Automatisierung auf dem Arbeitsmarkt (Pflege)

  • Ich sage mal so: Das sind jetzt nicht die Berufe, um die sich alle reißen. Grundsätzlich bin ich natürlich auch dafür, dass die Arbeitsbedingungen verbessert werden, würde aber nicht sagen, dass diese Jobs per se menschenunwürdig seien. Wenn ich z.B. an deine Schüler denke, dann lieber Spargelstecher als "Hartz IV und der Tag gehört dir".

    Die unverhältnismäßige Verteilung Arbeitskraft/Vermögen bei Großverdienern gefällt mir auch nicht und ich habe bis auf die Erhöhung des Spitzensatzes leider keine Ahnung, wie man dem politisch sinnvoll begegnen könnte.

  • Wenn ich z.B. an deine Schüler denke, dann lieber Spargelstecher als "Hartz IV und der Tag gehört dir".

    Sagt derjenige, der in seiem Leben noch keinen Tag auf einem Feld gearbeitet hat und das keine Woche durchhalten würde. Über andere zuentscheiden ist natürlich einfach.

  • Bewertungen mit indirekter Folge der Entscheidungen über die berufliche Zukunft der Schüler sind das tägliche Geschäft von Lehrern, da bist du im Gymnasium sogar noch etwas näher dran. Ob ich schon auf dem Feld arbeiten durfte oder nicht, spielt keine Rolle, aber ich kann dir verraten, dass ich eher einen in unseren Breitengraden als "einfach" geltenden Job ausüben würde, als gar keinen und dafür staatliche Leistungen zu bekommen.

  • Selbst einige aus der Ecke der "Bosse" haben mittlerweile kapiert, dass so etwas wie ein BGE/Bürgergeld/wieauchimmer kommen MUSS. Da hat bspw. Götz Werner (Chef von dm) mal ein sehr interessantes Interview zu gegeben.

    Das Resultat ist, dass dann die ganzen "Sesselwärmer" für ihre "bequemen" Joobs im Endeffekt weit weniger haben, aber immer noch genug, um gut zu leben, und die unangenehmen/gefährlichen Jbs, die (noch) nicht automatisiert werden können, entsprechend "hoch" zubezahlt werden, weil sie ja sonst keiner machen wollen würde.

    Schau dir mal Norwegen zum Thema Berufswahl an... wer da mit der Schule fertig ist, sagt was er tun will, und bekommt die Ausbildung... weil das "Angebot" da ist. wäre hier bei entsprechend geringerer Arbeitszeit auch so...

    Und wieso geringere Zeit? Nicht nur wegen der immer weiter fortschreitenderen Automatisierun und digitalisierunng, auch, weil die Abnehmer fehlen.

    Es ist FAKT, dass - vorausgesetzt wir hätten eine "Vollbeschäftigung" (illusorisch, aber nur um die Zahlen mal zu haben) - Deutschland mit einer 6-Stunden Woche komplett versorgt wäre. Alles andere, was danach "produziert" wird, ob Ware oder Dienstleistung, ist quasi für den Export... und wenns keiner will, liegts rum. Das Problem haben wir jetzt schon. Also wieso zur Hölle soll jeder 6 bis 7 Mal so viel arbeiten wie nötig?


    Und nein...Ingenieure sind sicher nicht die einzig "gefragten". Wir gehören auch dazu, sind in so einem System soar sehr wichtig, nur werden manche Jobs sich von Bild her wieder wandeln. aben sie in der Geschichte schon oft. Wird nur immer schneller. und es ist kein Geheimnis, dass der Auslöser für die weltbewegendsten Erfindungen sehr oft die Faulheit war.


    Wer noch mehr "abschreckendes Beispiel" braucht, wieso sich was ändern muss... Georg Kreisler, Kapitalistenlied... einfach anhören.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Wenn ich z.B. an deine Schüler denke, dann lieber Spargelstecher als "Hartz IV und der Tag gehört dir".

    Wenn du meine Schüler meinst, ich sah kürzlich einen von unseren Schülern Flaschen sammeln. Ein anderer Absolvent jobbt im Pizzalieferdienst. Leider schaffen sie den Hauptschulabschluss nicht und ihre Eltern haben psychische Probleme, was natürlich nicht spurlos an den Kindern vorbeigeht. Trotzdem helfen sie mit, ihre Eltern durchzufüttern, denn beide fahren kein Auto und auch nicht in Urlaub.


