Beiträge von endine

    Zitat

    @ strubbelsuse: Diskussionen dieser Art halte ich für wichtig und ganz und gar nicht für überflüssig.


    Wenn du nur über Randphänomene diskutieren möchtest, ist eine Diskussion allerdings schon doch überflüssig. Eine Disskussion über den tatsächlichen Inhalt wäre wohl eher geboten.


    Zitat

    @ simon e61: Wieder einmal ist die Methode Lesen-durch-Schreiben an allem Schuld, bzw. nein eigentlich sind es die GrundschullehrerInnen!


    Das ist m. E. so nicht richtig. Schuldzuweisungen in dem Artikel sind an die Adressen derer gerichtet, die LdS tatsächlich erfunden, gelehrt, verbreitet, verteidigt und mit viel Gewinn verkauft haben - und noch immer weiter davon profitieren.

    Vor der Entscheidung würde ich die heutige Spiegel-Ausgabe lesen, Titel-Thema: Die neue Schlechtschreibung. Ich glaube schon, dass es sich lohnen könnte.


    Nichtsdestotrotz: Schöne Woche!


    MfG


    endine

    Kuschlerin:


    „Es ist so schön, dass du uns die Welt erklärst, endine :) Sachlich zu argumentieren, fällt schwer mit einem/einer Plagiator/in, da er/sie darüber hinaus inhaltlich wenig Substanzielles beizutragen hat. Schade...“


    Den Vorwurf, ich habe „inhaltlich wenig Substanzielles beizutragen“, nehme ich als Deine Meinung hin. Dass Du mich als Plagiator bezeichnest, ist den Ehrverletzungsdelikten zuzurechnen und damit eine strafbare Handlung. Mit dem Straftatbestand wirst Du Dich noch befassen müssen. Schade … .

    Kuschlerin:


    Dass Du nicht sachlich argumentieren möchtest, mag ich Dir nicht verübeln. Im Übrigen solltest Du Dich einmal mit dem Tatbestand des Plagiierens befassen. Innerhalb meiner letzten Meldung (103) verweise ich – wie auch vorher bereits - immerhin 3 Mal auf http://www.grundschulservice.de/Elternbrief Nr. 13.htm.


    Auf Deine Einlassungen zu Spitzer etc. möchte ich eher nicht eingehen, diesen wohnt mir zu sehr etwas vom Zauber der „Spiele für zwischendurch“ inne.


    Ich will nicht dauernd die Schule neu erfinden!“ - Darum sollte es hier eigentlich gehen. Prof. Dr. Hans Peter Klein, Goethe-Universität Frankfurt, Abteilung für Didaktik der Biowissenschaften, kennt übrigens die Leiden der Lehrerinnen und Lehrer ziemlich genau und weiß auch, wer die eigentlichen Verursacher sind:


    „... Leider ist es derzeit bei der schulischen Bildung aber genau so. Es werden Konzepte fast ausschließlich von Personen entworfen, die das letzte Mal in der Schule waren, als sie ihr eigenes Abiturzeugnis abgeholt haben, die aber selbst noch nie eine Klasse mit 35 Schülern unterrichtet haben.“ (http://www.uni-frankfurt.de/fb…_03_2008_Prof_Klein-1.pdf)


    Zu diesen Personen gehört ganz offenbar, wie in http://www.grundschulservice.de/Elternbrief Nr. 13.htm gezeigt wird, auch der Prof. Dr. rer soc. Hans Brügelmann.

    Zitat Silicium:


    endine: Wow, you made my day
    Finde ich wahnsinnig interessant. Darf ich fragen, warum Du Dich so gut auskennst?“


    Antwort: Das hat mit meiner beruflichen Tätigkeit als Fachleiter zu tun.


