Was mache ich, wenn Erstklässler sich nicht konzentrieren können?

  • Habe einen Erstklässler, der bringt mich zur Verzweiflung:


    Morgens bemüht er sich, mitzuarbeiten. Aber spätestens ab der dritten Stunde ist es vorbei: dann singt/brummt er, schlägt Räder, wirft sich auf den Boden, ruft "Ich kann nicht mehr", balanciert über die Tische, etc.


    Ist ein eher schwaches Kind, das auch kaum Körperbeherrschung hat, das auch sonst motorisch Schwierigkeiten hat und deshalb auch ein Jahr später eingeschult wurde. Eltern sind Ausländer und verstehen kaum Deutsch - in zwei Wochen haben wir endlich ein Gespräch mit Dolmetscher.


    Habt ihr Tipps, was man mit so einem Erstklässler machen kann?


    Bisher gelang es mir eigentlich immer, noch ruhig zu bleiben (immer mit dem Gedanken "er kann nichts dafür und immerhin geht er nicht auf die anderen Kinder los"), neben ihm zu stehen und ihm die Hand auf die Schulter zu legen, ihn immer wieder ruhig anzusprechen. Habe aber irgendwie das Gefühl, dass das nichts bringt, dass sein Verhalten in den letzten vier Wochen eher sich verschlimmert als gebessert hat - und hab ein schlechtes Gewissen den anderen Schülern gegenüber, die in den letzten zwei/drei Stunden kaum noch Aufmerksamkeit von mir bekommen, sich schon beklagen über den einen Schüler, etc.


    Auf den Gang setzen bringt nichts, da schreit er, tritt gegen die Wand, klopft auf den Tisch so dass die anderen Klassen es hören. Hab auch schon probiert, ihn in eine andere Klasse zu setzen, das kann ich aber auch keinem Lehrer mehrmals zumuten (und bringt meiner Meinung nach auch nichts, weil das Kind es ja nicht absichtlich macht).


    Habt ihr noch nen Vorschlag, was man machen könnte - jeden Tag die letzten zwei Stunden einfach rausgehen kann ich ja auch nicht machen!

  • Sonderpädagoge auf jeden Fall.


    In meinem erst dritten, dann vierten Schuljahr hatte ich ein Mädchen, das sich ähnlich verhalten hat.


    Ich habe in der Klasse einen Platz eingerichtet, auf dem verschiedeness Material zur Verfügung stand (z.B. Konzentrationsübungen, kurze Anweisungen für Bewegungsübungen, Lockerungsübungen, Fingerspiele,...), das die Kinder eigenständig nutzen konnten. Und zwar genau dann, wenn sie an eben diesem Punkt waren: ICH KANN NICHT MEHR. Dein Schüler kann den Grund seines Verhaltens ja im Prinzip selbst benennen.


    Das erwähnte Mädchen hat sich zwischendurch immer mal wieder hingesetzt, eine kurze Auszeit genommen und konnte dann viel besser mitarbeiten. Kam vielleicht so 2-3 x die Woche vor und war sehr effektiv.


    Natürlich muss ein Erstklässler eher angeleitet werden. Du könntest ihm ja z.B. eine Übung vorstellen, die Du in den erwähnten Momenten mit ihm durchführst - oder ihn durchführen lässt.

  • Hallo, lese interessiert mit, ich habe nämlich auch zwei solcher Kinder in der Klasse :(


    Mich würde brennend interessieren, wie du diesen "Tisch" handhabst, Moni. Ich stelle mir gerade vor, wie ich diesen Tisch anbiete und während einer Erklärungsphase ein Kind dahin hüpft und anfängt dort Lockerungsübungen zu machen, während alle anderen konzentriert versuchen zu arbeiten. Stört das nicht? Wie hast du die Spiele darauf eingeführt?


    Finde die Idee nämlich richtig super, kann mir aber die Umsetzung noch nicht ganz vorstellen... ?(

    "Das Leben ist zu kurz, um es dem Schicksal zu überlassen." Deus ex Machina

  • Wir hatten auch mal einen Schüler, der nur eine ganz kurze Aufmerksamkeitsspanne hatte.
    Er durfte, wenn es gar nicht mehr anders ging, aus dem Saal raus und eine Runde rennen (festgelegter Weg, durch den Keller, wo normalerweise kein Unterricht stattfindet und über einen asphaltierten Weg hinter dem Schulhaus; die Säle gehen zur anderen Seite raus; so wurde niemand gestört).
    Es war aber vorher mit ihm abgesprochen, dass diese Pause nur in Notfällen gemacht werden dürfen, und wenn dann nur einmal am Tag! Damit war er einverstanden und es klappte auch ganz gut.
    Kommt aber sicher auch sehr auf den individuellen Fall an, ob man so was erlauben kann, oder nicht...

  • Zitat

    Original von Nestedis
    Hallo, lese interessiert mit, ich habe nämlich auch zwei solcher Kinder in der Klasse :(


    Mich würde brennend interessieren, wie du diesen "Tisch" handhabst, Moni. Ich stelle mir gerade vor, wie ich diesen Tisch anbiete und während einer Erklärungsphase ein Kind dahin hüpft und anfängt dort Lockerungsübungen zu machen, während alle anderen konzentriert versuchen zu arbeiten. Stört das nicht? Wie hast du die Spiele darauf eingeführt?


    Finde die Idee nämlich richtig super, kann mir aber die Umsetzung noch nicht ganz vorstellen... ?(


    Ich habe etwas ähnliches, eine "Ecke" mit solchen Dingen. Wenn die Kinder eine Bewegungsübung daraus machen wollen, müssen sie das
    - entweder so leise tun, dass niemand gestört wird
    - vor die Klassenraumtür gehen
    - in den Gruppenraum gehen (natürlich luxuriös, sowas zu haben)


    Das klappt prima.


  • Es gibt ja auch weniger störende Übungen, z.B. Fingerübungen (alle Finger der Reihe nach zum Daumen, dann zurück, mit beiden Händen, schneller, etc.). Dazu müsste das Kind so gesehen gar nicht seinen Platz verlassen. Allerdings geht es viel ums Gefühl: "Ich hab mir eine Auszeit genommen und hab jetzt wieder Kraft!"


    Ich hatte damals noch einlaminierte Dinge wie Suchrätsel, Labyrinthe, (aber nicht zuviel davon)...und ein Knettier, das die Kinder einfach mal ordentlich durchkneten konnten...einen Zengarten hatte ich auch dort stehen - (fotografierte) Muster mit Steinen nachlegen/-haken...beim Zaubereinmaleins gibt es z.B. auch diese Kartei mit den Pfeifenreinigern - alles Dinge, die mal "anders" sind und auf den ersten Blick nichts mit Lernen zu tun hatten.

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