Meine Meinung, auch wenn sie dir wenig helfen und wahrscheinlich auch nicht gefallen wird. Es ist aber wirklich nicht als Angriff an dich gedacht.
Problemkinder in der Sek1.
Ich finde zuerst einmal diese Terminologie problematisch. Die Schüler sind nicht Probleme, wie der Begriff "Problemkinder" suggeriert, sondern die Kinder haben vielfältige Schwierigkeiten und Probleme, die sich in ihrem Verhalten und Entwicklungsstand widerspiegeln. Und darunter leiden sie selbst am meisten, auch wenn sie es mit verschiedenen Strategien überdecken oder zu verdrängen versuchen.
Auch wenn ich natürlich volles Verständnis dafür habe, dass die Situation für dich belastend und ernüchternd ist, finde ich diesen Perspektivwechsel sehr wichtig.
Die Kinder stören, ich habe Kinder die haben ADHS (manche werden behandelt, viele nicht).
Störende Kinder und Schüler mit AD(H)S (wenn auch nicht unter dieser Etikettierung) gibt es, so lange es Schule gibt. Die Frage ist doch: Warum stören die Kinder (übermäßig)? Sind sie im Unterricht über- oder unterfordert oder können sie sich aus sonstigen Gründen nicht darauf einlassen? Gibt es Situationen, in denen sie nicht stören? Was ist da anders?
Damit will ich nicht sagen, dass der Unterricht oder sonst etwas "schuld" daran ist, aber trotzdem ist eine solche Fragestellung doch erst einmal sinnvoller als sich nur zu beklagen (klar, manchmal muss auch einfach Luft raus).
Seit diesem Jahr habe ich sogar einen Schüler in meiner Klasse der kompletter Analphabet ist, weder lesen noch schreiben kann. Und das in der 5. Klasse!!!! Am Anfang wurde ich drauf aufmerkam, weil er immer extrem lange brauchte um von der Tafel abzuschreiben. Ich setzte mich zu ihm und schaute mir es an. Er schrieb nicht ab, er malte das was an der Tafel steht ab, er malte Buchstaben ab. Rechnen kann er plus und minus, multiplizieren und geteilt kann er nicht. Inzwischen wurde er getestet und es ergab sich das sein IQ deutlich zu niedrig ist. Ich habe ein bißchen gebuddelt, seine Mutter hat wohl gekämpft das er überhaupt auf eine Hauptschule gehen kann. In der 1. Klasse ist er schon sitzengeblieben. Was macht man nun mit so einem Schüler? Die Mutter will ihn unter allen Umständen auf der Hauptschule lassen. In den anderen Stunden sitzt er da, wobei ich mir sicher bin das er bei den entsprechenden Fachlehrern nicht das geringste in Physik, Erdkunde, Geschichte usw. versteht.
In welchem Kontext wurde er denn von wem zu welchem Zweck getestet? Das hat ja in der Regel den Hintergrund, dass dann auch auch eine bestimmte Förderung ansetzen sollte.
Für mich scheint auf jeden Fall der sonderpädagogische Dienst als ein sinnvoller Ansprechpartner. Der kann ja auch tätig werden, wenn der Schüler an der Hauptschule verbleibt. Zieldifferenter Unterricht usw. usf.
Was gibt es an der Schule für Unterstützungssysteme und Kooperationspartner? Zumindest einen Sozialarbeiter o.ä. haben meines Wissens heute doch die meisten Hauptschulen?
In der 1. Klasse ist er schon sitzengeblieben.
Bist du dir da sicher? Hier bei uns kann man rechtlich in der ersten Klasse gar nicht sitzenbleiben, nur freiwillig wiederholen. Ich dachte, das wäre in den meisten Bundesländern so.
Ansonsten klingt mir dieser Satz auch nach einem recht pauschalen Urteil.
Mich würden nun mal Erfahrungsberichte von anderen Hauptschullehrern interessieren, vor allem interessiert mich ob ihr auch der Ansicht seit das es schlimmer geworden ist. Mein Verdacht geht inzwischen Richtung Grundschule. Junge Menschen (vielleicht auch zu jung?) unterrichten dort, die außer Abi und Uni nichts im Leben kennen gelernt haben. Überforderung, dann das Spiel 1/3 der Schüler lasse man links liegen und dieses 1/3 ist das dann das Extreme das an die Hauptschulen abgeschoben wird- Grundlegende Dinge wie einfaches stillsitzen, selbst für 2 Minuten, kennen die nicht. Zuhören auch nicht. Stören, Drang nach Aufmerksamkeit, noch mehr stören.
Klar: Jetzt tragen wieder die Grundschulkollegen die Schuld ... Das kommentiere ich nicht weiter; das wurde so ähnlich auch schon öfter im Forum diskutiert. Aber ich finde es schon etwas dreist, sie pauschal als überfordert abzustempeln. Im Moment scheinst du der Überforderte zu sein?
Natürlich gibt es an allen Schulformen gute und weniger gute Lehrer. Aber so gut wie alle Kollegen der Grundschulen, die ich bislang kennenlernen durfte, schienen mir sehr engagiert - gerade für die schwächeren Schüler.
Vielleicht sehe ich ja auch alles zu schwarz, vielleicht liege ich auch leider richtig. Ich habe mir alte Matheschulbücher aus dem Archiv rausgekramt, 10 Jahre, 20 Jaherf 30 Jahre. Der Stand ist klar abzulesen, er war früher deutlich höher, sogar um längen. In den 30 Jahre alten Mathebücher (Hauptschule Schrödel Verlag) die Aufgaben würde man heute am Gym finden. Das warum, eine Antwort habe ich bißher nicht finden können. Alte Lehrer an der Schule sagen nur "frag nicht, frag einfach nicht"..
Zwei Erklärungsmodelle:
1. Die Schüler lernen heute nicht grundsätzlich weniger, sondern anderes; die Schwerpunkte liegen auf anderen Kompetenzen. Diese These und das Für und Wider dieser Schwerpunktverlagerung wurden hier im Forum auch schon öfters diskutiert. Aber gerade Schüler wie der von dir beschriebene "Analphabet" wären vor 30 Jahren in vielen Schulen gar nicht aufgefallen.
2. Die Schülerpopulation hat sich geändert. Schüler, die früher die Hauptschule besuchten, gehen heute auf die Realschule oder Gymnasium. Die heutige Schülerschaft wäre früher vielleicht teilweise in der Sonderschule beschult worden. Eventuell auch eine Folge der "Inklusion", wenn das in den letzten Jahren verstärkt auftritt...
