Beiträge von Meerschwein Nele

    Das sagen hoffentlich die meisten Lehrer von sich, weil es die Aussage von vernunftbegabten Profis ist.Ich bin nicht mein Job. Ich bin noch sehr viel mehr. Und von quasireligiösen Überhöhungen eines Berufs - von außen wie von innen - halte ich nichts.


    Ich sehe das ähnlich aber ein bisschen anders. Ich sage von mir "Ich bin ein Lehrer."


    Das sage ich genauso, wie ein Handwerker sagt "ich bin ein Tischler" oder "ich bin ein Koch". Oder ein studierter Professional sagt "ich bin ein Arzt", "ich bin ein Steuerberater", "ich bin ein Architekt." Lehrer ist das, was ich gelernt habe, ein Beruf, mit dem ich mich identifizieren kann und von dem ich glaube, dass ich ihn ziemlich gut beherrsche. Da spielt durchaus Handwerkerstolz mit. Das gleiche gilt übrigens auch für das, was ich vorher in einem rein akademischen Leben getan habe. Ich sage nämlich auch "ich bin ein Historiker" und "ich bin ein Literaturwissenschaftler".


    Nota bene. "Ich bin ein Lehrer" heißt, ich bin ein Profi in diesem Beruf. Das heißt, ich mache keine Versprechen, die ich nicht einhalten kann, ich garantiere nur die Qualität, die mir die Voraussetzungen und der Preis erlauben, und vor allem, ich arbeite nicht umsonst.


    Idealist bin ich nicht. Hitler war ein Idealist, Mao war ein Idealist. Damit will ich nichts zu tun haben.


    Nele

    Durchaus regelmäßig, ja. Tenor ist meistens, ich "wäre so leidenschaftlich für meine Fächer" und "man könne mir die Begeisterung anmerken" und das wecke Interesse. Und bei mir müsse man "immer so gründlich nachdenken, obwohl Fehler nicht schlimm seien."


    Einerseits ist mir das immer etwas peinlich, weil ich schlecht damit umgehen kann. Andererseits pinselt das natürlich auch meine Selbstgefälligkeit.

    Der Lehrerberuf ist - egal, was man auf der Universität lernt - ein Handwerk. In erster Linie ist der Lehrerberuf der Umgang mit Menschen; mit Menschen, die die Arbeit mit mir in der Regal erst einmal nicht freiwillig machen.


    Alles, was die Arbeit als Lehrer erfolgreich macht oder scheitern lässt, ist praktisch definiert: Sprechen, Stimmeinsatz, Körperhaltung und -bewegung im Unterricht ähnelt sehr der Arbeit auf einer Bühne. Die Interaktion in Konflikten oder Beratungen verlangt einen Instinkt für den Menschen, der vor mir sitzt und dafür, was in ihm vorgeht. Die Arbeit in einem Lehrerkollegium verlangt Strategien, Taktik und Gefühl, so dass ich mich erfolgreich in ein Team einfüge und auch mit schwierigen Menschen (die es im Lehrerberuf weißgott häufig gibt!) produktiv klarkomme. Das hohe Arbeitsaufkommen im Lehrerberuf muss irgendwie geordnet und priorisiert werden. Ich brauche ein gutes Gefühl dafür, was dringend und notwendig ist und was ruhig erst liegen bleiben kann; wofür ich große Sorgfalt brauche, was mit größerer Zügigkeit bearbeit werden kann. Meine Unterrichtsplanungen werden von einer Vielfalt von Faktoren beeinflusst, in denen ich Timing im Unterricht, Komplexität der Inhalte, die Stimmung und die Zusammensetzung der jeweiligen Lerngruppe sehen muss. Die Verwaltungsentscheidungen, die ich treffe haben rechtliche, organisatorische und praktische Kontexte. Ich brauche einen Überblick dafür, wie Schule ganz konkret funktioniert, einen Überblick, der weit über das konkrete Geschehen im Klassenraum und besser noch über das konkrete Geschehen der einzelnen Schule hinausgeht.


    Das bedeutet, dass das Lehrerhandwerk zu einem großen Maß Erfahrungssache ist. Für einen Außenstehenden oder auch nur für einen Berufsanfänger sind die meisten dieser Zusammenhänge nur schwer zu verstehen, wenn nicht gar unsichtbar. Erst nach einigen Jahren der Tätigkeit beginnt sich das Bild zu klären. Von einem wirklichen Verständnis von Schule kann wohl erst nach einem Jahrzehnt der Berufstätigkeit gesprochen werden.


    Deshalb meine ich, dass Lehramtsstudenten sicherlich gerne mit Gedanken und Ideen spielen sollen. Es ist wichtig, wenn junge Leute ihre eigenen Ideen in das System tragen. Aber sie sollten sich nicht der Illusion hingeben, dass sie über die praktische Umsetzbarkeit ihrer Ideen wichtige Dinge zu sagen hätten.

