Umfrage: Was wünscht Ihr Euch für die „Startphase“ nach dem Ref.?

  • Danke, Heike! Dein Posting bringt vieles komprimiert auf den Punkt und hilft mir enorm weiter.


    Übrigens hatte ich auch im Gespräch mit den jungen Kollegen zunehmend den Eindruck, dass uns das Ref. nur teilweise (und je nach Schule/Seminar vielleicht sogar unzureichend) auf den Beruf vorbereitet. Wir haben im Ref. gelernt, viel zu arbeiten und gute Lehrprobenstunden abzuhalten. Das erste ist recht nützlich, das zweite hat aber mit dem Alltag hinterher nicht viel zu tun.


    Diese Umstellung auf Alltag, auf 20/25/28 Stunden Unterricht eben NICHT auf Lehrprobenniveau + eine Menge Zusatzaufgaben ist eine ziemliche Anforderung, und sie wird von den meisten Anwärtern learning by doing bewältigt. Vielleicht wäre hier eine Begleitung und Beratung/Supervision nicht schlecht. Interne Fortbildungen zu den relevanten Aufgabenbereichen, wie Du es vorschlägst, halte ich auch für sehr sinnvoll. Es wäre durchaus möglich, den eigenen Tätigkeitsbereich effektiver durchzustrukturieren.
    Viel zu oft erfindet jeder einzelne das Rad immer wieder neu.


    LG,
    Eva

    Nemo: "Ich habe aber eine kaputte Flosse!"
    Kahn: "Ich auch. Das hat mich niemals von irgendetwas abgehalten."

  • Hallo,
    ich wünsche mir als Anfängerin:
    - ... dass bei der Stundenplanverteilung auf meine Fächer Rücksicht genommen wird. Bis jetzt sieht es so aus: Ältere dürfen ihre Lieblingsfächer wählen. Neulinge müssen alles machen, egal ob ausgebildet, begabt oder dafür interessiert. Wenn man etwas ablehnt, ist man Buhmann bei der Schulleiterin, von der man aber für die Verbeamtung auf Lebenszeit abhängig ist.
    - ... eine andere Strukturierung des Refs. In Wirklichkeit kommt es nicht auf wahnsinnig kreative Showstunden mit super gebastelten, aufwendigen Materialien an. Man muss lernen und dabei unterstützt werden, ökonomisch an die Dinge heranzugehen. Elterngespräche, Klassenführung, schnelle Unterrichtsvorbereitung, Planung eines Jahresüberblicks, Organisation von Klassenfahrten habe ich im Ref. nicht gelernt.
    - ... aufbauende Kollegen, bei denen man um Rat fragen kann, die einem hilfreich zur Seite stehen. Teamarbeit ist das A+O. An vielen Schulen habe ich bis jetzt gegenüber jungen Kollegen oft folgenden Satz gehört: Waaaaas? Das weißt dunicht? Das muss du aber alleine können!
    -... keine übertriebene Erwartungen von Seiten der Schule nach dem Motto:Da kommt eine junde Lehrerin! Die kann unser Schulprogramm schreiben, die Medienerziehung in die Hand nehmen, Englisch unterrichten, an allen Fortbildungen teilnehmen, AGs anbieten etc....
    - ... eine Mentorin würde ich nicht haben wollen. Es wäre schön, in einem (Jahrgangs)-Team aufgenommen zu werden, dem man Fragen stellen kann,mit denen man zusammen Unterricht vorbereitet und auch Elternarbeit plant.
    - ... Stundenreduzierung wäre am Anfang schön. Ich habe unmittelbar nach dem Vorstellungsgespräch den Bogen in die Hand gedrückt bekommen, um die Stundenanzahl anzukreuzen mit folgendem Kommentar der Schulleiterin: "Wir suchen jemanden, der bereit ist, volle Stundenzahl zu geben. Bitte entscheiden Sie sofort." Völlig überwältigt von dem Stellenangebot habe ich dann gleich zugesagt und würde nun am liebsten die Stundenanzahl rückgängig machen.


