Gibt es auch Gutes zum Thema Referendariat zu sagen?

  • Hi Tom!
    nur Mut... ich hab's gerade hinter mich gebracht und muss sagen, es hat trotz allem Spaß gemacht! Stress hat man - da baraucht man nicht drum herum zu reden - und die Prüfungssituatione, die andauernd wieder entstehen, sind nicht angenehm. Aber es macht unerhört Spaß mit den Schülern umzugehen, bei denen man mit dem immerhin viel sorgfältiger und kreativer ausgedachten Unterricht und als junger Lehrer schnell einen Stein im Brett hat. Zudem ist es faszinierend, diese jungen wilden sich entwickelnden Menschen zu erleben und begleiten zu dürfen... und noch ist es nicht die x-te Schülergeneration, sondern das eigene Erleben sehr intensiv - man ist der Chef im Ring, besonders wenn man denn endlich eigenverantwortlichen Unterricht geben daf.
    Wenn's irgendwie geht, dann gehe auch auf die Kollegen (ich meine die Ref's) zu, denn eine intakte Gemeinschaft, die man natürlich erstmal erarbeiten muss, hilft einem viel weiter, und man braucht den Austausch. - Ich hatte selbst viel Angst nach den vielen Gerüchten und war mir nicht sicher es zu schaffen - aber es geht, es geht gut, es kann an vielen Ecken sogar Spaß machen.
    grüße,
    JJ

  • Hallo JJ,
    erstmal vielen Dank fuer deine Antwort. Das macht Mut.
    Wielange muss man denn tatsaechlich taeglich arbeiten, wenn man die Sache ernst nimmt?
    Wo hast du dein Ref gemacht und in welcher Schulart.

  • Also ich fand das Refendariat wie wohl alle hier z.T. sehr stressig und auch den psychischen Druck durch das ständige Beobachtetsein im Unterricht sehr anstrengend. Zudem raubt es einem einen Großteil der Freizeit.


    Nichts destotrotz bewerte ich diese Zeit als eine gelungene Zeit. Ich habe erkannt, dass der Lehrerberuf meine Sache ist, dass ich die Zusammenarbeit mit den Kids nicht missen möchte. Ich habe zudem viel über mich selbst gelernt und durch die Reflexion und den Austausch mit anderen Referendaren und Kollegen viel gelernt.


    Hör nicht auf alle Gerüchte. Zwar stimmen die meisten und es wird wirklich so schlimm
    ;) , aber du kannst auch positive Seiten erkennen, wenn du nur möchtest.


    Klar: es ist wichtig, dass du versuchst, dir wenigstens ein bisschen Zeit nebenher als FREIZEIT zu lassen. Zudem solltest du versuchen, deine Freundschaften und Beziehungen aufrecht zu halten. Sei ehrlich zu ihnen und erkläre ihnen klipp und klar, dass du vielleicht weniger Zeit hast, dich mit ihnen zu treffen, du aber trotzdem ihr Freund bleiben wirst. Es gibt ja Telefon, Mail ;)


    Nur Mut, warte ab, was kommt.


