Arbeitsorganisation im 1. Schuljahr

  • Hallo,
    in meinem 1. Schuljahr gibt es viele Kinder, die noch große Probleme haben mit sämtlichen Dingen, die die Arbeitsorganisation bzw. das Arbeitsverhalten betreffen - vor allem einige Jungen.
    Ich meine damit folgende Dinge:
    - Die Schüler müssen stundenlang kramen bis sie ihr Mathebuch oder Buchstabenheft auf dem Tisch liegen haben. Sie wissen nie, wo es ist, zum Teil noch nicht einmal was damit gemeint ist, wenn ich sage, dass das Mathebuch benötigt wird. Dabei arbeiten wir täglich darin und es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder unter dem Tisch oder im Ranzen.
    - Im Mäppchen fehlen sämtliche Dinge, wie Kleber, Schere, Stifte... Laut Eltern waren sie am Vorabend noch da.
    - Es dauert ewig, bis sie mit der Umsetzung eines Arbeitsauftrages auch tatsächlich beginnen. Oft verstreichen bis dahin 8-10 Minuten, weil sie erst wieder quatschen, hier gucken und da gucken, kramen und suchen...
    - Beim Arbeiten träumen sie, "hängen" richtig am Tisch mit dem Kopf auf dem Tisch und kommen kaum voran, obwohl sie durchaus wissen, was zu tun ist.
    - Hausaufgaben vorzeigen dauert ebenfalls ewig, weil die Kinder einfach nicht wissen, wo sie ihre Sachen haben und was sie aufhatten.
    - Hausaufgaben einheften und aufschreiben dauert ebenfalls ewig.
    - Jede erdenkliche Gelegenheit nutzten sie zum Quatschen, Spielzeug herausholen, Schießen mit imaginären Waffen aufeinander, singen auf einmal laut "gangnam style" etc. Sie fallen vom Stuhl. Mappen liegen auf dem Boden verteilt. Der Ranzen rutscht mit der Zeit immer weiter weg aus dem eigenen Arbeitsbereich.


    Ich behaupte mal, dass ich schon einiges versucht habe, arbeite bei einigen Schülern mit Verhaltenspässen, weise die Eltern auf die Notwendigkeit hin, den Ranzen gemeinsam zu kontrollieren und durchzuschauen, ermahne, Spielzeug zu Hause zu lassen, lasse vertane Zeit zum Teil nacharbeiten, sorge für Bewegungspausen, kurze Arbeitsphasen... Diesen Kindern scheint das egal zu sein. Sie sagen, sie wollten gar nicht Schreiben und Lesen lernen. Sie möchten lieber noch im Kindergarten bleiben und spielen. Tatsächlich sind einige von ihnen erst im Herbst 6 Jahre alt geworden.


    Habt ihr irgendwelche Tipps? Beobachtet ihr ähnliches im 1. Schuljahr?


    Danke!
    Alema

  • Ich habe zwar im Moment kein 1. Aber ich höre von Kolleginnen ähnliches. Vielleicht könntest du einen Smileyplan oder Zeitsteine einführen. Ich habe in der Klasse ein Glas stehen. Jeden Tag können die Kinder 5 Steine bekommen. Abgezogen werden Steine, wenn sich jemand nicht benimmt oder eben Dinge ewig dauern. Das ist was für die ganze Klasse. Wenn das Glas voll ist, gibt es was tolles. Einen Spieletag oder so. Ich hab das Glas am Anfang noch unterteilt, damit der Erfolg schneller kommt. So konnten die Kinder beim ersten Strich eine Stunde spielen und beim 2. einen Film sehen. Sie mussten sich aber entscheiden was sie wollen. Bei Einlösen der Belohnung wird das Glas geleert und es beginnt von vorne. Wenn sie weitersammeln wollen, bekommen sie die Belohnung nicht. Und dann erst die größere.
    Der smileyplan belohnt jedes Kind einzeln, aber auch da kannst du sagen, wer in 6 Wochen soundso viele smileys hat, wird belohnt. Im ersten hatte ich immer ne spielsachenkiste aus denen die kinder sich was aussuchen durften. Ich denke, wenn besagte kinder nie was bekommen bzw. die Eltern bei soundso vielen traurigen smileys benachrichtigt werden, ändern sie ihr Verhalten. Ich schicke dir den smileyplan gerne per mail zu.

