Ähm ... Der Umut ist Schweizer. Soll ich ihn fragen, ob er hier oder in der Türkei geboren ist?
Beiträge von Antimon
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OK, mich wundert allmählich gar nichts mehr ... Der Thread ist sehr erhellend.
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Gern wird auf der Notenkonferenz der Oberstufe dann auch der ein oder andere Kollege gebeten, sein Defizit doch nochmal zu überdenken. Bei nem Hauptschulabschluss kann ich das verstehen, aber in der Oberstufe...
Ich frage mich ja immer, wozu wir überhaut Notenkonferenzen abhalten, genau sowas dürfen wir da gar nicht. Die Note ist zum fraglichen Zeitpunkt gemacht und wird nicht mehr "verhandelt". Finde ich jetzt auch nicht wirklich gut, weil es mich eben ggf. vorher schon zum "Pfuschen" nötigt. Ich lasse jetzt mal offen, was das bedeutet.
Notenkonferenzen laufen bei uns daher üblicherweise so ab:
Mitglied der SL: "M. (unterrichtet Französisch), kannst du dich bitte dazu äussern, warum die Klasse einen ungenügenden Schnitt hat?"
M.: "Naja, sie können kein Französisch und sie wollen es auch nicht lernen."
Mitglied der SL: "OK, ich muss halt fürs Protokoll fragen."
Mitglied der SL: "A. (unterrichtet Chemie), kannst du dich bitte dazu äussern, warum die Klasse einen Schnitt über 5.0 hat?"
A.: "Naja, es ist halt Profil A (Mathe/Physik), sie interessieren sich für Naturwissenschaften."
Mitglied der SL: "OK, ich muss halt fürs Protokoll fragen."
tbc
Möglicherweise kann man nicht gleichzeitig Smalltalk in der 5min-Pause über die neuesten TikTok-Hypes mit Oberstufenschülern führen und gleichzeitig besagte Distanz wahren.
Doch, doch, man kann. Man sollte das Verhältnis aber auch wirklich einmal offen mit den Jugendlichen ansprechen damit sie wissen, was Sache ist. Gerade am Gymnasium setzte ich an der Stelle ausreichende Intelligenz voraus um das zu verstehen. Der Grat ist schmal, das ist vollkommen richtig. Hin und wieder mag es vorkommen, dass man runterfällt, auch das gehört zum Leben dazu.
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Ich lebe und arbeite in der Schweiz.
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Mein subjektiver Eindruck ist, dass die jungen Menschen mehr mit mir reden wenn sie wissen, es zählt nicht jeder Hasenpfurz, den sie von sich geben. Es ist eher ein Phänomen der Klassengrösse, dass einzelne irgendwann anfangen, sich zu verstecken.
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Ja, in diesem Beitrag nimmst du aber Bezug auf einen Beitrag von mir in dem ich explizit über mündliche Prüfungen schrieb und nicht über Mitarbeitsnoten. Daher denke ich, wir meinen nicht das gleiche.
Das bayrische "Abfragen" kenne ich aus der eigenen Schulzeit, davon bin ich einigermassen traumatisiert. Sowas mache ich nicht.
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In erster Linie profitieren von den Mündlichen Noten die redewandten, extrovertierten Schüler, die ruhigen, zurückhaltenden sind selten die mit Bestnoten
Das entspricht überhaupt nicht meiner Erfahrung. Eine mündliche Prüfung ist eine Sache zwischen mir und dem Schüler, in einer Abschlussprüfung sitzt noch eine fremde Person fürs Protokoll nebendran. Ich glaube wir missverstehen uns hier ziemlich, ich schreibe nicht von Mitarbeitsnoten. Ich hatte dieses Jahr meinen eigenen Kurs sowie einen fremden Kurs stellvertretend für eine Kollegin im Mutterschutz in der mündlichen Abschlussprüfung. In meinem eigenen Kurs ging die 6 an eine ansonsten sehr ruhige und zurückhaltende Person, im fremden Kurs habe ich jemanden zum Sprechen gebracht, die am liebsten rückwärts wieder rausgelaufen wäre. Die hatte dann ne 5. Die Kollegin sagte mir, die Schülerin hätte in 4 Jahren im Unterricht praktisch nie freiwillig aufgestreckt.