    In einem Feldversuch haben Obdachlose Geld bekommen. Ohne Anträge stellen zu müssen und nicht nur Essensgutscheine, sondern so, dass man davon leben kann. Erstaunlicherweise hat das nicht dazu geführt, dass die Obdachlosen weiter unter der Brücke schlafen wollten und noch mehr Dosenbier für das Geld gekauft haben, sondern einer hat z. B. eine Ausbildung zum Gärtner absolviert.


    Bei uns muss niemand verhungern, aber Stütze zu kriegen macht die Menschen auch unmündig. Das BGE ist aber etwas anderes, da es jedem zusteht. Dass in der Studie in Finnland Depressionen zurückgingen zeigt, dass die menschliche Psyche n büschn komplexer ist.

  • Die finnische Studie zeigt aber, dass Sozialschwache weiterhin marginalisiert wurden. Es gab mal eine TV-Show mit Herrn Buschkowsky, der einer Familie bedingungslos eine große Geldmenge zur Verfügung stellte, ich meine auch mit Hartz-IV-Hintergrund. Weißt du, wie es am Ende verlief? Statt das Geld als Fundament für zukünftige, gesicherte Einnahmen zu nutzen, wurde es hemmungslos verprasst und nach kurzer Zeit waren sie so arm wie vorher, da sie mit dem unverhofften Geldsegen völlig überfordert waren. Selbiges kennt man auch von manchen großen Lottogewinnern, die nach einigen Jahren in den Miesen standen.

    Ich denke, dass wir alle wollen, dass deine Schüler später irgendwie auf den grünen Zwei kommen, wenngleich sie einen deutlich schwereren Start ins Leben hatten als manche Schüler anderer Schulformen. Deswegen bin ich auch nicht grundsätzlich gegen staatliche Unterstützung, möchte nur nicht, dass diese bedingungslos erfolgt, sondern im Tausch gegen eine verbindliche Tätigkeit für das Gemeinwohl.

  • ... möchte nur nicht, dass diese bedingungslos erfolgt, sondern im Tausch gegen eine verbindliche Tätigkeit für das Gemeinwohl.

    Achso, dir geht's nicht um Finanzierbarkeit, mögliche Probleme in der Durchführung, weitere Studienergebnisse oder psychosoziale Veränderungen in der Gesellschaft sondern einfach nur um diffuse Missgunst.

  • Yes, todernst meine ich das. Ich und viele Andere haben diesen gesteigerten Medienkonsum, weil wir es können und ständig Zugang zu entsprechenden Medien haben. Wenn es sie aufgrund rechtlicher Veränderungen nicht mehr gäbe, würde es am Anfang zu Entzugsentscheidungen kommen, langfristig würde unsere Gesellschaft durch eine Zunahme an direkten face-to-face-Kontakten sehr profitieren. Call me outdated, aber ich sehe viele Entwicklungen inzwischen als eher kritisch an und denke mir dabei, dass wir als Gesellschaft uns nicht mehr so stark von Innovation blenden lassen, sondern stattdessen fragen sollten, ob es unseren Alltag wirklich bereichert und ob wir es brauchen.

    Ich würde jetzt den Computer vermissen. In einem Jahr hätte ich mich an die Schreibmaschine gewöhnt.

    Ist jetzt explizit meine persönliche und subjektive Meinung, aber ich stelle fest, dass ich in manchen Situation auch zu Faulheit tendiere, was mich wiederum erschreckt und in mir das Bedürfnis weckt, etwas gegen zu halten. So realitätsfern es klingen mag für manche, aber ich würde gerne mehr Briefe schreiben oder auch mal nicht sofort jedes kleine Problemchen mit Google lösen wollen, sondern selbst die Gehirnzellen anstrengen und manchmal damit leben, etwas schlicht nicht zu wissen. Ich liebe es, einfach mal schriftlich zu rechnen und habe schon oft erlebt, wie viele selbst mathematikaffine Menschen sofort zum Taschenrechner greifen. Also ja: Faulheit kenne ich sehr gut, würde aber eher ihr etwas entgegensetzen, statt sie noch zu bestärken.

