WARUM ist im Anfangsunterricht das Ausmalen SO wichtig???

  • Hallo,


    mein Sohn wird im Sommer eingeschult, dann ist 6,2 Jahre alt.


    Insgesamt ist seine Entwickling lt. Kiga-Entwicklungsbeobachtung wirklich sehr erfreulich. Er ist sehr selbstbewusst, kann seine Meinung deutlich und bestimmt artikulieren. Er ist besonders ausgleichend, versucht Streit alleine zu lösen und immer mit ausgleichenden Worten - er hat einen großen Gerechtigkeitssinn und achtet sehr auf das Einhalten der Regeln. Er ist sprachlich sehr begabt und hat eine gute Auffassungsgabe, ebenso hört er gut zu. Auch seine Frustrationstoleranz hat sich verbessert - mittlerweile kann er es gut aushalten, wenn er im Stuhlkreis nicht gleich dran kommt. Er ist bewegungsfreudig und geschickt.


    Er spielt sehr zielgerichtet mit seinen 'Kumpels' - zur Zeit hauptsächlich in der Bauecke, dabei übernimmt er auch immer wieder mal die Führung.


    Aber unser Problem ist die Feinmotorik beim Stifthalten. Er hat zwar den Pinzettengriff, ist aber zu langsam und zu ungeschickt - auch beim Schneiden. Er ist beim Ausmalen viel zu langsam (im Vergleich zu den anderen) und zu ungeschickt. Wir haben jetzt verabredet, dass er und seine 'Kumpels' im Kiga (die da alle wohl nicht die Leuchten sind, aber Moritz fällt da noch 'raus) auch mal 'Hausaufgaben' bekommen und vermehrt an den Maltisch geholt werden. Ich werde zu Hause auch ihn vermehrt zum Malen anregen.


    Irgendwie bin ich nicht ganz glücklich mit der Situation, denn ansonsten ist seine Feinmotorik wirklich gut. Er baut die winzigsten Lego-Modelle alleine nach den Bauanleitungen zusammen (z.B. große Ritter und Bionicles). Er ist beim Basteln und Malen eher der Kreative, er denkt sich Maschinen aus, die er malt oder baut mit Styropur-Teilen.



    Ausmalen und Schneiden von Vorlagen ist ihm irgendwie zu blöd ...


    Aber in seiner zukünftigen Grundschule wird im Anfangunterricht ausgemalt bis zum Abwinken!


    Jetzt meine Frage - Wieso wird auf dieses Ausmalen DERARTIGEN Wert gelegt. Er kann alle Zahlen schreiben - hat er sich selbst beigebracht. Die 8 gelingt ihm wirklich in der Schleifenbewegung gut. Andere Zahlen schreibt er richtig, wenn auch nicht in der empfohlenen Schreibrichtung - aber er ist Linkshänder, lässt sich noch dazu nicht wirklich überzeugen, es anders zu machen. Mit 4 Jahren hat er seinen Namen geschrieben. Er rechnet im Zahlenbereich bis 10 sicher (auch schriftlich plus und minus), bis 20 mündlich sicher.


    Und nun soll er unter Umständen daran scheitern oder echte Frusterlebnisse erleiden, weil er nicht vernünftig ausmalt...


    Wer kann mir was dazu sagen oder noch Tipps geben?


    Danke schon mal!


    Tante Lotta

  • Meiner Erfahrung nach haben Kinder, die beim (Aus-)Malen und Ausschneiden Schwierigkeiten haben, auch Probleme mit der Schrift. Daher sind alle Übungen zur Feinmotorik sehr wichtig. Außerdem ist es nicht schlecht, wenn sie lernen, einen bestimmten "Rahmen" einzuhalten.
    In der Schule malen wir eigentlich nicht mehr sehr oft aus - höchstens ein paar Mandalas oder in Werken.
    Das Ausschneiden wird aber recht oft gebraucht.
    LG, inschra

  • Hallo,


    das mit dem oft ausmalen ist wohl von Schule zu Schule unterschiedlich. Meine Tochter geht in die Dritte Klasse. Gerade in Mathe gibt es immer wieder Arbeitsblätter, wo ausgemalt wird. Da ist z.B. eine Blumenwiese mit Blütenblättern wo Rechenaufgaben drin sind, dann ist dem Ergebnis 10 die Farbe grün, dem Ergebnis 88 die Farbe blau usw. zugeordnet. Das war schon in der ersten Klasse ähnlich, die Kinder waren schnell im Rechnen, aber das Malen hat gedauert.