  • Vielleicht ein kleiner Tipp zum Material, das nicht gefunden wird. Ich habe immer für alle Materialien vergrößerte Abbildungen ausgedruckt und laminiert (Für Mathe also z. B. die AHs, den Hefter, das Rechenheft, das Geometrieheft...). Mit Magnettakkies hängen sie an der Tafel neben den jeweiligen Stunden des Tages. Bei uns haben die Kids ein Schubfach in einem größeren Regal, in welches alle Arbeitsmaterialien kommen. Für die jeweilige Stunde wird dann nur das benötigte Material rausgeholt und unter den Tisch gelegt. In die Mappe kommt nur, was für HAs benötigt wird (so bleibt auch die Mappe tragbar). Nur am WE packen wir gemeinsam die Schulmappe, also ich sage an, was alles reinkommt und die Kids packen ein. Es hat sich gezeigt, dass die meisten Eltern hauptsächlich am WE Zeit haben, um mal in die Hefter zu gucken, daher gibt es über das WE den Großteil des Materials mit nach Hause. Wenn einzelne Eltern täglich alles wünschen, dürfen die Kids das natürlich auch, allerdings müssen sie auch selbst dran denken.
    Dennoch habe natürlich auch ich meine Pappenheimer, die sehr unordentlich sind. Verstärkersysteme/Belohnungssysteme/Pässe für die Eltern werden für einzelne geführt, bei manchem Kind half aber bisher auch gar nichts. Diese Kinder kennt vermutlich jeder. Immer ist das gerade erst neu gekaufte Lineal weg, der Klebstoff alle und das Heft nicht zu finden... :schreien:


    LG,


    littleStar

  • Das muss sehr frustrierend, zumindest erschöpfend sein.
    Aus diesem Grund bin ich absoluter Gegner der Einschulung von Kindern, die gerade 6 geworden sind oder es noch werden im 1. Schuljahr.
    Ich unterrichte in diesem Jahr nur eine 1.Klasse als Fachlehrer 1x wöchentlich. Aus diesem Grund kann ich Geduld haben, wenn es dauert, bis alle ihre Trinkflaschen verstaut haben, Taschen oder Boden von ausgelaufenen Flaschen gereinigt sind, der letzte Schüler seinen Sportbeutel verstaut oder die Unterrichtmaterialien auf dem Tisch liegen hat.
    Mein Tipp ist lediglich Entschleunigung, auch wenn Druck vom Lehrplan oder Parallellklasse ausgeht (die Anderen). Eine 1.Klasse kann sowieso keine 45 Minuten am Stück arbeiten, gerade in den letzten Unterrichtsstunden des Tages lohnt sich dann vielleicht ein Unterrichtsgang oder Malblätter und verfrühtes Einpacken /in Ordnung bringen des Tisches 10 Minuten vor dem Stundenende. Geschichten vorlesen eignet sich auch.
    Ich würde in dem Fall außerdem mind. eine halbe Stunde am Tag, wenn nötig öfters wiederholen, einpacken und auspacken üben. Wirkt Wunder.

  • Mathe- alles in blau eingeschlagen
    Deutsch- alles in rot eingeschlagen
    Die einzelnen Hefte werden mit großen Ziffern nummeriert.
    Ein Stundenplan mit diesen Farben hängt täglich aktuell mit Magneten an der Tafel.
    Also in Mathe z.B. haben die Schüler alle blauen Materialien auf der Bank liegen und es fällt dann leicht, z.B. das Heft 1 zu nehmen.
    Schere, Leim, Spiegel, Spielfigur sind bei mir in einem extra-Kästchen. Schlampermäppchen sind für das Finden der Materialien für so junge Schüler ungünstig. Das habe ich den Eltern vor
    der Einschulung erklärt. Ich scheue mich auch nicht davor, die Federkästchen regelmäßig zu kontrollieren und fehlendes Material den Eltern mitzuteilen. Wie soll ich ohne Lineal oder die
    entsprechenden Stifte sonst arbeiten?
    Ich wünsche dir großen Durchhaltevermögen. Die Kraft, die du jetzt aufwedest, kommt dir wieder. Ich merke das gerade-meine sind jetzt inder 3.