Nochmal: Mitarbeitsnoten darf ich gar nicht geben. Was ich aber mache sind spontane Präsentationen in Zweiergruppen vor der ganzen Klasse. Ja, das mögen die Introvertierten nicht so gerne, aber es gehört zum Leben dazu. Die Jugendlichen kennen mich, sie wissen, dass ich die Situation sehr gut lenken kann. Da hat noch jeder das Maul aufbekommen. Und es ist eine definierte Situation, durch die jeder mal durchmuss, die Note hängt nicht davon ab, wie häufig jemand das Ärmchen hebt.
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Nur um das klarzustellen: Ich schrieb von mündlichen Prüfungen, nicht von Mitarbeitsnoten. Letztere darf ich gar nicht geben.
Ja, in einer mündlichen Prüfung kann ich bei in der Schriftsprache schwächeren SuS nachfragen, wenn ich das Gefühl habe, da hat mich jemand falsch verstanden. Dafür gibt es gleichwohl Abzug, aber der Kandidat hat überhaupt die Möglichkeit sich zu korrigieren. Ich will eigentlich wissen, was ein Schüler weiss, nicht, was er nicht weiss... Dass ich nicht häufiger mündlich prüfe liegt nur daran, dass das Format extrem ineffizient ist. 15 min pro Nase vs 45 min für die ganze Klasse eben.
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Aber trotzdem schwebt immer in der Luft "oh mein Gott, die NCs sind immer höher", ich habe das Gefühl, dass es eine Spirale nach oben befeuert
Das glaube ich dir absolut, ganz schlechte Sache. Ich hoffe, das bleibt uns noch lange erspart.
Dazu gibt es unvorstellbar viele alternative Prüfungsformate abseits der schriftlichen Klausuren, die darüber hinaus noch viel großzügiger bewertet werden
Da ist was dran. Ich habe in mündlichen Prüfungen immer bessere Noten raus als in Schriftlichen. Ich finde es trotzdem das "sympathischere" Format. Man kann auf einer guten Beziehungsebene sehr viel Stress aus der Situation nehmen. Wir haben in den Abschlussprüfungen einen externen Beisitzer, ich bin mir sicher, dass die letzten 6en, die ich gegeben habe, OK waren. Es gibt erstaunlich viele Jugendliche, die im Gespräch erheblich mehr abliefern können als schriftlich. Kieselsteinchen An der Stelle spielt das Zwischenmenschliche wirklich eine Rolle aber ich finde, absolut zum Positiven.
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Du schreibst doch selbst, dass man sich der zwischenmenschlichen Ebene bewusst sein muss. Ja, bin ich. Ich wusste von Jugendlichen aus dem privaten Bereich schon mehr als mir lieb war und musste trotzdem ne Ungenügende in der nächsten Schriftlichen setzen. Wenn jemand wirklich schwach ist, ist der Person ja wohl mehr geholfen, man schaut zusammen nach alternativen Wegen als Noten hinterherzuschmeissen. Ich will überhaupt nicht behaupten, dass das nicht passiert, aber es ist ganz sicher kein systemisches Problem.
Aber ja, das ist tatsächlich ein kultureller Unterschied, über den Neuankömmlinge aus Deutschland gerne mal stolpern. Das Klassiker ist das schnelle "Du" mit dem Chef. Ja... Es bleibt trotzdem dein Chef.
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wenn man sich die Bedeutung von interpersonellen Beziehungen nicht bewusst ist, sie ignoriert, ihnen nachgibt
Das nennt man zusammengefasst "mangelnde Professionalität". Wir unterrichten 4 Jahre lang im Klassenverband und schreiben Hausprüfungen. Unsere Jugendlichen müssten ja sowas von besser bewertet sein als in Deutschland. Das Gegenteil ist der Fall.