    LG Birgit

  • Mein Sohn war auch nicht zum Ausmalen zu bewegen. Wir haben ihn trotzdem als Kann-Kind eingeschult, da sonst alles im grünen Bereich war. Nach kurzer Zeit in der Schule war das Thema hinfällig.


    Gruß Remus

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Hallo, Tante Lotta,
    die Anrede find ich klasse, ist irgendwie so vertraut.


    Ich kenne das auch mit den Ausmalgeschichten. Mein Sohn hat dazu auch null Lust.
    Habe Lehrer darauf angesprochen und der meinte, auch beim Ausmalen würde das Kind lernen, würde sich dann auch
    mit dem Thema befassen.


    Tja, das ist die Aussage.


    VG
    woman123

  • Geht es wirklich nur ums Ausmalen? Oder gibt es auch sonst noch Probleme im feinmotorischen Bereich???
    Wie schon vorher gesagt, Ausmalen ist eine Anforderung, Schneiden eine andere...., weitere Anforderungen werden folgen.
    Ist der Kindergarten auf dich zugekommen, dass diese Schwierigkeiten bestehen oder die Schule oder bist du selber darauf gekommen? Worauf führst du die Schwierigkeiten zurück (mangelnde Übung, nur auf das Ausmalen begrenzt? Hängt von der Art der Aufgabe ab...).


    Falls du keine befriedigenden Antworten findest, würde ich einen Ergotherapeuten aufsuchen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Einmal mehr drauf schauen kann nicht schaden.


    Ich selber bin Lehrerin und habe einen gerade eingeschulten Sohn. Es ist typisch, dass Jungen weniger Spaß am Anmalen haben als Mädchen. Mein Sohn malt auch nicht gerade gerne an, aber wenn ich ihm ein Rittermalbuch besorgt habe, oder Dinosauriermalbuch (wieso weshalb warum) hat er es gemocht. Also die erste Frage, kannst du ihn nicht durch Dinge, die ihn interessieren dazu kriegen, die Feinmotorik zu schulen??? Es gibt viele Möglichkeiten, die Feinmotorik zu schulen, es muss nicht unbedingt das Ausmalen sein. Wie du deinen Sohn schilderst, scheint er ja schon sehr weit in der Entwicklung zu sein, von daher wäre das Ausmalen ja nur ein Bereich.... , den ich als eher untergeordnet ansehe. Stifthaltung ist natürlich wichtig, vielleicht helfen dreieckige Stifte, dickere Stifte.,,,


    Die Idee mit den Hausaufgaben finde ich nur gut, wenn es mit Spaß und nicht mit Uaää verbunden ist, denn so bekommen Hausaufgaben schon einen negativen Tatsch und dies vor der Schule.


    Auf deine Frage, warum Wert auf das Ausmalen gelegt wird, könnte ich nur hypothetisch beantworten - ich würde vielleicht eher direkt die Schule ansprechen. Dann weißt du genau, was sie damit verbinden. Ich würde auch nachfragen, wie mit solchen Kindern wie mit deinem Sohn umgegangen wird und mich nach Tipps umhören. Denn die Kinder sollen ja noch nicht fertig in die Schule kommen - vielleicht kann man mal das Thema Erwartungen der Schule und der Eltern im Kindergarten thematisieren.
    flip

