Abbruch des Referendariats?

  • Hallo zusammen,

    ich bin seit November 2024 im Referendariat an einer Gesamtschule in NRW und überlege schon seit Längerem abzubrechen und würde mir gerne Rat einholen.

    Gründe weshalb ich überlege abzubrechen sind:

    • Ich empfinde nicht so wirklich Freude am Unterrichten und ich fühle mich vor der Klasse nicht so wirklich wohl.
    • Die Unterrichtsplanung fällt mir extrem schwer und ich quäle mich da nur so durch, insbesondere weil ich kaum eigene Ideen habe.
    • Der dauerhafte Stress hat schon physische und psychische Auswirkungen: ich habe fast täglich Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Übelkeit und Heulanfälle, teilweise wenn ich einfach nur an die Schule denke
    • Ich habe das Gefühl, dass die Schüler mich nicht mögen (ich werde nie auf dem Flur begrüßt – im Gegensatz zu meiner Mitreferendarin). Ich habe auch das Gefühl, nicht so wirklich eine Beziehung zu den Schülern aufbauen zu können.
    • Ich habe überhaupt keine Freizeit mehr. Sitze täglich bis 21/22 Uhr am Schreibtisch, auch am Wochenende, und meine Gedanken kreisen den ganzen Tag um Schule.
    • Ich verstehe mich mit den meisten Kollegen nicht. Insbesondere meine Mentorin ist nie zufrieden mit dem was ich mache, und behandelt mich „von oben herab“.
    • Das Feedback für meine Unterrichtsbesuche war bisher nicht sonderlich gut.
    • Ich kann mich überhaupt nicht durchsetzen und bin die meiste Zeit im Unterricht eigentlich nur damit beschäftigt, auf Unterrichtsstörungen zu reagieren.
    • Ich bin langsam auch nur noch unmotiviert und es fällt mir sooo schwer, mich aufzuraffen, um etwas für die Schule zu machen.
    • Ich bin selbst nie zufrieden mit meinem Unterricht und habe langsam das Gefühl, dass der Job einfach nicht zu meinem ruhigen und zurückhaltenden Charakter passt.
    • Ich erwische mich immer häufiger dabei, wie ich mir einen Job mit festen Arbeitszeiten, freien Abenden und einem freien Wochenende wünsche und ich nach Hause komme und nichts mehr machen muss.

    Ich merke auch immer mehr, dass mir die Arbeit mit den pubertierenden Jugendlichen keinen Spaß macht und kann mir nicht vorstellen, später mal an einer weiterführenden Schule zu arbeiten. Aber ein Gedanke, der mich nicht loslässt, ist, dass mir mein Praktikum im Studium an einer Grundschule sehr viel Spaß gemacht hat und ich nach dem Ref vielleicht eine Stelle an einer Grundschule finde. Aber ich weiß nicht, ob mich das glücklicher machen würde oder ob ein Bürojob nicht vielleicht doch besser für mich wäre. Ich habe sooo Angst, das Ref abzubrechen und dann nichts anderes zu finden. Zumal ich leider keine andere Ausbildung habe und keine Berufserfahrungen vorweisen kann. Am Anfang der Ferien war ich noch so zuversichtlich, nach den Ferien an den Problemen zu arbeiten, aber jetzt, wo es wieder Richtung Schule geht, sinkt meine Motivation direkt immer weiter ab und die Stressbauchschmerzen kommen langsam wieder. Ich weiß gar nicht genau, was ich mir von diesem Beitrag erhoffe. Vielleicht kann mir jemand einen Rat geben, ob es Sinn macht, trotz der Gründe weiterzumachen oder ob der Beruf vielleicht einfach nicht das Richtig für mich ist?

  • Niemand hier kann mal eben diagnostizieren, ob der Beruf nichts ist für dich. Was ich aber bei dir herauslese ist, dass dir vielleicht ein Coaching helfen könnte. Als ich im Ref war, hatte mein Seminar dafür passende Anlaufstellen. Das waren erfahrene Lehrpersonen mit zusätzlicher Coaching- Ausbildung, die manchen in meinem Kurs weiterhelfen konnten bei Schwierigkeiten im Ref, aber auch der Frage, ob der Beruf der richtige Weg wäre.