    Mehr an Interessantem:





    • Was Spitzer zur modernen Schriftspracherwerbsdidaktik sagt, findest Du in aller Kürze unter:http://ondemand-mp3.dradio.de/…0111210_1435_3943b63e.mp3, zum Nachlesen unter http://www.grundschulservice.de/Elternbrief Nr. 13.htm /Kapitel XVII (roter Kasten)

    • die derzeitige Unterrichtspraxis Praxis: http://www.planetopia.de/archi…besser-lernen-sollen.html

    • Der oben erwähnte Prof. Brügelmann heute zu seiner Berufung: „Als ich 1980 von der Universität Bremen auf eine Professur für Anfangsunterricht berufen wurde, hatte ich von Lese- und Schreibdidaktik kaum Ahnung. Um mich vor den Studierenden nicht zu blamieren, las ich alles, was ich in die Hände bekam ...“ Mehr dazu bei http://www.grundschulservice.de/Elternbrief Nr. 13.htm /Kapitel XVI. Wesentlich mitentscheidend für Brügelmanns Erkenntnisse über den Anfangsunterricht und für seine Erfindung des Spracherfahrungsansatzes war dann seinem Bekunden nach ein Bericht über Sylvia Ashton-Warner, einer neuseeländischen Schriftstellerin (Quelle meiner Einsamkeit, Roman), Malerin und Lehrerin. Ihren Berichten nach erfand sie in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine neue Methode des Schriftspracherwerbs, mit der es ihr - ihrem eigenen Bekunden nach - seinerzeit gelungen sein soll, benachteiligte Maori-Kinder in Neuseeland in die Welten der Schrift einzuführen. (Mehr dazu in dem oben erwähnten Elternbrief!)

    Zitat v. Plattenspieler:


    Doch, Spitzer sagt mir schon was. Ich habe ein Büchlein von ihm und einiges über ihn gelesen.
    Ich habe auch überhaupt nichts gegen ihn persönlich, wüsste aber auch nicht, inwieweit die von dir zitierte Beschreibung über ihn mich in meiner Meinung verunsichern sollte ... ? Er ist und bleibt Mediziner, und deren Hauptgeschäft ist und bleibt nun einmal Pathologie und die Behandlung von Krankheiten. Dass es zahlreiche Grenzfelder und Überschneidungen gibt, ist klar, aber trotzdem ist die Herangehensweise eine andere, die uns in der Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen nur begrenzt weiterhilft, uns vor allem nicht sagen kann, welche didaktisch-methodischen Konzepte sinnvoll sind.“


    Immerhin ist Spitzer Leiter des Transferzentrums für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL) an der Universität Ulm. Aus den Forschungsergebnissen heraus sollte die Pädagogik für die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen die Verantwortung übernehmen – was sie allerdings oft genug nicht tut. Von den Forschungsergebnissen kommt laut Spitzer „Null Komma Null“ im Kindergarten und in der Schule an. Spitzer weiter: „Man kann schon sagen, die Schullandschaft, oder ich sag mal: die ’pädagogische Landschaft’, die ist sehr veränderungsresistent. Da gibt’s viele Programme - und aus dem hohlen Bauch wird alles Mögliche gemacht.“ Als Beispiel nennt Spitzer den Unterricht im Schriftspracherwerb nach 'Lesen durch Schreiben' bzw. nach dem Spracherfahrungsansatz. Diese Vorgehensweisen bezeichnet Spitzer - wie Forschungsergebnisse nachweisen - als „maximal schlecht“. Das bekümmert das Gros der der Professorenschaft für Grundschulpädagogik und -didaktik allerdings herzlich wenig.


    Das ist nicht verwunderlich. Der Erfinder des Spracherfahrungsansatzes Dr. rer. soc. Hans Brügelmann, studierter Jurist und Sozialwissenschaftler - ohne irgendein Lehramtsstudium sowie je ohne andauernde regelmäßige Unterrichtstätigkeit als Lehrer an einer Schule, ohne Fachstudium in einer der an der Erforschung des Schriftspracherwerbs beteiligten Einzelwissenschaften wie der Fachdidaktik Deutsch, der Sprachwissenschaft oder der Psychologie, wurde indes dennoch zum Erfinder des Spracherfahrungsansatzes. Er war erfolgreich darin, seine Lesen-durch-Schreiben-Variante 'Spracherfahrungsansatz' bundesweit in die Grundschulen zu lancieren. Brügelmanns Bekunden nach war diese neue Didaktik nicht etwa das Produkt eigener erfolgreicher Erprobung im Schulalltag, sondern - da ihm eigene praktische Schulerfahrungen fehlten - das Ergebnis seiner emsigen literaturbasierten Schreibtischarbeit. Forschungsergebnisse aus der Hirnforschung kommen ihm z.B. daher wohl sehr ungelegen. Immerhin ließ und lässt sich mit dieser Erfindung viel Geld verdienen-

