Zensur einer Schülerzeitung zulässig?

  • Hallo ihr Lieben!


    Heute stellte sich mir eine Frage:


    Ist die Zensur einer Schülerzeitung durch die Schulleitung zulässig?


    Meine erste, persönliche Antwort lautet „Nein“. Aber, ob ich damit richtig liege, weiß ich nicht.


    Im Artikel 5 des Grundgesetzes steht:
    „Jeder hat das Recht seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten… Eine Zensur findet nicht statt.


    Artikel 7 sagt:
    „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.“


    Da eine Schülerzeitung etwas Schulisches ist, unterliegt sich damit der Aufsicht des Staates? Und hat somit der Schulleiter das Recht/ die Pflicht diese vor Veröffentlichung einzusehen?


    Gibt es in manchen Bundesländern Ausnahmen? Wie steht es mit NRW?


    Könnt ihr mir weiter helfen?




    Steffie

  • Schülerzeitungen dürfen nicht zensiert werden. Allerdings kann der Schulleiter den Vertrieb der Zeitung auf dem Schulgelände untersagen.
    Deswegen hat sich manchmal eine Quasi-Zensur etabliert, d.h. die Schülerzeitungen geben "freiwillig" ein Vorabexemplar an den Schulleiter, um einem möglichen Vertriebsverbot vorzubeugen.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Eine Schülerzeitung beruft sich zumeist auf den Namen der Schule und wird auf dem Schulgelände verkauft. Das bedeutet, dass der Schulleiter als Hausherr zensieren darf. Wenn dem nicht so ist - also neutraler Name und Verkauf außerhalb des Schulgeländes - dann natürlich nicht.


    Zu meiner Zeit wurde die Schülerzeitung meistens vor dem Schultor verkauft. Heute passt man sich eher an.


    Grüße Enja

  • @ Steffie und Timm
    NRW - (ASchO)
    VII . Abschnitt
    Meinungsfreiheit , Schülerzeitungen
    § 37
    Schülerzeitungen


    (1) Die Schülerinnen und Schüler haben das Recht, Schülerzeitungen herauszugeben und auf dem Schulgrundstück zu verbreiten. Schülerzeitungen
    sind periodische Druckschriften, die von Schülerinnen und Schülern einer oder mehrerer Schulen für deren Schülerinnen und Schüler gestaltet oder herausgegeben werden. Sie unterliegen nicht der Verantwortung der Schule. Schülerinnen und Schüler nehmen auch in der Schülerzeitung ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahr; § 36 gilt entsprechend. Das Landespressegesetz findet auf Schülerzeitungen Anwendung.


    (2) Die Schülerzeitung dient dem Gedankenaustausch und der Auseinandersetzung mit schulischen, kulturellen, wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Problemen. Sie ist nicht nur ein Mitteilungsblatt, sondern
    auch ein Diskussionsforum. Die Schülerzeitung soll sich um wahrheitsgetreuen Bericht und sachliche Kritik bemühen. Sie soll die Wertvorstellungen und Überzeugungen anderer achten und bereit sein, den eigenen Standpunkt kritisch zu überprüfen. Auf die jeweiligen Altersstufen der Schülerinnen und Schüler soll Rücksicht genommen werden.


    (3) Die Herausgabe und der Vertrieb der Schülerzeitung bedürfen keiner Genehmigung. Eine Zensur findet nicht statt.
    Für alle Veröffentlichungen in der Schülerzeitung tragen Herausgeber und Redaktion die rechtliche Verantwortung.
    ..........


    (5) Verstößt eine Schülerzeitung nach Auffassung der Schulleiterin oder des Schulleiters schwerwiegend gegen gesetzliche Bestimmungen, berichtet diese oder dieser unverzüglich der Schulaufsichtsbehörde, die sie
    oder ihn über etwa notwendige weitere Maßnahmen berät.


    @ ENJA
    das ist nicht korrekt:


    Schüler- und Schulzeitungen unterscheiden sich nach § 126 Abs. 2 des Hessischen Schulgesetzes ebenfalls dadurch, dass der Schülerzeitung das Grundrecht der Pressefreiheit zusteht und sie der Einflußnahme und der Verantwortung der Schule nicht unterliegt, während die Schulzeitung ein Organ der Schule ist, das mit Zustimmung und unter der Verantwortung der Schulleiterin oder des Schulleiters für eine bestimmte Schule herausgegeben wird.


    Die Herausgabe einer Schülerzeitung ist keine Veranstaltung der Schule. Die presserechtliche Verantwortung für Inhalt und Form der Schülerzeitung tragen ausschließlich und allein die Herausgeber und die Redakteurinnen und Redakteure.


    Gruß


    VanderWolke


  • Aus:
    http://www.lehrer-online.de/dyn/9.asp?url=280047.htm

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

    Einmal editiert, zuletzt von Remus Lupin ()

  • Aha, ich hatte mich schon gewundert, was da zum Teil erscheint. Dann erklärt das ja einiges. Ich habe hier ein paar Exemplare gesammelt, die einfach nur total geschmacklos sind.


    In der Realität wird natürlich die Schule dann doch wieder verantwortlich gemacht. Miese Schülerzeitungen zerren den Ruf einer Schule ganz schön nach unten. Und die "Verunglimpften" wenden sich natürlich auch an den Schulleiter und nicht an irgendwelche 14jährigen.