    Wäre es eine Option für dich, das Ref erst einmal abzuschließen (um eine fertige Berufsausbildung in der Hand zu haben ), um dann in Ruhe zu überlegen ob es irgendwo innerhalb des Schuldienstes weitergehen soll und wenn nicht, um mehr Möglichkeiten zu haben außerhalb etwas zu finden?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Oh man, das tut mir sehr leid. Mir ging es so in den Praxisphasen wären des gesamten Studiums, daher habe ich mich auch nach dem Masterabschluss gegen das Referendariat entschieden obwohl ich wie du auch keine anderweitige Berufsausbildung habe, da ich gleich studiert habe und meine andere Berufswünsche leider nicht funktioniert haben.

    Das waren wirklich 1:1 meine Probleme.

    Allerdings habe ich Grundschullehramt studiert.

    Dass du selbst nie zufrieden bist mit dem Unterricht, ist normal. Mach dir klar: du bist noch in der Ausbildung, es muss und kann noch nicht alles richtig laufen, du bist noch kein fertiger Lehrer sondern willst es erst werden. Den perfekten Unterricht gibt es nie und das muss es auch gar nicht. Selbst als fertiger Lehrer wirst du dir immer wieder sagen, das hätte ich vielleicht heute noch anders bzw. besser machen können.

    Du reifst mit der Berufserfahrung.

    Du musst für dich nun abwegen, ob der Lehrerberuf der Beruf ist, den du letztendlich ergreifen möchtest, dann lohnt es sich das Referendariat durchzuziehen. Wenn du dich jedoch mit Alternativen zum Lehrerberuf abfinden könntest, könnte der Abbruch auch durchaus sinnvoll sein, insbesondere wenn das Referendariat auf Dauer deine physische und psychische Gesundheit extrem negativ beeinflusst.

    Daher mein Rat: wenn es möglich ist(was ich jetzt natürlich nicht weiß) lass dich für eine Zeit freistellen und überlege in Ruhe. Ggf. mach ein Praktikum, in den Berufen, die sonst noch in Frage kommen. Könntest du dir vorstellen später in der Schulverwaltung/ beim Schulamt als Sachbearbeiterin zu arbeiten? Allerdings müsstest du da wahrscheinlich Berufserfahrung als Lehrkraft mitbringen und einige Jahre im Schuldienst tätig gewesen sein.

    Eine Bekannte arbeitete beim Schulamt als Justiziarin, allerdings sie natürlich vorher Jura studiert, weil man sich als Justiziarin mit Rechtsfragen (Schulrecht) beschäftigt.

    Eine andere Bekannte (ebenfalls beim Schulamt tätig) hat ein duales Studium für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes absolviert.

    Könntest du dir vielleicht vorstellen nochmal Kurse zum Grundschullehramt zu besuchen und dann das Referendariat an einer Grundschule fortzuführen? Ich weiß nicht, was du für Fächer studiert hast, was vielleicht anrechenbar wäre und ob eine Fortsetzung des Referendariats in einer anderen Schulform möglich wäre?

    Informiere dich doch mal an der Universität, dem Schulministerium, falls da eine Überlegung besteht.

    Oder lass dich als Pädagogische Fachkraft mal für eine bestimmte Zeit an einer Grundschule anstellen, falls das mit deinen Fächern geht, da kannst du auch Erfahrungen sammeln, wie das Unterrichten in der Grundschule abläuft. Haben bei mir auch einige Realschullehramtsstudenten gemacht, die als erstes oder zweites Fach Deutsch oder Mathe, Religion, Ethik oder Sport studiert haben.

    Ob der Beruf, der RICHTIGE für dich ist, wird dir hier pauschal wahrscheinlich niemand wirklich beantworten können, aber Zweifel im Referendariat sind definitiv NORMAL, es ist eine andere Situation als das reine Studium an der Universität.

    Einmal editiert, zuletzt von QuietSound32952 (25. April 2025 19:24)

    • Offizieller Beitrag

    Reflektierter und empathischer Beitrag - der Übersicht halber nicht voll zitiert.

