Beiträge von chilipaprika

    So wie CDL schreibt, ist es.
    Ein grundlegender Unterschied zu Deutschland ist ebenfalls, dass man in Frankreich ein Familiensplitting hat.
    Jeder Erwachsener im Steuerhaushalt ist eine Einheit. Jedes erste und zweite Kind eine halbe, jedes Kind ab dem dritten eine ganze Einheit.
    Kinder sind mit 18 kein Teil mehr des Steuerhaushaltes.

    Familieneinkommen durch Anzahl an Einheiten = x. Anhand von x wird die Steuerschuld y berechnet.
    Daran sieht man, wie positiv sich ein Kind auswirken kann. (Allerdings ist das Kindergeld ein Kind, ein paar Euro im Monat, dafür Vorschulen kostenlos und so weiter..)

    X ist übrigens auch die Zahl anhand derer (fast) ALLE Tarife berechnet werden: Beitrag zur Musikschule, Sportverein, Kantinenbesuch, Hortbetreuung, usw...

    Das grundlegend andere Verhältnis Lehrende-Lernende hat mir auch am Anfang Probleme bereitet. Diese Offenheit für meine Meinung war mir suspekt und unlogisch.
    So gerne ich das ‚offene und diskussionsfreudige‘ Lehren in Deutschland mag (und wer mich hier mehrmals gelesen hat, weiss, ich habe seeeehr lange und viiiel studiert, ich trauere jeden Tag dem Studieren (Vorlesungen und Seminare) nach), finde ich aber auch, dass das frz System oft bessere Grundlagen verschafft (leider im AFB III total versagt)... im Französischstudium ander Uni hatte man im Laufe der ersten 3 Jahre systematisch die Literatur des 16. bis 20. Jahrhunderts (mein frz. Abschluss war 2001). Natürlich auch mit regelmässigen Parallelangeboten, aber keiner kann ein Bachelor haben, ohne die gze Palette gehört zu haben. So war es an mehreren mir bekannten Unis. Dasselbe in Geschichte, Deutsch, usw..
    In Deutschland habe ich querbet alles belegen können (und belegt), konnte mich auf 2-3 Themen beschränken, in denen ich jetzt Expertin bin, aber große Überblicke und Zusammenhänge fehlen MIR.

    Ich glaube, sehr gute SuS kommen zurecht, ich vermisse bei einigen AbsolventInnen jetzt dieses breite Wissen.

    Sonst: ja, Bourdieu kommt nicht zufällig aus Frankreich und er dreht sich wahrscheinlich bei jeder Bildungsreform immer wieder im Grab, der Arme.
    Als ob seine Erkenntnisse und die Ergebnisse solcher Studien keinen interessieren. was nicht laut ausgesprochen wird / werden darf, existiert nicht.

    Chili

    Ich weiß, dass es _immer_ Luft nach oben gibt und dass man nicht einfach automatisch glücklich sein muss, weil "kleine Kinder in Afrika verhungern" (der Satz hat mir meine Kindheit verdorben)
    Ich empfinde fast täglich (reale) Dankbarkeit, in Deutschland (verbeamtete) Lehrerin zu sein. Ich habe es schon mehrmals gesagt, für mich ist jede Lohnauszahlung ein 6er im Lotto und ich kann kaum sagen, wie schön es ist, dass es mich hierhin verschlagen hat.

    In einem Land, das oft als Beispiel für das Schulsystem herangezogen wurde (wegen Ganztag und Gesamtschule), streiken gerade die LehrerInnen, keiner nimmt es zu Kenntnis und soviele in der Bevölkerung sind einfach der Meinung, ach, die doofen LehrerInnen, sie sollen sich nicht so anstellen.

    Sehr gute FreundInnen von mir sind in Frankreich LehrerInnen. Alle grob 4-5 Jahre länger als ich (das Studieren in Deutschland macht sooooviel Spass), unterrichten (systembedingt) nur ein Fach (alle: Deutsch) und arbeiten fast alle an einer reinen Mittelstufe (es ist eine Gesamtschule ohne Differenzierung).

    Da ich gerade in vielen Facebook-Gruppen Aufklärungsarbeit über die deutschen Lehrkräfte (ja, wir verdienen gut, aber nein, nicht 6000 Euro im Monat...) mache, hier umgekehrt.

    Wofür und warum streiken gerade die Lehrkräfte?

