Deutschland zwischen Drill und Kuschelpädagogik

  • Ah ... ja, das klingt in der Tat nicht so schlecht. Bezüglich des Films frage ich mich, ob es wirklich so gewollt war, diese Extrema zu zeigen oder ob dann doch wieder alle denken, ja so ist es - hier die schlechte Gesamtschule, dort das heilige Gymnasium. Mein Neffe ist übrigens in Bayern an einer Hauptschule und wird eine Lehrstelle beim örtlichen Klärwerk bekommen. Er hätte sogar eine Empfehlung für die Realschule gehabt. Da bin ich mir auch nie so ganz sicher, was ich davon halten soll ...

  • Aktuelle Daten zur Durchlässigkeit in den Bundesländern gibt´s hier:


    http://www.bertelsmann-stiftun…bst_dms_36755_36821_2.pdf


    Es empfiehlt sich, auch die Informationen zu den Zahlen genau zu lesen. Eine scheinbar hohe Durchlässigkeit nach oben sieht nämlich vor dem Hintergrund eines restriktiven Zugangs nach der Grundschule möglicherweise schon ganz anders aus, wenn der Wechsel später dann deutlich weniger restriktiv reguliert wird und in der Regel mit der Wiederholung einer Klassenstufe an der neuen Schulform erkauft wird... (Bayern, ab S. 67).

  • Oh Danke für den link, das ist interessant und genau das, wonach ich gesucht hatte.


    Ich bin mir ehrlich gesagt noch nicht sicher, ob ich das nun gut oder schlecht finden soll, wie es in Bayern gemacht wird. Ist es denn eine echte Durchlässigkeit, wenn 15 % der Hauptschüler schon nach der 5. Klasse auf die Realschule wechseln? Irgendwie fällt es mir schwer, diese Frage mit "ja" zu beantworten. Viel eher würde ich meinen, dass man am Ende der 4. Klasse die Latte künstlich hoch legt um nur 1 Jahr später ebenso künstlich eine besonders hohe Aufstiegsquote zu erzielen. Wenn man ehrlich davon ausgeht, dass einigen Kindern nach der 4. Klasse die geistige und/oder körperliche Reife noch fehlt um aufs Gymnasium oder die Realschule zu wechseln, warum bietet man dann nicht optional ein 5. Jahr Grundschule an? Das würde ich als weniger Statistikschönen empfinden. Bzw. ist es nicht generell ein bisschen pervers am Ende der 4. Klasse schon derartig krass zu sortieren?

  • Zitat

    Es empfiehlt sich, auch die Informationen zu den Zahlen genau zu lesen. Eine scheinbar hohe Durchlässigkeit nach oben sieht nämlich vor dem Hintergrund eines restriktiven Zugangs nach der Grundschule möglicherweise schon ganz anders aus, wenn der Wechsel später dann deutlich weniger restriktiv reguliert wird und in der Regel mit der Wiederholung einer Klassenstufe an der neuen Schulform erkauft wird... (Bayern, ab S. 67).


    Man kann auch weniger kritisch sagen: Aufstiegsbiographien gibt es nicht, wenn man jedes Kind bei der Einschulung schon mit der mittleren Reife oder dem Abitur begrüßt. Insofern gibt es natürlich dort mehr Aufstieg, wo man zunächst sehr restriktiv verfährt. Und dort mehr Abstieg, wo man immer alle jubelnd willkommen heißt. Wobei die psychischen Folgen im zweiten Fall ernster sein dürften.


    Eine mögliche Lösung besteht darin, den Abstieg generell zu verbieten bzw. durch eine umfassende Gesamtschule unmöglich zu machen. Dann würde natürlich gelten: Kein Abstieg, kein Aufstieg. Das ist so genial, dass sogar schon Politiker drauf gekommen sind.


    Zitat

    Viel eher würde ich meinen, dass man am Ende der 4. Klasse die Latte künstlich hoch legt um nur 1 Jahr später ebenso künstlich eine besonders hohe Aufstiegsquote zu erzielen.


    Das wird wohl so sein, ist für das einzelne Kind aber wahrscheinlich eine weit bessere Lösung als die Variante, überhaupt keine Latten mehr anzulegen, woraufhin die Kinder dann über die Jahre nach unten gereicht werden.

  • Das wird wohl so sein, ist für das einzelne Kind aber wahrscheinlich eine weit bessere Lösung als die Variante, überhaupt keine Latten mehr anzulegen, woraufhin die Kinder dann über die Jahre nach unten gereicht werden.


    Das sehe ich prinzipiell auch so. Aber wenn ganze 15 % schon nach einem Schuljahr die Schulform wieder wechseln finde ich das am Ziel vorbeigeschossen. Unsere Übertreter, von denen ich weiter oben mal geschrieben habe, machen ja die eine Schulform komplett fertig, haben dann also einen Abschluss in der Tasche. Bis dahin sind sie schon 18 Jahre oder älter und entscheiden höchst selbst über ihren weiteren Weg. Klar verbringen die im Endeffekt dann auch 1 - 2 Jahre länger an der Schule bis zur Matura. Psychologisch gesehen ist es für mein Empfinden aber kein Durchgereichtwerden und kein Rumwursten sondern einfach nur ein anderer Weg zum selben Ziel. Das bieten auch Bayern und Baden-Württemberg so an und das finde ich wiederum gut.

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  • Daneben würde ich nur anmerken wollen, dass ich gerade die Studien der Bertelsmannstiftung zu bestimmten Themen ausgesprochen misstrauisch betrachte ...

  • Weil sie politisch nicht neutral zu sein scheint? Die Bertelsmann Stiftung ist ja nun wirklich recht umstritten.


    Zum Film: Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie man so einen schlecht recherchierten Film als Grundlage für eine ernsthafte Diskussion nehmen kann...

  • Ich kann die Diskussion hier auch ohne direkten Bezug zum Film führen. Finde es immer spannend zu lesen, was andere generell über das Thema denken. Ich finde den Film selbst auch äusserst schlecht.


    Die Zahl die hier zuletzt diskutiert wurde, waren die 15 % Schulformwechsler nach der 5. Klasse. Ich glaube, das kann ich völlig unabhängig davon, ob die Zahl von der Berteslmann-Stiftung festgestellt wurde, eher bedenklich finden. Was mir in der Studie eindeutig fehlt ist der Prozentsatz an SuS, der nach der Realschule in die gymnasiale Oberstufe eintritt. Weiss das jemand spontan?

  • Das mag ja alles richtig sein. Ich schrieb ja eben schon, die Zahl derer, die z. B. nach der Realschule die gymnasiale Oberstufe besuchen, fehlt. Dennoch wird die Zahl "15 % Schulformwechsler nach der 5. Klasse" nicht erfunden sein, dass liesse sich ja viel zu schnell nachprüfen. Mir ist durchaus aufgefallen, dass die Studie nur einen kleinen Teil des Themas "Durchlässigkeit" darstellt. Den Teil mit den 15 % finde ich aber einfach sinnlos.

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