Sprechanlässe

  • Hallo an Alle!


    Ich bin gerade als Fremdsprachenassistentin in Frankreich und habe das Problem, dass meine Schüler im Deutschunterricht im Lycée (zwischen 14 und 18 Jahre) nicht sprechen wollen. Ich habe das Gefühl, dass das vor allem daran liegt, dass sie sich vor einer "echten Deutschen" nicht blamieren wollen, weil ihre Kenntnisse doch eher beschränkt sind und weil es auf Deutsch schon schwierig ist, spontan in einem Satz alle Nomen richtig zu deklinieren, etc. Wie kann ich es ihnen denn leichter machen und sie dazu bewegen, auch mal freiwillig was zu sagen? Das dürfte ja für die Fremdsprachenlehrer kein neues Problem sein, oder? Danke im Voraus!


    Lelaina

    Give me a simple life
    With a book by the fire
    A stool to rest my feet on
    And a cushion for my head.

  • Bongswah, Lelaina!


    Ha, das hatten wir grad im Seminar, und da waren ein paar gute Ideen dabei. Grundsätzlich gilt, den SuS erst mal die Gelegenheit zu geben, im "geschützten Raum" (also mit Partner oder Kleingruppe) zu üben, bevor sie mit dir und der Großgruppe reden müssen. Dazu solltest du sie vorher im Gespräch für die Einsicht sensibilisieren, dass ein solcher Übungsraum wirklich genutzt werden sollte.


    Aaalso...


    - Bilder kommentieren
    Du verteilst Postkarten zu einem bestimmten Thema (Grundwortschatz dazu muss vorher stehen) im Raum und die SuS dürfen sich eine aussuchen (doppelt so viele Postkarten wie SuS). Dann sollen Sie sich erst einmal MITEINANDER unterhalten, warum diese Karte, was sie für sie aussagt, woran sie sie erinnert usw. Dabei können sie im geschützten Raum erst mal Sprechen üben. Am Ende stellen Freiwillige ihre Karten vor. Du kannst das Ganze auch unter eine Leitfrage im Sinne von "Welche Karte sagt für euch am meisten über Beziehungen? Warum?" stellen.


    - Bäumchen wechsel dich
    Die SuS gehen frei im Raum herum, im Hintergrund läuft Musik. Wenn du die Musik abbrichst, bleiben sie bei dem stehen, der ihnen am nächsten ist, und tauschen sich zu einem vorgegebenen Thema (etwa "Was findet ihr am Deutschlernen am schrecklichsten?" aus). Musik wieder an, weiter umhergehen, dann Gespräch zu anderer Leitfrage mit anderem Partner. Am Schluss können einige zusammenfassen, was sie am interessantesten fanden.


    - Taboo
    Bei meinen SuS (ab 9.) kommen diverse Variationen von Taboo immer sehr schön an, also Begriffe vorgeben, andere Begriffe "tabuisieren", und dann muss erklärtt werden. Den Begriff für den Lehrer geben die SuS vor, und ich verhaspel mich dann jedesmal...


    - Schreibgespräch
    Hab ich woanders schon geschildert, soll aber helfen: Plakate werden im Raum verteilt, jeweils mit einer provokanten These drauf, die SuS gehen herum und kommentieren Ursprungsthese und/oder andere Äußerungen schriftlich (!). Es wird zunächst überhaupt nicht gesprochen. Erst gegen Ende der Sitzung werden die Plakate mit dem nun geübten WOrtmaterial vorgestellt bzw. besonders heftige Diskussionen mündlich weitergeführt.


    Viel Spaß,
    w.


    PS: Wobei mir grad einfällt, dass ich damals meinen kleinen Engländern (17-19) die Scheu rapide abgewöhnt hab, indem wir eine Stunde lang schimpfen, beleidigen und fluchen geübt haben. So waren die vorher NIE dabei. Aber ich weiß nicht, ob das so ohne weiteres geht...