    Also weil du dich selbst entmündigst, Dinge nicht machst, die du einerseits gerne machen würdest und andererseits für sinnvoll hältst, weil du für dich die Entscheidung triffst dennoch andere, bequemere Wege zu gehen und Mami, Papi oder ein starker Staat dir dazu erzieherische Vorgaben machen müssten, damit du das umsetzt, was du selbst für richtig hältst willst du deine Mitmenschen entmündigt sehen durch entsprechende gesetzliche Vorgaben in Form eines analogen Roll-Backs? Call me outdated, aber ich stehe total auf Mündigkeit, also erzieh dich bitte erstmal zu mehr Selbstkonsequenz, ehe du Mitmenschen entrechten möchtest.

    Dazu gab es jetzt in Finnland eine Studie, die zeigte, dass im Großen und Ganzen dadurch soziale Ungleichheiten verstärkt wurden und die Leute das Geld, das ihnen zur Verfügung gestellt wurde, auch nicht für Zwecke einsetzten, die im weitesten Sinne dem Gemeinwohl nützen würden. Also joa, das Thema dürfte erst einmal vom Tisch sein. In der Schweiz gab es mal eine Volksabstimmung, die gegen das bedingungslose Grundeinkommen ausfiel. Kann ich auch gut verstehen: Diejenigen, die unverschuldet in Arbeitslosigkeit geraten, wollen kein Geld bedingungslos zur Verfügung gestellt bekommen, und diejenigen, die keine Lust auf Bedingungen haben, sind die klassischen Hartz-IV-Familien wie man sie aus den Klischees kennt (wenn ich deine Beiträge richtig las, dürften sie unter deinen Schülereltern auch vertreten sein). Es bleibt am Ende eine politische Spielerei, die in einem kapitalistischen System nicht funktioniert und die Faulen belohnt. Gegenvorschlag meinerseits: Jeder, der Geld vom Staat möchte, bekommt es - unter der Bedingung, dass er eine vom Staat vergebene, einfache Tätigkeit verrichtet: Straße fegen, Altenbetreuung, Pflege der kommunalen Grünanlagen, etc. Das ist sinnstiftend für den Einzelnen und profitabel für das Gemeinwohl.

    Wo genau hast du gelesen, dass soziale Ungleichheiten durch das BGE-Projekt in Finnland noch verstärkt wurden und wie wurde das begründet (abgesehen von dem absurd niedrigen Betrag, der im Rahmen des Projektes als BGE gewährt wurde)?

    Die "klassische" ALG II-Familie ist übrigens NICHT das Klischee, dass du traurigerweise als Regelfall im Kopf zu haben scheinst. Die "klassische" ALG II-Familie gibt es zwar nicht, ist aber im Zweifelsfall eine Familie in einem schlecht bezahlten, systemrelevanten Beruf (Mama Altenpflegerin, Papa Paketzusteller oder so), die aufstockend ALG II beziehen, weil sie nur knapp über Mindestlohn verdienen und es mit den Kindern finanziell eng wird oder alternativ die alleinerziehende Mutter, die sich den Hintern abrackert an der Supermarktkasse um über die Runden zu kommen, während Papa sich den Unterhaltsverpflichtungen entzieht, weshalb Mama aufstockend ALG II bezieht (einfach mal entsprechende Überblicksdarstellungen der Agentur für Arbeit und Jobcenter anschauen und nachlesen, wie die Lebensrealität der Bezieher im Mittel tatsächlich aussieht...). Das Klischee des arbeitsscheuen Hartz IV-Empfängers der auf Kosten der Gesellschaft lebt erfüllt nur eine absoute Minderheit. Ich hatte bei meiner früheren Arbeit phasenweise auch aufstockend ALG II, weil ich schlichtweg zu wenig verdient habe um meine Miete (1-Zimmer-Wohnung, ortsangemessene Miete) zahlen zu können, auch wenn ich über Mindestlohn verdient habe, viele Eltern meiner SuS die hart arbeiten beziehen dennoch aufstockend ALG II, also pack deine Klischees und Vorurteile wieder ein und informier dich darüber, wie die Realität der breiten Mehrheit der ALG II-Bezieher aussieht!