    Gruß Annette

  • Hallo Tom,
    ich bin seit Mai 2003 im Ref an einer Grundschule und bin sehr zufrieden: ich komme mit den Kolleginnen gut aus und lerne viel von ihnen, mit meinen Schüler kann ich gut arbeiten (abgesehen von meiner SU-Klasse), meine Seminarleiter erscheinen mir -bis jetzt- sehr fair und versuchen, uns vor allem im Hinblick auf den Aufwand für "Vorführstunden" auf dem Teppich zu halten. Es gibt immer mal Tage, an denen ich Einladungen ausschlagen muss, weil ich sonst mit meiner Unterrichtsvorbereitung nicht fertig werde, aber dafür gibt es auch Tage, an denen ich mehr Zeit habe, weil ich meine Unterrichtseinheiten geplant habe und sie erst einmal "laufen lassen" kann, ohne jeden Tag Stunden vorbereiten zu müssen.
    Bei uns in Niedersachsen gibt es keine "Seminartage". Wir haben in jedem Fach im Monat ein Vormittags-Seminar (Ein Seminarteilnehmer zeigt an seiner Schule eine Stunde, wir reflektieren sie gemeinsam und besprechen anschließend, wenn wir noch Zeit ahebn, ein Theorie-Thema. Solche Seminare dauern 3 Stunden.) Dazu kommt in den Langfächern ein Nachmittagsseminar (auch 3 Stunden), in dem nur Theorie besprochen wird. Dazu kommen noch Pädagogik-Seminare (vormittags und nachmittags, im Monat etwa 8 Stunden). Die Vormittagsseminare finde ich blöd, sie sind zeitaufwendig und geben mir persönlich nicht viel. Außerdem muss man sich morgens sehr hetzen, um nach der 2. Stunde (ist bei mir um 9.45 Uhr), um bis 10.30 Uhr an der entsprechenden Schule zu sein. Das können unter Umständen 50 Kilometer Fahrt sein. Ich kenne viele, die stöhnen, dass sie für so wenig Gehalt, so viel unterrichten müssen und zusätzlich auch noch an den Seminaren teilnehmen müssen. Ich sehe das anders: für meine Arbeit in der Schule bekomme ich Geld und zusätzlich bekomme ich auch noch mehrere Stunden Ausbildung in Form von Seminaren. Wenn ich mir überlege, was ich z.B. für ein paar Stunden Tanzkurs zahlen muss, bekommt man doch sehr viel Geld in Form von Seminarstunden. Ich muss ja auch nur an Seminaren teilnehmen, die mich interessieren, denn sonst hätte ich diese Fächer ja nicht mehrere Semester an der Uni studiert.
    Ich denke, dass ich mich ganz "normal" benehme. Aber meine Kolleginnen beneiden mich immer wieder um meine Ruhe und Geduld. Sie bewundern meine Gelassnehit im Hinblick auf Unterrichtsbesuche und im Umgang mit unruhigen Kindern. Wahrscheinlich haben sie schon Referendare erlebt, die immer schon Tage vor Unterrichtsbesuchen völlig am Rad drehen, nicht mehr essen, nicht mehr schlafen und dadurch am Ende gar nichts zu Wege bringen.
    Ich kann dir nur empfehlen, das Ganze mit Ruhe anzugehen, du wächst mit deinen Aufgaben. Du tust mit Hektik weder dir noch deinen Schülern einen Gefallen. Niemand erwartet, dass du von Anfang an perfekt bist. Nutze die Zeit, um von erfahrenen Kolleginnen so viel wie möglich zu lernen, tausche dich mit deinen Seminarkolleginnen aus, damit du merkst, dass auch andere Probleme haben. Während des Referendariats hast du noch Zeit, auszuprobieren und dich über (Miss-) Erfolge mit jemandem zu beraten. Wenn du später allein für eine Klasse verantwortlich bist, ist das mit dem Beraten und Austauschen nicht mehr so einfach. Ich finde, es inzwischen auch überhaupt nicht mehr unangenehm, wenn sich jemand meinen Unterricht ansieht. Nur so kann ich über Knackpunkte mit jemandem sprechen und bekomme Anregungen, wie ich es besser machen kann.
    Gewöhn dir gar nicht erst an, in allem, was das Ref betrifft, immer nur das Schlechte zu sehen, dann wird´s bestimmt gar nicht so schlimm.
    Einen guten Start wünscht dir
    ohlin

