Projekt gegen Bildungsungerechtigkeit

  • Hi!
    Ich bin im Internet über das Projekt Arbeiterkind.de gestolpert und finde es so gut, dass ich es euch vorstellen möchte. Denn aktuell wird ja wieder viel darüber diskutiert, ob der Vorname Vorurteile auslöst oder nicht. Ich finde, dass es Ungerechtigkeiten im Schulsystem gibt und jeder Lehrer sich fragen sollte: Was kann ich dagegen tun!


    Dieses Projekt möchte SchülerInnen, deren Eltern selber kein Studium absolviert haben, zum Studium ermutigen und sie außerdem auf ihrem Weg zum Uniabschluss unterstützen.


    Über das Internetportal hinaus baut die Initiative ArbeiterKind.de ein bundesweites Netzwerk von Mentoren auf, die Schülern und Studierenden als Ansprechpartner mit Rat und Tat zur Seite stehen.


    Mehr Informationen findet ihr auf der Homepage
    http://www.Arbeiterkind.de. Falls ihr euch das Mentoren Netzwerk mal anschauen wollt, dass gibt es unter http://www.arbeiterkind.opennetworx.org


    Schöne Grüße
    Sandra

  • der erste Link geht gar nicht und beim zweiten Link muss man sich erst anmelden.
    Für mich ist allerdings schon alleine der Titel Arbeiterkind so dermaßen überholt... und erinnert mich irgendwie an sozialistische Geschichten... dass er mich schon annervt.
    Meine Eltern hatten auch kein Abitur und ich habe Abitur gemacht und studiert... aber ich wäre niemals auf die Idee gekommen, mich Arbeiiterkind zu nennen... oder spezielle Förderung zu fordern.
    Jeder ist seines Glückes Schmied... das wusste ich schon mit 10.

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

  • Zitat

    Original von caliope
    Jeder ist seines Glückes Schmied... das wusste ich schon mit 10.


    Na ja, ganz so ist es auch nicht. Den Zusammenhang zwischen Einkommen, Bildung der Eltern und Bildung der Kinder kann man schon herstellen und er ist in Studien bewiesen worden. Außerdem hat sich bestimmt so einiges getan zwischen dem Schulabgang deiner Eltern und dem heutiger Schüler.

  • Ja, CKR, das stimmt natürlich.
    trotzdem ist es oft nicht der Schulabschluss der Eltern und nicht der finanzielle Hintergrund... sondern mehr der Kümmerfaktor der Eltern, der für die Schulkarriere bedeutend ist.
    Stehen Eltern morgens mit ihren Kindern auf? machen sie ihnen Frühstück und schmieren sie ihnen Schulbrote?
    Kontrollieren Eltern die Hausaufgaben? Hören sie Vokabeln ab? Kommen Eltern zu Elternabenden und Elternsprechtagen? Hat das Kind immer ein Schulbrot dabei? hat es all seine Materialien komplett in der Tasche? Sportzeug, Schwimmzeug? jahreszeitgerechte Kleidung? Stehen Eltern mit den Lehrern im Gespräch? Suchen sie außerschulische Fördermöglichkeiten wie Ergotherapie, Logopädie etc auf, wenn es notwendig ist. Gehen sie mit ihrem Kind regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen und ist das Kind durchgeimpft?? Hat das Kind eine angemessen Brille auf der Nase, die den Sehfehler korrekt ausgleicht?
    Kommen Eltern zu Elternabenden und Elternsprechtagen? Sind sie auch sonst erreichbar und gesprächsbereit? All das haben meine Eltern getan.
    Ich habe aber genug Kinder in der Klasse, bei denen die Eltern nicht arbeiten, den ganzen Tag Zeit hätten, zu Hause sind... sich aber trotzdem nicht kümmern. Die nicht aufstehen am Morgen, die nicht darauf achten, dass ihr Kind alle Materialien hat, die ihr Kind ohne Schwimmzeug zur Schule schicken. Die nicht auf Elternsprechtagen zu sehen sind...
    Das liegt nicht am Schulabschluss der Eltern, das liegt nicht daran, dass sie "Arbeiter" sind... das liegt daran, dass sie den Hintern nicht hochbekommen. Diese Menschen sorgen nicht für sich selbst... geschweige denn für ihr Kind!
    Natürlich sind diese Kinder benachteiligt...
    Und natürlich ist es gut, da das aufzufangen, was die Eltern nicht leisten wollen.
    Vielleicht hat mich ja auch nur der Begriff "Arbeiiterkinder" zu sehr verwirrt... denn das ist doch eher ein Begriff aus dem 70er Jahren oder so.

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

  • Zitat

    Original von caliope


    Vielleicht hat mich ja auch nur der Begriff "Arbeiiterkinder" zu sehr verwirrt... denn das ist doch eher ein Begriff aus dem 70er Jahren oder so.


    Das denke ich auch, dass der Begriff veraltet ist. Das habe ich auch so im Studium gelernt, dass sich gesellschaftliche Gruppen nicht mehr so pauschal kategorisieren lassen wie früher mal.

  • Ich kann Caliope nur beipflichten. Kann mich gut an eine Klasse im hintersten Berlin-Kreuzberg im Mauerwinkel erinnern.