    Vlt. kennst du den Artikel über die finnische Studie. Für mich liest sich das deutlich ernüchternder und bestätigt meine Vermutungen, die ich hatte als besagtes Experiment damals angekündigt wurde.

    Ja, kenne ich und auch wenn das nicht der große Wurf war den sich vor allem vehemente Befürworter eines BGE (zu denen ich nicht gehöre, ich bin da recht zwiegespalten) gewünscht hätten, lese ich aus dem von dir verlinkten Artikel heraus, dass es im Hinblick auf die psychische Gesundheit (weniger Stress, weniger behördliche Gängelung, mehr Freiräume zum selbst gestalten, weniger Depressionen...) positive Effekte gab und das, obwohl das Experiment nur zwei Jahre lief, die Menschen gerade einmal den lächerlichen Betrag von 560€ monatlich als BGE erhielten (mal ehrlich: Wer würde für so eine Summe ernstlich freiwillig gar nicht mehr arbeiten oder gar seine bisherige Arbeit aufgeben?! Das ist die absolute Untergrenze für einen Erwachsenen, die im Rahmen eines BGE diskutiert wird aktuell.) und die ausgewählte Empfängergruppe keinesfalls als repräsentativ für die finnische Gesellschaft zu betrachten wäre, weil eben nur Menschen dieses BGE erhalten haben die bereits arbeitslos waren, was insbesondere wenn es um Langzeitarbeitslose geht eben oft schwerwiegende Vermittlungshindernisse bedeutet die die Menschen haben und die ein BGE nicht mal eben heilen kann. Ob arbeitende Menschen mit einem BGE ihre Stelle aufgeben, nichts mehr machen, sich selbständig machen oder gemeinwohlorientiert/künstlerisch tätig werden würden lässt sich so nicht herausfinden. Ob Arbeitslose infolge eines BGE ihre Arbeitssuche einstellen oder sich selbständig machen oder gemeinwohlorientiert/künstlerisch tätig werden lässt sich ebenfalls nicht sagen: Dazu sind zwei Jahre zu kurz, das BGE in Finnland war viel zu niedrig, so dass man davon ausgehen kann, dass wer die Chance hatte eine Arbeitstätigkeit aufzunehmen das auch gemacht hat, um nicht nur zu überleben (kann man mit 560€), sondern auch leben zu können (kann man auch in Finnland nicht mit 560€) und um nach Ablauf der zwei Jahre nicht plötzlich mit eben diesem Betrag, aber der üblichen behördlichen Gängelung von Jobcentern weitermachen zu müssen.


    Ich bin wie geschrieben selbst zwiegespalten, was das BGE anbelangt, mache das aber regelmäßig mit meinen SuS als Thema, weil ich es wichtig finde, dass sie zu solchen zukunftsbezogenen Themen selbst nicht nur Bauchgefühl, Klischees und Vorurteile ("die Faulen werden belohnt") ausbilden, sondern ein begründetes Urteil und damit mitentscheiden können- begründet- ob sie eine Einführung eines BGE befürworten oder nicht. Auch am Ende der Unterrichtseinheit gibt es natürlich SuS, die gegen die Einführung eines BGE sind. Diese begründen das dann aber nicht mehr mit Stereotypen à la "die Faulen werden belohnt", sondern entsprechenden fachwissenschaftlichen Argumenten wie beispielsweise der Frage der Finanzierbarkeit. Zu lesen was du hier dazu verbreitest Lehramtsstudent bereitet mir Bauchschmerzen und wie schon so oft möchte ich dir auch hier ans Herz legen, dich ausreichend einzulesen, um über reines "meinen", Vorurteile, Stereotype und Klischees hinauszukommen und dich damit selbst in die Lage zu versetzen ein begründetes Urteil zu fällen, wie auch immer dieses dann ausfallen mag (auch wenn ich eine leichte Tendenz pro BGE habe, erhalten meine SuS selbstverständlich auch die volle Punktzahl, wenn sie sich in der Klassenareit gegen die Einführung eines solchen aussprechen- vorausgesetzt sie argumentieren/begründen fachlich angemessen und meinen oder vermuten nicht nur, dass ein BGE ein falscher Anreiz wäre. Meinung gibt einen Punkt- selbst die eigene Meinung schaffen nicht alle meine Hasen verständlich auszuformulieren- fachlich begründen je nach Anzahl der geforderten Argumente/Gegenargumente ab zwei Punkten aufwärts. Also den Gummipunkt fürs "Meinen" hast du Lehramtsstudent und ein paar halbe Punkte für Halbwissen sind auch schon rausgekommen, eine gute Leistung ist es noch nicht. ;))