    Grüße Enja

  • Zitat

    Die presserechtliche Verantwortung für Inhalt und Form der Schülerzeitung tragen ausschließlich und allein die Herausgeber und die Redakteurinnen und Redakteure.


    Eltern haften für ihre Kinder?


    Gruß,
    Remus

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Remus Lupin schrieb am 27.05.2005 10:10:


    Eltern haften für ihre Kinder?


    Gruß,
    Remus


    Wenn die Schüler schon 14 und älter sind, werden sie vermutlich im Rahmen des Jugendstrafrechts dafür schon selber haften. Inwieweit Eltern für das geistige Gut ihrer noch nicht strafmündigen Kinder haften, wage ich zu bezweifeln.


    Gruß
    Jules

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Immerhin verletze ich ja nicht meine Aufsichtspflicht, wenn ich meine Kinder in die Schule schicke. Denke ich mal.


    Ob die Kinder allerdings gut beraten sind, da zu versuchen, Wände einzurennen, wage ich mal grad zu bezweifeln.


    Grüße Enja

  • Zitat


    (2) Soll die Schülerzeitung auf dem Schulgrundstück vetrieben werden, ist dem Schulleiter auf sein Verlangen jeweils ein Exemplar mindestens 3 Tage vor beabsichtigter Verteilung zugänglich zu machen. Er kann den Vertrieb der Schülerzeitung untersagen, soweit er der Auffassung ist, dass der Inhalt oder die Art des Vetriebs der Schülerzeitschrift
    1. gegen ein Gesetz, insbesondere gegen Strafgesetze oder das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften verstößt,
    2. oder eine schwere Beeinträchtigung der Aufgaben der Schule zu befürchten ist.
    (3) Vor der endgültigen Entscheidung des Schulleiters ist eine Beratung in der Schulkonferenz [...] erforderlich.


    aus der sogenannten Schülerzeitschriftenverordnung des KuMis (B-W) vom 8.6.1976

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Remus und und Timm,


    sehr schön Eure präzisen Auskünfte!


    Timm, ich vermute, selbst die aufgeführten Verbotsgründe würden sofort verlangen, dasss der Schulleiter Strafanzeige stellt - und da kanns an der Strafunmündigkeit unter 14 scheitern.


    Bei schweren Kontroversen mit eben der Schulleitung kann diese natürlich leicht "den Schulfrieden für gefährdet" erklären. Aber dafür beschränkt sich Timms Zitat ja ausdrücklich auf die "Verteilung auf dem Schulgelände". Also raus auf den Bürgersteig.


    Eltern haften NICHT strafrechtlich (! aber u.U. zivilrechtlich für angerichteten Schaden??? ) für die evtl. Straftaten ihrer Kinder! Habe ich gerade in einem Beratungsfall erlebt.


    Ich gehe davon aus, dass auch in Bayern (man weiß nie) und in PRP die Schülermitverantwortungsorgane keinem Maulkorb in Schülersachen unterliegen.


    Also gibt es de facto KEINE ZENSUR DER SCHÜLERZEITUNG - auch wenn Enja sie über den wertenden moralischen Weg gern hinherum einführen würde.


    Wenn Jugendliche sich drastisch ausdrücken, hat das oft einen nicht zu leugnenden Kern.
    Wenn sie gewisse Grenzen (Gesetze, Mitmenschlichkeit=Würde ...) überschreiten, müssen sie im Rahmen der Pädagogik und des Rechtsstaats gezügelt werden.


    Sie sollten auch mal "gegen die Wand laufen dürfen" und sich "ihre blauen Flecken holen", ohne dass das ihnen ein Leben lang in irgendwelchen Papieren nachhängt.


    Viele Grüße, Georg Mohr

    Glückliche Kinderaugen machen glücklich !
    "Lehren" = beim Lernen unterstützen + "Erziehen" ist noch wichtiger als "Stoff" vermitteln.


  • Schon lustig, dass hier in Ba-Wü eine fast 30 Jahre alte Verordnung noch Gültigkeit besitzt, aber schlecht ist die nicht.


    Dass Gemo sofort einen draufsetzt und Strafanzeigenwürdigkeit voraussetzt, ist aus dem Verordnungstext nicht erkennbar.


    So bald die Schulkonferenz in einem Beschluss die Störung des Schulfriedens beschlossen hat, gilt - wie Gemo richtig bemerkt - das Prinzip: "Raus auf den Bürgersteig". Und in der Schulkonferenz haben die Lehrer die Mehrheit
    Mit der Maßgabe "Raus auf den Bürgersteig" verliert die Publikation jedoch ihren Charakter als Schülerzeitung - und damit greifen Steuerrecht und allgemeines Presserecht. Ist alles nicht so einfach......


    Und zur Strafbewehrung, lieber Gemo:
    Presserechtlich verantwortlich kann normalerweise nur jemand zeichnen, der das 21.Lebensjahr vollendet hat, nicht vorbestraft - und strafmündig ist. Für Publikationen, die von Schülern für Schüler herausgegeben werden, gibt es zwar eine Ausnahmeregelung - aber da gilt das Prinzip: Eltern haften für ihre Kinder.
    Wenn man dafür einen Idioten gefunden hat, lässt sich natürlich jede Sch... veröffentlichen. Aber der Idiot büßt. Keine Frage.


    Und als guter Link zum Themenkomplex:
    http://www.fjpbw.de/serv_recht.php
    Freie Jugendpresse Baden-Württemberg

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

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