Mit Master (D) in Österreich Lehrer werden?

  • Implizit ist diese Feststellung doch auch eine Kritik an der deutschen Lehrerausbildung

    Ich kritisiere die schon, aber aus ganz anderen Gründen. Es ist halt immer noch so, dass man sich in den Naturwissenschaften schon zu Beginn des Studiums entscheiden muss, ob man Lehrer wird, oder nicht. Ich fand auch meine Lehrerausbildung in der Schweiz überwiegend schlecht, aber das mag zu einem grossen Teil spezifisch für die FHNW sein.


    zumindest, wenn man denn SEK 2 Unterricht auf annähernd vergleichbarem Niveau in D und CH annehmen würde

    Ich schrieb aber auch, dass das Fach Chemie hier etwas speziell ist. Grundsätzlich ist das Niveau in der Schweiz nicht wirklich höher oder tiefer als in Deutschland, man legt wahrscheinlich auf ein paar andere Dinge mehr wert als jenseits der Grenze. In den Naturwissenschaften gibt's im Schwerpunktfach halt keine einheitlichen Maturprüfungen, da macht jeder was er will. Tendenziell führt das dazu, dass man etwas höher ansetzt, als müsste man sich mit irgendeinem Kollegen auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner einigen. Biochemiker und/oder Biologen neigen erfahrungsgemäss dazu ihr Fachwissen in der Chemie ziemlich zu überschätzen und als deutscher Lehrämtler fehlt's Dir wahrscheinlich eher an Propädeutik. Das muss aber nicht wirklich schlimm sein. Ich schreib Dir nur, das darf man alles nicht unterschätzen.

  • Das bedeutet, dass dort ein Lehramts-Master für die Zulassung reicht? Oder gilt das tatsächlich nur für Studiengänge vor der Bologna-Reform.

    Ich denke nicht, dass hier eine Unterscheidung gemacht wird. Aber genaueres wirst du wohl nur durch eine Anfrage erfahren.

  • Natürlich kann man auf ähnliche Weise argumentieren, dass ein lediglich einjähriges Didaktik-/Pädagogikstudium völlig kurzgegriffen ist für dern Lehrberuf und wir deutschen Lehramtsstudenten dort einen sehr großen Vorteil haben.

    Kann man schon, ja... aber ob die Eignung als Lehrperson unbedingt mit dem Umfang des pädagogischen Studienanteils korreliert, darüber lässt sich trefflich streiten. Auf Sek 2 Stufe würde ich persönlich die fachliche Kompetenz stärker gewichten.

    Deine Ausführungen bestärken da natürlich nur mein inneres Impostor Syndrom, wenn ich mir vorstelle, ich hätte dann in der Schweiz eine ausbildende Lehrkraft, die mich für von vornherein (und vielleicht zurecht?) für fachlich inkompetent hält, weil ich keinen Master in Chemie habe...

    @Wollsocken80 hat dazu schon geschrieben... auch meiner Erfahrung nach spielen die Abschlüsse keine Rolle, die persönliche Beurteilung zählt.

  • Ich kritisiere die schon, aber aus ganz anderen Gründen. Es ist halt immer noch so, dass man sich in den Naturwissenschaften schon zu Beginn des Studiums entscheiden muss, ob man Lehrer wird, oder nicht.

    Zumindest an meiner Uni macht man zunächst einen normalen 2-Fach-Bachelor. Damit könnte man auch in einem der beiden Fächer einen (nicht Lehramts-bezogenen) Master machen. Das funktioniert so, dass jegliche Didaktik in den Master verschoben wird, sodass der Bachelor prinzipiell reines Fachstudium darstellt. Auch nach dem Master kann man noch seinen Doktor in einem der Fächer machen. Heißt also, dass man doch etwas weniger gebunden ist an die anfängliche Entscheidung für das Lehramt. Also, ein paar positive Gedanken hat man sich inzwischen vielleicht gemacht :)

    Aber ja, an der Ausbildung gibt es natürlich weiterhin eine Menge zu kritisieren.


    als deutscher Lehrämtler fehlt's Dir wahrscheinlich eher an Propädeutik. Das muss aber nicht wirklich schlimm sein. Ich schreib Dir nur, das darf man alles nicht unterschätzen.

    Ja, das kann ich mir vorstellen. Wir schreiben auch wissenschaftliche Arbeiten (Bachelor-/Masterarbeit), wie jeder "normale" Student, nur, wir dürfen uns eines unserer Fächer dafür aussuchen. Daher ist unsere Fähigkeit zur Propädeutik in der Schule vermutlich allgemeiner und nicht so spezialisiert. Im einzelnen Fach wird uns da ein "normaler" Chemie-Student trotzdem sicher viel voraus haben.
    Ich würde jedenfalls mein Bestes geben, um das Defizit dort zu überbrücken.



    Ich denke nicht, dass hier eine Unterscheidung gemacht wird. Aber genaueres wirst du wohl nur durch eine Anfrage erfahren.

    Dann werde ich dort mal nachfragen und hoffen, dass deine Vermutung stimmt.



    Kann man schon, ja... aber ob die Eignung als Lehrperson unbedingt mit dem Umfang des pädagogischen Studienanteils korreliert, darüber lässt sich trefflich streiten. Auf Sek 2 Stufe würde ich persönlich die fachliche Kompetenz stärker gewichten.