    - sehr viele französische Löhne sind "indexiert", sprich, wenn der Mindestlohn jedes Jahr am 1. Juli der Inflation angepasst wird, steigen die Löhne von den meisten MitarbeiterInnen, die "1,3 Mindestlohn" verdienen. Das war bis in den 80er hinein bei den Lehrern der Fall. Dann wurde es "eingefroren", sprich, es gibt keine automatische Anpassung bzw. kaum noch Erhöhung.

    - aufgrund der neoliberalen Arbeitspolitik Macrons sind viele Steuer und Taxen eingeführt worden, in den letzten 4 Jahren haben Lehrer ca. 40 Euro auf ihrem Nettolohn (VOR Lohnsteuer!!) verloren. Von den steigenden Lebenshaltungskosten und dadurch geminderten Kaufkraft nicht zu sprechen.

    - ein französischer Lehrer arbeitet 18 Stunden à 55 Minuten, 2 Überstunden können nicht abgelehnt werden, es können bis 3 Überstunden kommen (aufgrund der Tatsache, dass ein Lehrer nur ein Fach hat, ist das Schieben der Stunden schwieriger)

    - viele LehrerInnen müssen an zwei verschiedenen Schulen arbeiten, weil sie sonst nicht auf ihre 18 Stunden kommen.

    - Wenn aufgrund der Schülerzahl eine (Teil-)Stelle gestrichen wird, muss derjenige weichen, der als Letzter angekommen ist, auch wenn er 2 Kinder hat und 3 Minuten zu Fuss wohnt.

    - Fahrzeiten zwischen 2 Schulen zählen nicht. Eine Freundin von mir hat im ländlichen Bereich 35 Kilometer zwischen den 2 Schulen, also geht quasi immer eine Mittagspause drauf.

    - ein Lehrer verdient nach 15 Jahren ohne "Klassenlehrerzuschlag" und ohne Überstunden 1900 Euro netto VOR LOHNSTEUERN!
    (wobei: wenn man 2 Kindern hat, ist man schon schnell nicht mehr steuerpflichtig!! Als Lehrer!!


    Aktuelle Bildungsreform, die den Fass zum Brennen gebracht hat:

    - Vorschulen sind ab dem neuen Schuljahr Pflicht (ändert nichts an der tatsächlichen Beschulungsquote von 99%)
    -> in Folge dessen dürfen "Kindergarten" (jardins d'enfants) die Betreuung und "Beschulung" übernommen und haben Anspruch auf Kostenerstattung seitens der Kommune, obwohl sie keine ausgebildete Lehrkräfte beschäftigen.
    (in der Vorschule liegt die Betreuungsquote auch bei ca. 30 Kids pro Klasse, eine pädagogische "Hygieneassistentin" wird mal mit anderen Klassen geteilt.)

    - Vorschulen und Grundschulen sollen im Sinne einer "besseren Vernetzung" einer Mittelstufe zugeordnet werden, in der Mittelstufe ist dann ein stellvertretender Schulleiter für die Grundschulen zuständig, die Grundschulschulleiter werden verschwinden, der Kontakt zu den Eltern wird logischerweise "schwieriger" (an meiner Mittelstufe kamen SchülerInnen von 5 Grundschulen!! (und zwar ALLE SchülerInnen dieser Grundschulen gingen zu dieser Mittelstufe, da es in Frankreich keine freie Schulwahl im öffentlichen System gibt)

    - die Fächerwahl in der Oberstufe wird komplett geändert, nähert sich dem deutschen System mit LK-System und so, nur, dass jede Schule unterschiedliche LKs anbietet und die SchülerInnen allerdings deswegen nicht wechseln dürfen (es war vorher anders, ich hätte für einen Latein-LK die Schule wechseln dürfen)

    - Die Unis wählen nicht mehr nach "Zufallsprinzip" (wie in den letzten 3 Jahren der Fall), sondern dürfen danach wählen, wer den LK hatte. den es allerdings nur in einzelnen Schulen gibt...


    tbc...

    ich lese mit.

    "Systemische Beratung" im Fernstudium? Hast du einen Link?
    -> Der Bereich ist wahrscheinlich sehr sinnvoll, für eine gute Gesprächsführung und so, allerdings ist man zwar bei einigen Tätigkeiten beratend tätig, es ist aber selten der Hauptteil der Tätigkeit.
    Für mich persönlich habe ich aber tatsächlich oft mit solchen Angeboten geliebäugelt, sie sind aber mit den Schultagen unvereinbar. Eine Kurzausbildung (5 Wochenende) hat MICH aber sehr viel gebracht. Also falls es dir nur ums Interesse geht, sicher was Interessantes.

