Beiträge von Antimon

    Tja, und was er da zur Kompetenzorientierung sagt, trifft es: Das ist nicht der Stein der Weisen, es sei denn, man betrachtet einfache Rechenaufgaben nicht als "Kompetenz".

    Ich glaube, es ist Teil des Problems, dass es haargenau so ist: Einfach mal rechnen gildet nicht als Kompetenz. Als "verstanden" zählt nur, was gefühlt und aus dem Ärmel geschüttelt, mindestens aber im Kontext der bereits erwähnten 149.15 Melonen des Herrn Huber ausgependelt wurde. Blöd nur, wenn dann ein a^7 und keine Melonen aus nem Bruch gekürzt werden sollen. Ich glaube, diese Aufgabe hat mich fast am meisten schockiert. Dass einem bei der letzten Aufgabe spontan nicht mehr einfällt, ob es jetzt der Sinus oder der Cosinus ist, kann ich mir vorstellen. Aber dann läge die Trefferwahrscheinlichkeit ja bei 50 % und nicht bei 6 %. Ich weiss wirklich und wahrhaftig auch noch 24 Jahre nach dem bestandenen Abitur, dass ich in der Schule (!) Sinus und Cosinus nach exakt dieser Definition gelernt habe. Gut, ich habe eine Naturwissenschaft studiert aber die Leute, die in dieser Vorlesung sitzen, haben sich für einen technischen Studiengang eingeschrieben. Ich begreife es wirklich nicht, wie sowas möglich ist.

    Ich frage mich aber auch, ob das in den letzten 20 Jahren oder so tatsächlich so viel schlechter geworden ist oder ob wir in Wahrheit nicht schon ganz genauso doof waren. Mir fällt einfach auf, dass der Hang zur Selbstüberschätzung immer grösser wird. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, mich für Chemie einzuschreiben, wenn ich so dermassen keine Ahnung von Mathe gehabt hätte. Vielleicht traut man sich das heutzutage eher zu? Andererseits ist die Studienabbruchquote in den letzten 20 Jahren eher kleiner als grösser geworden. Irgendwie scheint die selbstbewusst vor sich hergetragene Unwissenheit ja zum Erfolg zu führen.

    Wenn wir schon beim Vergleichen sind: Es gibt Länder, da sind Lehrpersonen auf Spenden angewiesen.

    Einfach mal zur Erinnerung:

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    In Europa verdienen überhaupt nur in der Schweiz und in Luxemburg Lehrpersonen mehr als in Deutschland. Und die Lebenshaltungskosten in den Top 10 Ländern dürften nur in Österreich vergleichbar gering wie in Deutschland sein. Man beachte übrigens mal Estland, das sind die, die in der letzten PISA-Studie so überraschend auf dem 3. Platz gelandet sind.

    Dann kenne ich vermutlich einfach zu viele Gegenbeispiele (Ausnahmen?) von jungen Menschen, die gerade nicht die soziale Reproduktion fortsetz(t)en.

    Ich glaube eher, du kennst diese Leute nicht gut genug. Mein Mutter hatte zwar selber nichts, ich bin aber stets mit der Idee erzogen worden, dass man sich auf jeden Fall selbst versorgt und arbeiten geht. Egal was, man liegt nicht dem Staat auf der Tasche. Bei uns gab es auch kein "Mathe konnte ich selber nie, hihihi" obwohl meine Mutter nur 8 Jahre Schulbildung hatte. Dann sieht es hinterher so aus, als hätte man als Nachkomme irgendeine Art von Kreislauf durchbrochen, in Wahrheit kommt das aber längst nicht so vom Himmel gefallen, wie man als Aussenstehender meinen möchte.

    Jeder darf ein bisschen mimi machen.

    Ich mimimie nicht, ich will einfach gar nichts, was ich mir nicht leisten kann. Bei den Gehältern, die wir *alle* hier verdienen, ist eine Diskussion über Flugreisen und Eigentumswohnungen in Düsseldorf, die man sich nicht leisten kann, einfach nur widerwärtig dekadent. Auch Ergüsse wie "wer will schon mit 3 Kindern in einer 4-Zimmer-Wohnung leben" fallen in die Kategorie. Wie viele Eltern sich in Deutschland solche Fragen erst gar nicht stellen? Ich bin als Kind einer alleinerziehenden Mutter mit zwei älteren Brüdern auf 80 qm auf'fm Dorf ohne Auto aufgewachsen. Wir sind niemals irgendwo hingeflogen, nach heutiger Definition hat meine Mutter nicht mehr als Hartz IV verdient. Mein unermesslicher Wohlstand ist nicht geerbt und er kam auch nicht vom Himmel gefallen. Ich habe jahrelang Fernwanderreisen komplett selbst durchorganisiert, weil sonst kein einziger Urlaub ins Budget gepasst hätte. Jetzt kann ich es mir leisten, faul zu sein und das andere machen zu lassen. Wäre es nicht so, würde ich halt nicht nach Galapagos fliegen, so einfach ist das. Kinder habe ich nie gewollt. Dass die Geld kosten, weiss jeder Depp und natürlich hätte ich sie mir "leisten" können. Ich kann mich auch nicht entsinnen, dass ich bei uns im Lehrerzimmer schon jemals habe jemanden mit Kindern übers Geld klagen hören. Scheint auch bei 2000 CHF/Monat für die Kita kein grösseres Drama zu sein.

