Was machen mit verhaltensauffälligem Kind?

  • Hallo allezusammen,


    ich habe mal eine Frage. Ich bin Lehrerin an einer Gemeinschaftsschule in Schleswig-Holstein.
    In meiner 7. Klasse ist ein EXTREM verhaltensauffälliges Kind (Diagnose: Züge einer dissozialen Persönlichkeitsstörung). Alle Lehrer, plus Pädagogen etc. etc. sind der Meinung, dass dieses Kind in einer Regelschule nicht gut aufgehoben ist. Laut Psychologen (das Kind war lange in stationärer Behandlung) soll das Kind einen Schulbegleiter haben, dessen Finanzierung jedoch nicht gewilligt wurde vom Jugendamt.
    Meine Fragen:
    1. Gibt es eigentlich noch Schulen oder Schulzentren in SH für Kinder, die schwer erziehbar / verhaltensauffällig sind o.ä.? Wäre das Kind da nicht besser aufgehoben?
    2. Könnt ihr mir Tipps für den Umgang mit diesem Kind geben?


    Dankge im Voraus!

  • Hallo Sofie,


    eigentlich sollte deine SL wissen, wie man jetzt weiter vorgeht. Wichtig ist auch, ob die Eltern eine Beschulung außerhalb der Regelschule befürworten. Es gibt auch in SH z. B. Tagesgruppen, oder Internate, in denen Schüler mit massiven Problemen beschult werde können.


    Du solltest mit dem Jugendamt Kontakt aufnehmen und eine Gesprächsrunde mit Eltern (ganz wichtig, die mit ins Boot zu holen, da Lehrerstimme bei den Jugenämtlern oft nicht so viel Gewicht hat) und SL herbeiführen. Das Jugendamt konnt auch die Möglichkeiten der Beschulung außerhalb der Regelschule in eurer Region. Lass dir eine Begründung geben, warum eine Schulbegleitung abgelehnt wurde und mach auch deine Sicht deutlich, welche Folgen das für das Kind haben könnte.


    Zusätzlich auf jeden Fall noch den zuständigen Schulpsychologen informieren.


    Beim Schulamt sollte es einen Fachberater für schulische Erziehungshilfe geben, auch der sollte schnellstmöglich informiert werden. Auch das Schulamt weiß genau, welche Möglichkeiten es in deiner Region gibt. Deine SL muss aber wissen, dass du hier Kontakt aufnimmst (Dienstweg!) oder es am besten selbst tun.


    Die Eltern sollten auch möglichst ihren Psychologen von der Schweigepflicht entbinden, damit du dir Rat zum Umgang mit dem Kind einholen kannst. Vielleicht kann der auch an der Gesprächsrunde teilnehmen.


    Wo und wie wurde der Schüler bisher gefördert/beschult? Welche Ergebniss/Empfehlungen ergab der stationäre Aufenthalt?


    Zu guter Letzt hat die SL die Möglichkeit, für den Schüler verkürzten Unterricht (z. B. 3 Stunden am Tag) zu verordnen. Das sollte aber schon gut begründet sein und andere Maßnahmen, wie z. B. Lernplan mit Vertrag zum täglichen Verhalten, Patensystem o. ä. gelaufen sein.


    Ich hoffe, dass du schnell Hilfe bekommst!

  • Liebe Angestellte!


    vielen dank für deine ratschläge.
    ich vergaß zu erwähnen, dass ich Referendarin bin und auch keine stllvertretende Klassenlehrerin.
    Es ist eine unglaublich verzwickte Situation mit diesem Kind. Leider sind die Eltern sehr - ich nenn es mal - "uneinsichtig" und wollen ihr Kind auf der Schule behalten.
    Es wurden schon alle möglichen Maßnahmen ergriffen (Klassenkonferenz, Auschluss von Unterricht, zeitweise verkürzter Unterricht). Im Grunde warte ich darauf, dass das Kind wieder mal so ausrastet, dass irgendeine Maßnahmen ergriffen werden muss :(
    Die Empfehlung der Psychologen war, dass das Kind einen Schulbegleiter braucht.


    Viele Grüße,
    Sofie

  • Sorry, habe erst jetzt gesehen, dass bei dir Gymnasium steht. Dann bist du wohl an einer Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe und ihr seid direkt dem Ministerium unterstellt. Ich fürchte, dass der Rat, sich an das Schulamt zu wenden also nicht hilft.


    Aber auch für euch muss es Fachberater/Beratungslerher geben. SL muss tätig werden.

  • ja, danke, ich werde ich mich da mal schlau machen.
    Wie gesagt, es ist eine ganz vertrackte Situation... Aber weißt du (oder jemand anderes), ob es Förderschulen(-zentren für Kinder mit Verhaltensstörungen noch gibt?