    Zitat v. Plattenspieler:


    Mal ganz unabhängig davon, was Spitzer zu diesem oder jenem Thema sagt: Soll uns als pädagogisch-psychologisch-therapeutisch fundiert ausgebildeten Lehrern jetzt plötzlich ein Mediziner erklären, wie Unterricht und Lernen zu funktionieren hat?!“


    Offenbar kannst Du mit dem Namen Spitzer nicht wirklich was anfangen: Mit Medizin, wie sie üblicherweise definiert wird, haben seine Veröffentlichungen nur am Rande zu tun. Vielleicht liest Du doch einmal Prof. Dr. Manfred Spitzer: Medizin für die Bildung - Ein Weg aus der Krise. Heidelberg 2010.


    Zu Prof. Dr. Manfred Spitzer: Jahrgang 1958, studierte Medizin, Psychologie und Philosophie in Freiburg, wo er sich auch zum Psychiater weiterbildete und die Habilitation für das Fach Psychiatrie (1989) erlangte. Er war von 1990 bis 1997 als Oberarzt an der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg tätig. Zwei Gastprofessuren an der Harvard-Universität und ein weiterer Forschungsaufenthalt am Institut for Cognitive and Decision Sciences der Universität Oregon prägten seinen Forschungsschwerpunkt im Grenzbereich der kognitiven Neurowissenschaft und Psychiatrie.Seit 1997 hat er den neu eingerichteten Lehrstuhl für Psychiatrie der Universität Ulm inne und leitet die seit 1998 bestehende Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm. Im Jahre 2004 gründete er das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL) an der Universität Ulm.

    Zitat robischon:


    „Ich hatte Spitzer gefragt, ob ich behaupten darf dass Frontalunterricht Lernen eher behindert.
    Er hat ja gesagt.“


    Mit dieser Antwort hätte Spitzer allerdings seinen eigenen Forschungsergebnissen widersprochen. Klar ist inzwischen, dass 30 Kinder in einer Klasse auch 30 unterschiedliche Lernbegabungen und Lern- und Gedächtnisstile aufweisen, für die nach den passenden Lernzugängen zu suchen ist: eine in der Schulrealität fast unlösbare Aufgabe. Solche Dispositionen sind hochgradig genetisch determiniert und kaum veränderbar. Für viele dieser Kinder, insbesondere - aber nicht nur - für weniger lernstarke Kinder, sind vermittelnde Lernwege indes die geeigneteren: Auch das sind Ergebnisse neuerer Forschung. Das heißt, dass für diese Kinder auch ein Frontalunterricht, der all seine Möglichkeiten - über die einseitig sprachliche Wissensvermittlung hinaus – ausschöpft, erfolgversprechende Lernmöglichkeiten anbieten kann.


    Zitat Silicium:


    "Ich stimme Dir dahingehend zu, dass es eine große Schwierigkeit gibt Erkenntnisse der Hirnforschung in eine daran angepasste Didaktik zu übersetzen. Nur, weil man herausfindet wie das Hirn funktioniert und wie Lernen im Gehirn abläuft ist dadurch noch nicht sonnenklar, was genau für die Didaktik bedeutet."


    Das allerdings sehen die Hirnforscher genau so.


    Zitat Silicium:


    "Im Klartext: Ich lasse mir lieber von Neurobiologen, Neurologen und auch noch lieber von Psychologen erklären, wie mein Unterricht aussehen muss, damit er der Art und Weise wie das Gehirn lernt Rechnung trägt, als irgendwelchen Pädagogen. Die befinden sich, das ist leider so, am unteren Ende der Nahrungskette. Auch, wenn dort langsam immer mehr die Naturwissenschaft Einzug hält, ist das meiste, das man liest mit Verlaub ideologisches Gelaber wo man dann, wenn Studien herangezogen werden, diese auch oftmals noch falsch interpretiert vorfindet."


