Als Gymnasiallehrer an einer anderen Schulform arbeiten.

  • Hallo,


    zur Zeit arbeite ich für die Uni an einer Arbeit zu den Prognosen des Lehrerarbeitsmarktes.
    Da die Einstellungschancen, zumindest in NRW, bei Lehrämtern für die Realschule/ Hauptschule wesentlich besser sind, interessiert es mich, ob man als ausgebildeter Gymnasiallehrer später auch an Realschulen oder Hauptschulen arbeiten kann.
    Wisst ihr dazu etwas? Am Besten wäre auch ein Verweis auf eine Quelle, da ich nicht weiß, ob mein Prof. "freundliche Mitglieder von lehrerforen.de" als Quelle durchgehen lässt.


    Vielen dank schon mal,


    herzliche Grüße


    Christian


    P.S. Wie sieht es eigentlich mit einem Wechsel in ein anderes Bundesland aus? Kann ich als in NRW durch Studium und Refrendariat ausgeblideter Lehrer später auch in Berlin oder Bayern arbeiten?

  • In einem anderen Bundesland zu arbeiten ist meist nicht so das Problem. Manchmal muss man sich dort allerdings erstmal seine Fächer anrechnen lassen. Das ist aber meist (!) auch kein großes Problem.

  • Ja, man kann mit Sek II/I auch an Hauptschulen und Realschulen arbeiten, natürlich auch an Berufsschulen.


    Ich habe Sek II/I studiert, Referendariat an Berufsschule und Gymnasium gemacht und arbeite seit 13 Jahren an einer Hauptschule. Die damalige Einstellungssituation war leider so (mein 2. Ex. war nicht wirklich gut). Jetzt fühle ich mich hier an der Schule sehr wohl und werde nur wechseln, wenn die angedrohten Reformen kommen (6-jährige Grundschulzeit und/oder Auflösung der Hauptschulen).


    Ich glaube auch (bin mir nicht ganz sicher), dass auch reine Sek II-Lehrer in der Hauptschule Fuß fassen können, an der Hauptschule werden zur Zeit einfach mehr Lehrer benötigt, bzw. die ausgebildeten Lehrer arbeiten meist lieber am Gymnasium (hat wohl mit der besseren Bezahlung, dem geringeren Stundendeputat und den vermeintlich disziplinleichteren Schülern zu tun???).


    Boeing


    PS.: Ich gehöre zu den Lehrern mit "Stufenausbildung". Bei "reinen" Gymnasiallehrern kann das selbstverständlich anders aussehen, die haben wir noch nicht im Kollegium.

  • Tatsache: Man kann. Bin als ausgebildeter SIIer seit 12 Jahren an Hauptschulen in NRW im Einsatz. Wenn man sich damit abfindet, dass die eigentliche Tätigkeit nichts, aber auch rein gar nichts mit dem zu tun hat, was man gelernt hat und vielleicht auch ursprünglich als Motivation für das Studium verspürte, dann lebt es sich ganz gut inmitten eines Kollegiums, das täglich um 13.30 den Stift aus der Hand fallen lässt, Vorbereitung als Ausnahme betrachtet, Klassensätze im Stundentempo korrigiert und bei jeder Veranstaltung nach 14.00 Uhr laut Zeter und Mordio schreit. Die eigentliche Pädagogik hat etwas von "Gorillas im Nebel", die Kinder sind nett, viele Vorurteile (Gewalt, Drogen,...) sind Kokolores. Es bleibt die herzliche Einfalt dieser von der Gesellschaft und vor allem den eigenen Eltern vergessenen Kinder, die einen regelrecht stumm macht. 65 Abgänger der Klassen 10 und davon ein halbes Dutzend in Ausbildung - das ist die Regel. Das Kölner Handwerk schlägt angesichts der Rechen- und Schreibkünste unserer SuS regelmäßig die Hände über dem Kopf zusammen, gegenüber allen gut gemeinten und gut gemachten Konzepten (seit neuestem mit Hilfe eines eigens dafür ausgebildeten Vereins "Teach First") enden im Nichts. Was bleibt? Der Rückzug in die innere Emigration, der frühe Feierabend, die nächsten Ferien und die Hoffnung, dass dieser Kelch am eigenen Nachwuchs vorbeigeht. Auf die Differenz in der Besoldung zu Sek. II kann man angesichts der moderaten intellektuellen und zeitlichen Belastung übrigens getrost verzichten.

    "Wir operieren in dem Gebiet, das zwischen den besten Absichten und dummem Zufall liegt. Unser Leben ist ein einziges Glück im Unglück. Und dieser Umstand verleiht all unseren Handlungen etwas unfreiwillig Komisches." (aus: "Die Enzyklopädie der Dummheit")