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Eine große Rolle für "freundliche" Benotung beim Abitur spielt meines Erachtens nach auch die (emotionale) Nähe zwischen Lehrern und Schülern
Entschuldige bitte, aber das klingt extrem unprofessionell. Ich bin mit meinen Jugendlichen 4 Jahre lang zum Teil wirklich eng aber eine schlechte Leistung ist eine schlechte Leistung. Ich habe schon Schülern 1er in schriftlichen Prüfungen zurückgegeben, mit denen ich zuvor auf der Abschlussfahrt Bier getrunken habe. Das eine ist der Mensch, den ich wertschätze und mit dem ich es lustig haben kann, das andere ist gequirlte Hühnerkacke in einer Leistungsüberprüfung. Ich hatte an der Uni selbst die schlechteste Diplomprüfung bei dem Prof, der hinterher meine Diplom- und Doktorarbeit betreut hat und zu dem ich bis heute ein freundschaftliches Verhältnis pflege.
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Dafür gibt's Lehrpläne und Anforderungsbereiche, so beliebig ist das nun auch wieder nicht.
Weder im Lehrplan noch im Anforderungsbereich steht drin, was du als individuelle Lehrperson effektiv in der Prüfung abfragst. Das Niveau kann von einer Lehrperson zur anderen sehr unterschiedlich sein, da müssen wir uns jetzt echt nichts vormachen.
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Viel mehr als der Bart wundert mich, dass ein so intelligenter Mensch das Abi nicht besteht. Da wurden wohl andere Qualitäten abgefragt.
Ach, das kannst du ja sicher gut beurteilen. Er ärgert sich, dass er den Arsch nicht hochbekommen hat und der letzte Satz des Artikels lautet "Ich war aber auch nie der beste Schüler." Ich hatte ihn selbst nicht im Unterricht aber soweit ich weiss, ist die Sache für ihn völlig OK.
Edit: Er hätte einen Sonderpreis bei der Maturfeier verliehen bekommen inkl. vierstelliger Geldbetrag. Wenn er wiederholt (weiss er selber noch gar nicht), bekommt er den eben nächstes Jahr.
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und ich kenne es nur so streng
Ja, mega streng, wenn du für die 100 % nur auswendiggelernten Mist fragst. Es kommt auf den Inhalt an, den man bewertet.
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Ist das ein Witz?
Was soll daran ein Witz sein? Ich gebe die 6.0 auch ab 90 %, manchmal ab 85 %. Übers Niveau sagt das genau 0 aus, kommt ja drauf an, was ich für die 90 % so erwarte.
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Vielleicht liegt es daran, dass man in Bayern noch verbindliche Noten in Mathe, Deutsch und Sachkunde braucht, um überhaupt aufs Gymnasium zu kommen.
Und mysteriöserweise gehen trotzdem 40 % eines Jahrgangs.
Ich war kürzlich mit einer meiner Klassen in der Rhein-Neckar-Region, u. a. zu Besuch bei der BASF. Übernachtet haben wir in Heidelberg in der Jugendherberge. Ich habe da studiert, also habe ich ihnen einiges erzählen können. Heidelberg ist immer noch *DER* Standort für Medizin. Um regulär anfangen zu können, braucht man ne 1 vor dem Komma. Im Moment hätten die 5 von 22 Personen in dieser Klasse und es ist eine wirklich gute Klasse. Ich hab mal ein bisschen gelesen, der Maturschnitt aus der Schweiz wird um sowas wie 3 Zehntel nach oben korrigiert, wenn man sich für ein Studium in Deutschland interessiert. So wurde das zu "meiner Zeit" auch mit dem bayrischen Abizeugnis gemacht, keine Ahnung, ob das immer noch so ist. Mit der Korrektur wären es dann 8 von 22 Personen und tatsächlich würde es für den Mediziner-NC gar nicht reichen, da stünde dann ja "nur" sowas wie eine umgerechnete 1.8 oder so. Sie haben mich einigermassen fassungslos angeschaut, was das sein soll. Ob sie jetzt wohl dümmer sind, als deutsche Studenten. Nein, sicher nicht. Ist aber auch völlig egal, sie müssen ja nur den "Medizinertest" bestehen ums in der Schweiz studieren zu können. Ich frage mich aber wirklich, wie lange wir hier noch die Insel der Glückseligen spielen können oder ob der Druck aus dem Ausland nicht irgendwann doch zu gross wird.
