vielleicht etwas licht ins dunkel zu bringen? mit allen fachalternativen, die für dich in frage kommen und den positiven und negativen seiten davon?


    von der dauer des studiums würde ich mich an deiner stelle nicht abschrecken lassen. schließlich geht es um einen beruf, den du möglichst lange ausüben willst und zwar mit freude. was sind da 2 jahre?


    ich drücke dir die daumen. :)

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