    In seinem Buch 'Medizin für die Bildung - Ein Weg aus der Krise' (Heidelberg 2010) beschreibt Prof. Dr. Manfred Spitzer eindrucksvoll die Ignoranz und den neuen Ungeist in der pädagogischen Landschaft: Der derzeitigen Pädagogik spricht er den Status einer wissenschaftlichen Disziplin ab und sieht sie anstatt dessen in der Nähe von obskurer Quacksalberei. Ich bin im Übrigen davon überzeugt, dass sog. moderne Pädagogen neuere Studien vielfach nicht einfach nur falsch interpretieren, sondern dies in der Absicht geschieht, ihre Quacksalberei nicht ankratzen zu lassen.

    Zitat robischon:


    "Klar kann ich das.
    Prof. Manfred Spitzer."


    Das mag ich einfach nicht glauben. In den Veröffentlichungen Spitzers finden sich Belege für Deine Ansichten jedenfalls nicht wieder, auch nicht in seinem letzten Buch „Medizin für die Bildung - Ein Weg aus der Krise“. In «"Die Schulä fenkt an" - Wie Kinder in der Grundschule schreiben lernen» (Sendereihe PISAplus des Deutschlandfunks) fällte am 10.12.2011 Spitzer ein vernichtendes Urteil über die derzeitigen absurden Praktiken des Unterrichts zum Schriftspracherwerb. Was er dort sagte, könntest Du nachlesen bei http://www.grundschulservice.de/Elternbrief Nr. 13.htm /Kapitel XVII (roter Kasten) oder anhören unter: http://ondemand-mp3.dradio.de/…0111210_1435_3943b63e.mp3.

    Zitat robischon:
    Die Schulräte waren tatsächlich da, weil Leute wie Elternschreck und Silicium, die ihr Kind bei mir in der Schule hatten, der Meinung waren, Kinder müssten in der Grundschule fürs Gymnasium und fürs Berufsleben abgehärtet werden. An besten vom ersten Tag an. Und ich hatte herausgefunden wie man Kinder selbstständig schreiben und lesen lernen lassen kann. Und sie haben angefangen zu schreiben wie die Weltmeister und alles gelesen was sich nicht gewehrt hat. Ohne Unterricht, Belehrung, "Einführung" und vor allem ohne Maßnahmen.
    Ein Hirnforscher hat mir bestätigt dass Kinder so lernen. Ich wär blöd gewesen wenn ich danach wieder Buchstaben eingeführt hätte und Silben klatschen und Strafarbeiten und Klo-Ampel.“



    Könntest Du auch den Hirnforscher nennen, der Dir das bestätigt hat?

    Der neuseeländische Professor John Hattie erarbeitete und erfasste in einer über 15 Jahre währenden Studie 138 zentrale Einflussfaktoren für den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern. Hattie griff dabei zurück auf 800 sogenannte 'Metaanalysen', denen 50.000 Studien zugrunde lagen, und bediente sich somit der umfangreichsten Datenbasis zur Unterrichtsforschung, die jemals zur Verfügung stand. U. a. für phonics instruction und whole language kam er dabei zu erstaunlichen Ergebnissen bezüglich deren "Wirksamkeit" auf den Lernerfolg bei den Schülerinnen und Schülern. Der Begriff "Wirksamkeit" bezieht sich einzig auf "achievement", also auf die messbaren Leistungen von Schülerinnen und Schülern.


    Hatties Ergebnisse betr. phonics instruction und whole language:


    Bei den insgesamt 138 untersuchten Einflussfaktoren auf Unterricht nahm phonics instruction Rang 27 (d = 0.5)* ein, whole language lag auf Rang 129 (d = 0.06)*.
    *Ein Pluswert zwischen d > 0 und d < .20 weist darauf hin, dass kein Effektvorliegt, ab d = .20 bis zu d < .40 bedeutet "kleiner Effekt", Werte über d = 0.40 zeigen große Effekte an.


