Ich möchte hier mal für Mathe sprechen (in Französisch ist jede Veranstaltung schon eine Sprachlernveranstaltung und somit eine Vorbereitung auf die Schule).
Mathematik in der Schule und Mathematik im Studium sind zwei völlig unterschiedliche Fächer. Mathe in der Schule ist hauptsächlich Rechnen und ein bisschen Konstruieren und (Pseudo-)Modellieren. Mathe im Studium ist Abstraktion mit ganz systematisch aufbauender Herangehensweise (Bourbaki lässt grüßen). Das, was man davon in der Schule braucht, ist im Prinzip in den ersten zwei Semestern abgefrühstückt oder mit den Einsteigervorlesungen in Numerik, Stochastik und Geometrie abgedeckt. Ein bisschen Gruppentheorie ist ganz praktisch, um zu verstehen, warum in der Schule ständig die Zahlbereichserweiterungen thematisiert werden (und dass die Division mit Rest nicht nur in der 4. Klasse gebraucht wird, sondern auch bei Verschlüsselungen eine Rolle spielt) und Kommutativität nicht nur bei Multiplikationsaufgaben auftritt, sondern auch bei Drehungen (als Objekte)*.
Darüberhinaus habe ich im Laufe der letzten Jahre nicht nur nach KC unterrichtet, sondern auch auf Wettbewerbe vorbereitet und das Seminarfach unterrichtet. Da ist etwas mehr Wissen als der Oberstufenstoff schon ganz nützlich, auch um einfach nur eine andere Herangehensweise auszuprobieren. Der Rest ist Spaß am Denken.
Übrigens studieren auch Diplom-/Masterstudenten nicht nur Mathe, sondern ein Zweit-/Nebenfach als Anwendungsgebiet. Zwar ist die Menge an Mathematik immer noch höher als bei Lehramtsstudenten, aber nicht doppelt so hoch, wie hier gern mal behauptet wird**. Da brauchen wir uns auch nicht zu verstecken. Und auch nach dem Studium wird ein Mathematiker nicht unbedingt sämtliche Inhalte seines Studium im Beruf anwenden. Aber er hat gelernt, Probleme auf einer hohen Abstraktionsebene zu erfassen und nicht so leicht aufzugeben, inhaltlich ist dann das Nebenfach fast noch wichtiger.
À+
* In Niedersachsen wurde übrigens im KC für die 5./6. Klasse neu festgelegt, dass Abbildungen nicht mehr als Objekte betrachtet und untersucht werden sollen.
** In Hamburg sieht die Studienordnung im Bachelor Mathe-Lehramt (als 1. Fach) vor, dass man 70 LP einbringen muss. Im Bachelor Mathe sollen es 99 LP in Mathe sein, dazu 24 LP im Ergänzungsfach (d.h. Nebenfach) und 25 LP im freien Wahlbereich (das kann Mathe sein, aber auch in einem weiteren Nebenfach oder im Ergänzungsfach vertiefend).