Organisation: jahrgangsgemischte Klassen

  • Durch einen anderen Thread zum Thema "jahrgangsgemischte Klassen" bin ich sehr neugierig geworden. Bislang kenne ich das Konzept nur vom Hörensagen. Es geht mir jetzt nicht um Vor- und Nachteile - da wurden ja schon einige genannt. Mich würde einmal interessieren, wie das denn überhaupt so funktioniert, z.B. eine typische Mathe-, Deutsch- oder Sachunterrichtsstunde.


    Wer hat denn mal Lust, ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern?!? Würde mich sehr freuen. Bislang kann ich mir das nämlich kaum vorstellen ...

  • hallo
    ich kann dir nur erzählen wie's bei mir in der Schweiz ist, aber auch nicht überall.. wir sind eine sogenannte "Versuchsklasse". Bei uns ist es so, dass wir Lehrerinnen alle Fächer unterrichten, ausser Religion und textiles Gestalten.
    Eine typische Mathe- oder Deutschstunde gibt es bei uns nicht. Die Kinder haben alle (vom Kindergarten bis zur 3. Klasse) einen eigenen individuellen Wochenplan, wo sie weiterarbeiten. Sie können also selber entscheiden, was sie wann machen. Auch ihren Arbeitsplatz können sie selber wählen. Bei uns hat keines der Kinder seinen fixen Pult. Eine Sachunterrichtslektion (wird bei uns M&U genannt) besteht meistens aus einem gemeinsamen Einstieg im Kreis (beim Thema Ernährung war das zum Beispiel ein Input zu Gemüse- und Früchtesorten, Milch, etc.) und dann individuelle Arbeit an den Werkstattposten. Diese sind so ausgerichtet, dass es verschiedene Niveaus hat, einige Posten können nur die älteren lösen, einige sind eher für die jüngeren Kinder gedacht. Wir haben dann jeweils Pflichtposten, die jedes Kind lösen muss. Unsere Klasse ist sehr selbständig und es klappt super, da sie die selbstbestimmte Arbeit ja schon vom Kindergarten aufwärts lernen.
    Ich finde es halt wirklich toll, dass die Kinder dort arbeiten können, wo sie momentan gerade stehen, jedes Kind arbeitet in seinem Tempo.


    Liebe Grüsse aus der Schweiz
    Manu

  • Hallo


    Ja das machen wir so, oder wir erklären es jeweils, wenn das Kind dann soweit ist. Also wenn wir merken, ein Kind ist weiter als die anderen, dann bekommt es schonmal eine Einzelerklärung. Wir sind eben zu zweit, also 20 lektionen lang sind wir 2 Lehrkräffte in der Klasse (eine Kindergärtnerin und eine Lehrperson). So kann ich gut mit den Ersties arbeiten und die anderen werden von meiner Partnerin betreut.

  • Ich habe Kursstunden, in denen kann ich Neueinführungen anbieten. Allerdings ist es oft schwierig, da sie nicht immer dann sind, wenn ich eine solche Stunde bräuchte. Zwischendurch mache ich es parallel, die einen arbeiten still, die anderen kommen im Sitzkreis zusammen und wir erklären etwas. Allerdings verspüre ich dabei immer einen Zeitdruck, so dass sich Unterricht dadurch massiv verändert - so ausgedehnte Erklärungsphasen wie früher gibt es nicht mehr.
    flip

  • @ Sally: Ab Sommer werden 16 Kinder unsere Klasse besuchen, 1 Kind ist 5 Jahre alt, 3 Kinder sind 6 Jahre alt (das sind die Kindergärtler), dann haben wir 3 Erstklässler, 7 Zweitklässler und 3 Drittklässler. Wir haben zwei Schulzimmer, das erleichtert vieles.

  • mir geht es genau so wie elefantenflip, die es schon so treffend formuliert hat... man steht irgendwie immer unter (zeit-)druck...

  • Ich kann's auch nur aus England erzaehlen. Hier sind Mischklassen aber relativ normal (vor allem in laendlicheren Gegenden, weil die Schulen halt so klein sind).
    Ne "normale" Mathestunde sah bei mir so aus:
    - Starter fuer alle, Kopfrechnen auf verschiedenste Arten (ob wir da jetzt Bingo spielen, ich meinem Opfer nen Ball zuwerfe oder sie ihre Antworten auf mini-whiteboards zeigen..)
    - Introduction, normalerweise fuer alle, kann aber vom Thema abhaengig sein. Ich erklaere neue Sachen, und wir versuchen Aufgaben gemeinsam zu loesen, etc.
    - Main, kommt drauf an. Entweder geb ich beiden Stufen ihre Arbeit oder nur einer. Bei letzterem bleiben die anderen fuer weitere Erklaerungen zusammen und gehen dann erst an ihre individuellen Aufgaben.
    - Plenary, alle zusammen. Was haben wir gelernt, wie sicher sind wir, was machen wir als naechstes?


    Dabei versuch ich aber den Stoff aufeinander abzustimmen. Also, waehrend meine 5er schriftliche Division hatten, haben meine 6er schriftliche Division mit Kommazahlen gemacht. Was ich gelernt habe (nach meiner ersten absoluten Chaosstunde!) ist, dass es wichtig ist, jeweils der Gruppe, die alleine arbeiten soll waehrend man den anderen noch was erklaert, Aufgaben zu geben die sie alleine und notgedrungen (fuer die paar Minuten zumindest) in Stille loesen koennen. Wenn sonst staendig jemand Hilfe braucht oder total gefrustet versucht mit dem Nachbarn irgendwas zu diskutieren, dann klappt es einfach nicht. Dafuer hatten wir auch keinen Platz. Wir hatten naemlich nur einen Raum, einen Lehrer (mich) und 22 Schueler (was ja noch relativ wenig ist).