  • Hallo,
    danke für eure Tipps. Es tut zumindest gut, dass es woanders ähnlich ist.
    Einige der Tipps habe ich schon umgesetzt. Mathe ist z.B. blau eingeschlagen, Deutsch rot. Auch habe ich einen Tagesplan an der Tafel mit laminierten Bildern der benötigten Bücher, Arbeitshefte etc. Ich lasse auch immer vor der Stunde alles auf den Tisch legen, was in der Stunde benötigt wird.
    @monakea: Der Tipp mit Entschleunigung ist gar nicht so schlecht. Ich fühle mich in der Tat durch den Lehrplan sowie meine eigenen Erwartungen etwas gedrängelt (viele können immer noch kein einziges Wort lautgetreu schreiben). Hinzu kommt, dass ich die Klasse täglich nur 2 Stunden habe. Ganz viel Zeit geht dabei immer für die Organisation drauf.
    Vielleicht sollte ich zumindest am Ende der Woche eine "Aufräumzeit" für die Organisation der Sachen einplanen.
    littleStar: Hast du eine extra Mappe nur für Hausaufgaben? Darüber denke ich dann evtl. auch nach. Dann entfältt schon einmal die Frage und die Schwierigkeit "Kommt der Zettel nun in die blaue oder rote Mappe und welche Mappe muss ich mitnehmen?"
    Ich habe mir nun einen Plan "Mäppchenkontrolle" überlegt. Ich kontrolliere eine Zeit lang und immer wieder den Mäppcheninhalt. Die Sch müssen Smilies ankreuzen, was sie haben und was ihnen fehlt. Anschließend geht das Ankreuzblatt nach Hause und muss von den Eltern unterschrieben werden.
    Die Idee mit dem Glas, in dem die ganze Klasse Steine sammelt und es am Ende der Woche eine Belohnung gibt, wenn das Glas voll ist, finde ich auch gut. Mein Problem ist dann allerdings, wie gehe ich mit Schüler y um, der eigentlich immer wieder derjenige ist, der dafür sorgt, dass es keinen Stein gibt?
    Vielleicht hilft im Endeffekt nur eins: Geduld und Zeit!
    Alema

  • Ich hatte auch einen schüler, der immer schuld war, dass es weniger steine gab. da bin ich einfach mit elterngesprächen und Konsequenz dran geblieben. Viel haben auch die anderen kinder bewirkt, die ihren unmut kundgetan haben. Sie haben sich auch manchmal vor ihn gestellt und ihn in schutz genommen. Unterm strich hat es dem klassenklima gut getan.

  • Ich kann dir versichern, dass alles was du beschreibst bei uns in Klasse 5 noch exakt genauso abläuft 8) . Das hilft dir jetzt zwar auch nicht, aber vielleicht trägt es dazu bei, dass du das mit Humor sehen kannst :engel:

  • alem2: Nein, habe keine extra HA-Mappen. Soviel fordere ich und es geht auch insgesamt gut. Wenn also im Deu-AH eine HA ist, wird dieses eingepackt. Ist es ein AB im D-Hefter, kommt der halt mit und so weiter und so fort.


    LG,


    littleStar

  • Hallo!


    Ich habe zu Beginn des 1. Schuljahres 10 Euro Materialgeld eingesammelt. Davon habe ich Kleber, Scheren, Farbkästen, Blätter, Knete, etc. gekauft. Alles bleibt immer in der Schule. Kleber und Scheren sind in einer Kiste. Die wird einfach aufgemacht und in die Mitte gestellt, wenn wir die Sachen brauchen.


    Bleistifte, Radiergummis und Anspitzer sind bei vielen Kindern mittlerweile nicht mehr vorhanden. Den Eltern habe ich einen Brief geschrieben, dass sie diese Dinge nachkaufen sollen und die Schultasche mit den Kindern aufräumen sollen, es hat sich aber nicht viel verändert. Einige Eltern können das einfach nicht... Also habe ich Bleistifte auf dem Pult stehen, die ich den Kindern ausleihe. Ich hab genaug Buntstifte und Radiergummis im Fundbüro - ein Wunder wie viele Stifte nach der Schule auf dem Boden liegen und nie jemandem gehören. Da können sich die Kinder immer die fehlenden herausnehmen und behalten.


    Am Montag verteile ich Wochenhausaufgaben, die ich freitags wieder einsammel. Übers Wochenende guck ich die nach. So spare ich mir täglich 15-20 Minuten HA-Kontrolle und Aufschreiberei. Deswegen können sämtliche Schulbücher oder -material in der Schule bleiben. Entweder liegen die Sachen im Ablagekörbchen (1 pro Gruppentisch) oder im Fach.


    Der Schultornister hängt am Tischhaken.


    Zu Beginn der Arbeitsphase wirkt in meiner Klasse ein einfaches Spiegeln: XY arbeitet fleißig, YZ hat das Buch aufgeschlagen,... Eine einfache Ankündigung "wer fertig ist, darf ein lachendes Gesicht stempeln", hilft auch. Manche Kinder brauchen mehr Druck, denen kreuze ich die Aufgaben an, die sie auf jeden Fall schaffen müssen. Das kontrolliere ich dann am Ende der Arbeitsphase und wer nicht fertig ist, muss in der Pause weiterarbeiten.


    Zum Beenden der Arbeitsphase stelle ich die Aufräummusik an. Wer nicht in der Zeit fertig wird, rutscht auf der Smiley-Tafel nach unten. Mittlerweile informieren sich die Schüler schon gegenseitig über die Aufräumphase, sobald ich auch nur am CD-Player fummel.


    Für Gangnam-Style-Gesänge oder sonstige Nichteinhaltung der Klassenregeln rutschen die Schüler auf der Smiley-Tafel nach unten.

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