Ich schwanke gerade bei der Notengebung

  • Es geht um einen 16jährigen Schüler, der aufgrund psychosomatischer Beschwerden und dem daraus resultierenden langen Fernbleibens der Schule, auf der Förderschule für Erziehungshilfe gelandet ist, an der ich arbeiten.
    Der Junge ist mittlerweile seit 1 1/2 Jahren dort auf der Schule, versteht sich sowohl mit Mitschülern als auch Lehrern gut, ist aber der festen Überzeugung, dass er eigentlich falsch an der Schule ist und im Gunde auf das Gymnasium gehört. Intelligent genug zumindest für dei Realschule wäre er sicher, leider macht er überhaupt nichts daraus.
    HA werden meist eher hingehuddelt, bei Arbeiten macht er oft Fehler, weil er die Aufgabenstellung nicht gründlich liest, Zusatzaufgaben, die ich ihm antrage (da er ja denkt, er sei unterfodert), werden so gut wie nie erledigt. Die mündliche Mitarbeit ist meist sehr gut, allerdings fällt es ihm schwer, sich an Gesprächsregeln zu halten.
    So, jetzt zu dem aktuellen Problem, wir haben in diesem Halbjahr in EK das Thema Europa behandelt und die Schüler sollten in Partnerarbeit Informationen zu einem europäischen Land ihrer Wahl sammeln und diese vor der Klasse präsentieren. Der Schüler arbeitete mit einem Mitschüler zu dem Thema Monaco. Leider war die Zusammenarbeit nicht gut und der Mitschüler weigerte sich, etwas zu präsentieren. Ich stellte ihm dann frei, seinen Teil alleine zu präsentieren, was er auch gerne machen wollte. An drei Terminen jedoch verschwitze er die Präsentation und hatte seine Materialien nicht dabei. Jetzt habe ich ihm angekündigt, er müsse mir, dieses WE etwas schriftliches zu seinem Thema per Mail zukommen lassen, da ich nicht bereit sei, einen weiteren Ersatztermin zu benennen. Jetzt hat er mir gemailt und sein Text ist quasi 1:1 aus Wikipedia.
    Welche Note soll ich ihm jetzt für EK in diesem Halbjahr geben. HA hatte er ca. 50%, seine mündliche Mitarbeit war gut. Ich schwanke zwischen 5 und 4.
    Was denkt ihr???

  • Hallo noodle,
    was bringt es dir, wenn der Junge eine Fünf bekommt? Das bringt dich und ihn nicht weiter. Wenn du die Hausaufgaben mit 50% heranziehst, kommst du auf ein ausreichend. Die Mitarbeit ist gut. Wikipedia war ein Betrugsversuch. Das ist ungenügend. Das alles zusammengnommen macht immer noch ein ausreichend.
    :gruebel:
    Ich denke, für dich und den Jungen ist es viel wichtiger, den Betrugsversuch zu klären. Weise ihm den doch nach "Screenshot - Wikipedia" und konfrontiere ihn mit der Wahrheit. Sage ihm dass du zwischen der vier und der fünf schwankst. Soll er dir doch raten, was er seiner Meinung nach für eine Benotung verdient. Vielleicht kannst du so erreichen, dass er sich und seine Leistungen mal realistisch einschätzt.
    Viel Glück dabei!
    Christellucy

    Eigentlich bin ich ganz anders - ich komme nur selten dazu.- (Ödön von Horváth)

  • Ich kenne mich nun an Förderschulen gar nicht aus, meinen Hauptschülern würde ich *niemals* in einer solchen Situation eine 4 geben. Der Schüler hatte seine Chance, seine Note quasi selbst zu bestimmen (mit der freiwilligen Zusatzaufgabe) und hat sie mutwillig nicht genutzt. Das würde ich ihm klar machen und mich genötigt sehen, ihm eine 5 zu geben.


    Ich würde das als exemplarisches Beispiel ansehen, in dem eine Note die direkte Konsequenz aus dem Schülerverhalten ist.


    Eine Frage hätte ich: Warum sind 50% Hausaufgaben "ausreichend"? Ok, ich kenne die Gepflogenheiten an euren Schulen nicht. Wer bei mir nur jedes 2. Mal seine Hausaufgaben dabei hätte, stände in dem Bereich auch glatt auf 6 (auch wenn Hausaufgaben bei uns nicht direkt in die Bewertung eingehen).


    Viele Grüße,
    ambrador

  • Du hast bei der Notengebung einen pädagogischen Spielraum und beide Noten - sowohl 4 als auch 5 - ließen sich pädagogisch begründen. Was denkst DU? Braucht der Schüler eher einen Motivations-Puscher im Sinne von "komm, du hast die 4 geschafft, das ist super. Wenn du dich anstrengst wirds nächstes Mal sicher noch besser" oder einen "Schuss vor den Bug" im Sinne von "du hast zwar das Zeug zu einer deutlich besseren Note, aber mit deiner derzeitigen Einstellung erreichst du leider nichts. Wach endlich auf! :schlaf:" ... würde heißen 5. Deine Ausführungen deuten für mich auf letzteres hin. Ich weiß, es ist unangenehm einem Schüler eine schlechte Note zu geben und man möchte schlechte Noten auch nicht als Druckmittel einsetzen. Aber wenn der Schüler immer wieder die Erfahrung macht, er wurschtelt sich mit minimalem Aufwand immer noch durch... ob ihm damit mehr geholfen ist? Ich denke aber, dass in jedem Fall ein Gespräch notwendig ist, in dem auch klar seine (leider ungenutzten) Stärken zur Sprache kommen.
    Viel Glück bei der Notenfindung, Andi

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