Beiträge von Antimon

    Wofür braucht man 10 (!) Fahrräder?! Wir besitzen jeder eins, also in der Summe zwei. Ich hatte tatsächlich mal noch ein zweites weil ich 3800 CHF einfach ungerne irgendwo am Bahnhof abstelle. Seit das zweite eben geklaut wurde, nehme ich konsequent den Bus zum Bahnhof. Auto haben wir seit 2 Jahren keins mehr und auch nie wieder eins gebraucht. Wir sind noch nicht mal Mitglieder beim Car Sharing. Erst gestern habe ich zum ersten Mal einen Kollegen mit Auto gefragt, ob er mit uns zum Recyclinghof fahren könnte.

    Mit Medizin habe ich wohl ein schlechtes Beispiel gezogen, da beträgt die Abbruchquote nur um die 10 %. Der Durchschnittswert über alle anderen Studienfächer liegt aber bei etwa 30 %. In Worten: Fast ein Drittel aller Studienanfänger macht die Ausbildung nicht zu Ende, egal ob NC oder nicht. Die Abbruchquote ist übrigens in den MINT-Fächern mit über 40 % besonders hoch. Wie viel das also bringt, Leute in diese Studienfächer "zwingen" zu wollen, weil's da gerade Bedarf gibt, sei dahingestellt. NC oder nicht ist irgendwie eine ähnlich kleingeistige Diskussion wie Ziffenernnoten vs. Textbewertung. Beides geht offensichtlich an den eigentlichen Problemen vorbei.

    Es hat doch faktisch in Deutschland auch einen NC auf Studienfächer, die für Mangelberufe ausbilden. Es *gibt* zu wenig kompetente Ärztinnen und Psychologinnen. Den NC gibt es aber nicht, weil's zu wenige gibt, die diese Studienfächer abschliessen sondern weil's zu viele sind, die damit anfangen. Ich verstehe nicht ganz, was man mit Leuten im Medizinstudium will, die sich eigentlich für Germanistik einschreiben wollten.

    Ich habe mich vor einem Jahr schon mit Kollegen an der Schule über das Thema Nowitschok & Co unterhalten. Putin hat das Zeug definitiv und ich halte ihn für irre genug, die Karte auch irgendwann zu ziehen. Assad hat das schliesslich auch ganz ungeniert gebracht und passiert ist... Nichts.

    Jupp, das sind eben alles interessantere und relevantere Diskussionspunkte als Ziffernnoten vs Text. Der Druck ist bei uns nicht so hoch, weil es eben die 4er Matura für alle Studienfächer tut. Ich habe schon viele intrinsisch motivierte SuS. Sogar solche, die bei der Projektarbeit bewusst die schwierigsten Themen auswählen, weil sie was lernen wollen. In Physik erzähle ich gerade einer Klasse über Wellenoptik und Quantenmechanik ohne dass es eine Prüfung zu diesen Themen geben wird. Sie sind alle da und hören zu.

    Die Erfahrung zeigt meistens, dass auch das Sitzenbleiben keine besseren Leistungen bringt, leider

    So ist es leider oft, ja. Die meisten sind aber zu träge sich was anderes zu überlegen. Ich hatte schon wirklich tragische Fälle. 2 x wiederholt, die Matura knapp bestanden und dann nach 2 Semestern auch am Studium gescheitert. So ganz daneben sind wir mit unseren bösen Ziffernnoten halt meistens schon nicht.

    Mich regt es übrigens 100 x mehr auf wenn ich ungenügende Prüfungen zurückgebe als meine SuS. Mein Ziel ist grundsätzlich schon, dass die das verstehen, was ich ihnen erzähle. So Jugendliche haben aber gerne mal andere Prioritäten im Leben, die lachen mich hin und wieder sogar aus, wenn ich mich theatralisch auf den Boden schmeisse weil wieder irgendwas nicht so gegangen ist, wie ich mir das gedacht hatte.

    Unser System ist halt so, dass es letztlich auf Noten, Abschlüsse und Zertifikate ankommt

    So ist es, ja. Wenn ich mir jetzt aber überlege, was mich im Berufsalltag motiviert, ist es sicher nicht die Aussicht auf den ausserordentlichen Stufenanstieg, kodiert als A+ Bewertung. Tatsächlich haben wir im Baselland ein solches System seit 2 Jahren. Auch bei meinen Jugendlichen geht es nicht nur um Noten. Zum Glück. Aber wir sind ein Gymnasium und die Maturnote zählt nicht in der Schweiz, Hauptsache bestanden. Das macht schon was aus.

    Wir haben's überlebt...

    Das ist kein Kriterium für guten Unterricht. Wir haben in der Grundschule noch in der Ecke gestanden und sind am Gymnasium an den Haaren gezogen worden, wenn wir beim Maschinenschreiben nen Fehler gemacht haben. "Überlebt" habe ich das alles. Und zum Glück sind solche Zeiten unwiederbringlich vorbei.

