Was müsste in den Lehrplänen verankert sein, damit ein Studium begonnen werden kann?
Gar nichts. Mit dem bestandenen Abitur und allenfalls einen bestimmten Notenschnitt vorausgesetzt, kann jeder alles studieren. Da hat Herr Krötz etwas grundlegend falsch verstanden und mein erster Beitrag im Thema lautete dementsprechend auch sinngemäss "ich nehme das gar nicht ernst". Natürlich bereitet das Abitur nicht explizit auf ein Studium der Mathematik vor, auch nicht auf ein Studium der Chemie. Es gibt Fächer, die an der Schule gar nicht obligatorisch unterrichtet werden und für die man sich trotzdem einschreiben kann. Wirtschaft- und Rechtslehre ist z. B. meines Wissens in Deutschland wenn überhaupt nur in einzelnen BL ein (Wahl-)Pflichtfach. Für BWL schreiben sich aber dennoch tausende von Studierende ein und schliessen das Studium auch erfolgreich ab. Das Abitur sollte nur die allgemeine Studierfähigkeit nachweisen.
Ich schrieb ja, wir waren am letzten Donnerstag an der Uni Basel zum Austausch über die erwarteten Kompetenzen im Fach Mathematik. Ich habe dann irgendwann mal ganz ketzerisch nach den Durchfallquoten bei den Prüfungen gefragt und siehe da, die liegen nur bei etwa 30 %. Das ist ja deutlich geringer als das, woran ich mich so erinnern kann, wie das bei uns vor 20 Jahren war. Dass die sich trotzdem ärgern, dass Studierende der Naturwissenschaften in der Vorlesung bei simplen Termumformungen nicht mitdenken können, das kann ich absolut nachvollziehen. Ich finde es auch immer noch bizarr, dass jemand sich für eine Naturwissenschaft einschreibt, der solche Probleme in der Mathe hat. Aber wahrscheinlich sind das dann die 30 % und alles ist in Ordnung.
Dass mathematische Verfahren an der Schule nicht eingeschliffen und verinnerlicht werden halte ich schlichtweg für ein Symptom von Desinteresse an mathematisch-naturwissenschaftlichen Fragestellungen. Das muss man so akzeptieren. Ich akzeptiere nur kein Rumgejammere und bekomme hin und wieder einen Anfall, wenn insbesondere die Mädchen anfangen mit "das hab ich noch niiiie gecheckt". Behalt deine Unlust einfach für dich oder kneif die Arschbacken. Es gibt bei uns am Gymnasium wenige (ein paar mehr an der FMS), die wirklich Mühe mit dem Verständnis haben, denen erkläre ich selbstverständlich alles noch ein hundertstes Mal. Für Gequengel sind mir meine Zeit und meine Nerven aber zu schade.
Edit: Was mir in letzter Zeit aber häufiger auffällt (und ich glaube, es fällt mir nur auf, das war wahrscheinlich noch nie anders) ist, dass doch ziemlich viele nicht recht verstehen, was Mathe eigentlich ist und was es nicht ist. Wenn ich noch einmal auf deinen 1. Beitrag in diesem Thema verweisen darf - offensichtlich schmeisst du Mathe auch in den Topf der Naturwissenschaften. Mathe ist aber keine Naturwissenschaft, wirkliche Mathematik befasst sich überhaupt nicht mit realen Sachgegenständen. Wenn ich SuS danach frage, woran sie eine Proportionalität in der Physik erkennen, lautet die Antwort "weil man das so ausrechnen kann". Sie verstehen nicht, dass die Formel im Formelheft nur ein mathematisches Modell ist, welches die reale Beobachtung beschreibt und das auch nur unter bestimmten Bedingungen. Mathe erscheint ihnen "wahr" und die Natur muss sich an das halten, was die Mathe eben so vorgibt. So wird es nota bene auch von den populärwissenschaftlichen Medien verkauft. Dass die Natur einfach so ist wie sie ist und sich an überhaupt nicht "hält", die Idee wird mehrheitlich als befremdlich wahrgenommen. Ich kann nicht mehr tun, als das immer und immer wieder zu erklären. Es wird nicht bei allen ankommen, so ist es einfach.