Beiträge von Bolzbold

    Was die Eigenständigkeit der Referate angeht, so hat man das mit ein bisschen Erfahrung schnell raus, ob da die Eltern im Hintergrund mitgeholfen haben. Da frage ich dann direkt bei der/dem Schüler/In nach und bekomme in der Regel auch eine ehrliche Antwort. Mal abgesehen davon: Ein/e Schüler/In der/die im Unterricht bisher fachlich wenig bis gar nicht positiv aufgefallen ist, wird in der Regel nicht aus dem Stand ein bombastisches Referat abhalten. Bei der Didaktisierung für die Mitschüler/Innen fällt ein von Eltern gepimptes Referat dann schnell auf.
    Nun sind Referate ja auch nicht das, was beim Methodenlernen bzw. im Verlauf des Unterrichts als Erstes drankommt. Somit hat man also in der Regel auch die Erfahrung, was die lieben Kleinen leisten können.

    Nochmal zum Lernen und Arbeiten am Gymnasium:
    Ich bin davon überzeugt, dass die individuelle Fähigkeit, sich selbstständig mit Aufgabenstellungen bzw. Aufgaben auseinanderzusetzen und sich durchzubeißen, wenn man etwas nicht sofort versteht, sehr deutlich über Erfolg und Misserfolg am Gymnasium entscheidet.
    Wie oft hatte ich Kinder, die die Hausaufgaben nicht machen konnten, weil sie sie nicht verstanden hatten. Auf meine Frage hin, was sie konkret nicht verstanden hatten, kam nur "gar nichts". Diese Kinder waren nicht dazu in der Lage, mir zu sagen, wo das Problem war. Augenscheinlich wussten sie es wirklich nicht - bis auf den Umstand, dass sie sofort aufgaben, wenn ihnen die Lösung nicht wie von Geisterhand und ohne eigene geistige Anstrengung zuflog. Letzteres habe ich oft auch in der Oberstufe angetroffen.

    Anekdote am Rande:
    Ich hatte von der 5 bis zur 7 einen Klassenlehrer der Kriegsgeneration, der also entsprechend "vorgeprägt" war. Er war einerseits streng und konsequent, aber andererseits wusste er, wann er auch mal ein Auge zudrücken musste. Das war mit der beste Lehrer, den ich hatte.
    Seine Lehrmethoden in Latein waren aus heutiger Perspektive mehr als antiquiert, aber diese ständigen Drills haben dafür gesorgt, dass ich das meiste, was ich bei ihm gelernt hatte an Grammatik, Merksätzen etc. auch über 30 Jahre später noch "runterspulen" kann (die bewundernden Blicke meines Ältesten gehen dabei runter wie Öl...) Für bestimmte Grammatikregeln habe ich diese Methodik tatsächlich in meinen Unterricht übernommen - und es funktionierte.

    @samu
    Die beiden letzten Beiträge von Dir in dieser Diskussion waren weder konstruktiv noch haben sie irgendwie weitergebracht.

    Nochmal zu Beratungsgesprächen:
    Man kann solche Beratungsgespräche übrigens durchaus mit für beide Seiten befriedigendem Ausgang führen, wenn Beratung nicht als einseitiges "Sie müssen aber jetzt genau DAS für Ihr Kind tun" verläuft. Es geht immer darum, mehrere Optionen und Möglichkeiten auszuloten sowie die Bedingungen und die Konsequenzen dieser Entscheidungen aufzuzeigen. Wenn die Eltern spüren, dass man ihr Kind nicht loswerden will sondern aufrichtig nach Lösungswegen sucht, dann findet man früher oder später eine tragbare Lösung.

    Die Eltern und das Kind brauchen das Gefühl, dass man ihre Situation, ihre Bedürfnisse und ihre Gefühle ernst nimmt. Natürlich schlägt dann ein/e BetonkollegIn vieles entzwei, wenn es ihm/ihr primär ums Aussieben geht. Da negative Erfahrungen - auch im Einzelfall - aber oft die Wahrnehmung der Menschen prägen, auch wenn sie gar nicht betroffen sind, wirkt es oft so, als gäbe es am Gymnasium nur furchtbare Lehrkräfte.


    Zum Unterricht und dem Voraussetzen von Gelerntem:
    Das kann man am Gymnasium genausowenig knallhart handhaben wie an den anderen Schulformen. Unterricht, der völlig an den SchülerInnen vorbeigeht und somit wenig erfolgreich ist und die Lerngruppenvoraussetzungen nicht berücksichtigt, ist für mich als Lehrkraft auch völlig unbefriedigend. Auch (oder gerade?) am Gymnasium muss man genauso wiederholen, üben, wiederholen, üben. So (teilweise nur so) schaffe ich den SchülerInnen (und auch mir) Erfolgserlebnisse.