    Ich bin positiv überrascht.

    Wenn DAS Deine wahren Kompetenzen sind und das Deine wahre Persönlichkeit darstellen sollte, dann verstehe ich im Nachhinein Dein allererstes Posting und die ersten 10 bis 20 Beiträge von Dir in "Deinem" Thread nicht. Das passt überhaupt nicht zusammen.

    Wenn Du so reflektiert über die Situation anderer schreiben kannst, dann müsstest Du das doch bei Dir auch problemlos hinbekommen, - auch im Sinne von eigenständig entwickelten Lösungen, oder?

  • Ich bin positiv überrascht.

    Wenn DAS Deine wahren Kompetenzen sind und das Deine wahre Persönlichkeit darstellen sollte, dann verstehe ich im Nachhinein Dein allererstes Posting und die ersten 10 bis 20 Beiträge von Dir in "Deinem" Thread nicht. Das passt überhaupt nicht zusammen.

    Wenn Du so reflektiert über die Situation anderer schreiben kannst, dann müsstest Du das doch bei Dir auch problemlos hinbekommen, - auch im Sinne von eigenständig entwickelten Lösungen, oder?

    Danke, ich habe das Forum als zusätzliche Hilfe gesehen, wo man durchaus noch etwas wertvolles mitnehmen kann. Und sei es nur das "Kleinste vom kleinen."

    • Offizieller Beitrag

    Danke, ich habe das Forum als zusätzliche Hilfe gesehen, wo man durchaus noch etwas wertvolles mitnehmen kann. Und sei es nur das "Kleinste vom kleinen."

    Dann bin ich gespannt, was Du letztlich (positives) aus Deinem Leben machen wirst. Die Anlagen sind ja ganz offensichtlich da.

  • Dann bin ich gespannt, was Du letztlich (positives) aus Deinem Leben machen wirst. Die Anlagen sind ja ganz offensichtlich da.

    Danke, dir ebenso noch viel Freude in deinem Lehrerberuf und deine Antworten in meinem "Thread". Ich glaube bei dir sind die Schüler:innen gut aufgehoben. :top:

  • Um nochmal auf den TE zu kommen, denke auch, dass ein Coaching (vielleicht durch eine Kernseminarleitung, falls vorhanden) helfen könnte.

    Einige Aspekte (Unzufriedenheit mit dem eigenen Unterricht, teilweise fehlende Kreativität, …) können einfach ein systemisches Problem sein, da man unter massivem Druck steht. Da hilft es, den Unterricht selbst zu reflektieren und immer an kleinen Aspekten (diese Woche die Sicherung, nächste die Erarbeitung, …) zu feilen. Mangelnde Kreativität lässt sich je nach Fach im Austausch mit KuK, durch Inspiration auf ChatGPT oder eduki, Raabits, etc. lösen. Außerdem reicht das Buch 9 times out of 10 aus.

    Bezüglich nicht gegrüßt werden: auch das ist super subjektiv, klar ist es schön von SuS wahrgenommen zu werden, der Job ist aber kein Popularitätswettbewerb, spätestens mit einer festen Stelle kann und will man ja auch nicht von jedem Schüler den man unterrichtet gegrüßt werden, dafür hat man ja garnicht die Zeit im Tag :D

    Die anderen Aspekte der beruflichen Rahmenbedingungen sind aber nicht außer Acht zu lassen. Klar, du wirst schneller in der Vorbereitung und Korrektur, und solltest auch lernen Grenzen zu setzen (man muss auch im reg nicht bis 10 am Schreibtisch hängen). Aber einige Sachen werden immer außerhalb der „offiziellen“ Arbeitszeit anfallen. Man kann dagegen vorgehen (persönlich hab ich für Elterngespräche oder längere SuS Beratungen feste „Gesprächsstunden“, mache oft „Home Office“ in der Schule und bleibe dann halt mal bis 4/5 aber erledige dort jegliche Vorbereitungen oder Korrekturen…).

    Ich würde nix überstürzen - wir brauchen auch ruhigere Lehrertypen - aber auch nicht deine innere Stimme gänzlich ignorieren.

    Viel Kraft dir!

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