    Schade, dass etwas gleich so verunglimpft wird, weil man es nicht kennt.
    Ich war dieses Jahr auf einer Fortbildung, welche eine Evolutionspädagogin (im Hauptberuf Lehrerin) gehalten hat. Thema war ein Aspekt davon, also kann ich euch die Grundlagen nicht kompetent erklären.
    Ich persönlich fand es sehr interessant. z.B. dass ein Kind, welches nicht rückwärts krabbeln kann, Schwierigkeiten bei Minusaufgaben hat.


    Die zusammenfassende Grundlage der Evolutionspädagogik ist folgende:


    Ein Kind durchläuft ab der Geburt so etwas wie die Evolution, vom Fisch über den Vierfüßler bis zum klugen Menschen.
    Ess ollte sich auch immer bewegen können wie ein Fisch (auf dem Boden rollen und Geborgenheit spüren), wie eine Amphibie (neugierig den Kopf heben), wie ein Reptil (auf dem Bauch erst rechts alles bewegen, dann links), wie ein Wildschwein, Affe und schließlich Homo sapiens. Dadurch erfühlt es sich und den Raum und versteht mehr. Sein Gehirn vernetzt sich richtig. Es bekommt ein Rechts/Links-Gleichgewicht (wichtig für die Schrift), ein Oben/Unten-Gefühl (dies macht geistig beweglich und herzlich), einen Vorne/Hinten-Wechsel (damit kann es locker vom Detail zum Ganzen sehen und zurück).

    Das ist nichts weiter als das übliche Korrespondenzdenken, das das Grundprinzip magischen Denkens in vielen Kulturen ist: weil Phänomene Ähnlichkeiten aufweisen, wird auf übergeordnete Zusammenhänge geschlossen, die Manipulationen jenseits direkter Einflussnahme erlauben.


    In Europa ist das Korrespondenzdenken als Weltverständnis bis in die Antike hinein zurück zu verfolgen - Astrologie, Alchimie, mittelalterliche Zauberei, frühmoderne Kosmologien. Aber heute noch findet man kulturelle Praktiken, denen dieses magische Denken zu Grunde liegt, z.B. Anthroposophie, Homöopathie oder grundsätzlich jeder Moment, in dem die Quantenphysik "philosophisch" bemüht wird.


    Von der Perspektive des kritischen Rationalismus ist das magische Korrespondenzdenken fehlerhaft, weil es Korrelation mit Kausalität verwechselt. In der Wissenschaft sind diese Ansätze theoretisch und empirisch diskreditiert - sie taugen weder als Erklärungsansatz noch als Methode.


    Ludwig Koneberg, der Begründer der Evolutionspädagogik, ist Geisteswissenschaftler. Es ist davon auszugehen, dass seine Überlegungen nicht auf naturwissenschaftlichen, evolutionsbiologischen Studien fundieren. Ich vermute, dass die Inspirationsquelle für seine Form der Pädagogik Ernst Haeckels Rekapitulationstheorie von 1886 ist, die besagt, dass der Embryo im Mutterleib die verschiedenen Evolutionsstufen morphologisch nachvollzieht. Diese Theorie hört sich auch "sehr interessant" an, fällt aber ihrerseits in die Falle des analogisierenden Korrespondenzdenkens. Sie ist mittlerweile diskreditiert.


    Eine Internetsuche zeigt sehr schnell, dass Evolutionspädagogik ausschließlich in kommerziellen und nicht in wissenschaftlichen Zusammenhängen auftaucht. Der Begriff selbst ist ein Markenname, die Hauptvertriebsstelle ein Unternehmen nahmens "Institut für praktische Pädagogik I.P.P." im Besitz Konebergs.


    Mehr ist dazu vermutlich nicht mehr zu sagen.

    Hört sich sehr seriös an, wenn man der Vita auf der Seite folgen darf:


    Zitat

    Nach meinem Studium als Leder- und Textiltechnologe war ich immer in einer beratenden Funktion tätig. Jeder Tag ist für mich eine neue Herausforderung, mich auf die Individualität jedes Menschen einzulassen. Ob als Technologin, Werbeberaterin, Aromatherapeutin und Praktische Pädagogin erfasse ich mit schnellem Blick die Ganzheitlichkeit der Dinge. Ich kann in der Situation mögliche Defizite im Streben nach Gesundheit, Balance und Wohlbefinden beurteilen.

    @TequilaSunrise Es ist richtig, dass ein berufsbildender Ausbildungsgang auf die Verfahren und die Werkzeuge ausgerichtet sein muss, die konkret im Betrieb verwendet werden.


    Aber davon rede nicht. Ich rede von dem, was man im angloamerikanischen Sprachraum "computer literacy" nennt. Und die ist ein allgemeiner Bildungsaspekt.