    Die Untersuchung John A. C. Hatties ist derzeit nur in englischer Sprache verfügbar: Visible Learning: A Synthesis of Over 800 Meta-Analyses Relating to Achievement. ISBN-10:0-415-47618-6/EAN:9780415476188.

    Zitat Petroff: „Wenn Reichen sagt, die Rechtschreibung käme von alleine, bedeutet das doch nicht, dass sie einem von selbst zugeflogen kommt und der Lehrer tatenlos zusehen soll.“


    Ich bin natürlich nicht dieser Ansicht, aber Reichen ist davon überzeugt. Bekanntermaßen ist Reichen - wie die meisten der Lesen-durch-Schreiben-Verfechter -der Auffassung, dass der Schriftspracherwerb eine genetische Grundlage hat und es in unserem Genbestand ein "Gen" gibt, das den Prozess des "Leserwerdens" steuert.




    Zitat Reichen: „Bestimmte Gene bewirken den Schriftspracherwerb, sind diese Gene beschädigt/verändert/ fehlend, dann scheitert er. Angenommen, das sei so. Dann ist doch die logische Konsequenz, dass man den natürlichen, genetisch-determinierten Prozess "laufen lassen" sollte, d.h. dass man didaktisch nicht eingreifen darf.“

    Zitat Petroff: „Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass Leute LdS machen oder darüber diskutieren ohne jemals die Literatur von Reichen dazu gelesen zu haben. Wenn Reichen, der ja immerhin als Urheber der Methode gilt, hören würde, dass bis zur 3. Klasse die Rechtschreibung nicht thematisiert wird, dann würde er sich im Grabe umdrehen.“



    Es dürfte sich allerdings inzwischen herumgesprochen haben, dass Reichen von der „Rechtschreiberei“, wie er verächtlich sagte, überhaupt nichts hielt. Er propagierte, auf den traditionellen Rechtschreibunterricht ganz zu verzichten, da die Rechtschreibung mit der Zeit „von selbst“ komme. Rechtschreibunterricht, sagte er einmal, „nutzt nichts und schadet viel“. Besonders bemerkenswert ist natürlich dieser Reichen-Spruch: „Die Frage, warum die Rechtschreibung im deutschen Schulwesen gegen jede Vernunft einen derart zentralen Stellenwert hat, wie sie hat, ist für mich abschließend nur zu verstehen, wenn ich die Annahme mache, dass Rechtschreibung in Deutschland zu einer "überwertigen Idee" wurde, geboren aus einer kollektiven Zwangsneurose, welche höchstwahrscheinlich mit Schuldverdrängungen nationalsozialistischer Verbrechen in einem Zusammenhang steht.“


    Zitat Petroff: „Ausserdem bin ich diesen Studien gegenüber sehr misstrauisch. Es kommt doch immer das raus, was der Auftraggeber beweisen will.“


    Prof. Hans Brügelmann, Erfinder des 'Spracherfahrungsansatzes' und Anhänger des Konzepts 'Freies Schreiben' von J. Reichen, führte kurz nach dem Mauerfall eine Untersuchung zu den Rechtschreibleistungen in BRD, DDR und Schweiz durch. Die Schweizer Vergleichsgruppe war ausschließlich nach der Methode 'Lesen durch Schreiben' von Reichen unterrichtet worden. In der Rechtschreibung schnitten seinerzeit DDR-Schüler nach der Grundschulzeit am besten ab, die Leistungen der BRD-Schüler und der Kinder aus der Schweiz lagen dicht beieinander. Niemand mochte allerdings diese Studie anerkennen, weil die Stichproben nicht repräsentativ waren und die selbstkonstruierten Untersuchungsinstrumente nicht den üblichen Gütekriterien entsprachen. Prof. Schründer-Lenzen zog, wie man bei ihr nachlesen kann, daraus den Schluss, die Vertreter des Spracherfahrungsansatzes hätten die Ergebnisse dieses Vergleichs danach so gewichten können, dass man daraus eine Akzeptanz des Reichen-Konzepts ableiten konnte.