    Ich frage mich gerade, ob das Eingangsposting nicht bewusst spalterischen Charakter hatte, um genau diese Diskussion zu triggern...

    Ich habe 14 Jahre Vollzeit am Gymnasium gearbeitet. Auf der Basis meiner Erfahrungen als Schüler, Schülervater und Lehrer sage ich:

    - Es geht nicht primär ums Aussieben. Die Frage nach dem Aussieben ist die Frage nach der Henne und dem Ei. Bei Übergangsquoten von über 50% je nach Grundschule und sehr heterogenen Lerngruppen am Gymnasium muss man entweder das Niveau senken oder aussieben. Beides ist nicht schön.
    - Das mit dem "Ernst des Lebens" oder dem "Pauken" habe ich als Kind auch gehört und dachte, es wäre so schlimm. War es aber nicht. Ist es heute meiner Wahrnehmung nach auch nicht.
    - Dass die Menschlichkeit am Gymnasium fehlt, kann ich definitiv nicht bestätigen. Interessanterweise wird einem das jedoch immer dann vorgeworfen, wenn man nicht immer alle Augen zudrückt, allen Beteuerungen auf "Besserung" und "mehr Anstrengen" im nächsten Schuljahr glaubt und stattdessen eben die "Fünf" stehen lässt.
    - Mit Menschlichkeit ist es wie mit der Fairness. Menschlich und fair ist alles das, was den eigenen Interessen dient. Tut es das nicht, muss es moralisch untergraben werden. Wer dieses Spiel kennt, kann damit umgehen.
    - Menschlichkeit zeigt sich nicht in konsequenter und dennoch nicht weniger pädagogisch weitsichtiger Notengebung sondern im direkten Umgang mit den SchülerInnen. Der war an meiner Schule bis auf wenige negative Ausreißer von KollegInnenseite aus sehr menschlich.

    - Ungeachtet der Menschlichkeit vergeben wir am Gymnasium nun einmal den höchsten schulischen Bildungsabschluss. Dafür ist nicht jede/r geeignet, dafür muss die eine mehr, der andere weniger tun. Ist halt so. Und ist Letzteres nicht auch menschlich?

    Hinzukommt auch noch, dass es aus meiner Sicht pädagogisch fragwürdig ist, SchülerInnen in einem Gebiet etwas präsentieren zu lassen, auf dem sie sich ggf. weder auskennen noch wohlfühlen. Es käme mir als ausgebildeter Musiklehrer nie in den Sinn, SchülerInnen vorsingen, -klatschen oder -spielen zu lassen, wenn sie das von sich aus nicht wollen. Ich habe in der 5. und 6. Klasse Gesangsklassen unterrichtet und selbst da habe ich auf Freiwilligkeit gesetzt - letztlich haben aber alle Kinder früher oder später ihre Übungen vorgesungen - es gab dafür Stempel auf einer im Heft extra dafür vorhandenen Seite.

    Dann die Frage nach den Kriterien. Ich halte es für sehr schwer, bei einer wie auch immer gearteten Aufführung zwischen dem, was ein Kind in dem Alter können kann und was es noch nicht können kann, zu unterscheiden. Der "künstlerische Anspruch" ist hier der Knackpunkt. Es kann und darf ja nicht nur darum gehen, ob es subjektiv empfunden "schön" war oder nicht.

    Um den Vergleich zum Sport noch einmal zu bemühen:
    Wenn es Teilnoten in verschiedenen Disziplinen gibt und man nicht nur Ballspiele macht, schmilzt sich der vereinsspezifische Vorteil schnell ab. Klar, Kondition und Koordination haben die "Sportler" eher drauf. Aber die Kinder müssen in der Regel nichts vorführen.

    In den alten Lehrplänen Musik Sek I in NRW gab es mal bei der Leistungsbewertung einen Passus, der besagte, dass Fähigkeiten, die außerschulisch erworben wurden, nur dann Teil der Leistungsbewertung sein können, wenn sie im Unterricht (sic!) zum Tragen kommen. Allen Kindern ein Forum dafür einzurichten, gehört in meinen Augen nicht dazu.

    @Lehramtsstudent

    Wenn wir SchülerInnen diesbezüglich grundsätzlich misstrauen, dann können wir Leistungsbewertung im Distanzunterricht komplett vergessen. Das Ganze funktioniert nur, wenn man von der Ehrlichkeit aller Beteiligter ausgeht - wie übrigens auch im Präsenzunterricht. Die paar Hanseln, die dann schummeln, muss man leider als systemisch bedingt hinnehmen.
    Wer es unbedingt drauf anlegt, wird ohnehin immer irgendwelche Schwächen im System finden und sie ausnutzen - analog wie digital.