  • Hallo Tante Lotta,
    mein Sohn hasst ausmalen, geht jetzt in die 1.Klasse und muss Gott sei Dank nicht mehr so oft ausmalen. Das Drama fing am 1.! Schultag an, da kam er nach Hause, holte ein Blatt raus und sagte, er muss das hier ausmalen, will aber nicht. Es war eine Schultüte abgebildet, mit kleinen Kreisen, Schleifen und Blumen. Nachdem er das erste Mal übergemalt hatte, nahm das Drama seinen Lauf. Er heulte, schrie: blöde Schule, da geh ich nicht wieder hin....
    Es kostete mich Mühe, den kleinen Kerl davon zu überzeugen, dass er bestimmt nicht täglich ausmalen muss und habe ihm versprochen, wenn es ihm zu schwierig ist, ihm ein bischen zu helfen. (nicht schimpfen, ich hab´s ja nur ab und an gemacht).


    Mein Sohn malt wirklich sehr gerne, ausdauernd und fantasievoll, ABER NICHT AUS!


    Also, ich glaube nicht, das Dein Sohn nicht zur Schule kommt, nur weil er nicht ausmalt. Vielleicht malt Ihr mal zusammen ein Bild aus, bei uns hat das einigermaßen geklappt (natürlich nur, wenn´s nicht für die Schule war und er es als freiwillig empfunden hat).



    Liebe Grüße


    bine

  • Ausmalen ist für fantasiebegabte Kinder langweilig.
    Sie malen lieber frei was ihnen einfällt.


    Mein Sohn hat nie ausgemalt, bevor er in die Schule kam. Er hat auch nicht mit Lego gebaut, mag er heute noch nicht. Er bastelte nicht gerne, schnitt nicht gerne aus, machte nichts mit Bügelperlen und was man sonst so für die Motorik macht.


    Ich hatte mich darauf eingestellt, das das Schreibenlernen bei ihm wohl mühsam werden wird.
    Aber weit gefehlt. Er hatte gar keine Probleme damit.


    In der Schule stellte er fest, dass schön ausgemalte Bilder dem Lehrer gefallen.
    Von da an hat er ausgemalt, mit Leidenschaft und Akrebie. So sehr, dass er anstatt zu rechnen nur noch ausgemalt hat.
    Von da an durfte er erst ausmalen, wenn er fertig mit Rechnen war.


    Manchmal kommt es eben doch anders als man denkt.

  • @ all


    Danke schon mal für die zahlreichen Antworten. Das ging ja schnell hier :-)! Ich selbst bin Sonderschullehrerin und schlage mich von daher mit ganz anderen Defiziten herum als dem Nicht-Ausmalen können. Was übrigens zusammen mit dem Schneiden die einzigen Defizite sind. Und ne, ich verlange vom Kiga regelmäßige Elterngespräche - ich find' s nett mal auf der anderen Seite zu sitzen!


    Ich habe soeben noch einmal die weltbeste ehemalige Kollegin, LRS-Therapeutin und Logopädin kontaktiert. Ihre Meinung ist, dass es tatsächlich an der Linkshändigkeit und der damit verbundenen motorischen Unfähigkeit liegt, rechtzeitig vor der Begrenzung zu stoppen. Weil er das merkt, dass er trotz wissenlicher Gegensteuerung nicht kann, deswegen ist ihm das Ausmalen ein Greuel. :( Genauso ist es auch!


    Sie schlägt vor, mit großformatigen Pappen etc. zu arbeiten und auch Pinsel zu nehmen mit z.B. Tusche, Plaka oder so. Und ihn damit anfangen zu lassen. Z.B. Schnecken, Bäume oder so ausmalen und dann auch AUSSCHNEIDEN lassen. HAt den Vorteil er muss nicht klein-fein arbeiten und wenn's daneben geht, kann er es SELBST wegschneiden. Zwei Fliegen mit einer Klappe oder ;)


    Also soll der Schritt dann von groß nach klein erfolgen. Sie sagt, ich soll noch nicht zur Ergo gehen (war ja auch meine Idee), sondern die erst wirklich einschulungsnah in Anspruch nehmen, wenn sich wirklich nichts tut bis dahin.