    LG Alema

  • Da wo es möglich ist, wären Parallelkurse/Klassen hilfreich und sinnvoll, da zwar das genaue Vorwärtskommen auf die einzelne Klasse abgestimmt werden kann, die Materialien und Vorbereitungen insgesamt aber doppelt genutzt werden können. Wenn man noch keinen großen "Fundus" besitzt, kann das sehr entlastend sein!
    Gruß Delphine

  • Wenn ich das hier so lese, denke ich die ganze Zeit: Wow, was hab ich ein Glück gehabt mit meiner Schule! Finde ich teilweise ja echt heftig, wie offensichtlich an manchen Schulen mit Junglehrern umgegangen wird! 8o


    Zum Thema "Fundus" fällt mir ein: Wir haben bei uns im Keller die ganzen Fachsammlungen. Da gibt es einen Schrank, in dem jeder Kollege "private Ordner" zu einer speziellen Unterrichtseinheit (in der Regel ist es einfach eine Kopie vom eigenen Ordner) einstellt. Natürlich finden sich dort fast ausschließlich Projekte oder Unterrichtseinheiten mit einem bestimmten Oberthema (z.B. Kreatives Schreiben, Lyrikwerkstatt, Symmetrie, Europa, Sexualität, alle möglichen Sachthemen aus dem Bio-, Ek- Geschichtsunterricht eigentlich), aber jeder Kollege hat die Möglichkeit darauf zurück zu greifen. Ich finde das eine tolle Sache: Die Ordner sind alle recht übersichtlich gehalten (dadurch kommt natürlich ein wenig Vorbereitungsarbeit für den Spender dazu), es ist tolles Material drin und selbst wenn man sich dazu noch etwas beschaffen oder basteln muss, hat man bestimmt die Hälfte der Vorbereitungszeit gespart.
    Eine Kollegin (nicht mehr Junglehrerin, aber auch noch nicht zu den Älteren gehörend) hat das wohl mal vor längerer Zeit initiiert und mittlerweile läuft das richtig gut und jeder beteiligt sich daran. Klar, manche mehr, manche weniger, aber ich finde das eine tolle Sache. Nur mal so als Anregung....


