Wir waren dieses Jahr für 2 Wochen im kleinen Kaukasus, also Armenien und Georgien. Was soll ich schreiben ... Unbedingt hingehen, solange es überhaupt noch möglich ist. Ich habe das ungute Gefühl, dass es Armenien als eigenständigen Staat in 20 Jahren nicht mehr gibt, die werden entweder mit türkischer Unterstützung von Aserbaidschan gefressen oder Putin annektiert sie.
Ich hatte glaube noch nie so oft in so kurzer Zeit meinen Pass in der Hand und seit ich 1988 zum letzten Mal mit meiner Mutter auf Verwandtschaftsbesuch in der DDR war kann ich mich an keinen derartig absurden Grenzübergang erinnern. Wir waren zuerst in Armenien, von dort aus sind wir an die georgische Grenze gefahren, dort hat uns die Reiseleitung "ausgesetzt". Nach der Passkontrolle zieht man dann knapp 1 km sein Gepäck durch Niemandsland, links und recht vom Weg ein paar Soldaten mit Maschinengewehren, die einem freundlich zuwinken. Auf der georgischen Seite geht es wieder durch die Passkontrolle und dann übernimmt eine neue Reiseleitung. Besonders empfehlenswert für alle die meinen die AfD wählen zu wollen. Schaut euch an, was das für eine Scheisse ist, wenn man nicht mal frei ins Nachbarland reisen kann. Bei der Rückreise nach Frankfurt sind wir dort direkt beim Aussteigen vom Flugzeug kontrolliert worden. Also unsere Pässe haben die deutschen Polizisten nur kurz angeblinzelt und uns durchgewunken, die blauen armenischen Pässe wurden teils mit der Lupe auseinandergenommen. Und diese Leute haben NICHTS getan.
Insbesondere Armenien habe ich mir ganz anders vorgestellt. Irgendwie dachte ich aufgrund der medialen Berichterstattung um Bergkarabach, da müsste es kläglich sein und die Leute irgendwie fanatisch. So ist es nicht. In Jerewan wohnt man wohl immer noch in Plattenbauten aus der Sowjetzeit, aber die Strassen sind sauber, die Leute sind freundlich und machen aus dem was sie haben, das Beste. Wenn man sich irgendwo auf ein Bier oder zum Essen niederlässt, ist die Atmosphäre nicht anders als bei uns in Mitteleuropa. Die Armenier waren sehr fleissig darin ihre Geschichte aufzuschreiben, man findet sehr interessante Museen und gut erhaltene, uralte orthodoxen Kirchen. Das Völkermorddenkmal in Jerewan ist beeindruckend und bedrückend. Frau Merkels Tanne habe ich leider nicht gefunden, Didier Burkhalter hat seine gleich am Wegrand gepflanzt, an der sind wir vorbeigelaufen.
Landschaftlich ist Georgien um einiges schöner, finde ich. Man merkt sehr deutlich den Einfluss vom Schwarzen Meer, es ist viel grüner. In Tiflis ist zwar die ganze Stadt europäisch beflaggt, ich muss aber gestehen, dass mir die Leute in Armenien in ihrer Art sympathischer waren. In Georgien habe ich keine Kirche mehr besichtigt, man müsste sich als Frau "verkleiden", das mache ich aus Prinzip nicht. In Armenien geht's ohne diesen Blödsinn*. Und ach ja ... in Georgien haben wir als Frauenpaar auch mal wieder ganz deutliche Ressentiments gespürt, in Armenien eben nicht. Trotzdem, zum Wandern würde ich ein zweites Mal sicher nach Georgien gehen, Armenien wird im Sommer einfach unfassbar heiss und trocken (ausgeprägt kontinentales Klima). Die Höhlenstadt Wardsia in Georgien sollte man unbedingt gesehen haben.
Insgesamt waren wir mindestens eine Woche zu kurz unterwegs. In Georgien wäre ich gerne noch ans Schwarze Meer gegangen, in Tiflis in die Schwefelbäder. In Armenien, insbesondere in Jerewan, wäre ich gerne nachts mal richtig lange draussen geblieben, die Leute sind echt lustig. Man darf abseits der grösseren Städte (also im wesentlichen Jerewan und Tiflis) echt nicht damit rechnen, dass noch irgendjemand Englisch kann aber es hat was sehr Charmantes, sich mit Händen und Füssen fiesen, kaukasischen Wein aus Plastikbehältern zu organisieren.
*In Albanien hat man uns übrigens auch in jede sunnitische Moschee ohne Kopftuch reingelassen, bei den Bektaschi sowieso.