    Zitat Melosine: "Mir gefällt allerdings auch nicht, dass LdS an den Unis immer noch als heilige Kuh behandelt wird. Man sollte sich vielmehr darauf konzentrieren, verschiedene Wege kennen zu lernen, um dann seinen eigenen auswählen bzw. zusammenstellen zu können."


    Völlig einverstanden - das müsste die neue Richtung sein! Es wird aber nicht so kommen: Keiner der einseitigig dozierenden und schreibenden Profs wird je seine aus schmalem Denken hervorgebrachten Lehrwerke zu Altpapier erklären wollen.

    Zitat Melosine: „Und Klassen, die reinen Fibelunterricht erhielten, sind meiner Beobachtung nach in ihrer Leseleistung und ihrer Schreibmotivation hinter den Klassen zurück, die zumindest ansatzweise freies Schreiben und Lesen durch Schreiben praktiziert haben!“


    Du teilst uns leider nicht mit, ob du über noch umfassendere und längere Erfahrungen aus wissenschaftlichem Umgang mit neueren/traditionellen Unterrichtsmethoden verfügst als jene Frau Prof. Röber, die sich in dem Planetopia-Film zu „Lesen durch Schreiben“ äußerte.


    Im Internet wird derzeit die sog. Hattie-Studie vorgestellt, die in 800 „Metaanalysen“ auf 50.000 Studien zurückgriff.


    http://www.treasury.govt.nz/pu…ures/pdfs/tgls-hattie.pdf


    Gemessen wurden u. a. auch die Wirksamkeiten von whole language* (Spracherfahrungsansatz/fast deckungsgleich mit Lesen durch Schreiben), von phonics instruction (entspricht mit Abstrichen der traditionellen Lese- und Schreibdidaktik im Anfangsunterricht bei uns), des selbstbestimmten Lernens, des offenen Unterrichts sowie des lehrergesteuerten Unterrichts (direct instruction). "Wirksamkeit" bedeutet bei Hattie die messbaren Leistungen bei Schülerinnen und Schülern. Hattie hat 138 Einflussfaktoren untersucht, Rang 1 hat die Effektstärke von d = 1,44, Rang 138 eine Effektstärke von nur d = - 0,34.


    Hatties Erkenntnisse: Spracherfahrungsansatz: Rang 129/Effektstärke d = 0,06; phonics instruction: Rang 27/Effektstärke d = 0,58; selbstbestimmtes Lernen: Rang 132/Effektstärke d = 0,04; offener Unterricht: Rang 133/Effektstärke d = 0,01; direct instruction: Rang 25/Effektstärke d = 0,59.



    Die Ergebnisse aus der Hattie-Studie werden sich m. E. auch auf den Unterricht an deutschen Schulen auswirken.

    Erst letzten Montag gab es bei ‚Planetopia’ einen Bericht zu ‚Lesen durch Schreiben’. Darin gab es auch die Einschätzung einer Freiburger Professorin für sprachlichen Anfangsunterricht, Christa Röber, zu diesem Konzept. Schau Dir das Video an: mit Einblicken in den Unterricht, mit den Befunden einer Mutter.


    http://www.planetopia.de/magazin.html .


    Sehr interessant!


    Eine Bekannte meinte, dass Martenstein sich in seinem Text wohl auf einen Artikel zu ‚Lesen durch Schreiben’/Statement einer Rektorin in 'Welt am Sonntag' vom 9. Oktober 2011 bezog. Kriegt man auch irgendwo im Internet.

    Zitat ’unter uns’: «Die "kommunikative Einbettung" sprachlicher Äußerungen ist ein Grundgedanke der 1970er Jahre, also jener Jahre, in der der Verlust von Rechtschreibkompetenzen vermutlich ungefähr begann. Es spricht nichts dafür, dass hier ein Schlüssel zur Lösung von Rechtschreibproblemen (!) läge.»


    Unter einen Schüleraufsatz würdest Du vermutlich die Bemerkung setzen “Begründung?“


    Sicherlich wollte ich Dich mit meinen Anmerkungen zu Deinem Rechtschreibunterricht mit Fünftklässern nicht kränken. Sollten diese dennoch eine solche Wirkung entfaltet haben, entschuldige ich mich.


