Listen for gist!

  • Hallo,


    ich bereite gerade eine Hörverstehensübung zu Elvis' "In the Ghetto" für mein Seminar vor. Das erste Hören soll "Listen for gist" sei und dazu habe ich eine Multiple Choice Frage danach gestellt, worum es im Song grob geht (Antwort: a boy growing up in the ghetto). Nun überlege ich, welche Fragen ich noch stellen kann. Alle Fragen, die mir einfallen, würden wahrscheinlich doch als "Listen for details" und nicht mehr als "gist" gelten. Das einzige, was ich noch als "gist" empfinde, ist die Frage nach der Atmosphäre des Songs. Die Auswahlmöglichketen wären: happy, funny, sad. So oft wie in dem Song "his mama cries" "his hunger burns" etc. wiederholt werden, sollte die Stimmung eigentlich auch beim ersten Hören erkannt werden. Aber nun sagte mir jemand, dass die Frage nach der Atmosphäre (mood) auch schon als "detail" und nicht als "gist" gilt.
    Kann mir jemand sagen, ob das stimmt? Gilt die Stimmung eines Songs als "detai"? Was genau gilt denn eigentlich dann als "gist" und was als "details"? Ich bin jetzt ziemich verunsichert.


    Vielen Dank

    • Offizieller Beitrag

    Ich finde diese genaue Unterscheidung unsinnig. Was soll das? Und wenn Schüler dann sagen, was sie verstanden haben und es ist nicht dein "gist", dann sagst du "no, sorry, not quite the point" oder was? Was soll das üben? Vor allem, nachdem du es selber schwer zu unterscheiden fandest?


    Ich frag bei Hörverstehen: What ist the song/speech/text about, generally?
    Und dann kommt, was kommt, und wenn mir das nicht reicht, spiel ich den Text nochmals und sag, sie sollen mehr Details raushören oder mit dem Fokus soundso zuhören. Wenn sie nach dem ersten Zuhören schon alles gefunden haben, isses auch gut, man muss mit Schülern ja nix machen, was sie nicht brauchen.


    Grundsätzlich ist die über-Technokratisierung (die Methode 3,5 Minuten lang, dann jener Impuls, da muss genau das bei rauskommen, Tafelbild ist schon vorgeplant, egal, was die Schüler so sagen werden... ;) .) des Unterrichts kontraproduktiv. Es geht immer noch um Inhalte - und die sind kapiert, wenn sie kapiert sind. Mehr Lenkung ist nur dann nötig, wenn das noch nicht der Fall ist. Das ist Professionalität.


    Also, es reicht doch völlig, erstmal generelles Wissen abzufragen (ohne hellzusehen, was dann genau kommt oder gar vorher festzulegen, was zu kommen hat) und dann zu gucken, wie generell/oberflächlich das ist. Ob oder ob nicht, wird spontan entschieden, und nach Bedarf weitergefragt.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    5 Mal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Das Hintergrundwissen ist hier wichtig - ich würde davon ausgehen, dass der großen Mehrheit der Lerngruppe egal an welcher Schulform das Civil Rights Movement und die Realität der Rassensegregation in den USA der Zeit dieses Liedes nicht präsent ist.


    Wenn es um den Erstkontakt mit dem Lied geht, kann man darauf auf zwei verschiedene Art und Weisen aufbauen; wenn das Wissen um den Rassismus zu dieser Zeit schon angelegt ist, können Vermutungen über die Zusammenhänge angestellt werden. Wenn die Schüler überhaupt nichts wissen, kann sich eine interessante Problemfrage "Hä, worum geht es hier eigentlich?", über Hypothesenbildungen und Vergleiche mit der eigenen Lebensrealität und ein Ansatz zu weiterem Nachforschen ergeben. Ich finde die zweite Variante eigentlich interessanter.


    Nele

  • Bei der Hypothesenbildung kann man die schwächeren Schüler ins Boot holen, wenn man die Hörerfahrungen aller erst einmal als Vokabeln und Phrasen an der Tafel sammelt. Es ließe sich z.B. eine Schreibaufgabe zwischenschalten, bei der die gehörten Sprachfragmente in eine eigene Geschichte gestaltet werden und diese Ergebnisse dann später beim close reading mit dem Lied verglichen werden. Dann ist auch der Lehrer als Instanz von "richtig und falsch" ausgeschaltet.


    Ich kann mir vorstellen, dass das bei "In the Ghetto" und seiner eingängigen, einfachen Geschichte zu ziemlich guten Ergebnissen kommt.


    Nele

  • Ich stimme euch zu!
    Danke für eure Beiträge.
    Ich finde es einfach übertrieben, wie die FS dich mit Feinheiten verrückt machen.
    Man fühlt sich immer unsicher dabei.
    Letztendlich sind sie auch selber Menschen mit subjektiven Meinungen (und klar mehr Erfahrung auf jeden Fall!).
    Ich muss aber als Referendar genau verstehen, wie meine FS ticken und tun was sie wollen.


    Liebe Grüße euch beiden!

    • Offizieller Beitrag

    Wenn du professionelles Handeln dann mit professionellen Argumenten begründen kannst, merken das auch die meisten Fachleiter.
    Diese kleinschrittigen, hochgenauen Konzepte mit wortgnauer Festlegung dessen, was Schüler äußern und lernen sollen, sind welt- und unterichtsfremd. Lass dich davon nicht so einschüchtern.


    Wenn ich ne Stunde plane, hab ich ne Idee, n gutes Material und ne grobe Vorsellung von der Methode. Wenn der Kurs an dem Tag nicht gt drauf ist, oder die Interessenlage anders ist, plane ich natürlich spontan um und zwinge die nicht in mein Korsett. Kommt nix bei raus. Ich will aber, dass aus jeder Stunde was rauskommt.


    Beispiel: ich habe letztens eine Debatte zwischen britischen jungen Muslimen gezeigt. Eigentlich wollte ich auf Integrations-Gelingensfaktoren hinaus. Die sollten dann an der Tafel stehen.


    Jetzt haben einige der jungen Muslime im youtubevideo aber Sachen gesagt, die meine Damen im Kurs (überwiegend auch Musliminnen) tierisch aufgeregt haben! Soll ich die jetzt ernshaft in ihrer Empörung und ihrem Diskutierwillen bremsen? Bestimmt nicht. Dann wurde das halt diskutiert. Und von da aus Frauenrechte generell, Religon und Freuenrechte, Frauenrechte in England/USA/Deuschland/Irak/Afghanistan und Pakistan. Frauenrechte und Ökonomie, Frauenrechte und Erziehung. Super spannend, extrem tiefgreifend.


    Die Tafel war 2x komplett knallevoll, mit Ideen, Fakten, Fachvokabular.


    Hate nicht so irklich viel mit meinem Plan zu tun.
    So what? Alle haben sich beteiligt, die Diskussion war auf hohem Niveau, die neuen Vokabeln zahlreich, die Inhalte spannend, alle haben was gelernt.


    Wichtig ist, den Schüler nichts kleinschrittigst vorzudenken. Dann tun sie es nicht mehr selber.
    Die Integrationsgelingensfaktoren mach ich mit was anderem. Macht nix.

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