    Mal sehen, wie's naechstes Jahr laeuft. Da hab ich nur ein Schuljahr, und die sind in Leistungskursen (oder wie auch immer man das nennt) fuer Mathe.

  • @ Dejana


    Wenn ich das recht verstehe, erarbeiten sich die Kinder nach einer Einführungsphase den Unterrichtsstoff autodidaktisch in eigenem Lerntempo. D.h. sie sind unterschiedlich weit.


    Wie und wann kommt es denn dann zum plenary? Für einige muss das dann doch Stoff vorweg nehmen, den sie sich noch allein erarbeiten sollten, oder?


    Wie schafft ihr es, dass die Kinder autodidaktisch leise arbeiten?


    Wie viele Stunden arbeiten die Kinder am Tag in dieser Unterrichtsform?


    Das Unterrichtsmaterial muss wahrscheinlich sehr kleinschrittig auf verschiedenen Niveaus vorbereitet sein. Wer macht das? Mit welcher zeitlichen Anrechnung? ?(


    LG


    Ulli

  • Ulli
    Wieso denn autodidaktisch? Wir gehen den Kram doch vorher gemeinsam durch. Die Introduction dient dazu um zu erarbeiten, wie Aufgaben geloest werden und welchen Schritten sie folgen muessen. Die Einzelarbeit ist dann zum Ueben da; sie muessen die Methode dann anwenden. Die letzten 10-15 Minuten einer Stunde sind dann fuer's Plenary. Ob da jetzt jemand nur bis Aufgabe 5 gekommen ist, oder schon gleich die gesamte Seite geloest hat ist dabei ja nicht so wichtig. (Sie haben ja unterschiedliche Aufgaben zu loesen, und selbst innerhalb einer Gruppe stell ich unterschiedliche Erwartungen an verschiedene Kinder.) Es geht um die Frage ob sie verstanden haben, wie die Aufgaben geloest werden, welche Probleme aufgetreten sind, was noch nicht ganz verstanden wurde und ob wir das in der naechsten Stunde besser nochmal gemeinsam durchgehen, bzw. was wir denn dann als naechstes machen koennen.
    (Teilweise hab ich natuerlich auch Stunden, die viel freier sind und wo sie selbst den Arbeitsweg waehlen und wesentlich kreativer mit der Mathematik umgehen koennen. Sonst waer's ja langweilig...)


    Wie die leise arbeiten koennen? Indem man ihnen sagt, dass sie jetzt die naechsten 5-10 Minuten in Stille arbeiten sollen. :D
    Dazu muessen die Aufgaben natuerlich "leicht" bzw. begreifbar genug sein, damit sie das auch alleine ueben koennen und nicht staendig Hilfe wollen. Das benutz ich aber auch nur, wenn eine Stufe erweiterte Einfuehrung und Erklaerung braucht. Sobald die vorbei ist bin ich ja wieder da zum Helfen und die Nachbarn und Freunde koennen dann auch wieder gefragt werden.


    Das war ein Beispiel einer Mathestunde. Generell verlange ich aber nur selten, dass sie in Stille und alleine arbeiten. Normalerweise gibt's in den Uebungsphasen mindestens den Nachbarn zum Besprechen und Zusammen arbeiten. Besonders, wenn es nicht um Loesungswege geht, sondern um Anwendung von mathematischen Wissen.


    Wir haben eine Mathestunde pro Tag...60 Minuten. In anderen Faechern kann ich anders arbeiten und sie koennen viel mehr gemeinsam machen. In Mathe ist das am schwierigsten zu erreichen.


    Und zum Arbeitsmaterial: In meiner Mischklasse hatte ich 6 Gruppen (in meiner neuen werden's nur 4, da es nur eine Klassenstufe ist). Das Material wird dann natuerlich differenziert. Das laesst sich auf verschiedene Art und Weise machen. Am besten klappts, wenn ich die Materialien selber herstelle, weil ich da die Aufgaben anpassen kann. Klar dauert das ein bissl, aber ich bin ja net doof, kann mit nem Computer umgehen und weiss genau, was meine Kinder als naechsten Schritt machen muessen (ob nun vorwaerts oder zurueck)...und werd immer schneller. Ansonsten kann man natuerlich noch auf vorgedrucktes Zeugs, Computerprogramme oder dergleichen zurueckgreifen.


    Waehrend meine 5er dann Prozente in verschiedenen Figuren angemalt und gezaehlt haben (auf einer der beiden Seiten im Mathebuch, mit oder ohne Hilfe), haben die meisten meiner 6er die Prozente (10, 20, 50 etc.) von Zahlen am Computer "abgeschossen". Meine mathematisch begabtesten 6er haben derweil die Zinsentwicklung eines Sparkontos ueber mehrere Jahre ausgerechnet (nachdem ich ihnen erklaert hatte, was Zinsen sind...).
    Differenzieren kann man dabei weiter indem man einer bestimmten Gruppe hilft, oder eben nicht hilft. =)


    Keine Ahnung, ob das jetzt Sinn macht. Wir haben Ferien...mein Hirn hat sich abgeschaltet.

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