    Gleichzeitig soll ich vermehrt Übungen zur LAteratilität (über Kreuz - Hirnhälften verbinden) machen. Aber das machen die auch regelmäßig im Kiga.


    ICh danke Euch erstmal (nettes Forum hier!) und würde mich über weitere Anregungen noch sehr freuen!


    LG


    Tante Lotta

  • Hallo Tanta Lotta!


    In Deinem letzten Beitrag verbindest Du Linkshändigkeit mit "motorischer Unfähigkeit". Das finde ich seltsam. Bin selber so halber Linkshänder, schreibe mit rechts, male oder schneide aber mit links. Am Anfang war schreiben bei mir ein Drama, aber wieso denn immer gleich irgendwelche Therapien vorschlagen? Vielleicht gibt sich das Problem ja nach einem halben Jahr. Bei mir gings nach Weihnachten dann besser, meine Mami wollte mich schon wieder aus der Schule nehmen, hat sie mir aber zum Glück nicht gezeigt. In dem Alter muss man sich doch eh noch an alles gewöhnen, was mit Feinmotorik zu tun hat, ist doch vielleicht normal, Probleme zu haben. Bleibt gelassen, LG willi

  • Hallo Birgit,


    Zitat

    Legata schrieb am 16.03.2005 17:37:
    Gerade in Mathe gibt es immer wieder Arbeitsblätter, wo ausgemalt wird. Da ist z.B. eine Blumenwiese mit Blütenblättern wo Rechenaufgaben drin sind, dann ist dem Ergebnis 10 die Farbe grün, dem Ergebnis 88 die Farbe blau usw. zugeordnet. Das war schon in der ersten Klasse ähnlich, die Kinder waren schnell im Rechnen, aber das Malen hat gedauert.


    dieses "Ausmalen" dient wahrscheinlich eher der Selbstkontrolle (wenn die Blume 6 rote Blütenblätter und 2 grüne hat, stimmt irgendwas im Rechenergebnis nicht) durch die Schüler. Ähnliches gibt es im Bereich Deutsch - die Lese-Mal-Blätter. Dabei wird das sinnentnehmende Lesen trainiert.


    LG, das_kaddl.

  • Hallo an das_kaddl,


    ja mag schon sein, dass die Selbstkontrolle da möglich ist. Aber es ist auch einfach nervig, weil es kostet manchmal viel Zeit, nur das Ausmalen. Somit bin ich dann manchmal der Maler und besonders in der ersten Klasse musste ich mich bemühen etwas unordentlich zu malen. Jetzt sind die Kids in der dritten, da sind manchmal genug HA auf, jetzt könnte man auf dieses Malen verzichten.


    LG Birgit

  • Ich habe zur Zeit eine 1. Klasse.
    Gerade im Anfangsunterricht gibt es einfach eine Menge Kinder, die unheimlich gerne (aus)malen. Deshalb habe ich auch relativ viele Angebote dieser Art. Während ich ganz am Anfang noch viel Wert darauf gelegt habe, überlasse ich es den Kindern inzwischen auf freiwilliger Basis. Allerdings erst dann, wenn sichergestellt ist, dass die Feinmotorik hinreichend entwickelt ist.


    LG Lea

    Carpe noctem!

    Einmal editiert, zuletzt von Lea ()

  • Mir ist aufgefallen, dass Kinder, die schlampig ausmalen, auch schlampig schreiben. Damit meine ich die grundsätzliche Arbeitshaltung, hat nichts mit Talent zu tun.
    Und es hat auch nichts mit dem Talent zum Zeichnen zu tun. Viele Kinder zeichnen echt gut, aber zum Ausmalen fehlt ihnen die Geduld.
    Wir leben eben in einer schnelllebigen Zeit. Der Spruch 'Gut Ding braucht Weile' ist eben 'uncool'... :rolleyes:

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