    Bei "Schulmanagement" bin ich auch sehr gespannt, ob mehr als nur Trantor (glaube mich zu erinnern) etwas berichten könnten. In irgendeiner Form werde / will ich es sicher mal irgendwann machen.

    chili

    oh, als vollzeitgeblendete Kollegin habe ich es auch vielleicht missverstanden: mit freien Tagen meine ich die Schulferien und die Samstage (ja, viele "gute" Fortbildungen sind nunmal wirklich außerhalb der möglichen Unterrichtszeit.

    @Krabappel: Wir fangen bei uns gerade erst an, tatsächlich eine konsequente Fortbildungsplanung mit Schwerpunkten zu haben, es können aber grundsätzlich bei allen Trägern Fortbildungen besucht werden. Kollegen haben schon den Skischein bei einem externen Veranstalter gemacht (Sportbund), Fortbildungen der GEW oder Philologenverband, des Fachverbände, usw... eingereicht.
    Ich selbst mache querbet Fortbildungen, da weiß ich nicht so genau, was gegen bestimmte Anbieter sprechen würde, außer manchmal deren Preis...

    De facto hast Du Recht, de jure jedoch glücklicherweise nicht.Der Gesetzgeber unterscheidet nicht zwischen der Wertigkeit einer Stunde. Prüfungsaufsicht, Vertretung, regulärer Unterricht - das sind alles Unterrichtsstunden unabhängig von ihrem zusätzlichen zeitlichen Aufwand.

    Statt Unterricht Prüfungsaufsicht zu machen mag in der Tat wie eine Entlastung wirken, aber ab dem Moment, wo die Stunde nachgeholt werden soll, ist das ja definitiv nicht mehr der Fall.

    Bei uns (NRW) an der Schule (und ich dachte ehrlich gesagt, es für ganz NRW gelesen zu haben) gilt:
    - Aufsichten sind keine Mehrarbeit (außer es ist eine "Statt-Stunde", dann entsteht zumindest keine Minus-Stunde). Wenn ich allerdings 2 Stunden früher kommen muss, weil mein Kurs nunmal früher schreibt, als ich ihn hätte (passiert einmal im Jahr bei den Klausuren unter Abiturbedingungen oder Abitur...), dann ist es halt meine Dienstpflicht.

    - bei uns an der Schule (ich halte es für illegal und stehe deswegen im "Clinch" mit unserem Lehrerrat, der nichts dagegen tun will, weil sie es okay finden) werden allerdings Stunden unterschiedlich gewertet: "Lernzeiten" werden nur hälftig angerechnet, die Vertretung einer solchen Lernzeit also auch nur zur Hälfte. Die Vertretung einer ganz normalen Unterrichtsstunde natürlich voll.

    das ganze hängt aber auch seeeeehr stark vom Bundesland ab. Weswegen man auch nicht unbedingt antworten kann, wenn man von anderswo kommt.

    Ich hatte in NRW mit erstem StEx (Gym) E13 am Gym. Vor dem Ref. (motivierte mich nicht wirklich, das Ref anzutreten). und es war kein Eingruppierungsfehler, das habe ich 3 Jahre lang gehabt, auf geschätzt 7 oder 8 Verträgen, an 3 verschiedenen Schulen bei 2 verschiedenen MitarbeiterInnen.

    es ist zwar nicht schön, wenn KollegInnen gewisse Schulregeln nicht einhalten (lassen), es hat aber doch keine Auswirkungen auf DEINEN Unterricht. Bei jedem Lehrer müssen sich SchülerInnen auf einzelne Regelungen einstellen. Eine Kollegin von mir lässt keinen verspäteten Schüler rein, bis SIE beschlossen hat, dass sie reindürfen. SchülerInnen klopfen und warten vor der Tür. Wenn sie dann mit der Phase fertig ist, öffnet sie die Tür. Bei ihr sind SchülerInnen nie zu spät, die woanders 10 Minuten verspätet antanzen. OberstufenschülerInnen sind in der Lage, zu wissen, dass es bei dir drastische Konsequenzen hat. Also: Handy einkassieren, beim Sekretariat abgeben und bis Ende des Tages hat der betroffene Schüler kein Handy. Sie werden es schnell lernen.

    Du könntest es positiv sehen (und sorry, genauso meine ich es manchmal:) Du _darfst_ nunmal den Arbeitsplatz wechseln. Sprich: man bescheinigt dir die Kompetenz (nicht Fähigkeit, um nicht zu nah am Wort "Befähigung" zu kommen), landesweit zu unterrichten.
    Es ist ein seeeehr guter Deal.

    Warum sollte es ein PEler bei einer Versetzung "einfacher" haben?

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