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Tom,


    nachdem ich hier auch immer viel Negatives übers Ref zu berichten weiß, versuche ich mal - mit ein paar Jahren Abstand - die positiven Aspekte aufzulisten:
    - Du lernst auf jeden Fall, dich selbst, d.h. dein Tun und Handeln im Unterricht (und in der Vorbereitung) zu reflektieren. Das ist am Anfang hart. Ich musste erst lernen, Kritik zu akzeptieren! Es hilft aber nach dem Ref ungemein bei der täglichen Vorbereitung, wenn man die Kriterien im Kopf abspulen kann - vor allem bei ner vollen Stelle!
    - Du arbeitest für die Lebewesen, die dir am Herzen liegen (wenn ich das mal so poetisch ausdrücken darf). Die Kinder schaffen es, dich abzulenken und zu trösten, auch wenn es dir mal nicht so gut geht. Man weiß, für wen man sich das alles aufhalst.
    - Suche dir in deinem Seminar Leute, die auf deiner Wellenlänge schwimmen. In meinem Freundeskreis sind viele, die ich im Ref kennengelernt habe. Diese Freundschaften halten, weil man sich gemeinsam durch eine harte Zeit gekämpft hat.
    - Du hast als Berufsanfänger ein paar kleine Freiheiten - nutze sie, probiere aus, auch wenn mal eine Stunde daneben geht.
    - Du hast auch Freizeit, d.h. du wirst im krassen Gegensatz zum Studium lernen, deine Zeit optimal einzuteilen. Das hilft dir auch für später.
    - Du wirst in einer relativ kurzen Zeit so viel lernen, dass du erst nach und nach den Nutzen dieser Dinge begreifst. Es ist eigentlich zu viel auf einmal, deshalb verzweifelt man manchmal und braucht Organisationshilfe. Aber dafür sind wir in diesem Forum ja auch manchmal da!


    So, hoffentlich bist du nun ein bisschen beruhigt. Ich wünsche dir eine nette Schule mit netten Kollegen und noch netteren Schülern.
    Gruß
    strucki (die sich gerade vorkommt wie ein alter Hase ... bitte die noch älteren Hasen um weise Worte!)

    Ein Niederrheiner ist einer, der nix weiß und alles erklären kann.
    Hanns Dieter Hüsch

  • Hallo Tom!
    Ich kann mich dem Tenor meiner Vorredner (oder besser -schreiber ;) ) nur anschließen.
    Ganz klar: das Ref ist stressig, die Freizeit wird stark reduziert und es ist nicht gerade angenehm so beobachtet und kritisiert zu werden. Hinzu kommt, dass Kritik auch schnell persönlich werden kann, da es oft eben um die häufig erwähnte Lehrerpersönlichkeit geht (kenn z.B. einen 45jährigen Seiteneinsteiger, der fachlich mit Sicherheit sehr kompetent ist, sich aber sehr daran gewöhnen muss, nun als Person kritisiert zu werden).
    Dennoch: ich persönlich ziehe ein positives Fazit. Klar, ich hatte das Glück, dass ich mich superwohl an meiner Schule gefühlt habe und ich denke, dass auch die FL sehr bemüht und fair waren. Z.B. wurden bei uns keine Showstunden mit riesigem Materialaufwand erwartet, letzteres wurde sogar negativ bewertet (es sei denn, man kann das Material immer weiter verwenden). Dennoch sind UB-STunden natürlich schon allein aufgrund der verwendeten Vorbereitungszeit unrealistisch (trotzdem finde ich es sinnvoll, Stunden auch mal so intensiv vorzubereiten und zu durchdenken, wie es bei diesen Vorführstunden ist).
    Insgesamt habe ich mich im Ref 1000mal wohler gefühlt als im STudium, weil ich meistens das Gefühl hatte, meine Zeit endlich sinnvoll zu nutzen.
    Und wie die anderen schon geschrieben haben: es gibt keine bessere Bestätigung als die Rückmeldung der Kinder.
    Ich wünsche dir Glück mit deiner Schule und dem Seminar und hoffe, dass auch bei dir die positiven Eindrücke überwiegen werden.
    LG
    RR

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.

  • Zitat

    Insgesamt habe ich mich im Ref 1000mal wohler gefühlt als im STudium, weil ich meistens das Gefühl hatte, meine Zeit endlich sinnvoll zu nutzen.


