Ja red ich denn an die Wand? Das mag man im Wirtschafts-Proseminar so lernen, aber wir (meine Mitgenossen und ich) zahlen unseren Gärtnern 3000 Euro brutto, weit über marktüblich, weil wir das wollen. Dass das nicht überall geht und nicht jeder will und nicht nachhaltig, kann man drüber reden, von mir aus, aber so pauschal "egal wo, egal wann" ist nun mal durch ein einziges Gegenbeispiel widerlegt.
Es gibt ja viele Genossenschaften dieser Art, inbes. seit dem urban gardening Trend, genau so, wie es auch einzelne gibt, die sich auf dem Balkon Tomaten ziehen. Das ist aber keine Subsistenzwirtschaft.
Ich kann mir auch selbst einen Pulli stricken - aber profitiert davon die Näherin in der 3. Welt, weil sie es nicht tun muss, für einen Hungerlohn, oder schadet es ihr, weil sie nicht mal einen Hungerlohn kriegt?
Je nachdem wie viel Freizeit ich habe, kann ich es mir "leisten" den Pulli zu stricken, obwohl meine Arbeitskraft womöglich viel wertvoller wäre und ich nur viel weniger arbeiten müsste, zeitlich, damit ich mir davon 3 Pullis kaufen kann, die jemand anders für mich gestrickt hat. Meine Freizeit reicht für einen Pulli, vielleicht auch noch für die eigenen Tomaten. Aber irgendwann ist Schluss. Wegen meiner "richtigen" Arbeit bzw. Lohnabhängigkeit.
Bei einem Liebhaberprojekt mehr Lohn bezahlen als nötig wäre, weil man in diesem Bereich (Liebhaberprojekt) nicht konkurrieren muss, geht auch nur, wenn man das entsprechende Geld zur Verfügung hat.
Letztlich ist das eine Spende. Jährlich spenden Millionen von Menschen Millionen von Euro an Afrika und sonstwohin. Grundlegend ändert sich durch die ganze Spenderei nichts, weil die Gründe, die für die Armut bzw. die "Schere" sorgen, dadurch nicht aufgehoben werden, sondern höchstens zeitweilig gemildert, oft sogar nur scheinbar.
Wenn jede (!) Näherin in Bangladesh 10 % mehr Lohn bekäme, würden die Preise anziehen, die wieder dafür sorgen werden, dass sie sich eben nicht "mehr" leisten, sondern nur ihre Arbeitskraft reproduzieren kann, und mehr nicht. (Randnotiz: die Arbeitskraft einer Näherin wird sie reproduzieren können, ihre Kinder wird sie nicht auf eine Elite-Uni schicken könnne. Um die Arbeitskraft eines deutschen Lehrers zu erhalten braucht es da z.B. schon ganz andere Mittel. Aber auch hier gilt: nicht mehr als nötig! (Von Arbeitgeberseite aus))
Für diejenigen, die "fair" kaufen usw. ist das natürlich ein gutes Gefühl. Wenn man einem Bettler Geld gibt, ist das auch ein gutes Gefühl, und diesem einzelnen Bettler bringt das auch kurzfristig etwas wenn ihm von einem einzelnen etwas gespendet wird - aber, und das ist eben das große "aber", es ändert nichts an den Produktionsbedingungen die Fälle wie ihn, Armut in der 3. Welt, Lohnabhängige hierzulande usw. systemimmanet hervorbringen.