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

    Einmal editiert, zuletzt von wolkenstein ()

  • hallo lelaina,


    ich unterrichte seit kurzem englisch in einer vierten klasse und nehme seit ein paar monaten an der methodisch-didaktischen fortbildung teil. da im englischunterricht der primarstufe das hörverstehen und das sprechen oberste priorität hat, müsstest du mit deinen älteren schülern ähnliche übungen machen können. wolkenstein hat schon einige sachen beschrieben, die wir in der fortbildung auch gemacht haben.
    grundsätzlich gilt, dass es für die schüler und schülerinnen einfacher ist, erst im chor zu sprechen, bevor sie alleine vor der gruppe sprechen.
    am besten beschreibe ich dir einfach einige dinge, die wir "machen mussten":
    1. jede/r bekam einen zettel, auf dem sinngemäß stand: finde jemanden der... (den weg von a nach b beschreiben kann, der von 1 bis 20 zählen kann,...) - so üben die schüler schon einmal das sprechen mit einem partner
    2. ebenfalls mit einem partner: jede/r bekommt ein bild, wobei es mehrere unterschiede gibt (die üblichen rätselbilder) - man darf sich nicht das bild des partners angucken, sondern muss sein bild beschreiben.


    bin eben erst aus der schule gekommen und muss noch einen klassensatz briefe korrigieren und bewerten...


    melde mich später noch einmal, falls nicht andere meine restlichen ideen schon gepostet haben.


    viel erfolg wünscht dir
    eine


    grundschullehrerin

    • Offizieller Beitrag

    Bonsoir, Lelaina,
    ist das bei allen deinen Schülern grundsätzlich ein Problem? Wo in Frankreich unterrichtest du? (Kann nämlich durchaus sein, dass in Régions, die auch in Frankreich "nicht so angesehen" aufgrund ihres Dialektes sind, die Hemmungen besonders groß sind...)
    Bei meinem Assistante-Aufenthalt hatte ich auch eine Gruppe dabei, die meinen Unterricht schlichtweg als Freistunde betrachtet hat und als ich ihnen die Illusion geraubt hatte, haben sie mich auch erst mal angeschwiegen...
    Was bei mir das Eis recht gut brach, war ein Austausch von Zungenbrechern: Du übst mit ihnen deutsche Zungenbrecher (Zehn Ziegen zogen zwei Zentner Zucker zum Zoo...) und lässt dir dafür einige franz. Zungenbrecher beibringen z.B. Un chasseur sachant chasser sans son chien est un bon chasseur...
    Das lockert die Stimmung gewaltig auf, ebenso, wie gerade in dem Alter, Schimpfwörter und Rollenspiele, Kommentieren von Fernsehsendungen (möglichst deutsche)
    Fang erst mal mit kleinen Sätzen (evtl. Fragebögen zu irgendeinem Thema? z.B. Musik (bei mir war damals Rammstein sehr beliebt, vielleicht kennen einige inzwischen In Extremo ?) an, sobald die lieben Schüler nämlich hören, sie sollen was beschreiben, also länger als zwei Sätze reden, bekommen sie nämlich die Panik, kein Wunder bei dem überwiegend Frontalunterricht in Frankreich. Also, erstmal ganz ruhig angehen lassen.
    Bon succès et dis bonjour à ma douce France!
    Hermine

    "Ein Mann, der noch keinen Fehler begangen hat, hat noch nie etwas getan."
    Sir Robert Baden-Powell, Earl of Gilwell

    Einmal editiert, zuletzt von Hermine ()

  • Vielen lieben Dank für eure Tipps!
    Ich hab jetzt erst mal eine Einheit zu den Zeitungen in Deutschland eingeschoben und in der nächsten Stunde werd ich die Schüler in Zweiergruppen jeweils eine Zeitung (natürlich nach ein paar vorgegebenen Kriterien, sonst wird das nix...) präsentieren lassen. Ich werd euch dann berichten, was dabei rausgekommen ist.
    Aber die anderen Tipps werd ich auf jeden Fall auch noch ausprobieren!
    Im Moment geht mir einfach nur die Ausstattung der Schulen auf den Keks: ein OHP für 10 Klassenzimmer, keine Fernseher und nur eine einzige Stereoanlage...


    Hermine: Ich bin in der Champagne!
    Der Gruß an la douce France wird ausgerichtet!


    eure Lelaina

    Give me a simple life
    With a book by the fire
    A stool to rest my feet on
    And a cushion for my head.

Werbung