    Das kann ich nur bestätigen! Ich hab mich während des Stusiums oft gefragt "Was soll ich hier?"
    Natürlich hat das Ref viel Kraft gekostet, aber ich kann mit Sicherheit sagen hier viel gelernt zu haben, mehr als während des gesamten Studiums.
    Ich kann mich auch über meine Freizeit nicht beklagen. Das Zeitmanagement hab ich irgendwie schon immer gut im Gefühl gehabt und so hab ich während des Refs nicht einen Abend länger gearbeitet als bis 19.00 Uhr. Meistens dafür am Wochenende. Aber Abends hatte ich immer Zeit. Das war auch der guten Organisation an unserem Seminar zu verdanken. Die haben uns während den Prüfungszeiten echt den Rücken frei gehalten und haben da keine bzw. kaum Veranstaltungen gemacht. Das war echt gut. So konnten wir als es wirklich drauf ankam uns völlig auf unsere Aufgaben konzentrieren und mussten nicht noch ins Seminar rennen. Im Gesamten gesehen war es eine wirklich gewinnbringende Zeit für mich, in der ich selber auch meine Stärken und Schwächen ausloten konnte. Was natürlich ohne meine Schüler nciht möglich gewesen wäre. Ich war an einer SHCule mit sehr schwierigen Schülern was mich manchmal an den Rand der Verzweiflung gebracht hat, aber es gab auch immer wieder schöne Stunden und Schüler, die mir gezeigt haben, dass sie meine Arbeit schätzen. Das wiegt irgendwie alles wieder auf.
    In dem Sinne, gutes Gelingen für dein Ref.


    Viele Grüße, Barbara

  • Hallo Tom,
    zum Mut machen:
    Als ich ins Referendariat ging, hatte ich überhaupt keine Ahnung von nix! Von Didaktik hatte ich nur mal entfernt was gehört, mein Praktikum war minimal gewesen, die ganzen "bekannten" Pädagogen sagten mir gar nichts, und ich dachte echt, ich müsste das jetzt alles gaaaaaaanz schnell nacharbeiten und aufholen. Bei und musste man nach 2 Wochen schon unterrichten, erst 6, dann schnell 12 Stunden pro Woche, und ich merkte, dass ich Prioritäten setzen musste. Also: Mich nicht am vermeintlichen Wissen der anderen und an deren tollen Erfolgen orientieren, sondern erstmal das tun, was für meinen Unterricht nötig war. Bloß nicht verzetteln! Man lernt ganz schnell zu sondieren und Wichtiges von dem zu unterscheiden, was warten kann. Und wenn ich meine Referendarsbekannten so angucke: DiePerfektionisten waren viel gestresster, entnervter, verbissener als einer, der, sagen wir mal, um 8 abends "nur" 90% zufrieden den Griffel hinwirft und noch mit Freunden ein schönes Bier trinkt oder liest oder so...
    Was ich wichtig finde: früh planen (kein Widerspruch zu Obigem!) D. h. früh einen Plan für die gesamte RefZeit machen, Termine und Zeiträume eintragen, Lehrproben rechtzeitig anmelden oder ausmachen und früh sehen, dasss sie gut verteilt werden - wer alles rausschiebt, kriegt garantiert Stress, und wenn dann, wie bei mir, ein FL krank wird, ist Holland in Not...
    Also: gute Selbstorga + Sinn für 5 gerade sein lassen + Spaß am Job und mit Schülern und Kollegen (früh viele Kontakte spannen!) = Schlüssel zum Erfolg ohne Sparen an Lebensfreude...
    Lehrer ist ein wunderbarer Beruf!
    Liebe Grüße, löwe

    Lasst uns das Leben genießen, solange wir es nicht begreifen. (Tucholsky)

  • Also, auch ich kann mich nur den Vorrednern anschließen. Es war eine stellenweise stressige Zeit und insofern nervenaufreibend, dass man nie wusste, ob man später einmal mit seinen Leistungen und dem Examen in der Tasche unterrichten darf.
    Aber die Zusammenarbeit mit den Schülern, Kollegen und auch Eltern (!!!) war einfach genial. Ich war nach der Uni scharf aufs Unterrichten - und siehe, es hat meistens Spaß gemacht.


    Zur Zeitplanung kann ich nur den Beitrag von Löwe unterstützen!


    Viel Erfolg und viel Spaß, letzterer lässt einen viel durchstehen...

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

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