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Ich würde mal behaupten, dass es in den Sprachen leichter ist, im Mittelfeld des Notenbereichs zu landen, dafür wiederum sehr schwierig, die ganz hohen Punktzahlen zu erreichen.
Die mit Abstand schlechtesten Maturnoten haben unsere SuS im Französisch. Prüfungsschnitt hatten meine Maturanden eine 4.3, bei den Erfahrungsnoten war der Schnitt eine 4.6, bei den Vornoten eine 4.8. Chemie Schwerpunktfach.
Ach stimmt, kein NC für den Zugang zur Uni.
Separate Eingangsprüfungen, oder?Es gibt nur für Medizin und Sport überhaupt eine Eignungsprüfung.
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Ja sicher sammeln die Vor- und Erfahrungsnoten. Viele Grundlagenfächer schliessen in der 3. Klasse ab, das gibt Maturnoten. Ich habe in meinen Fächern nur selten ungenügende Maturnoten, insbesondere im Schwerpunktfach hat es in 10 Jahren bisher nur eine einzige Person geschafft, dass da ne 3.5 im Zeugnis stand. 6en vergebe ich sicher nicht inflationär aber häufiger als ungenügende Zeugnisnoten. In meiner Physikklasse, die dieses Jahr das Grundlagenfach abgeschlossen hat, gibt es allerdings weder 5.5 noch 6.0.
Die Prüfungsnoten haben eben gar nicht so das wahnsinnig grosse Gewicht, weshalb einige sich zurechtrechnen, wie viel sie so brauchen um zu bestehen. Das darf man als Lehrperson nicht persönlich nehmen, wenn in der mündlichen Prüfung jemand vor einem sitzt und man das Gefühl hat, die Person weiss gerade nicht mal so genau, um welches Fach es eigentlich geht. Auf der anderen Seite habe ich dieses Jahr 5 x die Note 6.0 setzen können, da waren Leute dabei, die hätte ich vom Fleck weg ins Chemiestudium an die Uni geschickt. Von den 5 Frauen haben insgesamt aber nur 2 eine 5 vor dem Komma im Gesamtzeugnisschnitt.
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Oder sind doch die Aufgabenstellungen heue einfacher als früher?
Wir haben hier in einem anderen Thread kürzlich mal einen Abgleich zwischen einer Mathe-Matura aus der Schweiz und einem deutschen Mathe-Abi gemacht: Ja, die Aufgabenstellung ist einfacher.
Wird auch auf "fast Richtiges" die volle Punktzahl vergeben? Werden kleine Fehler großzügig übersehen? Gibt es schon ab 80 Prozent eine 1, oder mit 60 Prozent eine 2?
Das würde mich tatsächlich auch mal interessieren.
Bei uns haben etwa 20 % eines Jahrgangs die 5 vor dem Komma stehen, das entspricht der deutschen 1 vor dem Komma. Gemäss offizieller Statistik beträgt die Übertrittsquote ans Gymnasium in Bayern unterdessen auch ca. 40 %, bei uns im Kanton sind es 25 % und von diesen 25 % gehören dann nur 20 % zu den Jahrgangsbesten. Dieses Jahr hat eine Schülerin die Matura mit einer 5.9 im Schnitt bestanden, das ist in 10 Jahren das erste Mal, dass ich sowas überhaupt sehe. Mann, müssen unsere Jugendlichen dumm sein im Vergleich.
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