  • Zitat

    Original von stranger
    Tatsache: Man kann. Bin als ausgebildeter SIIer seit 12 Jahren an Hauptschulen in NRW im Einsatz. Wenn man sich damit abfindet, dass die eigentliche Tätigkeit nichts, aber auch rein gar nichts mit dem zu tun hat, was man gelernt hat und vielleicht auch ursprünglich als Motivation für das Studium verspürte, dann lebt es sich ganz gut inmitten eines Kollegiums, das täglich um 13.30 den Stift aus der Hand fallen lässt, Vorbereitung als Ausnahme betrachtet, Klassensätze im Stundentempo korrigiert und bei jeder Veranstaltung nach 14.00 Uhr laut Zeter und Mordio schreit. Die eigentliche Pädagogik hat etwas von "Gorillas im Nebel", die Kinder sind nett, viele Vorurteile (Gewalt, Drogen,...) sind Kokolores. Es bleibt die herzliche Einfalt dieser von der Gesellschaft und vor allem den eigenen Eltern vergessenen Kinder, die einen regelrecht stumm macht. 65 Abgänger der Klassen 10 und davon ein halbes Dutzend in Ausbildung - das ist die Regel. Das Kölner Handwerk schlägt angesichts der Rechen- und Schreibkünste unserer SuS regelmäßig die Hände über dem Kopf zusammen, gegenüber allen gut gemeinten und gut gemachten Konzepten (seit neuestem mit Hilfe eines eigens dafür ausgebildeten Vereins "Teach First") enden im Nichts. Was bleibt? Der Rückzug in die innere Emigration, der frühe Feierabend, die nächsten Ferien und die Hoffnung, dass dieser Kelch am eigenen Nachwuchs vorbeigeht. Auf die Differenz in der Besoldung zu Sek. II kann man angesichts der moderaten intellektuellen und zeitlichen Belastung übrigens getrost verzichten.


    Ich erlebe Hauptschule ganz anders.
    Von wegen Klassenarbeiten im Stundentakt.
    Von wegen 13.30 Füller fallen lassen.
    Von wegen nur bis 14 Uhr.
    Von wegen Null-Vorbereitung.


    Pro Arbeit ne halbe Stunde (Deutsch) - mindestens.
    Bin selten vor 15 Uhr aus der Schule raus.
    Viele Veranstaltungen am Nachmittag oder Abend.
    Selbst nach fast 14 Jahren tägliche Vorbereitung (in den studierten und den fachfremden Fächern!).


    Aber - ich mag meine Schule und meine Schüler! (siehe oben)

  • Zitat

    Original von stranger
    Tatsache: Man kann. Bin als ausgebildeter SIIer seit 12 Jahren an Hauptschulen in NRW im Einsatz. Wenn man sich damit abfindet, dass die eigentliche Tätigkeit nichts, aber auch rein gar nichts mit dem zu tun hat, was man gelernt hat und vielleicht auch ursprünglich als Motivation für das Studium verspürte, dann lebt es sich ganz gut inmitten eines Kollegiums, das täglich um 13.30 den Stift aus der Hand fallen lässt, Vorbereitung als Ausnahme betrachtet, Klassensätze im Stundentempo korrigiert und bei jeder Veranstaltung nach 14.00 Uhr laut Zeter und Mordio schreit. Die eigentliche Pädagogik hat etwas von "Gorillas im Nebel", die Kinder sind nett, viele Vorurteile (Gewalt, Drogen,...) sind Kokolores. Es bleibt die herzliche Einfalt dieser von der Gesellschaft und vor allem den eigenen Eltern vergessenen Kinder, die einen regelrecht stumm macht. 65 Abgänger der Klassen 10 und davon ein halbes Dutzend in Ausbildung - das ist die Regel. Das Kölner Handwerk schlägt angesichts der Rechen- und Schreibkünste unserer SuS regelmäßig die Hände über dem Kopf zusammen, gegenüber allen gut gemeinten und gut gemachten Konzepten (seit neuestem mit Hilfe eines eigens dafür ausgebildeten Vereins "Teach First") enden im Nichts. Was bleibt? Der Rückzug in die innere Emigration, der frühe Feierabend, die nächsten Ferien und die Hoffnung, dass dieser Kelch am eigenen Nachwuchs vorbeigeht. Auf die Differenz in der Besoldung zu Sek. II kann man angesichts der moderaten intellektuellen und zeitlichen Belastung übrigens getrost verzichten.



    Das hört sich ja traurig bei dir an O_O
    Ich arbeite neben dem Studium an einer Hauptschule und hoffe inständig, dass ich da auch mein Ref machen darf und muss sagen: Ich würde diese Schule gegen keine andere tauschen wollen.


    Sicher, Hauptschulen sind nicht der Hort des Wissens und viele Kinder haben zuhause eine absolut unzureichende Erziehung erlebt - ich hab aber ernsthaft noch nie so eine wundervolle Klasse erlebt, wie die 5te Klasse in der ich momentan arbeite.
    Ich kann auch nicht sagen, dass an der Schule an der ich arbeite um 13.30 der Stift fallen gelassen wird. Im Gegenteil - ich erlebe alle Lehrer als sehr engagiert.
    Und ich kann ehrlich sagen, dass es nichts schöneres gibt, als von einem ehem. Schüler zu hören: "Frau B. danke, dass Sie mich damals in den Arsch getreten haben - ich hab die Stelle bekommen und die ist VOLL GEIL die Ausbildung!"

  • Zitat

    Original von applejuice2010
    Hallo,


    mich würde interessieren, ob man dann vielleicht auch an der grundschule arbeiten kann?


    Nein, kannst du nicht. Erstens hast du nicht die Unterrichtserlaubnis für die Klassen 1 bis 4 und zweitens gibt es jede Menge ausgebildeter Grundschullehrer (oft auch mit wirklich guten bis sehr guten Examen), die auf der Straße sitzen bzw. sich von Vertretungsstelle zu Vertretungsstelle hangeln, da es einfach zur Zeit ein Überangebot an ausgebildeten Grundschullehrern gibt. Grundschule kannst du also vergessen.

Werbung