    Ja, den pädagosichen Teil kann man bestimmt für die SEK 2 herunterfahren. Bei uns hat der pädagogische Teil aber auch keinen so großen Stellenwert. Vielmehr sind die (Fach-)Didaktik-Teile stark vertreten. Und auch in der SEK 2 muss ich doch nicht nur das fachliche Wissen haben, sondern auch das didaktische Wissen, wie ich das fachliche vermitteln kann. Zwischen "selbst etwas verstehen" und "jemand anderem dies nun beibringen" ist ja schon noch ein sehr großer Unterschied.

    Jetzt diskutiere ich ja schon wieder so viel ... aber verzeiht mir, ich finde es total interessant :)


    Um wieder zum eigentlichen Thema zurückzukommen:
    Da die SEK 2 ja (anders als in D) in der Schweiz stärker abgekoppelt von der SEK 1 ist, wenn ich das richtig verstanden habe, wäre es vielleicht sinnvoll mit meinem allgemeineren Studium eher in die SEK 1 zu gehen? Oder gibt es da auch weitere Komplikationen, die ich nicht bedacht habe?

  • (...)

    Ja, den pädagosichen Teil kann man bestimmt für die SEK 2 herunterfahren. Bei uns hat der pädagogische Teil aber auch keinen so großen Stellenwert. (...)

    Doch, auch in der Sek.II ist der "pädagogische Teil" wirklich wichtig und kein vernachlässigbarer Baustein. Die Herausforderungen mögen anders sein, als bei mir in der Sek.I, aber es gibt auch Gymnasien im Brennpunkt etc. Spätestens wenn du in der Praxis bist, wird dir klar werden, dass gute Fachdidaktik Hand ind Hand geht mit entsprechender Pädagogik. Das gilt an allen Schularten ausnahmslos, egal was man im Studium in welchem Umfang studieren mag oder muss.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Für die Sek I bist Du praktisch chancenlos, dafür müsstest Du mehr Fächer unterrichten können und Chemie + Englisch ist sowieso eine in der Sek I unmögliche Kombination. Du bist mit Sek II schon richtig und hier wirst Du wenn dann auch nur am Gymnasium/Fachmittelschule landen, wenn Du beide Fächer unterrichten willst. Berufsschule wäre mit nur Chemie noch eine Option. Aber mit Englisch kann man Dich am Gymnasium wie bereits erwähnt auch in der Immersion einsetzen.

  • Für die Berufsschule wärst du mit Chemie und Englisch auch interessant, wobei es Chemie in der Berufsmaturität hier nicht als als einzelnes Fach gibt, sondern nur in den Kombifächern Naturwissenschaften und Technik und Umwelt. Dort würdest du Chemie in Kombination mit Physik und Biologie unterrichten, das ist aber vom Niveau her Lichtjahre vom Schwerpunktfach Chemie am Gymnasium entfernt. Chemie als einzelnes Fach könnte es noch in der beruflichen Grundbildung geben, aber da kenne ich mich nicht so gut aus - an meiner Berufsschule hat es nur kaufmännische Berufe, die haben so was exotisches nicht 😉 Von den 5 Profilen in der Berufsmaturität hat bei uns eines Naturwissenschaften und 3 Technik und Umwelt. Die Kolleginnen dort sind alle Biologinnen und seit ich dort bin (fast 6 Jahre), gab es keine Fluktuation. Lehrpersonen für Englisch haben wir in der Zeit aber schon häufiger gesucht. Aktuell würdest du bei uns eher über Englisch eine Stelle bekommen als über Chemie und sehr wahrscheinlich auch die nächsten Jahre nur Englisch unterrichten.

  • Nachtrag: Es ist übrigens auch nicht unüblich, an mehreren Schulen zu unterrichten ... habe Kolleginnen, die teils am Gymnasium und teils bei uns unterrichten (bzw. unterrichtet haben).

  • wobei es Chemie in der Berufsmaturität hier nicht als als einzelnes Fach gibt, sondern nur in den Kombifächern Naturwissenschaften und Technik und Umwelt

    Also ich habe an der BSA Chemie als eigenständiges Fach in der BMNA unterrichtet, BMTE hatte das auch. Chemie in der Berufsausbildung gibt's natürlich bei den Laboranten und CPT.

  • Also ich habe an der BSA Chemie als eigenständiges Fach in der BMNA unterrichtet, BMTE hatte das auch.

    Hm, war das noch nach der alten Verordnung? Wenn ich mich verguckt habe, steht Chemie im Rahmenlehrplan nicht mehr einzeln drin... aber vielleicht wurde es ja an deiner ehemaligen Schule auch auf einzelne Fächer aufgeteilt - bin von meiner Schule ausgegangen, da unterrichtet pro Klasse eine Person alle naturwissenschaftlichen Inhalte.

  • Oh Gott. Ich bin lange genug dabei, dass es schon eine Anpassung der Stundentafel gab 🤣


    Aber macht Sinn, ab nächstem Schuljahr gilt auch an der FMS eine neue Stundentafel.


    (Jetzt kann ich dann auch schon von "früher" erzählen. So wie die Kollegen, die noch der Matura Typus C hinterher trauern.)

Werbung