    LG
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe im November mit 2/3-Stelle angefangen.
    Ich hätte mir gewünscht/würde mir wieder wünschen:
    <ul>
    - 2 Wochen Ruhe nach dem Ref, hier liegen jetzt immer noch Unterlagen rum. (2 Wochen später hätte ich eben den Job nicht mehr bekommen.),
    - ein tolles Lehrerforum, in dem man immer tolle Tipps bekommt, bevorzugt dieses hier :) ,
    - hilfsbereite und kooperative Kolleg/innen,
    - ausreichender Materialfundus der Schule ("Rechenplättchen? - Haben wir nicht.", "Material zum Erschließen des 1000er-Raums: Da gibts eins für die Tafel, das lassen Sie einzelne Schüler anheften vorne, dann ist das schön handlungsorientiert.", "Hörbeispiele für die Musikbücher - kaufen wir nicht, das ist Lehrermaterial, das müssen Sie selber kaufen." - Kostenpunkt: 88 Euro.),
    - weniger Spontanentscheidungen (Eines Morgens stand ich vor dem Musikraum und stellte fest, dass der plötzlich Klassenraum einer anderen Klasse geworden war und ich mir erstmal einen CD-Player besorgen und dann rumwandern musste. Der CD-Player war aber für alle Kolleg/innen und stand im Lehrerzimmer. Ich legte immer einen Zettel daneben, wann ich ihn brauche und oft war er dann da.),
    - kooperative Klassenlehrer/innen, wenn ich als Fachlehrerin arbeite,
    - Akzeptanz von Fragen ("Ach, wir machen die Unterrichtsplanung jetzt immer zusammen." nachdem ich die Kollegin, die das vor nem drittel Kollegium sagte, grad 2mal um Hilfe in einem fremden Fach gebeten hatte, ermuntert nicht mehr zum Fragen.),
    - möglichst wenig fachfremden /"branchenfremden" Unterricht (Ich hatte Mathe und eine Gruppe mit hörgeschädigten Schülern. Bei Mathe hat mir eine Kollegin mal geholfen und dann obigen Ausspruch getätigt, danach hab ich immer eine meiner früheren Ausbildungslehrerinnen angerufen oder hier gefragt, wenn ich ein Problem mit Mathe hatte, bei den hörgeschädigten Kindern wussten auch die Sonderpädagogen an unserer Schule nicht viel Rat.),
    - kein ständiger Wechsel von Klassenstufen / Lerngruppen und Fächern am Anfang. Ok wäre für mich: Eine Klasse in Deutsch übernehmen und z.B. 2 oder 3 Jahre weiterführen. Nicht ok finde ich, wenn ich mich ein halbes Jahr eingearbeitet habe und denke "Puh, jetzt wird es leichter!" und dann kommen plötzlich ganz andere Klassenstufen und die bisher unterrichteten soll ich abgeben.
    - viel Unterricht in der eigenen Klasse (für Grundschullehrer!!!), das macht den Klassenleiterjob etwas einfacher, als wenn man da nur 8 Stunden hat und in den Pausen ständig hin- und herrennt,
    - wenig Zusatzjobs (Ja, ich hab den Pädagogischen Netzwerkkoordinator mit einer Wahnsinns-Abminderungsstunde abgelehnt!),
    - Transparenz in Bezug auf Benotung (ein einfacher Notenschlüssel reicht oft nicht aus, nach meiner Erfahrung, da bleibt zu viel offen),
    - etwas Offenheit des Kollegiums gegenüber Neuem (Wenn ich scheel angeguckt werde, wenn ich sage, wie ich unterrichte / Streit schlichte etc., dann sag ich irgendwann nix mehr und werd zum Eigenbrötler.)
    - Hilfsangebote bzgl. Disziplinschwierigkeiten (Am besten eine überregionale Gruppe von jüngeren Lehrern, da ältere Kollegen meist völlig anderen Unterricht machen und damit auch Lösungsvorschläge haben, für die ich meinen gesamten Unterricht methodisch umstrukturieren müsste.),
    - mehr sinnvolle Vorbereitung auf den späteren Beruf im Referendariat, weniger von diesem Leistungs- und Erfolgsdruck ("Ein Stundeneinstieg muss etwas besonderes sein, also ich habe immer große Bilder auf Tapetenrolle selber gemalt.", sagte meine Seminarleiterin immer. Sie kann gern meine Plakate malen, ich kann das nämlich nicht und mir fehlt die Zeit...),
    - mehr Aufbauendes im Referendariat, nicht nur runtergemacht werden, das Zweifeln an mir selber hat sich z.B. so automatisiert, dass ich es kaum noch los werde. :( ,
    - nicht dieser Erwartungsdruck bzgl. der Schule "Ach, Sie sind jung, Sie haben tolle innovative Ideen, machen Sie jetzt sofort einen Vorschlag!"
    </ul>
    So, äh, das musste mal sein.


    Conni,
    AUSGESCHLAFEN :)

  • Ein Entlastungstipp für die Praxis, heute bekommen von einem Junglehrer-Kollegen, der es an seiner Schule durchführen darf: Modulunterricht!


    Das sieht so aus: Alle Kollegen, die das gleiche Fach in der gleichen Klassenstufe unterrichten, tun sich zusammen (z.B. Erdkunde Klasse 9). Jeder bereitet jetzt nur ein Modul der lehrplanrelevanten Themen vor und unterrichtet es dann nacheinander in allen neunten Klassen. Die anderen Module werden im Turnus von den anderen Kollegen unterrichtet.