    Da ihre Grundschule aber nur mit Libreoffice arbeitet und der Lehrer daher alle Briefe und Dokumente mit diesem Dokument verschickte,

    Das ist auch so eine Sache der Computerkompetenz - dass man weiß, dass es ein ganz bestimmtes Format für Dokumente gibt, die auf unterschiedlichsten Systemen gelesen werden sollen, und das ist PDF. Nichts anderes. Da braucht man dann überhaupt kein Office-Programm für.


    Das tollste, was ich mal auf einer interaktiven Lernplattform gesehen habe, waren downloadbare Microsoft-Word-Dokumente, die Linklisten enthielten....

    Das Problem, das ich als einer der Admins bei uns und als dezidierter Helpdesk-Erklärbär regelmäßig wahrnehme, ist, dass viel zu viele User ihre Technik nach Kochrezepten bedienen - "erst klickst du hier links oben, dann ziehst du mit der Maus da rechts unten" etc.


    So funktioniert das mit der Software-Kompetenz aber nicht, denn Software verändert sich nun einmal ständig, und das führt dann bei den Kochrezept-Usern zu den üblichen Problemen, die man aus Gesprächen kennt: "Nie macht der *§&$%!-Computer, was man will!" "Warum muss es denn immer anders sein!?!?!" "Der Computer hat das verschluckt!" "Die Scheißtechnik funktioniert doch eh nicht...." Und auf die Frage "Mit welchem Betriebssystem arbeitest du denn?" kommt "Mit Word." Oder auf "was war denn die Fehlermeldung?" ein "Weiß ich nicht, habe ich weggeklickt." Und natürlich: "Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Arbeit mit Computern Fantastilliarden mal so lange dauert wie mit dem guten alten Füller."


    Deswegen meine ich, das Technikkompetenz, IT-Kompetenz in aller, allererster Linie die Selbsthilfekompetenz ist. Wie finde ich wichtige Sachen schnell heraus? Was ist dieses und jenes Dateiformat und wo bekomme ich für mein Betriebssystem schnell und möglichst umsonst Software her, um das zu Öffnen. Wie bringe ich Daten von einer Anwendung in die Andere, quer über die Betriebssysteme. Wie konvertiere ich Daten? Und vor allem - wie arbeite mich schnell und effzient in neue Software ein, bzw. wo und wie informiere ich mich über Veränderungen.


    Das ist meiner Meinung nach etwas, was man durchaus in der Schule lernen sollte. Dann produzieren wir auch nicht immer wieder Technikanalphabeten, die auch noch stolz darauf sind, keine Ahnung zu haben - was genau so peinlich ist, wie "kein Mathe zu können".

    Tja. Warum sollte das kommerzielle Unternehmen Microsoft nicht schlicht und einfach einem substantiellen Marktanteil seine Produkte für lau schenken? Dafür will mir absolut kein Grund einfallen...

    Der Kollege mit Deutsch/Englisch arbeitet mehr als die allermeisten Grundschullehrer, er Kollege mit Sprt/Kunst deutlich weniger. Kann man halt pauschal nicht sagen, deswegen geht es ja nach Abschluss.

    Und da der Abschluss bei allen Lehrämtern mittlerweile BA/MA plus Referendariat ist, ist eine Gleichstellung in den Bezügen zwingend. Ich finde die Frage wirklich nicht so sonderlich komplex.

    F e h l i n t e r p r e t a t i o n e n kommen bei den besten Schülern vor. Aber wir sind ja hier nicht in der Schule !

    Das kannst du ja meinetwegen gerne den lieben langen Tag lang behaupten, aber die Implikationen dessen, was du so schreibst, bedürfen nun einmal nicht deiner Zustimmung. In einfacheren Worten: du könntest auch jedem deiner Beiträge ein "prinzipiell finde ich Primarlehrer ja gleichwertig, aber..." voranstellen.


    Zitat

    Mit Lachgesicht. :) Man gönnt sich ja sonst nichts.


    Nö, ist immer noch nicht lustig.


    Wir sind alle Lehrer. Alle mit Hochschulabschluss und Referendariat. Alle mit komplexen Aufgaben und harter Arbeit. Also - gleiches Geld für alle.

    Wie die letzten drei oder vier Seiten gezeigt haben, ist gerade der Umgang mit Inklusion und Förderbedarf ein Bereich, der an den Grundschulen höchste Fachkompetenz erfordert, die vom wissenschaftlichen und administrativen Niveau her ohne weiteres mit den letzlich eher trivialen wissenschaftspropädeutischen Aufgaben in der Sekundarstufe II zu vergleichen ist.


    Warum nun die Studienräte besser bezahlt werden als die anderen Lehrer, verstehe ich immer weniger. (Außer natürlich, wenn es um Mitteleinsparungen für den Dienstherren auf Kosten der Lehrer geht.)

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