Kontrolle am Ende der Stunde inklusive Vorlesen

  • Ich befinde mich momentan im Praktikum (und hospitiere) und habe jemanden gesehen, der den Schülern eine (kreative) Schreibaufgabe gegeben hat. Am Ende der Stunde wurden diese Aufgaben z.T. vorgelesen. Der Lehrer hat dann absichtlich einen "schlechten" Schüler drangenommen, von dem er wusste, dass dieser so gut wie nichts geschrieben hatte und danach nahm er eine sehr gute Schülerin dran.


    Haltet ihr dieses Vorgehen für sinnvoll oder eher für kontraproduktiv?


    Als schlechter Schüler würde ich mir extrem vorgeführt und gedemütigt vorkommen und ich denke nicht, dass er sich dadurch mehr motiviert fühlt, aber vielleicht irre ich mich da auch?


    Wendet ihr diesen Kniff so auch an, oder nur in Ausnahmesituationen (Problemkind bemüht sich besonders und ihr wisst, dass das, was es geschrieben hat, recht vorzeigbar ist => Vorstellung = großes Lob)


    Danke für eure Antworten ;)

  • Naja, also so kann man das sicherlich nicht machen. Hat sich das Kind denn selbst gemeldet und wollte vorlesen? Denn dann ist das schon wieder etwas anderes und natürlich kommt es auf die Kommentare hinterher an. Grundsätzlich sollte jedes Kind irgendwann mal die Möglichkeit erhalten einen geschriebenen Text vorzulesen, aber dann wohl eher freiwillig und mit päd. Feedback.

  • Nein, natürlich hat es sich nicht selbst gemeldet, das ist ja gerade das Problem das ich damit habe, beide haben sich nicht gemeldet ;)


    Wobei das von Lehrerseite aus sicherlich nicht böse gemeint war - denke ich zumindest.

  • Wie kreativ war die Aufgabe bzw. wie frei?
    War es z.B. ein eher kriteriengeleiteter Brief einer Romanfigur an eine andere?
    Oder im Sinne "Liebe bedeutet für mich..." Aufsatzes (mal so als fiktive Beispiele).


    Wie hat der Schüler währenddessen gearbeitet? Hat er die Aufgabe versucht, konnte es aber nicht? Oder hat er die Aufgabe nicht ernst genommen, überwiegend Unsinn gemacht usw.?


    Ohne die genaue Situation zu kennen, finde ich das schwer. Mal so als Tendenz: bei kriteriengeleiteten, eher produktionsorientierten Aufgaben (also Brief/ Tagebucheintrag einer literarischen Figur etc.) und bei ein, zwei Spezis in einigen meiner Klasse könnte ich mir schon vorstellen, dass ich die unter bestimmten Umständen ganz bewusst zum Vortragen dran nehme, damit ihnen deutlich wird, dass sie mitarbeiten müssen.


    Kann aber auch Situationen geben, wo ich so etwas nicht machen würde (standing des Schülers in der Klasse, evtl. besondere persönliche Hintergründe, usw. usf.)


    Bei echten kreativen Aufgaben würde ich das nicht machen.


    Warum hast du den Lehrer nicht einfach gefragt, nach welchen Kriterien er wen dran genommen hat und warum auch gezielt so einen schwachen?

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Sehe das so wie Katta - es kommt auf die Umstände, die Situation, auf die Aufgabe und auf den Schüler an.


    Ansonsten gibt´s im Sek. I - Bereich auch so etwas wie eine "Hol-Schuld". Jeder Schüler ist prinzipiell aufgefordert ein bestimmtes Maß an sonstiger Mitarbeit einzubringen. Versäumt er das aus welchen Gründen auch immer, bin ich als Lehrer aufgefordert, sonstige Mitarbeit beim Schüler einzuholen, zu überprüfen. Das kann durchaus sowas sein wie solch ein am Ende der Stunde präsentiertes Ergebnis einer Schreibaufgabe.


    Grundsätzlich: Wenn ich gesehen hab´, dass der Schüler innerhalb des Zeitrahmens eh nichts Produktives verschriftlicht hat, nehme ich ihn ganz am Ende der Stunde beiseite um ihn auf seine unzureichende Arbeitsleistung hinzuweisen, dokumentiere das aber nicht in der Form, dass ich ihn vor allen vorführe...
    Evtl. hat´s der betroffene Kollege eben nicht mitbekommen, dass das Kind nichts zustande gebracht hat?

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  • Seh ich auch so wie katta, hatte spontan gleich zwei Schüler vor mir, die ich auch hin und wieder mal auf diese Weise drannehme...

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

  • Habe vor kurzem auch irgendwo anders hier gelesen, dass das mit dem Vorführen ja so gar nicht geht. Das seh ich anders. Meine Schüler wissen durchaus, dass ihnen das passieren kann. Im Prinzip fängt das ja schon im Kleinen an: Wer nimmt nicht gelegentlich Schüler dran, die gerade unaufmerksam waren, um so zu demonstrieren, dass sie nichts mitbekommen haben?!


    Wichtig ist mir dabei das hier:
    Ich versuche, das oft mit einem Zwinkern, mit ein bisschen Humor zu machen. Die Schüler sollen spüren, dass ich das jetzt nich in "bösartiger" Absicht mache. Oder ich gebe noch in der gleichen Stunde Gelegenheit zur Rehabilitation. Will sagen: Wenn die Chemie stimmt, ist das "Vorführen" auch kein Problem.

    "Die Welt ist kein romantischer Ort mehr.
    Einige Menschen in dieser Welt sind es aber trotzdem noch.
    Und darin liegt die Hoffnung…
    Lass die Welt nicht gewinnen, Ally McBeal."

  • Es kommt m.E. auf drei Rahmenbedingungen an.


    1. Was unter unter besagten "schlechten" Schülern zu verstehen ist.
    Sind es leistungsschwache Schüler, die sich bemühen oder einfach nur faule?
    Faule nehme ich gerne mal dran, um ihnen zu zeigen, dass sie was tun müssen.


    2. Ob die kreative Schreibaufgabe für jeden, der sich bemüht, machbar ist (z.B. weil man auf eine Textgrundlage zurückgreifen kann) oder ob tatsächlich ein gewisses Maß an Kreativität dazugehört und das kreative Produkt quasi "aus dem Nichts" erstellt werden soll - wenn ein Schüler sagen kann "mir fiel nix ein", kann man dem wenig entgegenbringen und ein Drannehmen bringt nichts.


    3. wie dringend ich die Ergebnisse brauche
    Wenn ich am Ende der Stunde eine Art "Erwartungshorizont" hören möchte, weil die Hausaufgabe eine ähnliche Fragestellung sein wird, nehme ich natürlich einen guten Schüler dran, ebenfalls, wenn die Zeit knapp ist - schlechte Ergebnisse kann man nicht unkommentiert stehen lassen, gute schon (auch wenn es auch hier natürlich besser ist, im Anschluss zu erarbeiten, warum das jetzt gut war).

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