    Haeschenhuepf

    Das setzt voraus, dass das MSB die Pläne des MP im Voraus kannte. Danach sieht es nicht aus. Das Ganze mit den beweglichen Ferientagen zu verrechnen, haut den Schulen ihre individuelle Planung kaputt. Dass man da nicht rangeht, kann ich sogar verstehen. *Ganz einfach* ist es eben nicht. Und vermutlich wäre der Aufschrei auch hier in diesem Forum größer gewesen, wenn man an die beweglichen Tage rangegangen wäre.

    Wenn doch außerunterrichtliche Aufgaben generell mal so akribisch erfasst werden würden!

    Da reden wir von 2 Tagen und schon wird wieder einmal mehr unterstellt, Lehrkräfte hätten dann Urlaub, nichts zu tun, frei und Langeweile und müssten im Schulgebäude anwesend sein.

    Wo ist eigentlich die Arbeitszeiterhebung, die entsprechenden Ausgleich einfordert? Dann wären die 2 Tage ein Witz gegenüber den Tagen, die freizustellen wären.

    Diese Arbeiten werden bewusst und gewollt nicht erfasst. Das wissen wir aber doch bereits alle. Lehrkräfte arbeiten nur 6x45 Minuten am Tag, haben drei Monate bezahlten Urlaub und außerdem noch nachmittags frei.

    Wieso geht das denn nicht? Bei der Anzahl der Ferientage wird es sich kaum um ein Bundesgesetz handeln, sondern maximal um ein Landesgesetz, vermutlich aber eher um eine Verordnung in Absprache mit den Kultusministern der Länder. Dürfte wohl kaum ein Problem sein, so etwas durch im Zweifel das Parlament beschließen zu lassen. Selbst wenn die Anzahl der Ferientage Teil der Vereinbarung sind, womit die Länder sich gegenseitig die Abschlüsse anerkennen, glaube ich weniger, dass das ein Problem ist. Klär mich mal bitte auf

    Die Anzahl der Ferientage geht auf § 3 des Hamburger Abkommens von 1964 zurück, das ist also ein KMK-Beschluss.
    Würde man die beiden Tage zu Ferientagen erklären, was theoretisch denkbar wäre, könnten an diesen Tagen keine Klausuren geschrieben werden, was angesichts des ohnehin engen Zeitplans der Q2 zu erheblichen Schwierigkeiten führen würde. Da endet das Halbjahr nämlich mit den Weihnachtsferien, so dass die Klausuren nicht in den Januar verschoben werden können. Vorverlegen geht auch nicht, weil der erste Klausurblock gerade vorbei ist und die späten Klausuren des zweiten Blocks vermutlich auch die späten Klausuren des ersten Blocks waren. Ähnliches gilt auch für die Q1, wenngleich hier nach hinten etwas mehr Zeit ist.

    Man muss unserem MP zugute halten, dass er die juristische Terminologie nicht kannte, als er davon sprach, die Weihnachtsferien früher beginnen zu lassen. Rechtlich gesehen gibt es entweder nur Ferien - dann haben ALLE SchülerInnen frei - oder ein anders Konstrukt - hier eine Unterrichtsschließung. Ich gehe davon aus, dass es diesbezüglich sicherlich noch eine Schulmail geben wird.

    Vermutlich müssten Leute wie Lehramtsstudent erst einmal selbst Kinder haben und die Problematik am eigenen Leib kennen.
    Eltern sind schon sehr erfinderisch, was Betreuungsmöglichkeiten angeht - müssen sie auch sein. Bestimmte Konstellationen gehen bei dem einen, bei dem anderen aber eben nicht. Ist halt so.
    Von daher sind entsprechende paternalistisch klingende Lösungsansätze auch nicht unbedingt hilfreich. Der alte Schulleiter meiner Frau hat mehr oder weniger gesagt, dass es ja wohl selbstverständlich sei, Großeltern in der Hinterhand zu haben. Hatten wir aber nicht. Selbst schuld? Wohl kaum.

    Bei zwei Lehrern als Eltern ist die Stundenplanproblematik ein dickes Problem, weil man seinen Betreuungsumfang so gestalten muss, dass alle Eventualitäten abgedeckt sind. Wir haben eben keine verlässlichen Arbeitszeiten. Bei meiner jetzigen Tätigkeit kann ich sogar als Vollzeitler aufgrund des angeordneten Homeoffices fast die gesamte Betreuung abfangen.