    Vorteile: Deutlich weniger Vorbereitungszeit, da man kein ganzes Schuljahr mehr managen muss. Zudem kann das eigene Modul wirksam verbessert und verfeinert werden, da man es im gleichen Jahr mehrfach hintereinander unterrichtet und die Praxiserfahrungen direkt einspeisen kann. Die Module können hinterher in einem Materialpool gesammelt werden.


    Nachteile: Ständig wechselnde Lerngruppen, man verliert den Kontakt zu den Schülern, die Schüler haben keine klare Bezugsperson mehr. Ev. Schwierigkeiten bei der Bewertung, da von allen Modullehrern die Noten miteinander abgeglichen werden müssen. Außerdem eignet sich der Modulunterricht nur für mehrzügige Schulen. Mit der Schulleitung absprechen muss man es auch -&gt; u.U. doch wieder mehr organisatorischer Aufwand.


    Aber vielleicht hilft es dennoch dem einen oder anderen.


    LG,
    Eva

    Nemo: "Ich habe aber eine kaputte Flosse!"
    Kahn: "Ich auch. Das hat mich niemals von irgendetwas abgehalten."

  • Zitat

    Delphine schrieb am 05.07.2005 07:34:
    Da wo es möglich ist, wären Parallelkurse/Klassen hilfreich und sinnvoll, da zwar das genaue Vorwärtskommen auf die einzelne Klasse abgestimmt werden kann, die Materialien und Vorbereitungen insgesamt aber doppelt genutzt werden können. Wenn man noch keinen großen "Fundus" besitzt, kann das sehr entlastend sein!


    Hast du es mal probiert? Ich hatte eine nette Schule, die mir genau das gegeben hat. Drei Klassen parallel im selben Nebenfach. Toll? Nie wieder! Du lernst die Namen nie, es ist sehr schwer zu merken, was du wo schon gemacht und gesagt hast etc. Ich vermeide es jetzt um jeden Preis. Möglichst ein bisschen von allem.


    Gruß,
    Remus

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Zitat

    Remus Lupin schrieb am 05.07.2005 19:43:


    Hast du es mal probiert? Ich hatte eine nette Schule, die mir genau das gegeben hat. Drei Klassen parallel im selben Nebenfach. Toll? Nie wieder! Du lernst die Namen nie, es ist sehr schwer zu merken, was du wo schon gemacht und gesagt hast etc. Ich vermeide es jetzt um jeden Preis. Möglichst ein bisschen von allem.


    Gruß,
    Remus


    Für mich war das sehr entlastend. Da zum Ende des Einstellungsprocederes die Lehraufträge schon vergeben waren, bekam ich das, was noch über war.
    Das waren nur 1. und 3. Klassen der Berufsschule (in D, Wi, Gk), was ich ganz zu Beginn nicht so toll fand. Im ersten Schuljahr war das jedoch sehr entlastend. Zwar gab es auch die ein oder andere Klasse, die ich nur eine Stunde pro Woche sah, aber ich konnte mir im ersten Jahr ein solides Fundament erarbeiten, das auch öfter aus ausgeklügelten Stunden à la Ref bestand.
    Leider hat das alle eine sehr kurze Halbwertszeit (vor allem in Wi und Gk durch die aktuellen Bezüge bzw. in Deutsch mache ich nicht zweimal hintereinander die gleiche Ganzschrift), aber in arbeitstechnischen Krisenzeiten greift man halt mal schnell in den passenden Ordner :)
    Wenn ihr die Möglichkeit habt, lasst euch als Berufseinsteiger Parallelklassen geben. Denkt auch an die Unterrichtsbesuche in der Probezeit, in der man Besuchsstunden wunderbar in der Paraklasse ausprobieren kann!

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

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