Ich bin verwundert und irgendwie auch sehr erschrocken über deine Worte. PTBS ist ja nicht gleich PTBS, die Symptome können sich in ihrer Ausprägung ja deutlich unterscheiden. Und meine ordne ich als eher gering ausgeprägt ein. Welchen GdB hast du denn aufgrund deiner PTBS?
Es tut mir leid, wenn meine Worte dich erschrocken haben. Das war nicht meine Intention. Wenn du das Bedürfnis nach weiterem Austausch zu ggf. auch persönlicheren Fragen haben solltest darfst du dich gerne per PN bei mir melden. Mein Grad der Schädigung aus dem Opferentschädigungsverfahren wurde aber auf zunächst 70 festgesetzt, inzwischen noch 50 plus 10 für die besonderen beruflichen Belastungen im Schuldienst. Infolge meines Asthmas habe ich aber neben dem GdS von 60 immer noch einen GdB von 70.
Mich hat es vor rund 15 Jahren auch sehr erschrocken, als ein Arzt mir dringend dazu geraten hat einen GdB zu beantragen. Ich konnte das nicht in Einklang bringen mit meinem Selbstbild und auch meinem Willen für mich zu kämpfen, Das klang für mich im ersten Moment eher nach Selbstaufgabe. Mein Arzt hat mir damals erklärt, dass der GdB vielleicht aktuell nicht erforderlich wäre, mich aber angesichts der Unwägbarkeiten einer PTBS auch langfristig auf meinem Berufsweg schützen und entlasten könnte, damit ich nicht am Ende nur deshalb nicht meine Ziele erreiche, weil ich mir selbst gegenüber die Schwere meiner Erkrankung nicht eingestehen kann und will.
Ob irgendetwas davon für dich relevant sein könnte kannst nur du entscheiden. Ich weiß heutzutage allerdings, dass dieser Arzt was mich anbelangt recht hatte und für mich die Beantragung des GdB absolut richtig war und mich tatsächlich auch schützt. Ich habe aber auch zu akzeptieren gelernt, dass ich manche Symptome nicht mehr loswerde in diesem Leben und nicht mehr völlig gesund werden kann, obgleich ich auch weiterhin eben dafür kämpfe, um so viel Verbesserung und Heilung herauszuarbeiten, wie mir möglich ist.
Eine der Fragen, die ich bei der Amtsarztuntersuchung beantworten musste war die Frage nach den Umständen meiner Traumatisierung. Es war für die Ärztin äußerst relevant, dass ich nicht durch Umstände traumatisierte wurde, die ein schulisches Umfeld automatisch abbilden würde. Auch nach Triggern wurde ich äußerst genau befragt, um ausschließen zu können, dass die Arbeit als Lehrkraft an sich zum Trigger werden könnte in irgendeiner Weise.
Die Tatsache, dass du infolge eines oder mehrerer schulischer Ereignisse eine PTBS ausgebildet hast, deine Schilderung der Selbstfürsorge, um Trigger in der Schule möglichst ausschließen zu können ist für mich insofern vor dem Hintergrund der Einschätzung der Amtsärztin zum Umgang mit deiner Probezeit ein Alarmsignal. Ich kann dir nur dringend ans Herz legen, dich zumindest von der Schwerbehindertenvertretung umfassend beraten und soweit möglich unterstützen zu lassen in der Angelegenheit. Sprich aber auch in der Therapie/ mit deinen Fachärzten über die Frage eines GdB- Antrags. Es geht darum dich zu schützen mit einem solchen, nicht mehr und nicht weniger.
Falls dir das zumindest die Nachfragen, um dich zu informieren etwas erleichtert: Bei einer PTBS wird ein GdB üblicherweise zunächst nur befristet gewährt, um abzuwarten, wie sich die weitere Heilung entwickelt. Bei mir wurde dieser erst nach den ersten 5 Jahren unbefristet bewilligt. Für mich war das damals sehr wichtig, weil ich mich damals noch sehr fest an die Vorstellung geklammert habe, dass ich eines Tages wieder völlig gesund sein könnte (diese Vorstellung loszulassen war ein extrem schmerzhafter Prozess). Das hat mir mit die Kraft gegeben in der schlimmsten Zeit dennoch morgens aufzustehen und meine Frau im Beruf zu stehen oder auch mein Zweitstudium berufsbegleitend abzuschließen. Ich verstehe also, warum der Gedanke an einen GdB extrem erschreckend sein kann. Noch einmal: Es geht dabei nicht darum, dir irgendein Endstadium der Erkrankung zuzuschreiben, nur darum abzubilden, wie viel mehr Kraft du aktuell infolge deiner PTBS aufbringen musst an jedem einzelnen Tag, um dennoch deinen Alltag beruflich und privat irgendwie stemmen zu können und dir mögliche Hilfen bzw. Entlastungen zu sichern, vor allem aber auch den Schutz, den der GdB mit sich bringt. Diesen Schutz hast du solange du diesen benötigst auch verdient, damit du auch weiterhin so stark für dich kämpfen kannst, wie du das offenkundig aktuell bereits machst.
Wenn du Fragen haben solltest, melde dich gerne bei mir. Ich stehe mit einigen KuK mit PTBS aus verschiedenen Bundesländern in Kontakt und tausche mich mit diesen aus, damit wir alle das Rad nicht täglich neu erfinden, sondern uns gegenseitig den Rücken stärken können.