    Ich habe weder Wohneigentum, noch ein Auto, noch einen Flugschein, noch jette ich 3 x im Jahr zum Pauschalurlaub auf die Kanaren. Ich habe mir gestern zwei T-Shirts bei Tchibo gekauft und in meinem Arbeitszimmer steht ein 25 Jahre altes Ivar-Regal. Vielleicht liegt es daran, dass ich mein Geld nicht loswerde. Und vielleicht bin ich in weiteren 25 Jahren froh darüber, weil mir 10 Jahre AHV-Beiträge fehlen und das Rentenniveau in der Schweiz sowieso nur bei 44 % liegt. Ich bin nicht diejenige, die hier rumquengelt, dass sie in Düsseldorf keine adäquate Wohnung kaufen kann. Ich will die gar nicht haben.

    Man staunt mitunter wirklich über das Unwissen und die Hilflosigkeit, die sich einem da so offenbart

    Das ist so, ja. Erlebe ich selbst am Gymnasium noch. Wir haben so viele Migranteneltern, die gar nicht wissen, was es alles gibt. Denen schiebt man die Zettel hin, die sie unterschreiben müssen und dann machen sie das. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das in Ludwigshafen an dieser Grundschule nicht längst passiert ist. Da gibt es doch Lehrpersonen, die darauf hinweisen, was die Möglichkeiten sind. Ich glaube ohne Verbindlichkeiten kommt man da nicht weiter. Das Kind geht in den Sprachkurs oder du latzt Bussgeld. So.

    Ich komme selber aus einem sozial sehr schwachen Elternhaus. Allein die Androhung von Bussgeld bringt oft schon einiges. Das betrifft vor allem Leute, die "zu doof" sind, es anders zu verstehen. Wenn es keine Verbindlichkeiten gibt, bekommen die halt den Hintern nicht hoch. Es bleibt ein kleiner Teil, der wirklich mehr Unterstützung braucht, für den braucht es aber keine Pauschallösungen.

    man müsste den Wohnvierteln einen Sozialindex geben und alle Kinder miteinander und untereinander mischen, sodass es ausgewogene Klassen gibt, sodass Kinder ohne Deutschkenntnisse auf solche Treffen, von denen sie Deutsch lernen könnten

    Ich glaube, damit wäre eben sehr viel gewonnen. Ich sehe da ein grosses strukturelles Problem, ich schrieb weiter oben von Ghettoisierung. Dann läge die Verantwortung aber bei den Vermietern, z. B. für eine solche Durchmischung zu sorgen.

    Ja, meine Güte. Ich kenne jemanden, der bei der ZKB mehr als 200000 CHF Jahresbrutto nach Hause trägt. Studierter Mathematiker, macht Risikoanalysen. 1. habe ich nicht Mathe studiert, 2. intetessieren mich Bankgeschäfte nicht und 3. geht mir sowieso am Arsch vorbei, was der verdient. Ich versuche mir nur vorzustellen, was ich damit machen würde. Ich würde es ja noch weniger ausgeben, als meine 142000 CHF Jahresbrutto. Dann würde ich noch mehr Vermögenssteuer zahlen und der Kanton freut sich. Nee. Im Sommer geh ich Galapagos-Schildkröten gucken, das scheint mir sinnvoll investiert.

    Vertrau du mal. Mir ist schon zu viel "Unfassbares" - um den Titel des Threads an dieser Stelle mal zu zitieren - in der Realität untergekommen als dass ich dem Fall grundsätzlich von der Rechtmässigkeit der Vorgänge ausgehen wollte. Ich weiss ja, was wir als Gewerkschaft so an juristisch relevanten Fällen vertreten.

    Oder kennst du die Person persönlich, die die Abordnung ausgesprochen hat.

    Nö. Ich schrieb auch nur, "ich kann mir vorstellen". Nichts weiter als das. Vielleicht ist es so, vielleicht ganz anders.


    Vielleicht ist es bei mir ein Grundvertrauen darin, dass der Vorgang rechtmäßig ist

    Ich sag mal so ... Wir bräuchten als Gewerkschaft wohl keine Rechtsabteilung, wenn immer alles rechtmässig wäre, was im Kontext Schule so passiert. "Vertrauen" ist da in der Tat naiv.

    Ich nehme an, dass niemand hier Frau Schäfer persönlich kennt, also erübrigen sich sämtliche Spekulationen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sie einfach nur gedisst wird. Das gibt's, wirklich. Wir bekommen im August jemanden an die Schule, der mitten im Schuljahr an einem anderen Ort aus der Schulleitung rausgeflogen ist. Die Person hat ein riesen Glück, dass z. B. ich sie kenne und weiss, dass die völlig in Ordnung ist. Mit so einer Macke im Lebenslauf hätte die anderswo arge Mühe sich zu erklären.

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