Nach 30 Jahren im Schuldienst habe ich einige verschiedenen Schulleitungen erlebt sowie Lehrer, die unbedingt "nach oben" strebten. Aus dieser Erfahrung heraus stören mich an dieser Diskussion zwei Punkte:
1. Der Vorwurf, dass das untere Drittel viel zu wenig und unmotiviert arbeitet
Jeder Lehrer, der den Schwerpunkt seiner Arbeit auf das Unterrichten, Fordern und Fördern, Erziehen etc. legt sowie keine Ambitionen auf Beförderung hat, nutzt in der Regel die ihm zur Verfügung stehende Arbeitszeit dafür voll aus, arbeitet also nicht zu wenig und garantiert nicht unmotiviert. Nur weil man kein Interesse daran hat, die Projekte, die ANDERE nach vorne bringen und in ein positives Licht rücken sollen, zu unterstützen, ist man nicht automatisch faul. Der Schwerpunkt liegt nur auf dem Kerngeschäft, das durchaus sehr fordernd sein kann.
2. Die Haltung, dass das obere Drittel leistungsstärker sei
Die Tatsache, dass KuK Aufgaben übernehmen, mit denen man nach außen Punkten kann, sagt rein gar nichts über die Qualität ihrer Arbeit aus. Nur weil manche Leute bei jedem Projekt "hier" schreien und nach außen hin überproportional durch Zusatztätigkeiten auffallen, sind sie nicht automatisch besser. Jeder hat nur begrenzt Zeit zur Verfügung und je mehr Zeit für außerunterrichtliche Sachen aufgewendet wird, desto weniger Zeit bleibt häufig für das eigentliche Wichtigste, nämlich das Unterrichten, übrig, außer man arbeitet sich (nicht selten auf Kosten der Freizeit, Gesundheit, Familie, ...) auf . Damit die fehlende Konzentration auf gut vorbereiteten und fördernden Unterricht nicht auffällt, haben die SuS dieser Kollegen erstaunlich gute Noten und grundsätzlich viel "Spaß". Mit großem Selbstbewusstsein und reduzierter Selbstkritik tragen sie häufig nach außen, wie toll sie doch sind. Die Ernüchterung ist groß, wenn man Klassen dieser Leute übernehmen muss.
Tatsächlich habe ich viele Jahre versucht, sowohl unterrichtliche Verpflichtungen als auch weitere Aufgaben mit großem Engagement zu erfüllen. Außer zahlreichen unbezahlten Überstunden und negativen Auswirkungen auf meine Gesundheit sowie meine berufliche Zufriedenheit hat es mir nichts gebracht. Deshalb habe ich mein Engagement deutlich zurückgefahren und arbeite inzwischen im Rahmen meiner bezahlten Arbeitszeit für meine Klassen. Seitdem geht es mir deutlich besser, meine Klassen laufen und die Ergebnisse passen. Traurig, wenn das aus Sicht mancher SL-Mitglieder als "unteres Drittel" und "unmotiviert" gilt. Und ja - diese Denkweise hat schon Beigeschmack und bleibt sicherlich nicht ohne Auswirkung auf das Kollegium.
Abgesehen davon sollten einige Schulen wieder den Schwerpunkt Richtung "Unterricht" verschieben und die zusätzlichen Aufgaben / Projekte deutlich reduzieren, aber das ist ein anderes Thema.