  • Auf jeden Fall solltest du einen Antrag auf die Festellung von sonderpädagogischem Förderbedarf (wie auch immer das in deinem Bundesland genau heißt) stellen.


    Erst mit dieser Feststellung ist eine Sonderbeschulung überhaupt möglich, und auch wenn diese nicht stattfindet, bekommst du zumindest professionelle Unterstützung (wenn auch vermutlich nicht viel). Evtl. kann der Sonderpädagoge in seinem Gutachten ja auch erwähnen, dass er eine Schulbegleitung und/oder weitere sozialpädagogische Maßnahmen für sinnvoll hält; das kann manchmal auch hilfreich sein.

  • Hallo Sofie,


    als Referendarin und nicht mal stellv. Klassenlehrerin wird es schwierig etwas für das Kind zu tun.Du könntest vielleicht versuchen, ein paar für das Kind auch erfüllbare Forderungen aufzustellen, diese mit einem gegenseitigen Vertrag (auch mit Eltern) festzuhalten und für jede (am besten natürlich für alle Fächer) Stunde durch einen Stempel o. ä. im Mitteilungsheft zu dokumentieren. Den Eltern kommt dabei die Aufgabe zu, nach einer festgelegten Anzahl positiver Rückmeldungen das Kind zu belohnen. Möglichst nicht materiell sondern in Form besonderer Zuwendung z. B. Spielestunde, Ausflug, Lieblingsessen, Übernachtungsbesuch einladen ....


    Der Förderschwerpunkt heißt (um Himmels willen :wacko: ) nicht "Verhaltensstörung" sondern emotionale und soziale Entwicklung. Hier findest du mehr dazu:


    http://www.schleswig-holstein.…derschwerpunkte_node.html



    Ich selbst kenne aber kein Förderzentrum e/s. Zuständig im Ministerium ist Herr Stargardt.


    http://www.schleswig-holstein.…fsicht/Schulaufsicht.html



    Auch für deine Schule muss ein Förderzentrum zuständig sein (SL fragen). Von dort kommt dann ein Sonderpädagoge, der dich, eigentlich aber den Klassenlehrer berät. Dann folgt der "Präventive Förderplan", der den sonderpädagogischen Förderbedarf durch interne und externe Hilfen möglichst unnötig machen soll. So wie du es schilderst, müsste es den aber in der Akte schon geben!? Danach folgt dann die Feststellung des Förderbedarfs emotional und soziale Entwicklung durch den Sonderpädagogen und ggfs. die Zuweisung von sonderpädagogische Förderstunden an deine Schule oder die Zuweisung an ein Förderzentrum. Geht aber in SH kaum ohne die Zustimmung der Eltern.


    Warten "bis das Kind ausrastet" ist die schlechteste aller Optionen. Auch wenn man dich als Refi vielleicht nicht ernst nimmt, versuche mit aller Kraft deine Kollegen zu aktivieren, damit ihr gemeinsam an einem Strang zieht.


    Viel Erfolg
    Angestellte


    P. S. Entschuldigt bitte die durchgehend männliche Form, beim nächsten Mal verwende ich zum Ausgleich die weibliche.

  • Bei uns an der Schule sind verinzelt immer Kinder, die von uns im Rahmen unserer Möglichkeiten, nicht beschult werden können. Da es aber für diese Kinder keine geeignete Schule gibt, müssen wir sie tatsächlich als Schüler bei uns behalten. Das, was manchmal ganz am Ende aller Versuche steht, ist z.B. die Umschulung an eine kleinere Schule, um dem Kind mehr Ruhe/ Sicherhheit zu ermöglichen oder einen Zivi als Schulbegleitung. Die Begleiter können aber in der Regel auch nur dafür sorgen, die größten Katastrophen zu verhindern. Eine wirkliche Verbesserung auf lange Sicht für das Kind bringt das eher nicht. So haben wir z.B. ein Kind, das jeden Tag in der Schule allein mit seiner Begleitung außerhalb des Klassenraumes sitzt und dort allein lernt oder besser beaufsichtigt wird, denn Lernen bereitet ja mehr als Schwierigkeiten, da das Kind tatsächlich nicht nur lernschwach und verhaltensauffällig ist, sondern wirklich eine Krankheit hat. Das ist eine festgelegte, zeitlich begrenzte Maßnahmen, bei der man sich doch fragt, ob man darunter wirklich das Integrieren von Kindern verstehen kann.
    Was es z.B. in Schleswig gibt, ist eine Einrichtung für Kinder mit sehr auffälligen Sprachentwicklungsstörungen oder Hörbeeinträchtigungen. Da können Kinder auf Wunsch der Eltern unterrichtet werden, sonfern dort ein Platz vorhanden ist.

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