    Keineswegs wollte ich Dich jedoch zu Rundumschlägen ermutigen: Thematik in diesem Thread sind indes allerdings tatsächlich schon die Rechtschreibung und die u. a. von Dir eingebrachte Textgestaltung – diesem Anliegen wollte ich mit meinen Anmerkungen samt Zitat entsprechen.


    Zitat manu1975: «Außerdem missfällt mir, dass der Thread relativ sachlich angefangen hat und es nun in einen persönlichen Machtkampf, wer Recht hat und wer nicht, entglitten ist. Wieso ist es so selten möglich, einfach mal beim Thema zu bleiben und normal zu diskutieren? Ich hätte es durchaus schöner gefunden, wenn man gemeinsam Ansätze von Lösungswegen gefunden hätte, anstatt sich hier gegenseitig wieder zu "zerfleischen".»


    manu1975 hat völlig Recht: Zu vieles gibt es noch zu reflektieren und zu diskutieren – am besten natürlich ohne jegliche Polemik. Eigentlich könnte die Thematik dieses Threads ein Dauerthema sein, dann jedoch bitte unter einer anderen Überschrift, denn diese “Was tun die Grundschulen im Sprachunterricht?“ klingt mir zu sehr nach “Was tun die Grundschulen eigentlich im Sprachunterricht?“ bzw. nach einem Vorwurf in Richtung Grundschullehrer/innen.


    Mag sein, dass es im modernen Anfangsunterricht gehäuft auch zu methodenverursachten Rechtschreibschwierigkeiten kommt. Indes unterrichten Grundschullehrer/innen, so weit ich sie kenne, durchweg so – und das mit hohem Engagement und nach bestem Wissen und Gewissen - wie sie es an den Hochschulen und Seminaren gelernt haben und es ihnen oft sogar vorgeschrieben wird (teilweise in Thüringen): nach ’Lesen durch Schreiben’ bzw. nach dem Spracherfahrungsansatz (nicht ganz deckungsgleich). Gelernt haben sie bei Professoren, die oft genug nicht einmal irgendein Lehramt studiert haben, die nur in Ausnahmefällen auf eine schulische Tätigkeit verweisen können, die jedoch regelmäßig Jahrzehnte zurückliegt, die auch kein Fachstudium in Einzelwissenschaften wie der Fachdidaktik Deutsch, der Psychologie oder der Sprachwissenschaft nachweisen können. Es ist nicht bekannt, dass je Professoren für Grundschulpädagogik über längere Zeit hinweg eigene berufsbegleitende Unterrichtstätigkeiten vor Ort als notwendigen praktischen Teil ihrer Aufgaben gesehen hätten. Professoren aus anderen Fachrichtungen monieren das zu Recht.



    Prof. Dr. Manfred Spitzer in “Lernen“, Heidelberg-Berlin 2002



    "Die Vorstellung, dass ein Professor nach dem Studium für ein paar Monate an eine Klinik geht, um sich dann der Didaktik der Medizin und der Ausbildung der Ärzte (und sonst nichts) zuzuwenden, ist in der Medizin absurd.Genau dies geschieht jedoch in der Pädagogik. Die klinischen Aufgaben eines Universitätsprofessors in der Medizin würden ein viertel bis zu einem dreiviertel Deputat an einer Schule entsprechen. Warum können Professoren für Pädagogik dies nicht ähnlich handhaben?"



    Prof. Dr. Rainer Dollase, Universität Bielefeld, Abteilung Psychologie:



    „Ein Chirurgieprofessor kann seinen Studierenden auch die Entfernung eines Blinddarms vormachen und die Studierenden lernen durch Beobachtung, also durch Vormachen und Nachmachen, wie man so etwas tut. So geschieht es in der Erziehungswissenschaft seit 20 - 30 Jahren nicht mehr: Fachfremde Professorinnen und Professoren phantasieren auf der Basis von Literatur sich neue pädagogische Theorien zusammen, bilden im Brustton der Überzeugung Lehrkräfte aus, die dann den Stoff in Prüfungen perfekt herunterrasseln, ohne in irgendeiner Form irgendetwas für die Praxis gelernt zu haben. […..]
    Wie soll man eine verbesserte Qualität in unserem Schulsystem erreichen? Der einfachste Weg wäre, wenn man Lehrerausbildungsinstitutionen hätte, in denen Professoren mindestens einmal im Jahr einen Monat lang eine schwierige Sekundarstufe I Klasse übernähmen (keine S II Klasse) und ihre weltabgehobenen Ideologien dort vor Ort testen. Wenn also die Professorinnen und Professoren, die unsere Lehrer und Lehrerinnen ausbilden, selber Experten für die Praxis wären. Dann hätten wir einen Zustand wie in der Medizin.“