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Warum Arbeit als wichtig gilt? Die PoWi-Lehrer können dazu sicher mehr beitragen, aber im Grunde gilt Arbeit seit dem Schritt von der Einzelwirtschaft zur arbeitsteiligen Wirtschaft als zentrales Element der hiesigen Gesellschaft. Hinzu kommt, dass in einem kapitalistischen System Besitztümer erst wirklich an emotionalem Wert gewinnen, wenn hinter ihrem Erwerb Anstrengung steckt.

    Ich kenne die Details nicht mehr, aber erinnere mich daran, dass eine Studie ergab, dass die meisten Menschen nach einem Lottogewinn weiterhin arbeiten würden - und sei es mit weniger Stunden. Auf die positiven Eigenschaften von Arbeit (sinnstiftend, soziales Netz, strukturiert den Tag,...) wollen die Wenigsten verzichten.

    Es gibt hier sicher auch User, die auf Reinigungskräfte hinabschauen. Die Putzfrau, die für den Betrieb meiner Eltern arbeitet, sagt ganz deutlich, dass sie gerne arbeitet und kein Verständnis für ihre Freundinnen habe, die sich zuhause den Hintern plattsitzen. Respekt!

    Äh ja, PoWi-Lehrkraft hier: Arbeit und sinnstiftend (etc.) liest sich bereits sehr gut, den Rückschluss, dass sich dadurch ein kapitalistisches System begründen lässt kann man daraus nicht ziehen, selbst Erwerbsarbeit kann dadurch nur teilweise begründet werden. Sinnstiftend kann es auch sein Zeit für künstlerische Betätigungen zu haben, für ein Ehrenamt im eigenen Verein (selbst wenn das dann der Verein der Gartenzwergfreunde ist und nicht irgendein klar(er) gemeinwohlorientierter Verein), ein Zweitstudium/eine weitere Berufsausbildung oder auch einfach nur die Erziehung des eigenen Hundes.

    Menschen die im Lotto gewinnen würden vielleicht in vielen Fällen selbst dann weiterarbeiten, wenn die Gewinnsumme das lebenslang nicht mehr erforderlich machen würde rein pekuniär betrachtet, geben allerdings oft an, dass sie etwas Anderes machen werden als bislang, weil sie jetzt eben die finanzielle Freiheit haben für eine Selbstständigkeit oder für eine deutlich schlechter bezahlte gemeinwohlorientierte Aufgabe, sie mit anderen Worten genau die Art Freiheit gewonnen haben, die Befürworter des BGE auch einem BGE zuschreiben. Um zu prüfen, ob ein BGE das leisten kann, müsste man aber eine tatsächlich repräsentative Studie (Langzeitstudie, repräsentative Auswahl der Studienteilnehmer, ausreichender Auszahlungsbetrag...) durchführen. In Ländern die bereits (zeitweise) ein BGE eingeführt hatten die bislang kaum nennenswerte soziale Sicherungssysteme für Arbeitslose haben waren die Effekte übrigens sehr viel positiver. Es sank beispielsweise die Kriminalität signifikant und das Geld wurde für Gesundheit und Bildung der eigenen Kinder ausgegeben und damit langfristig sinnvoll investiert. Auch hier in Deutschland gibt es nicht wenige Kinder die von Kinderarmut betroffen sind. Ein BGE könnte mancher dieser Familien nicht nur eine finanzielle Entlastung bringen und mehr finanzielle Spielräume, sondern auch die konstante Entwertung und Entwürdigung nehmen, die es für sie bedeutet meist völlig unverschuldet vom Staat abhängig zu sein, als Bittsteller zum Amt gehen zu müssen und vor allem von Mitmenschen wie dir Lehramtsstudent direkt den Stempel als "faul" zu erhalten selbst wenn sie arbeiten (und aktuell sogar als Angehörige systemrelevanter Berufe- die in diesem Land besonders häufig aufstockend ALG II benötigen- gesellschaftlich bemerkt werden).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    3 Mal editiert, zuletzt von CDL ()

  • Die finnische Studie zeigt aber, dass Sozialschwache weiterhin marginalisiert wurden. (...)