    Die maximale Anzahl an Ferientagen ist festgelegt. Man kann also nicht mal eben zwei Tage aus dem Hut zaubern und an die beweglichen kann man verständlicherweise auch nicht ran. Da am 21. und 22. noch Klausuren geschrieben werden dürfen, gehe ich davon aus, dass die Lehrkräfte a) die Klausuren beaufsichtigten und b) sonstige Tätigkeiten vor Ort verrichten - genug Räume zum Ausweichen sollten ja vorhanden sein.

    Als kurzen Hintergrund: mein Vater ist selbst Arzt, daher kennt er alle meine behandelnden Ärzte persönlich, welche auch alle bereit wären sich ausgiebig Zeit zu nehmen, etwas anzufertigen das bestätigt, dass meine Chancen das Dienstalter zu erreichen gut sind. Würde das etwas helfen?

    Wenn das keine Gefälligkeitsatteste sind, dann vielleicht ja.
    Ansonsten wird hier niemand effektiv beurteilen können, ob Deine persönliche Krankheitsgeschichte eine Verbeamtung ausschließt oder nicht.
    Geh hin, sei ehrlich. Alles Weitere wird sich dann zeigen.

    Die Lösung kann aber auch nicht sein, Eltern aus dem Bildungs- und Erziehungsprozess auszuschließen, da sie dazu durch das Grundgesetz verpflichtet sind. Alleine deswegen finde ich den Vorschlag "Ganztagsbetreuung ab frühester Kindheit" von weiter oben problematisch.


    Wir sind uns sicherlich einig darin, dass nicht alle Eltern dieser Verpflichtung tatsächlich nachkommen. (Ungeachtet dessen wäre das auch eine Frage des Maßstabs.)
    Was machten wir mit diesen Eltern, die unfähig oder unwillig oder beides sind, ihre Kinder morgens mit Frühstück zu versorgen, auf Körperhygiene zu achten, dabei helfen das Material vollständig beisammen zu haben? Was machen wir mit Eltern, die ihren Kindern effektiv Gewalt, Täuschen und Tricksen als Lösungsweg vermitteln? Oder Hartz IV-Bezug und Schwarzarbeit als eine erstrebenswerte Lebensform? Oder auf der anderen Seite der Skala, dass sich Beschweren und mit dem Anwalt drohen OK sind, genauso wie das Nicht-Anmelden der Haushaltshilfe? Oder dass man unter einer "Eins" sich nicht wagen sollte, nach Hause zu kommen?

    Bildungs- und Erziehungsarbeit läuft in Teilen unbewusst - und wenn man sich dessen wiederum nicht bewusst ist (welch' Wortspiel), fährt man den Karren blind an die Wand. Man darf die Eltern nicht ausschließen - aber wenn sie unfähig und unwillig sind, ein Mindestmaß an Bildungs- und Erziehungsarbeit zu leisten, dann muss man als Staat auch Mittel haben, um die Kinder zu schützen. Da ist ein Ganztagsbetreuungsangebot für mich noch die mildeste Variante.

    So ganz erschließt sich mir das mit der sozialen Diskriminierung hier nicht. Es wäre eine zeitlich begrenzte Maßnahme, um genau den Kindern, die von Benachteiligung betroffen wären, zu helfen. Im ersten Lockdown hatten wir ja irgendwann auch bewusst die Kids in die Notbetreuung geholt (natürlich in Absprache und nur mit Einverständnis der Eltern), bei denen Zuhause gar nichts in Richtung Schule ging. Wahlmöglichkeiten auf freiwilliger Basis sind damit ja nicht ausgeschlossen.

    Es geht um die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, also wie es ankommt und nicht wie es gemeint ist. Das ist ja eigentlich (fast) immer das Problem.

    Was spricht eigentlich dagegen, gerade die sozial schwachen und benachteiligten, jüngeren Schüler im Teilbetrieb vor Ort zu beschulen und dafür diejenigen, die es hinbekommen Zuhause lernen zu lassen?

    Ich weiß von einer Schulleitung, die genau das abfragen wollte. Wer kann sein Kind ohne größere Probleme Zuhause betreuen plus Einschätzung der Lehrer, ob der Schüler da auch etwas Lernen kann, um im Falle einer Schulschließung danach einzuteilen. Durfte so nicht stattfinden... Könnte aber auch eine sinnvolle Vorgehensweise sein.

    Das kann man als soziale Diskriminierung auffassen und von anderer Seite wiederum als Verstoß gegen die Chancengleichheit.

    Die einzige Chance, die man hätte, Kindern aus sozial schwachen Familien echte Chancen zukommen zu lassen, wäre eine Ganztagsbetreuung ab dem Kindergarten - und selbst zu diesem frühen Zeitpunkt sind die elternhausbedingten Unterschiede schon krass. Fehlende bildungsförderliche Werte, die die Kinder quasi mit der Muttermilch aufsaugen, kann man nur bedingt kompensieren.

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