    Prominentestes Beispiel ist wohl der Erfinder des Spracherfahrungsansatzes, der Reformpädagoge Prof. Dr. rer. soc. Hans Brügelmann (Professor für Anfangsunterricht mit den Schwerpunkten Erstlesen und Erstschreiben, Grundschulpädagogik u. –didaktik). Nach dem Studium der Rechts- und Sozialwissenschaften und dem Abschluss eines Aufbaustudiums (in Konstanz mit dem Grad Lic. rer. soc./Sozialwissenschaften), nach einem zweijährigen USA-Aufenthalt (Forschungsstipendium der Stiftung Volkswagenwerk /Universität Konstanz, CA Norwich, OISE Toronto, CIRCE Urbana/Ill.) promovierte er in Konstanz zum Dr. rer. soc. (Sozialwissenschaften). Ohne Lehramtsstudium, ohne eigene Tätigkeit als Lehrer, wurde er 1980 an der Universität Bremen Professor für Anfangsunterricht mit dem Schwerpunkt Erstlesen/Erstschreiben. In „Mein Weg zum Spracherfahrungsansatz“ (GS aktuell 104, November 2008] bekannte Brügelmann:


    „Als ich 1980 von der Universität Bremen auf eine Professur für Anfangsunterricht berufen wurde, hatte ich von Lese- und Schreibdidaktik kaum Ahnung. Um mich vor den Studierenden nicht zu blamieren, las ich alles, was ich in die Hände bekam – und war irritiert: Überall konnte ich lesen, wie man Lesen und Schreiben lehrt, aber ich fand kaum empirische Befunde bzw. Erklärungsansätze dazu, wie Kinder lesen und schreiben lernen.“



    Drei Jahre später schrieb der Seiteneinsteiger Prof. Brügelmann sein erstes Buch zur Lese- und Schreibdidaktik im Anfangsunterricht, was wegweisend wurde für seinen Spracherfahrungsansatz.


    Wesentlich mitentscheidend für Brügelmanns Erkenntnisse über den Anfangsunterricht war seinem Bekunden nach ein Bericht über Sylvia Ashton-Warner, eine neuseeländische Schriftstellerin (’Quelle meiner Einsamkeit’, Roman), Malerin und Lehrerin, ihr pädagogischer Grundsatz: individuelle Freiheit. Ihren Berichten nach erfand Sylvia Ashton-Warner in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine neue Methode des Schriftspracherwerbs, mit der es ihr - ihrem eigenen Bekunden nach - seinerzeit gelungen sein soll, benachteiligte Maori-Kinder in Neuseeland in die Welten der Schrift einzuführen.


    Der praxisferne Prossor Brügelmann wird kaum wissen, wie sich Ashton-Warners Forderungen vor Ort in heutigen Grundschulklassen auswirken können. Auch Sylvia Ashton-Warners neuer Unterricht war „voller Bewegung und Geräusche“*. Sie nannte das 'geräuschvolle Art von Stille' und empfahl: „Wer keinen Lärm verträgt, darf nicht Lehrer werden.“* Um die Atmosphäre nicht in Chaos umschlagen zu lassen, empfahl Ashton-Warner daher als optimale Gruppengröße 8-10 Kinder.* In nicht wenigen Bundesländern dürfen in Grundschulklassen noch immer 30 Kinder sitzen. Ob H. Brügelmann das überhaupt je wissen wollte?
    * In: Gegenschulen – Radikale Reformschulen in der Praxis (Autor: Jörg Ramseger, Bad Heilbrunn 1975)

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