    Fünfhundertsechzig Euro monatlich- volle soziale Teilhabe erfordert mehr als das absolute Existenzminimum für einen eng befristeten Zeitraum. Das ist kein prinzipielles Argument gegen ein BGE.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • In Systemen, die nicht kommunistisch organisiert sind, wird es immer Leute geben, die ein geringeres monatliches Einkommen haben als andere, ob das jetzt 10€, 560€ oder 5.000€ sind. Was marginalisiert, ist nicht die Höhe des Betrags, sondern das Wissen, dass 90% der Mitmenschen mehr Geld zur Verfügung haben. Und das kannst du nicht verhindern, da viele Menschen schlichtweg danach streben, mehr Geld zu haben als andere.

  • Lies bitte erst einmal nach was Marginalisierung bedeutet, ehe du deine persönliche Meinung mit einem fachlich begründbaren Urteil verwechselst. Marginalisierung bezieht sich mitnichten nur auf auf finanzielle Unterschiede, sondern auf fehlende oder unzureichende/lückenhafte wirtschaftliche, politische und kulturelle Teilhabe. Etwas mehr als das reine Existenzminimum zur Verfügung zu haben ist ein Ansatz wirtschaftliche Marginalisierung zu reduzieren, politische Marginaliserung kann ich reduzieren, indem ich Betroffene aufkläre über ihre Rechte, ihnen bei Bedarf Dolmetscher zur Verfügung stelle, sie bei Behördengängen unterstütze etc., kulturelle Marginalisierung bezieht sich nicht nur auf schulische Bildung, sondern auch auf die Frage ob man sich als Famlie überhaupt einen Kino- oder Theaterbesuch leisten kann ohne den Rest des Monats dafür von Nudeln mit Tomatensauce leben zu müssen. Marginalisierung kann sich aber auch auf Aspekte der Akkulturation beziehen: Muss ich meine Herkunftskultur aufgeben, um wirtschaftlich erfolgreich und sozial integriert sein zu können in meiner neuen Heimat? Werde ich marginalisiert, wenn ich mich einer Assimilation verweigere oder habe ich in meiner neuen Heimat die Möglichkeit mich mit dem Reichtum meiner Erstsprache und Herkunftskultur wirtschaftlich, sozial und kulturell zu integrieren?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Hach CDL , man sollte Ethik und Gemeinschaftskunde nachstudieren, spannend, spannend ist das:aufgepasst: Gleich nach Psychologie... ob ich mir drei Studiengänge leisten kann? (Vielleicht wenn's mal ein BGE gibt, dann studiere ich den Rest meines Leben, nur um allen anderen auf der Tasche zu liegen :victory:)

  • Oh ja, Ethik und Geschichte stehen auf meiner Wunschliste auch noch ganz weit vorne. Vielleicht dann mal als Seniorenstudium irgendwann oder- nachdem ich in beiden Fächern wohl recht viel fachfremd machen werde dürfen die kommenden Jahre- vielleicht auch mal ein Fach berufsbegleitend nach der Probezeit (damit ich dann meinem eigenen fachlichen Anspruch auch gerecht werden kann und nicht nur fachfremd versuche einen guten Job zu machen). Soziologie wäre auch spannend, da habe ich zwar einige Scheine auch im Rahmen meines Politikstudiums abgeschlossen, aber über die Basis hinauszukommen wäre ergänzend zu Politikwissenschaften natürlich sehr bereichernd. Hach, studieren und lernen zu dürfen ist einfach etwas ganz besonders Schönes *seufz*.

    Oh, jetzt weiß ich was ich will: Ab Jahr 1 in der Planstelle beginnen auf ein Sabbatjahr zu sparen und dieses dann pünktlich zum Ende der Probezeit nehmen können und dann 1 Jahr lang nochmal in Vollzeit studieren was das Herz begehrt, ehe es dann berufsbegleitend in geringerer Frequenz weitergeht. :victory:

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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