    Es gab mehrere verschleierte Mamis, die kein Wort Deutsch sprachen, aber so viel mitbekamen, dass die Kids es pünktlich zur Schule schafften und sie zu Klassenfesten immer die leckersten Spezialitäten dabei hatten. Die konnten bestimmt nicht bei Hausaufgaben helfen, haben aber ihre Kinder wohl nicht gehindert, selbige anzufertigen. Deren Söhne haben jetzt abgeschlossene Studien.


    Dann gabs ein paar Langzeitstudenteneltern, die sehr eloquent an allem etwas zu kritisieren hatten, die sich in ihrer Selbstbestimmung gestört fühlten, wenn ihre Kinder gut ausgerüstet und pünktlich irgendwo erscheinen sollten. Deren Kinder führen noch heute so ein Schluffileben, aber unter ungleich schlechteren materiellen Bedingungen als ihre Eltern.


    LG


    Silke

  • Zitat

    Original von CKR
    Das habe ich auch so im Studium gelernt, dass sich gesellschaftliche Gruppen nicht mehr so pauschal kategorisieren lassen wie früher mal.


    Na, das erzähl mal der Unterschicht, die trotz aller Pädagogikseminare fröhliche Urständ feiert... :tongue:


    Aber egal - ich finde es schon etwas seltsam, wenn anonyme Beitragsschreiber in ihren allerersten Beiträgen unheimlich tolle Entdeckungen mitteilen müssen, über ganz spezielle Netzwerke, Hilfestellungen, kommerzielle Angebote und so.


    Mein ja nur, so leicht missvergnügt.


    Die Webadresse ist übringens "arbeiterkind.org"


    Nele

  • Zitat

    Original von neleabels
    Na, das erzähl mal der Unterschicht, die trotz aller Pädagogikseminare fröhliche Urständ feiert... :tongue:


    War ein Soziologieseminar. Und bei Ulrich Beck (Risikogesellschaft) ist's auch zu lesen. Die Frage ist auch gar nicht, ob es eine 'Unterschicht' gibt oder nicht, sondern durch welche Merkmale zeichnet sie sich aus. Und Arbeit ist da wohl nicht mehr die alleinige Variable. Allenfalls das Fehlen davon. Aber auch dann kannst du nicht alle in einen Topf werfen. Arbeitslosigkeit und Bildung hängen ja nicht immer nur auf eine bestimmte Weise zusammen (wenig Bildung, keine Arbeit). Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise.


    Deinen Zweifeln am Ursprungspost stimme ich aber zu.

  • Jetzt weiß ich was mich noch an diesem Threadtitel störte... dieses Wort Bildungsungerechtigkeit.
    Als ob Bildung ungerecht sei.
    Bildung ist nicht ungerecht, denn Bildung ist ja für alle da und in der Grundschule sitzen ja auch noch alle zusammen. Jedes Kind erhält da prinzipiell erstmal dasselbe Bildungsangebot.
    Daran kann ich nichts ungerechtes finden.
    Es ist nicht so, dass hier jemand bewusst vvon Bildung ausgeschlossen wird... sondern, dass in diesem Schulsystem nunmal nicht alle Nachteile, die Kinder auf Grund mancher Elternhäuser haben, ausgeglichen werden können.
    Das aber halte ich auch nicht für "ungerecht", denn dieses Wort impliziert für mich, dass die Elternhäuser einfach nun nach Gerechtigkeit schreien können, ohne selbst mal aktiv zu werden und Verantwortung für ihr Kind übernehmen zu müssen.
    Dass wir aus gesellschaftlicher Verantwortung nicht darauf warten können, bis solche Eltern den Hintern hoch bekommen, oder den Eltern Vorschriften machen können, was sie wann tun sollen, ist auch klar.
    Also muss das Schulsystem versuchen, diese Kinder besonders zu fördern... sie im Schulsystem sozusagen zu bevorzugen... damit die Nachteile, die diese Kinder im Elternhaus haben, möglichst ausgeglichen werden.
    Finde ich wichtig... das müssen wir versuchen und vielleicht auch das Schulsystem umstrukturieren.... aber ungerecht finde ich da immer noch nichts.
    Am wenigsten Beachtung und Förderung erfahren eh die Kinder, die am wenigsten Kosten im Schulsystem verursachen: Die netten, freundlichen, lernwilligen, selbstständigen, leistungsstarken, sozial kompetenten Kinder aus einem Elternhaus, das sie in allen Belangen unterstützt.
    Vielleicht ist das ja auch ungerecht?

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Am wenigsten Beachtung und Förderung erfahren eh die Kinder, die am wenigsten Kosten im Schulsystem verursachen: Die netten, freundlichen, lernwilligen, selbstständigen, leistungsstarken, sozial kompetenten Kinder aus einem Elternhaus, das sie in allen Belangen unterstützt.
    Vielleicht ist das ja auch ungerecht?

    Das frag ich mich auch immer...


    Anonsten meine ich schon, dass unser Bildungssystem - für die Schüler, aber genauso auch für die Lehrer - ungerecht ist, wie die ganze Welt übrigens ziemlich ungerecht ist. Und immer ist es ein wichtiges Ziel an mehr Gerechtigkeit zu arbeiten. Das kostenneutral und durch Mehrarbeit zu versuchen, ist natürlich ein Witz ....

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

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