    Ui, das finde ich latent schockierend aber auch irgendwie erhellend. Also nein, ich hatte definitiv im Grundstudium auch im Fach noch längstens nicht alles gelernt. Insbesondere in der Physikalischen Chemie ist das meiste eigentlich erst im Hauptstudium passiert. Zudem ist der Praxisanteil in der Chemie natürlich enorm hoch und man lernt im Hauptstudium noch mal ganz andere Techniken. Das ganze Inertgaszeug kam z. B. erst in den Forschungspraktika nach dem Vordiplom. Ich unterrichte heute Physik und habe eigentlich immer das Gefühl, unsere "richtigen" Physiker wissen alle 100 x mehr als ich. Erstaunlicherweise reicht mein solides Laienwissen eben wirklich zum Unterrichten ^^

    Wenn ich (mache ich hin und wieder) meinen Jugendlichen was von Ausfragen und Exen erzähle, gucken die mich an als ob ich sie verarschen wollte. Insbesondere Ausfragen geht hier absolut gar nicht, das wird als Psychoterror gewertet. Unangekündigte Voki-Tests in den Fremdsprachen werden gemacht, in allen anderen Fächern ist das hochgradig empörend.

    (Ich habe zu Beginn meiner Karriere mal eine Klasse mit Unangekündigten geplagt. Ich bin knapp mit dem Leben davongekommen und gebracht hat es nichts.)

    Ach so meinst du das. Ja, die Prinzipien sind wohl immer die gleichen, aber das Mass an Selbständigkeit nimmt schon sehr deutlich zu. Ich glaube Chemie ist insofern speziell als dass die vollständig selbständige Projektplanung wirklich erst während der Promotion erlernt wird. Weshalb die Promotionsrate unter Chemikern entsprechend hoch ist. Die Struktur einer guten, experimentellen Maturarbeit ist im Übrigen auch keine andere als die meiner Doktorarbeit. Etwas überspitzt könnte man jetzt fragen, wozu überhaupt studieren ;)

    Zum Ende des Bachelor ist das wissenschaftliche Niveau nicht höher oder niedriger, als im Master

    Das würde ich jetzt nicht unterschrieben. Ich musste zum Vordiplom noch gar keine Arbeit schreiben und die Bachelor-Arbeiten, die ich als Doktorandin noch gesehen habe, sind schon von deutlich geringerem Umfang als eine Masterarbeit. Es wäre doch tragisch, wenn da im Master nichts mehr dazukommt.

    Auch im (Nicht-Lehramts-)Bachelor studiert man zumindest bei geisteswissenschaftlichen Studiengängen in der Regel mehrere Fächer, hat Bezugswissenschaften, übergreifende Studienanteile sowie Praktika. Insofern kann man nicht davon ausgehen, dass ein (geisteswissenschaftlicher) "Fach"-Bachelor 180 CP in seinem Fach im engeren Sinne erworben hat.

    Selbst die Hälfte eines reinen Fach-Bachelors ist noch deutlich mehr als die erwähnten 68 CP.

    ...Okay, das leuchtet ein. Aber dann sind wir wieder an dem Punkt, wenn man regelmäßig kriteriengeleitete Noten erteilt, muss man doch auch stattdessen ein Kreuz setzen können.

    Warum auch immer ich in diesem Thread Beiträge von blockierten Personen sehen kann..

    1. Ist mir das jetzt zu albern und ich schmeisse dich wieder von der Liste, das Forum will es offenbar so.

    2. Das meine ich doch: Es ist am Ende des Tages völlig wurscht ob man eine Ziffernnote oder ein Kreuzchen setzt, es zählt allein der Weg dahin. Das relevante Wort ist "kriteriengeleitet".

    Ich mag meine Schule dafür, dass sich die Mehrheit meiner KuK sehr viel Mühe mit konstruktiver Rückmeldung und Beratung gibt. Ein paar Tröten gibt's halt immer aber an anderen Schulen läuft es diesbezüglich definitiv schlechter. Wahrscheinlich kann man über die Lancierung von Pilotprojekten Denkprozesse anstossen, ja, das ist immer gut. Aber für mich bleibt der formale Teil der Leistungsbewertung einfach irrelevant. Ich bekomme hier schon wieder die Flöhe wenn ich lese, dass mancherorts die Zeugnisnote aus nur zwei Teilleistungen gebildet wird. Ich muss halt auch im zweistündigen Grundlagenfach 5 Einzelnoten pro Schuljahr setzen. Ich bin unterdessen dazu übergegangen, auch regelmässig mündlich zu prüfen, was den Jugendlichen eindeutig zum Vorteil gereicht aber in den grossen Klassen mit so wenigen Wochenlektionen echt verdammt mühsam ist. Wir haben an Ostern eine schulinterne Weiterbildung zum Thema Prüfungskultur. Als Mitorganisatöse bin ich schwer gespannt, was da rauskommt.

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